Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.einer kleinen Thür hinausgetreten und gieng über das Zarathustra aber blieb stehen, und gerade neben einer kleinen Thür hinausgetreten und gieng über das Zarathustra aber blieb stehen, und gerade neben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> einer kleinen Thür hinausgetreten und gieng über das<lb/> Seil, welches zwischen zwei Thürmen gespannt war‚<lb/> also, dass es über dem Markte und dem Volke hieng.<lb/> Als er eben in der Mitte seines Weges war, öffnete<lb/> sich die kleine Thür noch einmal, und ein bunter Ge¬<lb/> sell, einem Possenreisser gleich, sprang heraus und<lb/> gieng mit schnellen Schritten dem Ersten nach. „Vor¬<lb/> wärts, Lahmfuss, rief seine fürchterliche Stimme, vor¬<lb/> wärts Faulthier, Schleichhändler, Bleichgesicht! Dass<lb/> ich dich nicht mit meiner Ferse kitzle! Was treibst<lb/> du hier zwischen Thürmen? In den Thurm gehörst<lb/> du, einsperren sollte man dich, einem Bessern, als du<lb/> bist, sperrst du die freie Bahn!“ — Und mit jedem<lb/> Worte kam er ihm näher und näher: als er aber nur<lb/> noch einen Schritt hinter ihm war, da geschah das<lb/> Erschreckliche, das jeden Mund stumm und jedes Auge<lb/> starr machte: — er stiess ein Geschrei aus wie ein<lb/> Teufel und sprang über Den hinweg, der ihm im Wege<lb/> war. Dieser aber, als er so seinen Nebenbuhler siegen<lb/> sah, verlor dabei den Kopf und das Seil; er warf seine<lb/> Stange weg und schoss schneller als diese, wie ein<lb/> Wirbel von Armen und Beinen, in die Tiefe. Der<lb/> Markt und das Volk glich dem Meere, wenn der Sturm<lb/> hineinfährt: Alles floh aus einander und übereinander‚<lb/> und am meisten dort, wo der Körper niederschlagen<lb/> musste.</p><lb/> <p>Zarathustra aber blieb stehen, und gerade neben<lb/> ihn fiel der Körper hin, übel zugerichtet und zer¬<lb/> brochen, aber noch nicht todt. Nach einer Weile kam<lb/> dem Zerschmetterten das Bewusstsein zurück, und er<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
einer kleinen Thür hinausgetreten und gieng über das
Seil, welches zwischen zwei Thürmen gespannt war‚
also, dass es über dem Markte und dem Volke hieng.
Als er eben in der Mitte seines Weges war, öffnete
sich die kleine Thür noch einmal, und ein bunter Ge¬
sell, einem Possenreisser gleich, sprang heraus und
gieng mit schnellen Schritten dem Ersten nach. „Vor¬
wärts, Lahmfuss, rief seine fürchterliche Stimme, vor¬
wärts Faulthier, Schleichhändler, Bleichgesicht! Dass
ich dich nicht mit meiner Ferse kitzle! Was treibst
du hier zwischen Thürmen? In den Thurm gehörst
du, einsperren sollte man dich, einem Bessern, als du
bist, sperrst du die freie Bahn!“ — Und mit jedem
Worte kam er ihm näher und näher: als er aber nur
noch einen Schritt hinter ihm war, da geschah das
Erschreckliche, das jeden Mund stumm und jedes Auge
starr machte: — er stiess ein Geschrei aus wie ein
Teufel und sprang über Den hinweg, der ihm im Wege
war. Dieser aber, als er so seinen Nebenbuhler siegen
sah, verlor dabei den Kopf und das Seil; er warf seine
Stange weg und schoss schneller als diese, wie ein
Wirbel von Armen und Beinen, in die Tiefe. Der
Markt und das Volk glich dem Meere, wenn der Sturm
hineinfährt: Alles floh aus einander und übereinander‚
und am meisten dort, wo der Körper niederschlagen
musste.
Zarathustra aber blieb stehen, und gerade neben
ihn fiel der Körper hin, übel zugerichtet und zer¬
brochen, aber noch nicht todt. Nach einer Weile kam
dem Zerschmetterten das Bewusstsein zurück, und er
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