geübt und geschärft worden, auch die Gegenstände der Außenwelt mit Bestimmtheit zu fassen und mit Klarheit zu durchschauen weit eher möglich seyn werde, als dem, der noch soviel mit materiellem Stoffe oder sogenannten Sachen umgetrieben worden.
So erhellt, daß selbst für den Zweck, den der Philan- thropinismus für den höchsten oder vielmehr für den einzigen des Erziehungsunterrichts erklärt, mehr gewon- nen als verloren werde, wenn man die Periode der Erziehung ausschließend der Humanitätsbil- dung bestimme; und daß der Philanthropinismus, selbst wenn er den Erziehungsunterricht bloß als Vorbe- reitung für die Berufsbestimmung der Lehrlinge betrachtet, demselben keinen zweckmäßigeren Gegenstand vorschreiben könnte, als die Uebung an Ideen, wie sie die Hu- manitätsbildung fordert.
Endlich ist auch noch zu bedenken, daß sich diese Ordnung nicht umkehren läßt, wie der Philanthro- pinismus anzunehmen scheint. Die Uebung an dem rohen Stoffe giebt dem Geiste nicht die Uebung, auch das Unsichtbare zu ergreifen; sie lehrt ihn nicht einmal das Sichtbare recht fassen. Daß ihr mit dem Kinde spielend um die Erde laufet, wird seinen Geist nicht wecken, nicht beleben, nicht erheben; die Erde liegt dem Kinde viel zu nah, um seinem Geiste die rechte Nahrung zu geben; das Sehenswerthe an der Erde selbst ist das Unsichtbare, was aber, wenn das Auge des Geistes nicht schon an den Ideen sich für das
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
geuͤbt und geſchaͤrft worden, auch die Gegenſtaͤnde der Außenwelt mit Beſtimmtheit zu faſſen und mit Klarheit zu durchſchauen weit eher moͤglich ſeyn werde, als dem, der noch ſoviel mit materiellem Stoffe oder ſogenannten Sachen umgetrieben worden.
So erhellt, daß ſelbſt fuͤr den Zweck, den der Philan- thropiniſmus fuͤr den hoͤchſten oder vielmehr fuͤr den einzigen des Erziehungsunterrichts erklaͤrt, mehr gewon- nen als verloren werde, wenn man die Periode der Erziehung ausſchließend der Humanitaͤtsbil- dung beſtimme; und daß der Philanthropiniſmus, ſelbſt wenn er den Erziehungsunterricht bloß als Vorbe- reitung fuͤr die Berufsbeſtimmung der Lehrlinge betrachtet, demſelben keinen zweckmaͤßigeren Gegenſtand vorſchreiben koͤnnte, als die Uebung an Ideen, wie ſie die Hu- manitaͤtsbildung fordert.
Endlich iſt auch noch zu bedenken, daß ſich dieſe Ordnung nicht umkehren laͤßt, wie der Philanthro- piniſmus anzunehmen ſcheint. Die Uebung an dem rohen Stoffe giebt dem Geiſte nicht die Uebung, auch das Unſichtbare zu ergreifen; ſie lehrt ihn nicht einmal das Sichtbare recht faſſen. Daß ihr mit dem Kinde ſpielend um die Erde laufet, wird ſeinen Geiſt nicht wecken, nicht beleben, nicht erheben; die Erde liegt dem Kinde viel zu nah, um ſeinem Geiſte die rechte Nahrung zu geben; das Sehenswerthe an der Erde ſelbſt iſt das Unſichtbare, was aber, wenn das Auge des Geiſtes nicht ſchon an den Ideen ſich fuͤr das
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Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
geuͤbt und geſchaͤrft worden, auch die Gegenſtaͤnde der
Außenwelt mit Beſtimmtheit zu faſſen und mit Klarheit
zu durchſchauen weit eher moͤglich ſeyn werde, als dem,
der noch ſoviel mit materiellem Stoffe oder ſogenannten
Sachen umgetrieben worden.
So erhellt, daß ſelbſt fuͤr den Zweck, den der Philan-
thropiniſmus fuͤr den hoͤchſten oder vielmehr fuͤr den
einzigen des Erziehungsunterrichts erklaͤrt, mehr gewon-
nen als verloren werde, wenn man die Periode der
Erziehung ausſchließend der Humanitaͤtsbil-
dung beſtimme; und daß der Philanthropiniſmus,
ſelbſt wenn er den Erziehungsunterricht bloß als Vorbe-
reitung fuͤr die Berufsbeſtimmung der Lehrlinge betrachtet,
demſelben keinen zweckmaͤßigeren Gegenſtand vorſchreiben
koͤnnte, als die Uebung an Ideen, wie ſie die Hu-
manitaͤtsbildung fordert.
Endlich iſt auch noch zu bedenken, daß ſich dieſe
Ordnung nicht umkehren laͤßt, wie der Philanthro-
piniſmus anzunehmen ſcheint. Die Uebung an dem
rohen Stoffe giebt dem Geiſte nicht die Uebung, auch
das Unſichtbare zu ergreifen; ſie lehrt ihn nicht einmal
das Sichtbare recht faſſen. Daß ihr mit dem Kinde
ſpielend um die Erde laufet, wird ſeinen Geiſt nicht
wecken, nicht beleben, nicht erheben; die Erde liegt
dem Kinde viel zu nah, um ſeinem Geiſte die rechte
Nahrung zu geben; das Sehenswerthe an der Erde
ſelbſt iſt das Unſichtbare, was aber, wenn das Auge
des Geiſtes nicht ſchon an den Ideen ſich fuͤr das
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Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/115>, abgerufen am 16.06.2024.
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