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Allgemeine Zeitung, Nr. 93, 3. April 1849.

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[Spaltenumbruch] mit eigenen Augen und Ohren wahrgenommen, um nicht zu der Ueberzeu-
gung zu gelangen daß sie das Volk nur auf eine andere Art entsittlicht wie
die geheime Abstimmung. Uebrigens kann dieser Punkt den Widersachern
der Einheit keine Hoffnung gewähren. Der König von Preußen kann
daraus keinen Grund hernehmen um die Reichsoberhauptswürde abzuleh-
nen. Denn dieselbe Weise des Wahlrechts hat er selbst in seinen Staa-
ten eingeführt. Sie ist preußisches Landesgesetz. Alle Hoffnungen bauen
sie dagegen auf die §§. 108 und 201. Durch diese ist nicht bloß für die
gewöhnliche Gesetzgebung, sondern auch für Aenderungen in der Verfas-
sung das ausschiebende Veto angenommen. Das scheint mit der Monar-
chie unverträglich. Auch wir beklagen die Annahme jener Paragraphen;
doch gehen wir nicht so weit zu befürchten daß Fälle wirklich eintreten könn-
ten, wo der Kaiser in Folge jener Paragraphen zu Annahme eines Be-
schlusss gedrängt werden könnte, welchem er ohnehin seine Genehmigung
versagt haben würde. Denn wie lautet der §. 108? "Ist vom Reichstage
in derselben Sache in drei unmittelbar sich folgenden ordentlichen Sitzungs-
perioden (also in der Regel nach drei Jahren) derselbe Beschluß unverän-
dert gefaßt worden, so wird er, auch wenn die Zustimmung der Reichs-
regierung nicht erfolgt, mit dem Schluß des dritten Reichstags Gesetz."
Eine Quaterne in der Lotterie ist eine große Wahrscheinlichkeit gegen
einen solchen Fall. Vollends um einen Beschluß zu fassen durch welchen
die Verfassung geändert wird, treten sogar noch folgende Bedingungen
hinzu: "Es bedarf in beiden Häusern 1) der Anwesenheit von wenigstens
zwei Dritteln der Mitglieder; 2) zweier Abstimmungen, zwischen welchen
ein Zeitraum von wenigstens acht Tagen liegen muß; 3) einer Stimmen-
mehrheit von wenigstens zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder bei je-
der der beiden Abstimmungen." Aber dennoch beklagen wir die Annahme
jener Paragraphen; das entscheidende Veto raubt der Monarchie ohne
Nutzen eine moralische Weihe. Sie hebt, wenn auch nur scheinbar, das
Gleichgewicht der Gewalten auf. Indeß ist doch wohl zu beachten daß das
Oberhaupt eines Bundes etwas anderes ist als das Oberhaupt eines
Staats. Wovor die deutschen Fürsten am meisten besorgt find, ist ja
dieß daß der Bundesstaat in einen Einheitsstaat umschlage, daß die Rechte
des Oberhauptes zu weit ausgedehnt werden möchten. Nun ist das Veto
ein Recht welches das Reichsoberhaupt auch dem Staatenhause gegenüber
ausübt, und das Staatenhaus vertritt ja die Staaten und Regierungen
welche die Hälfte aller Mitglieder desselben zu ernennen haben. Es gibt
kein Land das besser königlich wäre als Norwegen, und dort besteht das
aufschiebende Veto. Das absolute Veto ist ein Edelstein in der Krone,
aber nicht die Krone selbst. Wie man auch über diesen Punkt denken mag,
so ist er ein theoretischer, und wir haben uns die Niederlage unsrer Theorie
gefallen lassen müssen. Was wir der Linken am meisten vorwarfen, war
ihr starres Festhalten an Theorien, die einmal für jetzt nicht ausführbar
sind. Wir dürfen nicht in denselben Fehler fallen. Wenn auch nicht ohne
Wunden, so haben wir in dem Kampfe doch gestegt. Die Pläne den al-
ten Bundestag wieder aufzurichten find zu Schanden geworden, was 1815
scheiterte, ist 1849 gelungen. Das deutsche Volk hat sich eine Verfassung
gegeben, ein Reich gestiftet und ein erbliches Reichsoberhaupt erwählt. Die
rasche Annahme der Verfassung ist in der jetzigen Weltlage ebenso sehr
eine Frage der äußern wie der innern Politik. Namentlich wird sich der
König von Preußen durch keine auswärtigen Drohungen zurückschrecken
lassen dem dringenden Bedürfnisse Deutschlands und den Wünschen seines
eigenen Volkes zu entsprechen; denn gerade jetzt zur rechten Zeit werden
sie ihm von beiden Kammern vorgetragen. Als constitutioneller Monarch
darf er ihre Stimme nicht überhören. Die Rücksichten welche er auf die
übrigen deutschen Fürsten glaubt nehmen zu müssen, kann kein langandauern-
des Hinderniß seyn daß er die dargebotene Würde eines Reichsoberhaupts
annimmt. Denn er handelt dadurch nur in ihrem gemeinsamen Interesse.
Wenn durch seine Weigerung die jetzt mühsam vollendete monarchische
Reichsverfassung wieder zusammenstürzt, so kann niemand dafür einstehen
ob nicht die ganze monarchische Ordnung, wie sie jetzt in Deutschland be-
steht, unter ihren Trümmern begraben wird. Jetzt mehr wie je ist es für
den preußischen König Zeit sich an das Wort eines großen preußischen
Staatsmannes zu erinnern: die kühnste Rolle ist für Preußen die sicherste.

Bayern.

Mittels Erlasses des Staats-
ministeriums des Kriegs wurden dieser Tage die Normen festgestellt für die
Reactivirung der aus der Dienstesactivität getretenen Officiere und Mili-
tärbeamten. Demselben zufolge können temporär und definitiv Pensionirte
nur in der Weise wieder in die active Armee eintreten, daß sie die Rang-
stufen und Anciennitätsnummern erhalten die sie zur Zeit ihrer Pensioni-
rung bekleideten; freiwillig aus dem activen Militärverband Ausgetretene
aber verzichten durch ihren gänzlichen Austritt auf alle militärischen Stan-
desverhältnisse, und wird ihnen später ausnahmsweise der Wiedereintritt
gestattet, so erscheint derselbe nur als neue Anstellung. -- Die in vielen
bayerischen Blättern wie auch in Ihrer Zeitung erwähnten Gerüchte über
[Spaltenumbruch] die Auflösung unserer Volkskammer und die Octroyirung eines neuen
Wahlgesetzes finden in den heutigen "Neuesten Nachrichten" nachfolgende
officiöse Widerlegung: "Einsender hat aus ganz ficherer Quelle erfahren daß
Se. Maj. den entschiedensten Unwillen über die Lüge ausgesprochen haben,
als beabsichtige die bayerische Regierung eine ungesetzliche Aufhebung des
bestehenden Wahlgesetzes durch Octroyirung eines neuen auf andern Grund-
lagen beruhenden. Bei dieser Gelegenheit hat Se. Maj. geäußert, er wün-
sche nur daß die Volksrepräsentanten und das Volk ebenso fest an der
Grundlage der Verfassung und den constitutionellen Grundsätzen festhalten
möchten wie dieß die Regierung thun werde, dann wäre die sichere Hoff-
nung vorhanden daß die nothwendigen Reformen sowohl innerhalb der
bayerischen als der deutschen Verfassung bald zur Zufriedenheit des Volkes
gelöst werden könnten. -- Der Appellationsgerichtsrath A. Frhr. v. Hacke
in Passau wurde auf sein Ansuchen in den definitiven Ruhestand versetzt
und auf die hiedurch erledigte Rathsstelle der Appellationsgerichtsassessor
K. Frhr. v. Münster in Aschaffenburg befördert.


Obgleich Ihnen wahrscheinlich schon
Berichte über die hiesige Aufnahme der Wahl eines preußischen Erb-
kaisers für Deutschland zugekommen sind, so gewähren Sie doch vielleicht
auch noch diesen Mittheilungen einen Raum. Vorausschicken muß ich daß
bereits seit der Abwerfung des Welcker schen Antrags, befonders in den-
jenigen Bevölkerungsschichten welche nicht die eigentliche höhere politische
Bildung, aber dafür in ihren Stimmungen desto klarer Wunsch und Be-
dürfniß des Volkes vertreten, die Mißstimmung gegen Preußen und seine
deutsche Hegemonie wesentlich an bitterer Schärfe verloren hatte. Die
Möglichkeit irgendeines Compromisses schien nach jener Ablehnung nicht
mehr vorhanden; in der Parteileidenschaft, in der Unnatürlichkeit der Coa-
litionen, um den Preis gegenseitiger Concessionen gerade in den ertremsten
Fragen, erschien die ehrliche Sorge um Deutschlands Wohl untergegangen;
und nur zwei Wege, wiederum den außersten Extremen angehörend, schie-
nen sich jenseits dieses Knäuels der Verwirrung aufzuthun. Der eine war
Erstarkung der Republik bis zu der Höhe daß sie die Revolution von neuem
beginne und, unbegränzt von der Achtung vor den Thronen, durch die Anar-
chie hindurch zur Errichtung eines Einheitsstaats nach jahrelangem Bür-
gerkrieg gelange. Der andere war eine volle Desavouirung der deutschen
Reichsversammlung durch die Fürsten, Octroyirung einer deutschen Reichs-
verfassung, und zwar einer Reichsverfassung welche, eben weil nur von dy-
nastischer Seite ausgehend, auch nur dieses Interesse berücksichtigen, daher
auf den österreichischen Vorschlägen zu einer Staatenvertretung ohne Volks-
vertretung fußen würde. Was man nach diesen Voraussetzungen, bei dem
Mangel eines Vertrauens auf den ächten Constitutionalismus unserer
Staatsmächte, speciell für das bayerische Staatsleben fürchtete (oder auch,
obgleich nur in sehr eng n Kreisen, erwartete), brauche ich wohl nicht bei-
zufügen. Bei diesen trüben Alternativen stand aber und steht der dänische,
wohl auch der russische Krieg vor der Thür, drohen die sich entwickelnden
freundschaftlichen Beziehungen zwischen der französischen Republik und dem
Czaren. Ein Halt, eine Festigkeit in diesem Wirrniß! das war der all-
gemeine Ruf. Jene Kriegsgefahren verschwanden allerdings für den
Augenblick wenn Preußen nicht an die Spitze, wenn überhaupt kein Kai-
ser auf den Thron gesetzt wurde. Preußen würde rasch einen dänischen
Frieden in seinem, nicht in Deutschlands Interesse geschlossen haben. Da-
von war man überzeugt. Ich spreche hier, wie gesagt, von der Politik der
großen Menge, nicht derer welche gewohnt sind alle einzelnen und feinern
Combinationen in bedingende Betrachtung zu ziehen. Daß aber diese Po-
litik geneigt wurde auch um den Preis ihrer stammlichen Abneigungen
eine preußische Hegemonie weit günstiger anzunehmen als noch vor weni-
gen Wochen, unterstützte besonders der Umstand daß die reactionären Par-
teien Bayerns an Hoffnung und Siegessicherheit mit der Abwerfung des
Welcker schen Antrags gewonnen zu haben schienen was Deutschland an
Zuversicht auf irgendeine Festigung seiner Verhältnisse im Geist der Zeit
damit verloren hatte. Der laut ausbrechende Jubel ihrer Organe über
den Bankerott der deutschen Reichsverfammlung, das Siegesgeschrei ob
des glorreichen Widerstandes des Katholicismus gegen die unterdrückenden
Tendenzen des Lutherthums (denn diese Blätter hatten bekanntlich fort-
während die politische Frage auf den confessionellen Boden verlegt), die
Hast und Gewaltsamkeit womit diese Partei sich neuer Organe bemächtigte
(ein Beispiel ist die weitverbreitete "Landbötin", deren früherer Redacteur
wenige Tage nach Ankunft der Nachricht vom Schicksal des Welcker'schen
Antrags zum Rücktritt gezwungen wurde, worauf das Blatt urplötzlich
ultramontanen Zwecken dient, während ein gleicher Sturm auf den "Baye-
rischen Eilboten" an der Gesinnungsfestigkeit des Besitzers scheiterte), die
bekannte Adresse an das Ministerium um ein Preßgesetz dessen Grundzüge
dem berufenen österreichischen entnommen sind -- dieß alles kam zu rasch,
zu laut, zu schreiend hinter der Niederlage des Welcker'schen Antrags, als
daß die weiten Schichten des keinem Extrem huldigenden, vielleicht selbst

[Spaltenumbruch] mit eigenen Augen und Ohren wahrgenommen, um nicht zu der Ueberzeu-
gung zu gelangen daß ſie das Volk nur auf eine andere Art entſittlicht wie
die geheime Abſtimmung. Uebrigens kann dieſer Punkt den Widerſachern
der Einheit keine Hoffnung gewähren. Der König von Preußen kann
daraus keinen Grund hernehmen um die Reichsoberhauptswürde abzuleh-
nen. Denn dieſelbe Weiſe des Wahlrechts hat er ſelbſt in ſeinen Staa-
ten eingeführt. Sie iſt preußiſches Landesgeſetz. Alle Hoffnungen bauen
ſie dagegen auf die §§. 108 und 201. Durch dieſe iſt nicht bloß für die
gewöhnliche Geſetzgebung, ſondern auch für Aenderungen in der Verfaſ-
ſung das auſſchiebende Veto angenommen. Das ſcheint mit der Monar-
chie unverträglich. Auch wir beklagen die Annahme jener Paragraphen;
doch gehen wir nicht ſo weit zu befürchten daß Fälle wirklich eintreten könn-
ten, wo der Kaiſer in Folge jener Paragraphen zu Annahme eines Be-
ſchluſſs gedrängt werden könnte, welchem er ohnehin ſeine Genehmigung
verſagt haben würde. Denn wie lautet der §. 108? „Iſt vom Reichstage
in derſelben Sache in drei unmittelbar ſich folgenden ordentlichen Sitzungs-
perioden (alſo in der Regel nach drei Jahren) derſelbe Beſchluß unverän-
dert gefaßt worden, ſo wird er, auch wenn die Zuſtimmung der Reichs-
regierung nicht erfolgt, mit dem Schluß des dritten Reichstags Geſetz.“
Eine Quaterne in der Lotterie iſt eine große Wahrſcheinlichkeit gegen
einen ſolchen Fall. Vollends um einen Beſchluß zu faſſen durch welchen
die Verfaſſung geändert wird, treten ſogar noch folgende Bedingungen
hinzu: „Es bedarf in beiden Häuſern 1) der Anweſenheit von wenigſtens
zwei Dritteln der Mitglieder; 2) zweier Abſtimmungen, zwiſchen welchen
ein Zeitraum von wenigſtens acht Tagen liegen muß; 3) einer Stimmen-
mehrheit von wenigſtens zwei Dritteln der anweſenden Mitglieder bei je-
der der beiden Abſtimmungen.“ Aber dennoch beklagen wir die Annahme
jener Paragraphen; das entſcheidende Veto raubt der Monarchie ohne
Nutzen eine moraliſche Weihe. Sie hebt, wenn auch nur ſcheinbar, das
Gleichgewicht der Gewalten auf. Indeß iſt doch wohl zu beachten daß das
Oberhaupt eines Bundes etwas anderes iſt als das Oberhaupt eines
Staats. Wovor die deutſchen Fürſten am meiſten beſorgt find, iſt ja
dieß daß der Bundesſtaat in einen Einheitsſtaat umſchlage, daß die Rechte
des Oberhauptes zu weit ausgedehnt werden möchten. Nun iſt das Veto
ein Recht welches das Reichsoberhaupt auch dem Staatenhauſe gegenüber
ausübt, und das Staatenhaus vertritt ja die Staaten und Regierungen
welche die Hälfte aller Mitglieder desſelben zu ernennen haben. Es gibt
kein Land das beſſer königlich wäre als Norwegen, und dort beſteht das
aufſchiebende Veto. Das abſolute Veto iſt ein Edelſtein in der Krone,
aber nicht die Krone ſelbſt. Wie man auch über dieſen Punkt denken mag,
ſo iſt er ein theoretiſcher, und wir haben uns die Niederlage unſrer Theorie
gefallen laſſen müſſen. Was wir der Linken am meiſten vorwarfen, war
ihr ſtarres Feſthalten an Theorien, die einmal für jetzt nicht ausführbar
ſind. Wir dürfen nicht in denſelben Fehler fallen. Wenn auch nicht ohne
Wunden, ſo haben wir in dem Kampfe doch geſtegt. Die Pläne den al-
ten Bundestag wieder aufzurichten find zu Schanden geworden, was 1815
ſcheiterte, iſt 1849 gelungen. Das deutſche Volk hat ſich eine Verfaſſung
gegeben, ein Reich geſtiftet und ein erbliches Reichsoberhaupt erwählt. Die
raſche Annahme der Verfaſſung iſt in der jetzigen Weltlage ebenſo ſehr
eine Frage der äußern wie der innern Politik. Namentlich wird ſich der
König von Preußen durch keine auswärtigen Drohungen zurückſchrecken
laſſen dem dringenden Bedürfniſſe Deutſchlands und den Wünſchen ſeines
eigenen Volkes zu entſprechen; denn gerade jetzt zur rechten Zeit werden
ſie ihm von beiden Kammern vorgetragen. Als conſtitutioneller Monarch
darf er ihre Stimme nicht überhören. Die Rückſichten welche er auf die
übrigen deutſchen Fürſten glaubt nehmen zu müſſen, kann kein langandauern-
des Hinderniß ſeyn daß er die dargebotene Würde eines Reichsoberhaupts
annimmt. Denn er handelt dadurch nur in ihrem gemeinſamen Intereſſe.
Wenn durch ſeine Weigerung die jetzt mühſam vollendete monarchiſche
Reichsverfaſſung wieder zuſammenſtürzt, ſo kann niemand dafür einſtehen
ob nicht die ganze monarchiſche Ordnung, wie ſie jetzt in Deutſchland be-
ſteht, unter ihren Trümmern begraben wird. Jetzt mehr wie je iſt es für
den preußiſchen König Zeit ſich an das Wort eines großen preußiſchen
Staatsmannes zu erinnern: die kühnſte Rolle iſt für Preußen die ſicherſte.

Bayern.

Mittels Erlaſſes des Staats-
miniſteriums des Kriegs wurden dieſer Tage die Normen feſtgeſtellt für die
Reactivirung der aus der Dienſtesactivität getretenen Officiere und Mili-
tärbeamten. Demſelben zufolge können temporär und definitiv Penſionirte
nur in der Weiſe wieder in die active Armee eintreten, daß ſie die Rang-
ſtufen und Anciennitätsnummern erhalten die ſie zur Zeit ihrer Penſioni-
rung bekleideten; freiwillig aus dem activen Militärverband Ausgetretene
aber verzichten durch ihren gänzlichen Austritt auf alle militäriſchen Stan-
desverhältniſſe, und wird ihnen ſpäter ausnahmsweiſe der Wiedereintritt
geſtattet, ſo erſcheint derſelbe nur als neue Anſtellung. — Die in vielen
bayeriſchen Blättern wie auch in Ihrer Zeitung erwähnten Gerüchte über
[Spaltenumbruch] die Auflöſung unſerer Volkskammer und die Octroyirung eines neuen
Wahlgeſetzes finden in den heutigen „Neueſten Nachrichten“ nachfolgende
officiöſe Widerlegung: „Einſender hat aus ganz ficherer Quelle erfahren daß
Se. Maj. den entſchiedenſten Unwillen über die Lüge ausgeſprochen haben,
als beabſichtige die bayeriſche Regierung eine ungeſetzliche Aufhebung des
beſtehenden Wahlgeſetzes durch Octroyirung eines neuen auf andern Grund-
lagen beruhenden. Bei dieſer Gelegenheit hat Se. Maj. geäußert, er wün-
ſche nur daß die Volksrepräſentanten und das Volk ebenſo feſt an der
Grundlage der Verfaſſung und den conſtitutionellen Grundſätzen feſthalten
möchten wie dieß die Regierung thun werde, dann wäre die ſichere Hoff-
nung vorhanden daß die nothwendigen Reformen ſowohl innerhalb der
bayeriſchen als der deutſchen Verfaſſung bald zur Zufriedenheit des Volkes
gelöst werden könnten. — Der Appellationsgerichtsrath A. Frhr. v. Hacke
in Paſſau wurde auf ſein Anſuchen in den definitiven Ruheſtand verſetzt
und auf die hiedurch erledigte Rathsſtelle der Appellationsgerichtsaſſeſſor
K. Frhr. v. Münſter in Aſchaffenburg befördert.


Obgleich Ihnen wahrſcheinlich ſchon
Berichte über die hieſige Aufnahme der Wahl eines preußiſchen Erb-
kaiſers für Deutſchland zugekommen ſind, ſo gewähren Sie doch vielleicht
auch noch dieſen Mittheilungen einen Raum. Vorausſchicken muß ich daß
bereits ſeit der Abwerfung des Welcker ſchen Antrags, befonders in den-
jenigen Bevölkerungsſchichten welche nicht die eigentliche höhere politiſche
Bildung, aber dafür in ihren Stimmungen deſto klarer Wunſch und Be-
dürfniß des Volkes vertreten, die Mißſtimmung gegen Preußen und ſeine
deutſche Hegemonie weſentlich an bitterer Schärfe verloren hatte. Die
Möglichkeit irgendeines Compromiſſes ſchien nach jener Ablehnung nicht
mehr vorhanden; in der Parteileidenſchaft, in der Unnatürlichkeit der Coa-
litionen, um den Preis gegenſeitiger Conceſſionen gerade in den ertremſten
Fragen, erſchien die ehrliche Sorge um Deutſchlands Wohl untergegangen;
und nur zwei Wege, wiederum den außerſten Extremen angehörend, ſchie-
nen ſich jenſeits dieſes Knäuels der Verwirrung aufzuthun. Der eine war
Erſtarkung der Republik bis zu der Höhe daß ſie die Revolution von neuem
beginne und, unbegränzt von der Achtung vor den Thronen, durch die Anar-
chie hindurch zur Errichtung eines Einheitsſtaats nach jahrelangem Bür-
gerkrieg gelange. Der andere war eine volle Desavouirung der deutſchen
Reichsverſammlung durch die Fürſten, Octroyirung einer deutſchen Reichs-
verfaſſung, und zwar einer Reichsverfaſſung welche, eben weil nur von dy-
naſtiſcher Seite ausgehend, auch nur dieſes Intereſſe berückſichtigen, daher
auf den öſterreichiſchen Vorſchlägen zu einer Staatenvertretung ohne Volks-
vertretung fußen würde. Was man nach dieſen Vorausſetzungen, bei dem
Mangel eines Vertrauens auf den ächten Conſtitutionalismus unſerer
Staatsmächte, ſpeciell für das bayeriſche Staatsleben fürchtete (oder auch,
obgleich nur in ſehr eng n Kreiſen, erwartete), brauche ich wohl nicht bei-
zufügen. Bei dieſen trüben Alternativen ſtand aber und ſteht der däniſche,
wohl auch der ruſſiſche Krieg vor der Thür, drohen die ſich entwickelnden
freundſchaftlichen Beziehungen zwiſchen der franzöſiſchen Republik und dem
Czaren. Ein Halt, eine Feſtigkeit in dieſem Wirrniß! das war der all-
gemeine Ruf. Jene Kriegsgefahren verſchwanden allerdings für den
Augenblick wenn Preußen nicht an die Spitze, wenn überhaupt kein Kai-
ſer auf den Thron geſetzt wurde. Preußen würde raſch einen däniſchen
Frieden in ſeinem, nicht in Deutſchlands Intereſſe geſchloſſen haben. Da-
von war man überzeugt. Ich ſpreche hier, wie geſagt, von der Politik der
großen Menge, nicht derer welche gewohnt ſind alle einzelnen und feinern
Combinationen in bedingende Betrachtung zu ziehen. Daß aber dieſe Po-
litik geneigt wurde auch um den Preis ihrer ſtammlichen Abneigungen
eine preußiſche Hegemonie weit günſtiger anzunehmen als noch vor weni-
gen Wochen, unterſtützte beſonders der Umſtand daß die reactionären Par-
teien Bayerns an Hoffnung und Siegesſicherheit mit der Abwerfung des
Welcker ſchen Antrags gewonnen zu haben ſchienen was Deutſchland an
Zuverſicht auf irgendeine Feſtigung ſeiner Verhältniſſe im Geiſt der Zeit
damit verloren hatte. Der laut ausbrechende Jubel ihrer Organe über
den Bankerott der deutſchen Reichsverfammlung, das Siegesgeſchrei ob
des glorreichen Widerſtandes des Katholicismus gegen die unterdrückenden
Tendenzen des Lutherthums (denn dieſe Blätter hatten bekanntlich fort-
während die politiſche Frage auf den confeſſionellen Boden verlegt), die
Haſt und Gewaltſamkeit womit dieſe Partei ſich neuer Organe bemächtigte
(ein Beiſpiel iſt die weitverbreitete „Landbötin“, deren früherer Redacteur
wenige Tage nach Ankunft der Nachricht vom Schickſal des Welcker’ſchen
Antrags zum Rücktritt gezwungen wurde, worauf das Blatt urplötzlich
ultramontanen Zwecken dient, während ein gleicher Sturm auf den „Baye-
riſchen Eilboten“ an der Geſinnungsfeſtigkeit des Beſitzers ſcheiterte), die
bekannte Adreſſe an das Miniſterium um ein Preßgeſetz deſſen Grundzüge
dem berufenen öſterreichiſchen entnommen ſind — dieß alles kam zu raſch,
zu laut, zu ſchreiend hinter der Niederlage des Welcker’ſchen Antrags, als
daß die weiten Schichten des keinem Extrem huldigenden, vielleicht ſelbſt

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[1418/0002] mit eigenen Augen und Ohren wahrgenommen, um nicht zu der Ueberzeu- gung zu gelangen daß ſie das Volk nur auf eine andere Art entſittlicht wie die geheime Abſtimmung. Uebrigens kann dieſer Punkt den Widerſachern der Einheit keine Hoffnung gewähren. Der König von Preußen kann daraus keinen Grund hernehmen um die Reichsoberhauptswürde abzuleh- nen. Denn dieſelbe Weiſe des Wahlrechts hat er ſelbſt in ſeinen Staa- ten eingeführt. Sie iſt preußiſches Landesgeſetz. Alle Hoffnungen bauen ſie dagegen auf die §§. 108 und 201. Durch dieſe iſt nicht bloß für die gewöhnliche Geſetzgebung, ſondern auch für Aenderungen in der Verfaſ- ſung das auſſchiebende Veto angenommen. Das ſcheint mit der Monar- chie unverträglich. Auch wir beklagen die Annahme jener Paragraphen; doch gehen wir nicht ſo weit zu befürchten daß Fälle wirklich eintreten könn- ten, wo der Kaiſer in Folge jener Paragraphen zu Annahme eines Be- ſchluſſs gedrängt werden könnte, welchem er ohnehin ſeine Genehmigung verſagt haben würde. Denn wie lautet der §. 108? „Iſt vom Reichstage in derſelben Sache in drei unmittelbar ſich folgenden ordentlichen Sitzungs- perioden (alſo in der Regel nach drei Jahren) derſelbe Beſchluß unverän- dert gefaßt worden, ſo wird er, auch wenn die Zuſtimmung der Reichs- regierung nicht erfolgt, mit dem Schluß des dritten Reichstags Geſetz.“ Eine Quaterne in der Lotterie iſt eine große Wahrſcheinlichkeit gegen einen ſolchen Fall. Vollends um einen Beſchluß zu faſſen durch welchen die Verfaſſung geändert wird, treten ſogar noch folgende Bedingungen hinzu: „Es bedarf in beiden Häuſern 1) der Anweſenheit von wenigſtens zwei Dritteln der Mitglieder; 2) zweier Abſtimmungen, zwiſchen welchen ein Zeitraum von wenigſtens acht Tagen liegen muß; 3) einer Stimmen- mehrheit von wenigſtens zwei Dritteln der anweſenden Mitglieder bei je- der der beiden Abſtimmungen.“ Aber dennoch beklagen wir die Annahme jener Paragraphen; das entſcheidende Veto raubt der Monarchie ohne Nutzen eine moraliſche Weihe. Sie hebt, wenn auch nur ſcheinbar, das Gleichgewicht der Gewalten auf. Indeß iſt doch wohl zu beachten daß das Oberhaupt eines Bundes etwas anderes iſt als das Oberhaupt eines Staats. Wovor die deutſchen Fürſten am meiſten beſorgt find, iſt ja dieß daß der Bundesſtaat in einen Einheitsſtaat umſchlage, daß die Rechte des Oberhauptes zu weit ausgedehnt werden möchten. Nun iſt das Veto ein Recht welches das Reichsoberhaupt auch dem Staatenhauſe gegenüber ausübt, und das Staatenhaus vertritt ja die Staaten und Regierungen welche die Hälfte aller Mitglieder desſelben zu ernennen haben. Es gibt kein Land das beſſer königlich wäre als Norwegen, und dort beſteht das aufſchiebende Veto. Das abſolute Veto iſt ein Edelſtein in der Krone, aber nicht die Krone ſelbſt. Wie man auch über dieſen Punkt denken mag, ſo iſt er ein theoretiſcher, und wir haben uns die Niederlage unſrer Theorie gefallen laſſen müſſen. Was wir der Linken am meiſten vorwarfen, war ihr ſtarres Feſthalten an Theorien, die einmal für jetzt nicht ausführbar ſind. Wir dürfen nicht in denſelben Fehler fallen. Wenn auch nicht ohne Wunden, ſo haben wir in dem Kampfe doch geſtegt. Die Pläne den al- ten Bundestag wieder aufzurichten find zu Schanden geworden, was 1815 ſcheiterte, iſt 1849 gelungen. Das deutſche Volk hat ſich eine Verfaſſung gegeben, ein Reich geſtiftet und ein erbliches Reichsoberhaupt erwählt. Die raſche Annahme der Verfaſſung iſt in der jetzigen Weltlage ebenſo ſehr eine Frage der äußern wie der innern Politik. Namentlich wird ſich der König von Preußen durch keine auswärtigen Drohungen zurückſchrecken laſſen dem dringenden Bedürfniſſe Deutſchlands und den Wünſchen ſeines eigenen Volkes zu entſprechen; denn gerade jetzt zur rechten Zeit werden ſie ihm von beiden Kammern vorgetragen. Als conſtitutioneller Monarch darf er ihre Stimme nicht überhören. Die Rückſichten welche er auf die übrigen deutſchen Fürſten glaubt nehmen zu müſſen, kann kein langandauern- des Hinderniß ſeyn daß er die dargebotene Würde eines Reichsoberhaupts annimmt. Denn er handelt dadurch nur in ihrem gemeinſamen Intereſſe. Wenn durch ſeine Weigerung die jetzt mühſam vollendete monarchiſche Reichsverfaſſung wieder zuſammenſtürzt, ſo kann niemand dafür einſtehen ob nicht die ganze monarchiſche Ordnung, wie ſie jetzt in Deutſchland be- ſteht, unter ihren Trümmern begraben wird. Jetzt mehr wie je iſt es für den preußiſchen König Zeit ſich an das Wort eines großen preußiſchen Staatsmannes zu erinnern: die kühnſte Rolle iſt für Preußen die ſicherſte. Bayern. ∆ München, 1 April. Mittels Erlaſſes des Staats- miniſteriums des Kriegs wurden dieſer Tage die Normen feſtgeſtellt für die Reactivirung der aus der Dienſtesactivität getretenen Officiere und Mili- tärbeamten. Demſelben zufolge können temporär und definitiv Penſionirte nur in der Weiſe wieder in die active Armee eintreten, daß ſie die Rang- ſtufen und Anciennitätsnummern erhalten die ſie zur Zeit ihrer Penſioni- rung bekleideten; freiwillig aus dem activen Militärverband Ausgetretene aber verzichten durch ihren gänzlichen Austritt auf alle militäriſchen Stan- desverhältniſſe, und wird ihnen ſpäter ausnahmsweiſe der Wiedereintritt geſtattet, ſo erſcheint derſelbe nur als neue Anſtellung. — Die in vielen bayeriſchen Blättern wie auch in Ihrer Zeitung erwähnten Gerüchte über die Auflöſung unſerer Volkskammer und die Octroyirung eines neuen Wahlgeſetzes finden in den heutigen „Neueſten Nachrichten“ nachfolgende officiöſe Widerlegung: „Einſender hat aus ganz ficherer Quelle erfahren daß Se. Maj. den entſchiedenſten Unwillen über die Lüge ausgeſprochen haben, als beabſichtige die bayeriſche Regierung eine ungeſetzliche Aufhebung des beſtehenden Wahlgeſetzes durch Octroyirung eines neuen auf andern Grund- lagen beruhenden. Bei dieſer Gelegenheit hat Se. Maj. geäußert, er wün- ſche nur daß die Volksrepräſentanten und das Volk ebenſo feſt an der Grundlage der Verfaſſung und den conſtitutionellen Grundſätzen feſthalten möchten wie dieß die Regierung thun werde, dann wäre die ſichere Hoff- nung vorhanden daß die nothwendigen Reformen ſowohl innerhalb der bayeriſchen als der deutſchen Verfaſſung bald zur Zufriedenheit des Volkes gelöst werden könnten. — Der Appellationsgerichtsrath A. Frhr. v. Hacke in Paſſau wurde auf ſein Anſuchen in den definitiven Ruheſtand verſetzt und auf die hiedurch erledigte Rathsſtelle der Appellationsgerichtsaſſeſſor K. Frhr. v. Münſter in Aſchaffenburg befördert. ⌙ München, 1 April. Obgleich Ihnen wahrſcheinlich ſchon Berichte über die hieſige Aufnahme der Wahl eines preußiſchen Erb- kaiſers für Deutſchland zugekommen ſind, ſo gewähren Sie doch vielleicht auch noch dieſen Mittheilungen einen Raum. Vorausſchicken muß ich daß bereits ſeit der Abwerfung des Welcker ſchen Antrags, befonders in den- jenigen Bevölkerungsſchichten welche nicht die eigentliche höhere politiſche Bildung, aber dafür in ihren Stimmungen deſto klarer Wunſch und Be- dürfniß des Volkes vertreten, die Mißſtimmung gegen Preußen und ſeine deutſche Hegemonie weſentlich an bitterer Schärfe verloren hatte. Die Möglichkeit irgendeines Compromiſſes ſchien nach jener Ablehnung nicht mehr vorhanden; in der Parteileidenſchaft, in der Unnatürlichkeit der Coa- litionen, um den Preis gegenſeitiger Conceſſionen gerade in den ertremſten Fragen, erſchien die ehrliche Sorge um Deutſchlands Wohl untergegangen; und nur zwei Wege, wiederum den außerſten Extremen angehörend, ſchie- nen ſich jenſeits dieſes Knäuels der Verwirrung aufzuthun. Der eine war Erſtarkung der Republik bis zu der Höhe daß ſie die Revolution von neuem beginne und, unbegränzt von der Achtung vor den Thronen, durch die Anar- chie hindurch zur Errichtung eines Einheitsſtaats nach jahrelangem Bür- gerkrieg gelange. Der andere war eine volle Desavouirung der deutſchen Reichsverſammlung durch die Fürſten, Octroyirung einer deutſchen Reichs- verfaſſung, und zwar einer Reichsverfaſſung welche, eben weil nur von dy- naſtiſcher Seite ausgehend, auch nur dieſes Intereſſe berückſichtigen, daher auf den öſterreichiſchen Vorſchlägen zu einer Staatenvertretung ohne Volks- vertretung fußen würde. Was man nach dieſen Vorausſetzungen, bei dem Mangel eines Vertrauens auf den ächten Conſtitutionalismus unſerer Staatsmächte, ſpeciell für das bayeriſche Staatsleben fürchtete (oder auch, obgleich nur in ſehr eng n Kreiſen, erwartete), brauche ich wohl nicht bei- zufügen. Bei dieſen trüben Alternativen ſtand aber und ſteht der däniſche, wohl auch der ruſſiſche Krieg vor der Thür, drohen die ſich entwickelnden freundſchaftlichen Beziehungen zwiſchen der franzöſiſchen Republik und dem Czaren. Ein Halt, eine Feſtigkeit in dieſem Wirrniß! das war der all- gemeine Ruf. Jene Kriegsgefahren verſchwanden allerdings für den Augenblick wenn Preußen nicht an die Spitze, wenn überhaupt kein Kai- ſer auf den Thron geſetzt wurde. Preußen würde raſch einen däniſchen Frieden in ſeinem, nicht in Deutſchlands Intereſſe geſchloſſen haben. Da- von war man überzeugt. Ich ſpreche hier, wie geſagt, von der Politik der großen Menge, nicht derer welche gewohnt ſind alle einzelnen und feinern Combinationen in bedingende Betrachtung zu ziehen. Daß aber dieſe Po- litik geneigt wurde auch um den Preis ihrer ſtammlichen Abneigungen eine preußiſche Hegemonie weit günſtiger anzunehmen als noch vor weni- gen Wochen, unterſtützte beſonders der Umſtand daß die reactionären Par- teien Bayerns an Hoffnung und Siegesſicherheit mit der Abwerfung des Welcker ſchen Antrags gewonnen zu haben ſchienen was Deutſchland an Zuverſicht auf irgendeine Feſtigung ſeiner Verhältniſſe im Geiſt der Zeit damit verloren hatte. Der laut ausbrechende Jubel ihrer Organe über den Bankerott der deutſchen Reichsverfammlung, das Siegesgeſchrei ob des glorreichen Widerſtandes des Katholicismus gegen die unterdrückenden Tendenzen des Lutherthums (denn dieſe Blätter hatten bekanntlich fort- während die politiſche Frage auf den confeſſionellen Boden verlegt), die Haſt und Gewaltſamkeit womit dieſe Partei ſich neuer Organe bemächtigte (ein Beiſpiel iſt die weitverbreitete „Landbötin“, deren früherer Redacteur wenige Tage nach Ankunft der Nachricht vom Schickſal des Welcker’ſchen Antrags zum Rücktritt gezwungen wurde, worauf das Blatt urplötzlich ultramontanen Zwecken dient, während ein gleicher Sturm auf den „Baye- riſchen Eilboten“ an der Geſinnungsfeſtigkeit des Beſitzers ſcheiterte), die bekannte Adreſſe an das Miniſterium um ein Preßgeſetz deſſen Grundzüge dem berufenen öſterreichiſchen entnommen ſind — dieß alles kam zu raſch, zu laut, zu ſchreiend hinter der Niederlage des Welcker’ſchen Antrags, als daß die weiten Schichten des keinem Extrem huldigenden, vielleicht ſelbſt

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-08-16T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 93, 3. April 1849, S. 1418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine93_1849/2>, abgerufen am 29.05.2024.