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Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 9. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] Geiste schauend, haben nicht so fast für die Güte der vorgebrach-
ten Gesezesentwürfe, als für höhere Ideen, für das Heiligthum
der bedrohten Civilisation und für die Aufrechthaltung einer durch
feine Intriguen gefährdeten Dynastie, für die durch Impulse von
Außen und Innen untergrabene Konstitution und für die drin-
genden Bedürfnisse der Gegenwart gestritten. Darum fand auch
bei ihnen die königliche Botschaft eifrige Vertheidiger, welche viel-
leicht zu anderer Zeit mit weniger Bewunderung empfangen wor-
den wäre. Unter den Männern, die wir hier gemeynt, befinden
sich insbesondere mehrere der unabhänglgsten Abgeordneten des
Nordens, deren Lob noch vor Kurzem die belgischen Oppositions-
blätter füllte, und deren freier Sinn über allen Verdacht erhaben
ist, besonders da sie mehr als einmal der Regierung widerstrit-
ten. Wie die Deputirten des Südens in mancher Hinsicht von
den Journalen abhängig sind, beweist der dem Hrn. Geelhard
de la Faille vor Abstimmung des Budgets zugeschikte Drohbrief.
Dis ist die gepriesene Liberte pour tous et en tout. Von eben
diesem und keinem andern Gesichtspunkte, muß man auch die von
uns jener Botschaft und dem Gesezesentwurfe über Preßvergehen
gezollte Theilnahme beurtheilen. Manche Vertheidiger der mini-
steriellen Maaßregeln sind etwas zu weit gegangen, und haben
Grundsäze aufgestellt, die wie konstitutionelle Kezereien auch un-
sern Ohren klingen, und durchaus nicht in der Absicht der Re-
gierung liegen. Jener Gesezesentwurf, streng und vag in sei-
nem Inhalte, ist eine temporaire Nothwehr gegen revolutionaire
Bewegungen, welche von mehrern tausend fanatischen Priestern
und betrogenen Volksenthusiasten in mehreren der südlichen Pro-
vinzen organisirt worden sind. In ruhiger Periode muß und wird
er sicherlich wieder gemildert werden, und die im Eingange der
königlichen Botschaft ausgedrükten Gesinnungen lassen auch Hof-
nung hiefür. Nichtsdestoweniger sind wir der Ueberzeugung, die
Regierung werde die Schläge, welche jenes Gesez den Unruhestif-
tern bereitet, nicht einseitig blos den Liberalen zutheilen, von
denen vielleicht mehr als die Hälfte nur irre geleitet und betro-
gen ist. Die Hauptfeinde befinden sich unter den Ultrakatholiken.
Viele aufrichtige Freunde des Königs, der Regierung und der
Freiheit, sehen nur mit Besorgniß in die nächste Zukunft, beson-
ders da alle bisherigen Zugeständnisse die katholischen Ultra's nicht
besänftigt, sondern nur kühner gemacht haben. Inwiefern die Er-
nennung des Hrn. Pelichy de Lichterveld zum Generaldirektor des
katholischen Kultus zu Bezähmung der rohen Leidenschaften, die in
lezter Zeit sich geoffenbart, beitragen werde, steht zu erwarten. Die
Wahl des Hrn. van der Horst zum neuen Sekretair-Adviseur bei
gedachtem Departements, auf welche Wahl der Direktor den
Haupteinfluß hatte, fand keineswegs die Zustimmung des Pu-
blikums, aus Gründen, die zu entwikeln hier nicht der Ort ist.
Alle aufrichtigen Freunde der Freiheit und der Aufklärung sehen
auch nur mit ungemeinem Bedauern den Rüktritt der HH. Gou-
bau und van Ghert von einer Laufbahn, auf der sie sich und dem
Staate während einer langen Periode so große Ehre und so blei-
bende Verdienste erworben. Nur die feste Ueberzeugung von der
kräftig-edlen und konsequenten Sinn- und Handlungsweise des
Monarchen, welchem ganz besonders der Kampf gegen Wahn und
Unwissenheit, und die Beschüzung des Lichts und der Freiheit, un-
sterblichen Ruhm in der öffentlichen Meynung des bessern Theils
seines Volks und aller gebildeten Nationen, so wie einen Plaz
unter den edelsten Fürsten aller Zeiten verschaft, kan die unruhi-
[Spaltenumbruch] gen Gefühle beschwichtigen über mehrere omineuse Erscheinungen
der neuesten Tage, und über das Umgreifen eines ultramontanen
Einflusses in dem Lande, das bis dahin so glüklich und siegreich
desselben sich erwehrt hatte. Wir wagen diese Bemerkung im
Namen Vieler und im Interesse des Staates und der Dynastie.
Noch liegt die mörderische Pistole, welche Wilhelm von Oranien
einst durchbohrte, ein warnungsvolles Instrument des Schik-
sals vor den Augen der getreuen Niederländer; und sie gibt die
ernste Lehre, niemals jenen sich zu vertrauen, deren Grundsäze
und Räthe die Hand des Fanatikers bewafnet, und deren Freund-
schaft und Liebkosung fast immer größere Gefahren als selbst ihr
Haß und ihre Feindschaft gebracht hat. Die Gefährlichsten sind
jezt nicht mehr so fast diejenigen, welche offen zum Kampfe sich
herbeidrängen, wie die petitionseifrigen Priester, wohl aber die,
welche auch nach den Arretes vom 2 Okt. neutral und schweigend
die Anmaaßungen der Priester mit ansehen, statt sie, wozu schon
ihre Würde und Sendung sie berechtigte, mit nachdrüklichem Ta-
del, nicht durch Bons Mots und in vertraulichen Cirkeln, sondern
öffentlich und in klaren Worten zum Gehorsam und in die Schranken
ihres Berufs zu weisen. Soll der Inhalt der königlichen Botschaft sich
erfüllen, so muß von dieser Seite besonderer Rath geschaft wer-
den; sonst sind alle Anstrengungen der weltlichen Macht vergeblich,
und der Spruch erwahrt sich: Dat veniam corvis, vexat cen-
sura columbas;
sonst wird der geheime Zwek von Seite der
Freiheitsfeinde erfüllt, durch Anreizung zum Mißbrauch derselben
Liberale und Liberalismus zu stürzen, und die Grundpfeiler des
verhaßten konstitutionellen Systems zu untergraben. Wir wieder-
holen daher, was wir schon einmal gesagt: Auf Unterdrükung der
Preßfreiheit arbeiten die Gegner der Regierung und Aufklärung;
nicht sie, sondern die Liberalen allein, und zwar die Gutgesinnten
wie die Eraltados und die Intriganten, werden durch die Be-
schränkungen zunächst leiden, welche grober Mißbrauch herbeige-
führt hat; die Ultra-Katholiken, im Besize des Gewünschten, be-
gehren die Freiheit sodann nicht mehr, unter deren Devise sie
ihre Monopolien erworben, vielmehr würde es jenen erwünschlich
seyn, wenn von Oben der geistigen und politischen Entwikelung
Eintrag geschähe. Dis führt natürlich den Wunsch nach sich, daß
die Liberalen mit der Regierung, und diese mit jenen als ihren
ältesten und natürlichsten Verhündeten sich versöhnen möge? Wel-
che Früchte hat dem Gouvernement die allzugroße Nachgiebigkeit
der Jahre 1828 und 1829 gebracht? welche Resultate die unbe-
dingte Erfüllung des unheilvollen und nachtheiligen Konkordats,
ja selbst die Preisgebung der treflichen Schöpfung des philosophi-
schen Kollegiums, ja selbst die Arretes vom 2 Oktober? Gar kei-
ne; alle Deputirten der katholischen (d. h. hier ultramontanen)
Opposition haben gegen das Budget, für dasselbe nur die trenge-
bliebenen Liberalen im Norden und Süden gestimmt. Haben die
Aufreizungen und die Petitionen aufgehört? Nein, sondern die
flandrisch-brabantischen Priester verdoppeln sie, mit oder ohne
Wissen der Bischöfe aufs Neue, und der Baron v. Secus, dessen
heftige Grundsäze mit seinen schneeweißen Haaren in schneiden-
dem Kontraste stehen, hat noch in der lezten Budgetverhandlung
sich nicht gescheut, nachdem er von Josephismus der Regierung,
von Brabanter-Revolution, Londoner-Vertrag u. dgl. gesprochen,
auf Manifeste anzuspielen, welche die Nation eben so gut
als die Regierung erlassen könne. Doch -- jacta est alea! Exeat
navis, quo fata trahunt!
Wir, mit dem aufrichtigsten Be-

[Spaltenumbruch] Geiſte ſchauend, haben nicht ſo faſt für die Güte der vorgebrach-
ten Geſezesentwürfe, als für höhere Ideen, für das Heiligthum
der bedrohten Civiliſation und für die Aufrechthaltung einer durch
feine Intriguen gefährdeten Dynaſtie, für die durch Impulſe von
Außen und Innen untergrabene Konſtitution und für die drin-
genden Bedürfniſſe der Gegenwart geſtritten. Darum fand auch
bei ihnen die königliche Botſchaft eifrige Vertheidiger, welche viel-
leicht zu anderer Zeit mit weniger Bewunderung empfangen wor-
den wäre. Unter den Männern, die wir hier gemeynt, befinden
ſich insbeſondere mehrere der unabhänglgſten Abgeordneten des
Nordens, deren Lob noch vor Kurzem die belgiſchen Oppoſitions-
blätter füllte, und deren freier Sinn über allen Verdacht erhaben
iſt, beſonders da ſie mehr als einmal der Regierung widerſtrit-
ten. Wie die Deputirten des Südens in mancher Hinſicht von
den Journalen abhängig ſind, beweist der dem Hrn. Geelhard
de la Faille vor Abſtimmung des Budgets zugeſchikte Drohbrief.
Dis iſt die geprieſene Liberté pour tous et en tout. Von eben
dieſem und keinem andern Geſichtspunkte, muß man auch die von
uns jener Botſchaft und dem Geſezesentwurfe über Preßvergehen
gezollte Theilnahme beurtheilen. Manche Vertheidiger der mini-
ſteriellen Maaßregeln ſind etwas zu weit gegangen, und haben
Grundſäze aufgeſtellt, die wie konſtitutionelle Kezereien auch un-
ſern Ohren klingen, und durchaus nicht in der Abſicht der Re-
gierung liegen. Jener Geſezesentwurf, ſtreng und vag in ſei-
nem Inhalte, iſt eine temporaire Nothwehr gegen revolutionaire
Bewegungen, welche von mehrern tauſend fanatiſchen Prieſtern
und betrogenen Volksenthuſiaſten in mehreren der ſüdlichen Pro-
vinzen organiſirt worden ſind. In ruhiger Periode muß und wird
er ſicherlich wieder gemildert werden, und die im Eingange der
königlichen Botſchaft ausgedrükten Geſinnungen laſſen auch Hof-
nung hiefür. Nichtsdeſtoweniger ſind wir der Ueberzeugung, die
Regierung werde die Schläge, welche jenes Geſez den Unruheſtif-
tern bereitet, nicht einſeitig blos den Liberalen zutheilen, von
denen vielleicht mehr als die Hälfte nur irre geleitet und betro-
gen iſt. Die Hauptfeinde befinden ſich unter den Ultrakatholiken.
Viele aufrichtige Freunde des Königs, der Regierung und der
Freiheit, ſehen nur mit Beſorgniß in die nächſte Zukunft, beſon-
ders da alle bisherigen Zugeſtändniſſe die katholiſchen Ultra’s nicht
beſänftigt, ſondern nur kühner gemacht haben. Inwiefern die Er-
nennung des Hrn. Pelichy de Lichterveld zum Generaldirektor des
katholiſchen Kultus zu Bezähmung der rohen Leidenſchaften, die in
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Wahl des Hrn. van der Horſt zum neuen Sekretair-Adviſeur bei
gedachtem Departements, auf welche Wahl der Direktor den
Haupteinfluß hatte, fand keineswegs die Zuſtimmung des Pu-
blikums, aus Gründen, die zu entwikeln hier nicht der Ort iſt.
Alle aufrichtigen Freunde der Freiheit und der Aufklärung ſehen
auch nur mit ungemeinem Bedauern den Rüktritt der HH. Gou-
bau und van Ghert von einer Laufbahn, auf der ſie ſich und dem
Staate während einer langen Periode ſo große Ehre und ſo blei-
bende Verdienſte erworben. Nur die feſte Ueberzeugung von der
kräftig-edlen und konſequenten Sinn- und Handlungsweiſe des
Monarchen, welchem ganz beſonders der Kampf gegen Wahn und
Unwiſſenheit, und die Beſchüzung des Lichts und der Freiheit, un-
ſterblichen Ruhm in der öffentlichen Meynung des beſſern Theils
ſeines Volks und aller gebildeten Nationen, ſo wie einen Plaz
unter den edelſten Fürſten aller Zeiten verſchaft, kan die unruhi-
[Spaltenumbruch] gen Gefühle beſchwichtigen über mehrere omineuſe Erſcheinungen
der neueſten Tage, und über das Umgreifen eines ultramontanen
Einfluſſes in dem Lande, das bis dahin ſo glüklich und ſiegreich
deſſelben ſich erwehrt hatte. Wir wagen dieſe Bemerkung im
Namen Vieler und im Intereſſe des Staates und der Dynaſtie.
Noch liegt die mörderiſche Piſtole, welche Wilhelm von Oranien
einſt durchbohrte, ein warnungsvolles Inſtrument des Schik-
ſals vor den Augen der getreuen Niederländer; und ſie gibt die
ernſte Lehre, niemals jenen ſich zu vertrauen, deren Grundſäze
und Räthe die Hand des Fanatikers bewafnet, und deren Freund-
ſchaft und Liebkoſung faſt immer größere Gefahren als ſelbſt ihr
Haß und ihre Feindſchaft gebracht hat. Die Gefährlichſten ſind
jezt nicht mehr ſo faſt diejenigen, welche offen zum Kampfe ſich
herbeidrängen, wie die petitionseifrigen Prieſter, wohl aber die,
welche auch nach den Arrètés vom 2 Okt. neutral und ſchweigend
die Anmaaßungen der Prieſter mit anſehen, ſtatt ſie, wozu ſchon
ihre Würde und Sendung ſie berechtigte, mit nachdrüklichem Ta-
del, nicht durch Bons Mots und in vertraulichen Cirkeln, ſondern
öffentlich und in klaren Worten zum Gehorſam und in die Schranken
ihres Berufs zu weiſen. Soll der Inhalt der königlichen Botſchaft ſich
erfüllen, ſo muß von dieſer Seite beſonderer Rath geſchaft wer-
den; ſonſt ſind alle Anſtrengungen der weltlichen Macht vergeblich,
und der Spruch erwahrt ſich: Dat veniam corvis, vexat cen-
sura columbas;
ſonſt wird der geheime Zwek von Seite der
Freiheitsfeinde erfüllt, durch Anreizung zum Mißbrauch derſelben
Liberale und Liberalismus zu ſtürzen, und die Grundpfeiler des
verhaßten konſtitutionellen Syſtems zu untergraben. Wir wieder-
holen daher, was wir ſchon einmal geſagt: Auf Unterdrükung der
Preßfreiheit arbeiten die Gegner der Regierung und Aufklärung;
nicht ſie, ſondern die Liberalen allein, und zwar die Gutgeſinnten
wie die Eraltados und die Intriganten, werden durch die Be-
ſchränkungen zunächſt leiden, welche grober Mißbrauch herbeige-
führt hat; die Ultra-Katholiken, im Beſize des Gewünſchten, be-
gehren die Freiheit ſodann nicht mehr, unter deren Deviſe ſie
ihre Monopolien erworben, vielmehr würde es jenen erwünſchlich
ſeyn, wenn von Oben der geiſtigen und politiſchen Entwikelung
Eintrag geſchähe. Dis führt natürlich den Wunſch nach ſich, daß
die Liberalen mit der Regierung, und dieſe mit jenen als ihren
älteſten und natürlichſten Verhündeten ſich verſöhnen möge? Wel-
che Früchte hat dem Gouvernement die allzugroße Nachgiebigkeit
der Jahre 1828 und 1829 gebracht? welche Reſultate die unbe-
dingte Erfüllung des unheilvollen und nachtheiligen Konkordats,
ja ſelbſt die Preisgebung der treflichen Schöpfung des philoſophi-
ſchen Kollegiums, ja ſelbſt die Arrêtés vom 2 Oktober? Gar kei-
ne; alle Deputirten der katholiſchen (d. h. hier ultramontanen)
Oppoſition haben gegen das Budget, für daſſelbe nur die trenge-
bliebenen Liberalen im Norden und Süden geſtimmt. Haben die
Aufreizungen und die Petitionen aufgehört? Nein, ſondern die
flandriſch-brabantiſchen Prieſter verdoppeln ſie, mit oder ohne
Wiſſen der Biſchöfe aufs Neue, und der Baron v. Secus, deſſen
heftige Grundſäze mit ſeinen ſchneeweißen Haaren in ſchneiden-
dem Kontraſte ſtehen, hat noch in der lezten Budgetverhandlung
ſich nicht geſcheut, nachdem er von Joſephismus der Regierung,
von Brabanter-Revolution, Londoner-Vertrag u. dgl. geſprochen,
auf Manifeſte anzuſpielen, welche die Nation eben ſo gut
als die Regierung erlaſſen könne. Doch — jacta est alea! Exeat
navis, quo fata trahunt!
Wir, mit dem aufrichtigſten Be-

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[34/0006] Geiſte ſchauend, haben nicht ſo faſt für die Güte der vorgebrach- ten Geſezesentwürfe, als für höhere Ideen, für das Heiligthum der bedrohten Civiliſation und für die Aufrechthaltung einer durch feine Intriguen gefährdeten Dynaſtie, für die durch Impulſe von Außen und Innen untergrabene Konſtitution und für die drin- genden Bedürfniſſe der Gegenwart geſtritten. Darum fand auch bei ihnen die königliche Botſchaft eifrige Vertheidiger, welche viel- leicht zu anderer Zeit mit weniger Bewunderung empfangen wor- den wäre. Unter den Männern, die wir hier gemeynt, befinden ſich insbeſondere mehrere der unabhänglgſten Abgeordneten des Nordens, deren Lob noch vor Kurzem die belgiſchen Oppoſitions- blätter füllte, und deren freier Sinn über allen Verdacht erhaben iſt, beſonders da ſie mehr als einmal der Regierung widerſtrit- ten. Wie die Deputirten des Südens in mancher Hinſicht von den Journalen abhängig ſind, beweist der dem Hrn. Geelhard de la Faille vor Abſtimmung des Budgets zugeſchikte Drohbrief. Dis iſt die geprieſene Liberté pour tous et en tout. Von eben dieſem und keinem andern Geſichtspunkte, muß man auch die von uns jener Botſchaft und dem Geſezesentwurfe über Preßvergehen gezollte Theilnahme beurtheilen. Manche Vertheidiger der mini- ſteriellen Maaßregeln ſind etwas zu weit gegangen, und haben Grundſäze aufgeſtellt, die wie konſtitutionelle Kezereien auch un- ſern Ohren klingen, und durchaus nicht in der Abſicht der Re- gierung liegen. Jener Geſezesentwurf, ſtreng und vag in ſei- nem Inhalte, iſt eine temporaire Nothwehr gegen revolutionaire Bewegungen, welche von mehrern tauſend fanatiſchen Prieſtern und betrogenen Volksenthuſiaſten in mehreren der ſüdlichen Pro- vinzen organiſirt worden ſind. In ruhiger Periode muß und wird er ſicherlich wieder gemildert werden, und die im Eingange der königlichen Botſchaft ausgedrükten Geſinnungen laſſen auch Hof- nung hiefür. Nichtsdeſtoweniger ſind wir der Ueberzeugung, die Regierung werde die Schläge, welche jenes Geſez den Unruheſtif- tern bereitet, nicht einſeitig blos den Liberalen zutheilen, von denen vielleicht mehr als die Hälfte nur irre geleitet und betro- gen iſt. Die Hauptfeinde befinden ſich unter den Ultrakatholiken. Viele aufrichtige Freunde des Königs, der Regierung und der Freiheit, ſehen nur mit Beſorgniß in die nächſte Zukunft, beſon- ders da alle bisherigen Zugeſtändniſſe die katholiſchen Ultra’s nicht beſänftigt, ſondern nur kühner gemacht haben. Inwiefern die Er- nennung des Hrn. Pelichy de Lichterveld zum Generaldirektor des katholiſchen Kultus zu Bezähmung der rohen Leidenſchaften, die in lezter Zeit ſich geoffenbart, beitragen werde, ſteht zu erwarten. Die Wahl des Hrn. van der Horſt zum neuen Sekretair-Adviſeur bei gedachtem Departements, auf welche Wahl der Direktor den Haupteinfluß hatte, fand keineswegs die Zuſtimmung des Pu- blikums, aus Gründen, die zu entwikeln hier nicht der Ort iſt. Alle aufrichtigen Freunde der Freiheit und der Aufklärung ſehen auch nur mit ungemeinem Bedauern den Rüktritt der HH. Gou- bau und van Ghert von einer Laufbahn, auf der ſie ſich und dem Staate während einer langen Periode ſo große Ehre und ſo blei- bende Verdienſte erworben. Nur die feſte Ueberzeugung von der kräftig-edlen und konſequenten Sinn- und Handlungsweiſe des Monarchen, welchem ganz beſonders der Kampf gegen Wahn und Unwiſſenheit, und die Beſchüzung des Lichts und der Freiheit, un- ſterblichen Ruhm in der öffentlichen Meynung des beſſern Theils ſeines Volks und aller gebildeten Nationen, ſo wie einen Plaz unter den edelſten Fürſten aller Zeiten verſchaft, kan die unruhi- gen Gefühle beſchwichtigen über mehrere omineuſe Erſcheinungen der neueſten Tage, und über das Umgreifen eines ultramontanen Einfluſſes in dem Lande, das bis dahin ſo glüklich und ſiegreich deſſelben ſich erwehrt hatte. Wir wagen dieſe Bemerkung im Namen Vieler und im Intereſſe des Staates und der Dynaſtie. Noch liegt die mörderiſche Piſtole, welche Wilhelm von Oranien einſt durchbohrte, ein warnungsvolles Inſtrument des Schik- ſals vor den Augen der getreuen Niederländer; und ſie gibt die ernſte Lehre, niemals jenen ſich zu vertrauen, deren Grundſäze und Räthe die Hand des Fanatikers bewafnet, und deren Freund- ſchaft und Liebkoſung faſt immer größere Gefahren als ſelbſt ihr Haß und ihre Feindſchaft gebracht hat. Die Gefährlichſten ſind jezt nicht mehr ſo faſt diejenigen, welche offen zum Kampfe ſich herbeidrängen, wie die petitionseifrigen Prieſter, wohl aber die, welche auch nach den Arrètés vom 2 Okt. neutral und ſchweigend die Anmaaßungen der Prieſter mit anſehen, ſtatt ſie, wozu ſchon ihre Würde und Sendung ſie berechtigte, mit nachdrüklichem Ta- del, nicht durch Bons Mots und in vertraulichen Cirkeln, ſondern öffentlich und in klaren Worten zum Gehorſam und in die Schranken ihres Berufs zu weiſen. Soll der Inhalt der königlichen Botſchaft ſich erfüllen, ſo muß von dieſer Seite beſonderer Rath geſchaft wer- den; ſonſt ſind alle Anſtrengungen der weltlichen Macht vergeblich, und der Spruch erwahrt ſich: Dat veniam corvis, vexat cen- sura columbas; ſonſt wird der geheime Zwek von Seite der Freiheitsfeinde erfüllt, durch Anreizung zum Mißbrauch derſelben Liberale und Liberalismus zu ſtürzen, und die Grundpfeiler des verhaßten konſtitutionellen Syſtems zu untergraben. Wir wieder- holen daher, was wir ſchon einmal geſagt: Auf Unterdrükung der Preßfreiheit arbeiten die Gegner der Regierung und Aufklärung; nicht ſie, ſondern die Liberalen allein, und zwar die Gutgeſinnten wie die Eraltados und die Intriganten, werden durch die Be- ſchränkungen zunächſt leiden, welche grober Mißbrauch herbeige- führt hat; die Ultra-Katholiken, im Beſize des Gewünſchten, be- gehren die Freiheit ſodann nicht mehr, unter deren Deviſe ſie ihre Monopolien erworben, vielmehr würde es jenen erwünſchlich ſeyn, wenn von Oben der geiſtigen und politiſchen Entwikelung Eintrag geſchähe. Dis führt natürlich den Wunſch nach ſich, daß die Liberalen mit der Regierung, und dieſe mit jenen als ihren älteſten und natürlichſten Verhündeten ſich verſöhnen möge? Wel- che Früchte hat dem Gouvernement die allzugroße Nachgiebigkeit der Jahre 1828 und 1829 gebracht? welche Reſultate die unbe- dingte Erfüllung des unheilvollen und nachtheiligen Konkordats, ja ſelbſt die Preisgebung der treflichen Schöpfung des philoſophi- ſchen Kollegiums, ja ſelbſt die Arrêtés vom 2 Oktober? Gar kei- ne; alle Deputirten der katholiſchen (d. h. hier ultramontanen) Oppoſition haben gegen das Budget, für daſſelbe nur die trenge- bliebenen Liberalen im Norden und Süden geſtimmt. Haben die Aufreizungen und die Petitionen aufgehört? Nein, ſondern die flandriſch-brabantiſchen Prieſter verdoppeln ſie, mit oder ohne Wiſſen der Biſchöfe aufs Neue, und der Baron v. Secus, deſſen heftige Grundſäze mit ſeinen ſchneeweißen Haaren in ſchneiden- dem Kontraſte ſtehen, hat noch in der lezten Budgetverhandlung ſich nicht geſcheut, nachdem er von Joſephismus der Regierung, von Brabanter-Revolution, Londoner-Vertrag u. dgl. geſprochen, auf Manifeſte anzuſpielen, welche die Nation eben ſo gut als die Regierung erlaſſen könne. Doch — jacta est alea! Exeat navis, quo fata trahunt! Wir, mit dem aufrichtigſten Be-

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 9. Januar 1830, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine09_1830/6>, abgerufen am 28.05.2024.