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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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Denn diese Alle sind unsäuberlichen Geistes;
sonderlich aber Jene, welche nicht Ruhe, noch Rast
haben, es sei denn, sie sehen die Welt von hinten,
-- die Hinterweltler!

Denen sage ich in's Gesicht, ob es gleich nicht
lieblich klingt: die Welt gleicht darin dem Menschen,
dass sie einen Hintern hat, -- so Viel ist wahr!

Es giebt in der Welt viel Koth: so Viel ist
wahr! Aber darum ist die Welt selber noch kein
kothiges Ungeheuer!

Es ist Weisheit darin, dass Vieles in der Welt
übel riecht: der Ekel selber schafft Flügel und quellen¬
ahnende Kräfte!

An dem Besten ist noch Etwas zum Ekeln; und der
Beste ist noch Etwas, das überwunden werden muss! --

Oh meine Brüder, es ist viel Weisheit darin, dass
viel Koth in der Welt ist! --


15.

Solche Sprüche hörte ich fromme Hinterweltler
zu ihrem Gewissen reden; und wahrlich, ohne Arg
und Falsch, -- ob es schon nichts Falscheres in der
Welt giebt, noch Ärgeres.

"Lass doch die Welt der Welt sein! Hebe dawider
auch nicht Einen Finger auf!"

"Lass, wer da wolle, die Leute würgen und stechen
und schneiden und schaben: hebe dawider auch nicht
Einen Finger auf! Darob lernen sie noch der Welt
absagen."

Denn diese Alle sind unsäuberlichen Geistes;
sonderlich aber Jene, welche nicht Ruhe, noch Rast
haben, es sei denn, sie sehen die Welt von hinten,
— die Hinterweltler!

Denen sage ich in's Gesicht, ob es gleich nicht
lieblich klingt: die Welt gleicht darin dem Menschen,
dass sie einen Hintern hat, — so Viel ist wahr!

Es giebt in der Welt viel Koth: so Viel ist
wahr! Aber darum ist die Welt selber noch kein
kothiges Ungeheuer!

Es ist Weisheit darin, dass Vieles in der Welt
übel riecht: der Ekel selber schafft Flügel und quellen¬
ahnende Kräfte!

An dem Besten ist noch Etwas zum Ekeln; und der
Beste ist noch Etwas, das überwunden werden muss! —

Oh meine Brüder, es ist viel Weisheit darin, dass
viel Koth in der Welt ist! —


15.

Solche Sprüche hörte ich fromme Hinterweltler
zu ihrem Gewissen reden; und wahrlich, ohne Arg
und Falsch, — ob es schon nichts Falscheres in der
Welt giebt, noch Ärgeres.

„Lass doch die Welt der Welt sein! Hebe dawider
auch nicht Einen Finger auf!“

„Lass, wer da wolle, die Leute würgen und stechen
und schneiden und schaben: hebe dawider auch nicht
Einen Finger auf! Darob lernen sie noch der Welt
absagen.“

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[77/0087] Denn diese Alle sind unsäuberlichen Geistes; sonderlich aber Jene, welche nicht Ruhe, noch Rast haben, es sei denn, sie sehen die Welt von hinten, — die Hinterweltler! Denen sage ich in's Gesicht, ob es gleich nicht lieblich klingt: die Welt gleicht darin dem Menschen, dass sie einen Hintern hat, — so Viel ist wahr! Es giebt in der Welt viel Koth: so Viel ist wahr! Aber darum ist die Welt selber noch kein kothiges Ungeheuer! Es ist Weisheit darin, dass Vieles in der Welt übel riecht: der Ekel selber schafft Flügel und quellen¬ ahnende Kräfte! An dem Besten ist noch Etwas zum Ekeln; und der Beste ist noch Etwas, das überwunden werden muss! — Oh meine Brüder, es ist viel Weisheit darin, dass viel Koth in der Welt ist! — 15. Solche Sprüche hörte ich fromme Hinterweltler zu ihrem Gewissen reden; und wahrlich, ohne Arg und Falsch, — ob es schon nichts Falscheres in der Welt giebt, noch Ärgeres. „Lass doch die Welt der Welt sein! Hebe dawider auch nicht Einen Finger auf!“ „Lass, wer da wolle, die Leute würgen und stechen und schneiden und schaben: hebe dawider auch nicht Einen Finger auf! Darob lernen sie noch der Welt absagen.“

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/87>, abgerufen am 23.04.2024.