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Der Arbeitgeber. Nr. 1035. Frankfurt a. M., 3. März 1877.

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[Spaltenumbruch] Freuden. Die Thatsache allein, daß von 10 in England patentirten
Nähmaschinen 9 nicht in England fabricirt, sondern nur nach dort
eingeführt würden, spräche hinlänglich für den Lizenzzwang ( komi-
sches Argument für einen Freihändler! D. R. ) . Eine kleine Ver-
besserung in der Zuckerraffinerie, die in England patentirt würde,
könne die ganze englische Zuckerindustrie in eine Lage bringen, daß
inländische Fabrikanten mit den ausländischen nicht mehr concur-
riren köunten[unleserliches Material]. ( Bisher hat doch auch kein Liz nzwang bestanden
und wo ist je ein Nothstand wie der erwähnte eingetreten! D. R. )
Die Frage über den Werth einer Lizenz erledigten der Lizenzgeber
und Nehmer am besten unter sich und nur für den Fall, daß diese
nicht einig würden ( der, wenn Lizenzzwang besteht, regelmäßig ein-
treten wird, d. R. ) solle der Lordkanzler entscheiden. Die Be-
stimmung, daß die Krone den Erfinder zu entschädigen habe, wenn
sie dessen patentirte Erfindung in Gebrauch nehme, sei nicht mehr
wie gerecht, doch dürfe die Schatzverwaltung nicht die Höhe der
Entschädigung bestimmen, da sie niemals unparteiisch zwischen Krone
und Erfinder entscheiden werde. -- Die in Aussicht genommene
Verlängerung der Frist zur Vervollständigung der Beschreibung
sei unzweifelhaft eine Wohlthat für den Erfinder, doch sei auf der
andern Seite zu bedenken, daß die Ungewißheit, in welcher die Ur-
heber ähnlicher Erfindungen wie die vorläufig geschützte während
einer so langen Periode schwebten, von großem Nachtheil für diese
sein könne.

Anderson hält auch die angesetzte Patenttaxe für zu hoch
und empfiehlt in dieser Beziehung dem Beispiele Amerikas zu fol-
gen, dessen Patenttaxe viel niedriger sei. Die Bestimmung, welche
dem Erfinder zur Pflicht mache, seine Erfindung bekannt zu geben
ehe sie patentirt sei, müsse geändert werden, sie enthalte eine Un-
gerechtigkeit.

Zum Schlusse constatirt der Attorney General, daß die Exa-
minatoren ein Patent nicht verweigern dürften weil ihnen die Er-
findung werthlos erschiene; sie hätten nur zu untersuchen, ob
die geheim gehaltne vorläufige Beschreibung richtig abgefaßt sei,
ob die Erfindung den Gegenstand eines Patentes bilden könne und
endlich ob die vollständige Beschreibung mit der vorläufigen über-
einstimme und ob sie die richtige Form habe.

Hierauf beschloß das Haus den Entwurf ( über dessen Schicksal
wir s. Z. berichten werden ) in Berathung zu ziehen.

* Arbeitmarkt. Ueber die weiteren Arbeiter=Entlassungen in
der vorigen Woche verlautet nichts. Der Handelsminister hat alle
Regierungen angewiesen, der arbeitlosen Bevölkerung Gelegenheit
zur Beschäftigung bei Chaussee= und Wegebauten zu verschaffen.
Nun sind allerdings diese Bauten der Sorge der Provinzen und
Kreise unterstellt, und die Regierung muß sich darauf beschränken,
die Kreise zu schleuniger Jnangriffnahme zu veranlassen, sie kann
also sehr freigebig mit solchen Mahnungen sein, ohne daß es sie
etwas kostete. Es scheinen aber doch die meisten Arbeiter unter-
gebracht worden zu sein.

Die "Magdeb. Ztg." bringt hinsichtlich der juristischen
Laufbahn eine Warnung vor diesem Beruf, der sich den sta-
tistischen Daten nach, zeit Kurzem erheblich verschlechtert habe.
Der Zudrang zum höheren Justizdienst hat sich, zeitdem der Staat
die materielle Lage der Justizbeamten verbessert, sehr gesteigert, und
zwar sei die Zahl der Referendarien während der letzten sechs Jahre
von 1494 auf 2326 angewachsen. Ein weiteres Anschwellen dieser
Zahl stehe zu erwarten. Die bevorstehende Organisation der Justiz-
pflege werde zwar noch viel Platz für junge Kräfte schaffen, aber
nach Vollendung dieser Organisation wieder der alte Zustand ein-
treten, wo Assessoren fünf Jahre und darüber auf eine Anstellung
zu warten haben werden.

Die kaufmänn. Vereine Würtembergs haben einen " Ver-
band " unter sich geschlossen, um die Stellenvermittlung, wie sie
der Stuttgarter Verein zeit einem Jahre begonnen, für gemeinsame
Rechnung und auf einheitlicher Grundlage weiterzuführen.

-- Labour News bringen eine Reihe beachtenswerther Auf-
sätze über die Anhäufung großer Mengen unbeschäftigter Ar-
beiter
in den Städten: sie berühren dabei das Armen=Gesetz,
das Niederlassungrecht, die Ausgleichung auf dem Arbeitmarkte und
sprechen sich sehr entschieden gegen das Almosengeben, oder eine
Förderung der Armuth, aus.

[Spaltenumbruch]

* Geschäfts=Bericht. Der "Monit. des Jnt. mat." bringt
eine Zusammenstellung der in den letzten Jahren erfolgten Anleihen
der wir entnehmen, daß dieselben i. J. 1873: 10,097, 1874:
4211, 1875: 1705 und 1876: 3642 Millionen Fr. betrugen.
Unter letzteren waren 2,945 M. von Staaten und Gemeinden,
623 M. von Eisenbahnen und Fabriken und nur 83 von Banken,
ferner 1562 M. Anleihe Amerikas zur Rückzablung der 5%
Schuld. Der eigentliche Betrag des Jahres 1876 erreicht daher
nur 2080 M. -- Jnteressant ist ferner der Stand des Zinsfußes,
der in Amsterdam unverändert 3% betrug, in London von 5 auf
4,3 1 / 2 und 2 im letzten Halbjahr herabsank, in Brüssel von3 1 / 2
auf2 1 / 2 %, in Paris von 4 auf 3, in Berlin von 6 auf4 1 / 2,
in Wien stetig auf4 1 / 2 blieb und in Frankfurt wie in Berlin
war. Es gibt keinen besseren Maßstab des Wohlstandes als diese
Liste, England 2%, Belgien2 1 / 2, Holland 3, Frankreich 4 und
Deutschland4 1 / 2 -- 5%! -- Aus dem Rückgang der Jndustrie-
Papiere, von denen Berg.=Märkische Eisenb.=Akt. von 141 auf 78,
Köln=Mindener von 178 auf 101, Rhein. von 170 auf 112 und
Bochumer von 230 auf 33 sanken, berechnet der Monit., daß
Belgien allein viele Millionen verloren habe, seit 1874 28% und
die Köln. Z. fügt hinzu: Es möchte demnach fast scheinen, als
ob die Krisis anderwärts erst zu ihren größten Verheerungen ge-
langt, nachdem sie in Oesterreich und dem benachbarten Deutsch-
land, wo sie begonnen, schon die leisen Anfänge einer kommenden
Heilung zeigt. Letzteres mag richtig sein und ist sogar wahrschein-
lich. Den Kurs=Rückgang aber als wirklichen Verlust in Anrech-
nung zu bringen, ist ganz irrig. Ob die Papiere sinken oder stei-
gen, das ändert den Werth der betreff. Unternehmen nicht. Die
Köln=Mindener Bahn ist heute noch ebenso viel werth, wie vor
3 Jahren, nur hat sie damals bessere Geschäfte gemacht. Wer so
thöricht war, darauf hin Aktien um einen wesentlich höhern Preis
anzukaufen, der hat eben thöricht gehandelt. Uebrigens darf man
nicht vergessen, daß solche Kurse meist nominel sind und nur sehr
wenig zu denselben abgegeben oder gekauft wird. Dergleichen Rech-
nungen wie oben kann man also nicht anstellen. -- Bemerkens-
werther ist der steigende Kurs sicherer Papiere, wie Staatsanleihe
und Prioritäten, die um 10--12% in die Höhe gingen.

Ueber die Abnahme des Kohlen=Verbrauchs ist eine Zusammen-
stellung erschienen, der zufolge die drei am meisten dabei betheiligten
Bahnen ( Köln=Minden, Berg.=M., Rhein. ) von Mitte Januar
bis Mitte Februar 2800 Wagenladungen weniger hatten als i. J.
1876. Diese Zahlen dokumentiren, wird beigefügt, einen starken
Rückgang des Kohlen=Konsums, "welcher weniger auf Rechnung des
milden Winters zu setzen", als vielmehr auf die Nothlage unserer
Gesammt=Jndustrie zurückzuführen sei. Wir sind umgekehrt der
Ansicht, daß diese Zahlen -- wenn überhaupt aus denselben ein
Schluß auf die Ursache der Verkehrs=Abnahme zu ziehen ist --
beweisen, daß die jetzige Abnahme lediglich auf den milden Win-
ter zurückzuführen ist. Die Abnahme der Kohlen=Gewinnung in
Folge der Stockung im Eisen=Gewerbe zeit 1873 war eine sehr
stetige und lange nicht so groß, wie oben aufgeführt. Letztere kam
ganz plötzlich. Die Kohlen=Gewinnung im Bezirk Dortmund z.
B. betrug i. J. 1876 18 Mill. Ztr. mehr als i. J. 1875 und
47 Mill. mehr als i. J. 1874: eine recht plan= und ziellose
Wirthschaft, wie mit Recht der bereits erwähnte Berichterstatter der
Frankf. Ztg. bemerkt. Alle kohlenverbrauchenden Gewerbe liegen,
wie man sagt, darnieder: die Kohlenwerke aber vermehren ihren
Betrieb um 10 pCt. Das ist eine Tollheit! Eine Beschränkung
mußte nothwendig eintreten. Die Herren Arbeiter mögen sich das
aber gesagt sein lassen und nicht gleich ihre Heimath verlassen,
wenn man ihnen ein paar Pfennige mehr anbietet. Cs ist doch
gewiß angenehmer in bescheidenen aber sicheren Verhältnissen auf
dem Lande zu leben, als in scheinbar glänzenderen in der Stadt,
aber schließlich sehr unsicheren. -- Der Preis ist ja hier immer
der sicherste Maßstab: sowie dieser sinkt, sollte man die Produktion
entsprechend einschränken.

Jnteressante Aufschlüsse enthält der letzte Ausweis des franz.
Justiz=Ministeriums über die in Frankreich i. J. 1874 aus-
gebrochenen Bankkrisen, deren Zahl 5596 ( 88 mehr als i. J. 1873 )
betrug. Die Zahl der schwebenden Verfahren wurde auf 12.755
gebracht, die höchste Ziffer, welche die französische Justizstatistik je
aufgewiesen hat. Die meisten ( 1709 ) betrafen kleinere Beträge
von 10--50,000 Fr., dann bis 100,000 Fr. ( 584 ) , über 100,000

[Spaltenumbruch] Freuden. Die Thatsache allein, daß von 10 in England patentirten
Nähmaschinen 9 nicht in England fabricirt, sondern nur nach dort
eingeführt würden, spräche hinlänglich für den Lizenzzwang ( komi-
sches Argument für einen Freihändler! D. R. ) . Eine kleine Ver-
besserung in der Zuckerraffinerie, die in England patentirt würde,
könne die ganze englische Zuckerindustrie in eine Lage bringen, daß
inländische Fabrikanten mit den ausländischen nicht mehr concur-
riren köunten[unleserliches Material]. ( Bisher hat doch auch kein Liz nzwang bestanden
und wo ist je ein Nothstand wie der erwähnte eingetreten! D. R. )
Die Frage über den Werth einer Lizenz erledigten der Lizenzgeber
und Nehmer am besten unter sich und nur für den Fall, daß diese
nicht einig würden ( der, wenn Lizenzzwang besteht, regelmäßig ein-
treten wird, d. R. ) solle der Lordkanzler entscheiden. Die Be-
stimmung, daß die Krone den Erfinder zu entschädigen habe, wenn
sie dessen patentirte Erfindung in Gebrauch nehme, sei nicht mehr
wie gerecht, doch dürfe die Schatzverwaltung nicht die Höhe der
Entschädigung bestimmen, da sie niemals unparteiisch zwischen Krone
und Erfinder entscheiden werde. -- Die in Aussicht genommene
Verlängerung der Frist zur Vervollständigung der Beschreibung
sei unzweifelhaft eine Wohlthat für den Erfinder, doch sei auf der
andern Seite zu bedenken, daß die Ungewißheit, in welcher die Ur-
heber ähnlicher Erfindungen wie die vorläufig geschützte während
einer so langen Periode schwebten, von großem Nachtheil für diese
sein könne.

Anderson hält auch die angesetzte Patenttaxe für zu hoch
und empfiehlt in dieser Beziehung dem Beispiele Amerikas zu fol-
gen, dessen Patenttaxe viel niedriger sei. Die Bestimmung, welche
dem Erfinder zur Pflicht mache, seine Erfindung bekannt zu geben
ehe sie patentirt sei, müsse geändert werden, sie enthalte eine Un-
gerechtigkeit.

Zum Schlusse constatirt der Attorney General, daß die Exa-
minatoren ein Patent nicht verweigern dürften weil ihnen die Er-
findung werthlos erschiene; sie hätten nur zu untersuchen, ob
die geheim gehaltne vorläufige Beschreibung richtig abgefaßt sei,
ob die Erfindung den Gegenstand eines Patentes bilden könne und
endlich ob die vollständige Beschreibung mit der vorläufigen über-
einstimme und ob sie die richtige Form habe.

Hierauf beschloß das Haus den Entwurf ( über dessen Schicksal
wir s. Z. berichten werden ) in Berathung zu ziehen.

* Arbeitmarkt. Ueber die weiteren Arbeiter=Entlassungen in
der vorigen Woche verlautet nichts. Der Handelsminister hat alle
Regierungen angewiesen, der arbeitlosen Bevölkerung Gelegenheit
zur Beschäftigung bei Chaussee= und Wegebauten zu verschaffen.
Nun sind allerdings diese Bauten der Sorge der Provinzen und
Kreise unterstellt, und die Regierung muß sich darauf beschränken,
die Kreise zu schleuniger Jnangriffnahme zu veranlassen, sie kann
also sehr freigebig mit solchen Mahnungen sein, ohne daß es sie
etwas kostete. Es scheinen aber doch die meisten Arbeiter unter-
gebracht worden zu sein.

Die „Magdeb. Ztg.“ bringt hinsichtlich der juristischen
Laufbahn eine Warnung vor diesem Beruf, der sich den sta-
tistischen Daten nach, zeit Kurzem erheblich verschlechtert habe.
Der Zudrang zum höheren Justizdienst hat sich, zeitdem der Staat
die materielle Lage der Justizbeamten verbessert, sehr gesteigert, und
zwar sei die Zahl der Referendarien während der letzten sechs Jahre
von 1494 auf 2326 angewachsen. Ein weiteres Anschwellen dieser
Zahl stehe zu erwarten. Die bevorstehende Organisation der Justiz-
pflege werde zwar noch viel Platz für junge Kräfte schaffen, aber
nach Vollendung dieser Organisation wieder der alte Zustand ein-
treten, wo Assessoren fünf Jahre und darüber auf eine Anstellung
zu warten haben werden.

Die kaufmänn. Vereine Würtembergs haben einen „ Ver-
band “ unter sich geschlossen, um die Stellenvermittlung, wie sie
der Stuttgarter Verein zeit einem Jahre begonnen, für gemeinsame
Rechnung und auf einheitlicher Grundlage weiterzuführen.

-- Labour News bringen eine Reihe beachtenswerther Auf-
sätze über die Anhäufung großer Mengen unbeschäftigter Ar-
beiter
in den Städten: sie berühren dabei das Armen=Gesetz,
das Niederlassungrecht, die Ausgleichung auf dem Arbeitmarkte und
sprechen sich sehr entschieden gegen das Almosengeben, oder eine
Förderung der Armuth, aus.

[Spaltenumbruch]

* Geschäfts=Bericht. Der „Monit. des Jnt. mat.“ bringt
eine Zusammenstellung der in den letzten Jahren erfolgten Anleihen
der wir entnehmen, daß dieselben i. J. 1873: 10,097, 1874:
4211, 1875: 1705 und 1876: 3642 Millionen Fr. betrugen.
Unter letzteren waren 2,945 M. von Staaten und Gemeinden,
623 M. von Eisenbahnen und Fabriken und nur 83 von Banken,
ferner 1562 M. Anleihe Amerikas zur Rückzablung der 5%
Schuld. Der eigentliche Betrag des Jahres 1876 erreicht daher
nur 2080 M. -- Jnteressant ist ferner der Stand des Zinsfußes,
der in Amsterdam unverändert 3% betrug, in London von 5 auf
4,3 1 / 2 und 2 im letzten Halbjahr herabsank, in Brüssel von3 1 / 2
auf2 1 / 2 %, in Paris von 4 auf 3, in Berlin von 6 auf4 1 / 2,
in Wien stetig auf4 1 / 2 blieb und in Frankfurt wie in Berlin
war. Es gibt keinen besseren Maßstab des Wohlstandes als diese
Liste, England 2%, Belgien2 1 / 2, Holland 3, Frankreich 4 und
Deutschland4 1 / 2 -- 5%! -- Aus dem Rückgang der Jndustrie-
Papiere, von denen Berg.=Märkische Eisenb.=Akt. von 141 auf 78,
Köln=Mindener von 178 auf 101, Rhein. von 170 auf 112 und
Bochumer von 230 auf 33 sanken, berechnet der Monit., daß
Belgien allein viele Millionen verloren habe, seit 1874 28% und
die Köln. Z. fügt hinzu: Es möchte demnach fast scheinen, als
ob die Krisis anderwärts erst zu ihren größten Verheerungen ge-
langt, nachdem sie in Oesterreich und dem benachbarten Deutsch-
land, wo sie begonnen, schon die leisen Anfänge einer kommenden
Heilung zeigt. Letzteres mag richtig sein und ist sogar wahrschein-
lich. Den Kurs=Rückgang aber als wirklichen Verlust in Anrech-
nung zu bringen, ist ganz irrig. Ob die Papiere sinken oder stei-
gen, das ändert den Werth der betreff. Unternehmen nicht. Die
Köln=Mindener Bahn ist heute noch ebenso viel werth, wie vor
3 Jahren, nur hat sie damals bessere Geschäfte gemacht. Wer so
thöricht war, darauf hin Aktien um einen wesentlich höhern Preis
anzukaufen, der hat eben thöricht gehandelt. Uebrigens darf man
nicht vergessen, daß solche Kurse meist nominel sind und nur sehr
wenig zu denselben abgegeben oder gekauft wird. Dergleichen Rech-
nungen wie oben kann man also nicht anstellen. -- Bemerkens-
werther ist der steigende Kurs sicherer Papiere, wie Staatsanleihe
und Prioritäten, die um 10--12% in die Höhe gingen.

Ueber die Abnahme des Kohlen=Verbrauchs ist eine Zusammen-
stellung erschienen, der zufolge die drei am meisten dabei betheiligten
Bahnen ( Köln=Minden, Berg.=M., Rhein. ) von Mitte Januar
bis Mitte Februar 2800 Wagenladungen weniger hatten als i. J.
1876. Diese Zahlen dokumentiren, wird beigefügt, einen starken
Rückgang des Kohlen=Konsums, „welcher weniger auf Rechnung des
milden Winters zu setzen“, als vielmehr auf die Nothlage unserer
Gesammt=Jndustrie zurückzuführen sei. Wir sind umgekehrt der
Ansicht, daß diese Zahlen -- wenn überhaupt aus denselben ein
Schluß auf die Ursache der Verkehrs=Abnahme zu ziehen ist --
beweisen, daß die jetzige Abnahme lediglich auf den milden Win-
ter zurückzuführen ist. Die Abnahme der Kohlen=Gewinnung in
Folge der Stockung im Eisen=Gewerbe zeit 1873 war eine sehr
stetige und lange nicht so groß, wie oben aufgeführt. Letztere kam
ganz plötzlich. Die Kohlen=Gewinnung im Bezirk Dortmund z.
B. betrug i. J. 1876 18 Mill. Ztr. mehr als i. J. 1875 und
47 Mill. mehr als i. J. 1874: eine recht plan= und ziellose
Wirthschaft, wie mit Recht der bereits erwähnte Berichterstatter der
Frankf. Ztg. bemerkt. Alle kohlenverbrauchenden Gewerbe liegen,
wie man sagt, darnieder: die Kohlenwerke aber vermehren ihren
Betrieb um 10 pCt. Das ist eine Tollheit! Eine Beschränkung
mußte nothwendig eintreten. Die Herren Arbeiter mögen sich das
aber gesagt sein lassen und nicht gleich ihre Heimath verlassen,
wenn man ihnen ein paar Pfennige mehr anbietet. Cs ist doch
gewiß angenehmer in bescheidenen aber sicheren Verhältnissen auf
dem Lande zu leben, als in scheinbar glänzenderen in der Stadt,
aber schließlich sehr unsicheren. -- Der Preis ist ja hier immer
der sicherste Maßstab: sowie dieser sinkt, sollte man die Produktion
entsprechend einschränken.

Jnteressante Aufschlüsse enthält der letzte Ausweis des franz.
Justiz=Ministeriums über die in Frankreich i. J. 1874 aus-
gebrochenen Bankkrisen, deren Zahl 5596 ( 88 mehr als i. J. 1873 )
betrug. Die Zahl der schwebenden Verfahren wurde auf 12.755
gebracht, die höchste Ziffer, welche die französische Justizstatistik je
aufgewiesen hat. Die meisten ( 1709 ) betrafen kleinere Beträge
von 10--50,000 Fr., dann bis 100,000 Fr. ( 584 ) , über 100,000

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[0002] Freuden. Die Thatsache allein, daß von 10 in England patentirten Nähmaschinen 9 nicht in England fabricirt, sondern nur nach dort eingeführt würden, spräche hinlänglich für den Lizenzzwang ( komi- sches Argument für einen Freihändler! D. R. ) . Eine kleine Ver- besserung in der Zuckerraffinerie, die in England patentirt würde, könne die ganze englische Zuckerindustrie in eine Lage bringen, daß inländische Fabrikanten mit den ausländischen nicht mehr concur- riren köunten_ . ( Bisher hat doch auch kein Liz nzwang bestanden und wo ist je ein Nothstand wie der erwähnte eingetreten! D. R. ) Die Frage über den Werth einer Lizenz erledigten der Lizenzgeber und Nehmer am besten unter sich und nur für den Fall, daß diese nicht einig würden ( der, wenn Lizenzzwang besteht, regelmäßig ein- treten wird, d. R. ) solle der Lordkanzler entscheiden. Die Be- stimmung, daß die Krone den Erfinder zu entschädigen habe, wenn sie dessen patentirte Erfindung in Gebrauch nehme, sei nicht mehr wie gerecht, doch dürfe die Schatzverwaltung nicht die Höhe der Entschädigung bestimmen, da sie niemals unparteiisch zwischen Krone und Erfinder entscheiden werde. -- Die in Aussicht genommene Verlängerung der Frist zur Vervollständigung der Beschreibung sei unzweifelhaft eine Wohlthat für den Erfinder, doch sei auf der andern Seite zu bedenken, daß die Ungewißheit, in welcher die Ur- heber ähnlicher Erfindungen wie die vorläufig geschützte während einer so langen Periode schwebten, von großem Nachtheil für diese sein könne. Anderson hält auch die angesetzte Patenttaxe für zu hoch und empfiehlt in dieser Beziehung dem Beispiele Amerikas zu fol- gen, dessen Patenttaxe viel niedriger sei. Die Bestimmung, welche dem Erfinder zur Pflicht mache, seine Erfindung bekannt zu geben ehe sie patentirt sei, müsse geändert werden, sie enthalte eine Un- gerechtigkeit. Zum Schlusse constatirt der Attorney General, daß die Exa- minatoren ein Patent nicht verweigern dürften weil ihnen die Er- findung werthlos erschiene; sie hätten nur zu untersuchen, ob die geheim gehaltne vorläufige Beschreibung richtig abgefaßt sei, ob die Erfindung den Gegenstand eines Patentes bilden könne und endlich ob die vollständige Beschreibung mit der vorläufigen über- einstimme und ob sie die richtige Form habe. Hierauf beschloß das Haus den Entwurf ( über dessen Schicksal wir s. Z. berichten werden ) in Berathung zu ziehen. * Arbeitmarkt. Ueber die weiteren Arbeiter=Entlassungen in der vorigen Woche verlautet nichts. Der Handelsminister hat alle Regierungen angewiesen, der arbeitlosen Bevölkerung Gelegenheit zur Beschäftigung bei Chaussee= und Wegebauten zu verschaffen. Nun sind allerdings diese Bauten der Sorge der Provinzen und Kreise unterstellt, und die Regierung muß sich darauf beschränken, die Kreise zu schleuniger Jnangriffnahme zu veranlassen, sie kann also sehr freigebig mit solchen Mahnungen sein, ohne daß es sie etwas kostete. Es scheinen aber doch die meisten Arbeiter unter- gebracht worden zu sein. Die „Magdeb. Ztg.“ bringt hinsichtlich der juristischen Laufbahn eine Warnung vor diesem Beruf, der sich den sta- tistischen Daten nach, zeit Kurzem erheblich verschlechtert habe. Der Zudrang zum höheren Justizdienst hat sich, zeitdem der Staat die materielle Lage der Justizbeamten verbessert, sehr gesteigert, und zwar sei die Zahl der Referendarien während der letzten sechs Jahre von 1494 auf 2326 angewachsen. Ein weiteres Anschwellen dieser Zahl stehe zu erwarten. Die bevorstehende Organisation der Justiz- pflege werde zwar noch viel Platz für junge Kräfte schaffen, aber nach Vollendung dieser Organisation wieder der alte Zustand ein- treten, wo Assessoren fünf Jahre und darüber auf eine Anstellung zu warten haben werden. Die kaufmänn. Vereine Würtembergs haben einen „ Ver- band “ unter sich geschlossen, um die Stellenvermittlung, wie sie der Stuttgarter Verein zeit einem Jahre begonnen, für gemeinsame Rechnung und auf einheitlicher Grundlage weiterzuführen. -- Labour News bringen eine Reihe beachtenswerther Auf- sätze über die Anhäufung großer Mengen unbeschäftigter Ar- beiter in den Städten: sie berühren dabei das Armen=Gesetz, das Niederlassungrecht, die Ausgleichung auf dem Arbeitmarkte und sprechen sich sehr entschieden gegen das Almosengeben, oder eine Förderung der Armuth, aus. * Geschäfts=Bericht. Der „Monit. des Jnt. mat.“ bringt eine Zusammenstellung der in den letzten Jahren erfolgten Anleihen der wir entnehmen, daß dieselben i. J. 1873: 10,097, 1874: 4211, 1875: 1705 und 1876: 3642 Millionen Fr. betrugen. Unter letzteren waren 2,945 M. von Staaten und Gemeinden, 623 M. von Eisenbahnen und Fabriken und nur 83 von Banken, ferner 1562 M. Anleihe Amerikas zur Rückzablung der 5% Schuld. Der eigentliche Betrag des Jahres 1876 erreicht daher nur 2080 M. -- Jnteressant ist ferner der Stand des Zinsfußes, der in Amsterdam unverändert 3% betrug, in London von 5 auf 4,3 1 / 2 und 2 im letzten Halbjahr herabsank, in Brüssel von3 1 / 2 auf2 1 / 2 %, in Paris von 4 auf 3, in Berlin von 6 auf4 1 / 2, in Wien stetig auf4 1 / 2 blieb und in Frankfurt wie in Berlin war. Es gibt keinen besseren Maßstab des Wohlstandes als diese Liste, England 2%, Belgien2 1 / 2, Holland 3, Frankreich 4 und Deutschland4 1 / 2 -- 5%! -- Aus dem Rückgang der Jndustrie- Papiere, von denen Berg.=Märkische Eisenb.=Akt. von 141 auf 78, Köln=Mindener von 178 auf 101, Rhein. von 170 auf 112 und Bochumer von 230 auf 33 sanken, berechnet der Monit., daß Belgien allein viele Millionen verloren habe, seit 1874 28% und die Köln. Z. fügt hinzu: Es möchte demnach fast scheinen, als ob die Krisis anderwärts erst zu ihren größten Verheerungen ge- langt, nachdem sie in Oesterreich und dem benachbarten Deutsch- land, wo sie begonnen, schon die leisen Anfänge einer kommenden Heilung zeigt. Letzteres mag richtig sein und ist sogar wahrschein- lich. Den Kurs=Rückgang aber als wirklichen Verlust in Anrech- nung zu bringen, ist ganz irrig. Ob die Papiere sinken oder stei- gen, das ändert den Werth der betreff. Unternehmen nicht. Die Köln=Mindener Bahn ist heute noch ebenso viel werth, wie vor 3 Jahren, nur hat sie damals bessere Geschäfte gemacht. Wer so thöricht war, darauf hin Aktien um einen wesentlich höhern Preis anzukaufen, der hat eben thöricht gehandelt. Uebrigens darf man nicht vergessen, daß solche Kurse meist nominel sind und nur sehr wenig zu denselben abgegeben oder gekauft wird. Dergleichen Rech- nungen wie oben kann man also nicht anstellen. -- Bemerkens- werther ist der steigende Kurs sicherer Papiere, wie Staatsanleihe und Prioritäten, die um 10--12% in die Höhe gingen. Ueber die Abnahme des Kohlen=Verbrauchs ist eine Zusammen- stellung erschienen, der zufolge die drei am meisten dabei betheiligten Bahnen ( Köln=Minden, Berg.=M., Rhein. ) von Mitte Januar bis Mitte Februar 2800 Wagenladungen weniger hatten als i. J. 1876. Diese Zahlen dokumentiren, wird beigefügt, einen starken Rückgang des Kohlen=Konsums, „welcher weniger auf Rechnung des milden Winters zu setzen“, als vielmehr auf die Nothlage unserer Gesammt=Jndustrie zurückzuführen sei. Wir sind umgekehrt der Ansicht, daß diese Zahlen -- wenn überhaupt aus denselben ein Schluß auf die Ursache der Verkehrs=Abnahme zu ziehen ist -- beweisen, daß die jetzige Abnahme lediglich auf den milden Win- ter zurückzuführen ist. Die Abnahme der Kohlen=Gewinnung in Folge der Stockung im Eisen=Gewerbe zeit 1873 war eine sehr stetige und lange nicht so groß, wie oben aufgeführt. Letztere kam ganz plötzlich. Die Kohlen=Gewinnung im Bezirk Dortmund z. B. betrug i. J. 1876 18 Mill. Ztr. mehr als i. J. 1875 und 47 Mill. mehr als i. J. 1874: eine recht plan= und ziellose Wirthschaft, wie mit Recht der bereits erwähnte Berichterstatter der Frankf. Ztg. bemerkt. Alle kohlenverbrauchenden Gewerbe liegen, wie man sagt, darnieder: die Kohlenwerke aber vermehren ihren Betrieb um 10 pCt. Das ist eine Tollheit! Eine Beschränkung mußte nothwendig eintreten. Die Herren Arbeiter mögen sich das aber gesagt sein lassen und nicht gleich ihre Heimath verlassen, wenn man ihnen ein paar Pfennige mehr anbietet. Cs ist doch gewiß angenehmer in bescheidenen aber sicheren Verhältnissen auf dem Lande zu leben, als in scheinbar glänzenderen in der Stadt, aber schließlich sehr unsicheren. -- Der Preis ist ja hier immer der sicherste Maßstab: sowie dieser sinkt, sollte man die Produktion entsprechend einschränken. Jnteressante Aufschlüsse enthält der letzte Ausweis des franz. Justiz=Ministeriums über die in Frankreich i. J. 1874 aus- gebrochenen Bankkrisen, deren Zahl 5596 ( 88 mehr als i. J. 1873 ) betrug. Die Zahl der schwebenden Verfahren wurde auf 12.755 gebracht, die höchste Ziffer, welche die französische Justizstatistik je aufgewiesen hat. Die meisten ( 1709 ) betrafen kleinere Beträge von 10--50,000 Fr., dann bis 100,000 Fr. ( 584 ) , über 100,000

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Zitationshilfe: Der Arbeitgeber. Nr. 1035. Frankfurt a. M., 3. März 1877, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_arbeitgeber1035_1877/2>, abgerufen am 28.03.2024.