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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 8. Rudolstadt, 21. Februar 1848.

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[Spaltenumbruch] langsam und in der Galvestonbai saß das Schiff dreimal stundenlang
im Modder* ) fest. Das ist etwas Gewöhnliches. Jm Buffalo Bayon
füllte der große Kasten mit 2 Dampfmaschinen fast die ganze Breite
des Flusses aus. Der Preis der Ueberfahrt ist a Person 3 Dollar,
gut Essen, eine Matratze für die Nacht und alles Gepäck frei. Jn
Houston angekommen, war ich Willens, sogleich den jungen K....r
auf seiner Farm am Springcreek aufzusuchen; doch erfuhr ich mit Be-
dauern vom Kaufmann Birkemeier, daß er durch seine Unvorsichtigkeit
in der Versäumung, seinen Besitztitel zu berichtigen, von dem früheren
Besitzer wieder vertrieben sei und nur sein Rindvieh durch Forttreiben
gerettet habe; er habe solches an den Adelsverein verkauft und sei
bis Columbus zurückgekommen, woselbst er sich noch jetzt aufhalte.
Unser Reiseplan war nun wieder ungültig, und mein Vorschlag, nach
Columbus zu gehen, wurde angenommen, 2 Pferde (a 25 und 30
Doll.) gekauft und 3 Tage vor Neujahr abgeritten. Unsere Sachen
überließen wir Hrn. Birkemeier bis auf weitere Ordre zur Besorgung
und unsere Leute beschieden wir, mit Fuhrgelegenheit bis St. Felipe
nachzufolgen. Der Weg von H. nach Columbus war trocken und gut
gebahnt, und wir ritten die 90 engl. Meilen sehr bequem in 3 Tagen.
Wir stiegen beim deutschen Gastwirth ( Columbus Hotel ) in Columbus
ab und fanden K..r als den Associe des Deutschen Gieseke im Brannt-
weinstore. Gieseke hat den K..r nun auch wieder um den größten
Theil seines noch übrigen Vermögens geholfen und letzterer hat nun
in Columbus ein Haus gekauftt, worin er mit einem andern Deutschen
( Siebenmann, ein Cigarrenmacher ) sich der Cigarren=Fabrikation wid-
met. Ob dieses nun bestehen wird, weiß ich nicht zu beurtheilen, es ist je-
doch zu hoffen; denn Siebenmann soll solider sein, als ich ihn damals
bei meinem 12 tägigen Aufenthalte in Columbus kennen gelernt habe.

Von Columbus aus sahen und frugen wir nach zu verkaufendem
und verrentendem Lande umher. K....r kannte hierselbst nur wenig
mehr, als das Städtchen, doch setzte er uns von dem allgemeinen Wahn,
ein Neuankommender müsse tüchtig übervortheilt werden, in Kenntniß,
und stimmte insofern dem Gerede Aller bei, daß ein Deutscher hier
nicht eher anfange zu verdienen, als bis alle mitgebrachte Habe zer-
stäubt sei. Jch merkte mir dieses wohl und faßte den festen Vorsatz,
von dieser Regel eine Ausnahme zu machen.

Am 12. Jan. zahlten wir dem Gastwirth Keßler seine Zeche
für uns und unsere Pferde mit 51 Doll., und da wir nichts Annehm-
bareres fanden, so renteten wir für dieses Jahr meinen jetzigen Aufent-
haltsort, die Farm desselben Gastwirths zur Hälfte. Die Bedingung
ist der hier übliche Preis für cultivirtes Land, nämlich ein Drittheil
der Ernte abzugeben. Die andere Hälfte ist unter gleicher Bedingung
in den Händen des früheren Webers und Färbermeisters Gieseke
aus Klausthal. Wir kauften in Columbus die nöthigsten Küchengeräth-
schaften, sowie für 5 Doll. Mundvorrath zum Anfang, womit ich zur
Farm abging. K...k ritt nach St. Felipe, um unsern Leuten Nach-
richt zu geben. Er kam nach 2 Tagen zurück und einige Tage später
auch der Arbeitsmann; die Frau blieb noch 4 Wochen zurück, denn
sie hatte, der englischen Sprache unkundig, auf passende Fuhrgelegen-
heit schlecht Obacht geben können. Jetzt war unsere erste Sorge, das
uns zur Wohnung angewiesene Blockhaus ohne Fenster etwas dicht
zu machen, einen Fußboden hinein zu schaffen und Bettstellen zu bauen.
Mein Mitbewohner Gieseke hatte seit Juni v. J. in einem eben so
schlechten Hause noch seine Betten auf der bloßen Erde liegen; der
Wind wehte in seiner Wohnung fast ebenso stark, als im Freien,
und das Dach gewährte kaum Schutz gegen die Sonnenstrahlen,
geschweige gegen Regen. Die Frau des Gieseke ist sammt einem neu-
gebornen Kinde bei der Ankunft in Galveston gestorben. Er hat
einem seiner jüngeren Söhne, einem Knaben von 11 Jahren, die Küche
übergeben, der selten Brod und Fleisch gar gekocht auf die Tafel bringt.
Bei alledem kann G. nun nicht begreifen, woher es kommt, daß die
[Spaltenumbruch] Betten rotten, die Wäsche stockt und fast die ganze Familie mehr oder
weniger am Fieber gelitten hat. Ebenso erging es der Familie D.
aus Klausthal ( verwöhnte Leute, die in Deutschland einen großen Gast-
hof besessen ) . Bei diesen war ebenfalls kein Gedanke an Sorgfalt
für ihre Wohnung und Kleidung und ihre Speisen wurden aus bloßer
Faulheit abscheulich zubereitet. Sie sind fast nie vor Mittag aufge-
standen, denn sie glaubten, wie noch mehrere Deutsche, ein Dutzend
in der Prärie wild umherlaufender Kühe und Kälber würden sie im
Schlafe reich machen. Sie haben wochenlang, aus Vorurtheil gegen
den Geschmack des gesunden Maisbrodes, sowie aus Faulheit sich andere
Speisen zu schaffen, von auswendig angebranntem Weizenteig gelebt,
und dann ebenso lange von geschmortem Schweinefleisch und darin ge-
backenen Eiern ohne Brod; in einer anderen Periode aßen sie nur mit
Wasser aufgekochte Milch. Letzteres war der Fall, wenn sie eins von
ihren Kälbern gefangen, und dauerte so lange, bis das Kalb verhungert
war und die Kuh nicht wiederkam. Diese Familie ist außer einer
Tochter, die bei einem benachbarten Farmer lebt, sämmtlich von Fiebern
heimgesucht worden, dagegen ist ein deutscher Arbeiter, der, so lange
Keßler hier wohnte, bei diesem zu Tische ging, völlig gesund geblieben;
derselbe schlief aber auch nicht auf bloßer Erde, sondern auf dem Boden
des hier befindlichen Mühlhauses. Fast verliere ich mich zu weit von
meinem Thema, Euch Nachricht von dem Lande und mir selbst zu geben.
Jch wollte nur durch die Beispiele sagen, was ich von der letztjährigen
Fieberkrankheit denke.    ( Forts. folgt. )

Dr. Theodor Köster, über Texas.
( Schluß. )

Texas ist bekanntlich jetzt der Union einverleibt. Nach den auf Gleich-
stellung aller Staatsbürger basirten Jnstitutionen regiert das Volk, in-
dem dasselbe alle Beamten, sogar das Staatsoberhaupt wählt, und
zwar immer nur auf eine bestimmte Zeit, verschieden lang nach den
verschiedenen Aemtern; die Postofficianten jedoch werden vom Präsi-
denten angestellt. Die Wahl eines Beamten wird von den Oberrich-
tern des County 10 Tage vor dem bestimmten Tage durch einen
schriftlichen Anschlag bekannt gemacht. Wer nun Lust hat, die Stelle
anzunehmen, macht sich als Bewerber durch Zeitungen oder durch An-
schlag bekannt. Sind die Stellen von Wichtigkeit oder sehr einträg-
lich, so wird dann alles Mögliche aufgeboten, indem nun entweder
die Bewerber selbst zugegen sind und Reden an die Wähler halten,
worin sie ihre Grundsätze darlegen, oder sie haben ihre Unterhändler,
die auf alle mögliche Weise den Wählenden tickets, d. h. Zettel,
worauf der Name des Candidaten steht, in die Hände zu schieben
suchen. Das Wählen geschieht, indem ein jeder persönlich erscheinen
muß vor den Wahlrichtern, deren drei nebst zwei Schreibern sind;
man gibt alsdann das Papier, worauf man den Namen des gewünsch-
ten Candidaten geschrieben hat, zusammengefaltet ab, und nennt seinen
eigenen Namen, der dann in die Liste eingetragen wird, während der
Zettel, mit einer Nummer versehen, in einen verschlossenen Kasten un-
eröffnet geworfen wird. Dieß Wählen dauert von Morgen 10 bis
Mittags 4 Uhr; dann wird die Liste geschlossen, der Kasten eröffnet,
die Stimmen gezählt und dem versammelten Volk das Resultat pro-
clamirt. Auf diese Art werden alle Aemter besetzt und auch über ganz
besondere, das ganze Volk angehende Staatsangelegenheiten abgestimmt;
z. B. über den Anschluß von Texas an die Union mußte ein jeder
seine Stimme abgeben. Freilich ist nichts auf dieser Erde vollkommen,
und so wird auch bei dieser Wählart manche Jntrigue gespielt, und
natürlich desto mehr, je tiefer die Wähler in politischer Ausbildung,
Gemeinsinn und Patriotismus stehen. Daß aber ein Volk dazu heran-
gebildet werden kann, beweisen gerade die Bewohner der nordameri-
kanischen Freistaaten, welche unter solchen freiesten Jnstitutionen heran-
gewachsen, unter allen Völkern der Welt sich durch den vernünftigsten
Gebrauch der Freiheit auszeichnen, obgleich sie im vollsten Besitz der-

* ) Provinzialismus, bedeutet Schlamm.

[Spaltenumbruch] langsam und in der Galvestonbai saß das Schiff dreimal stundenlang
im Modder* ) fest. Das ist etwas Gewöhnliches. Jm Buffalo Bayon
füllte der große Kasten mit 2 Dampfmaschinen fast die ganze Breite
des Flusses aus. Der Preis der Ueberfahrt ist à Person 3 Dollar,
gut Essen, eine Matratze für die Nacht und alles Gepäck frei. Jn
Houston angekommen, war ich Willens, sogleich den jungen K....r
auf seiner Farm am Springcreek aufzusuchen; doch erfuhr ich mit Be-
dauern vom Kaufmann Birkemeier, daß er durch seine Unvorsichtigkeit
in der Versäumung, seinen Besitztitel zu berichtigen, von dem früheren
Besitzer wieder vertrieben sei und nur sein Rindvieh durch Forttreiben
gerettet habe; er habe solches an den Adelsverein verkauft und sei
bis Columbus zurückgekommen, woselbst er sich noch jetzt aufhalte.
Unser Reiseplan war nun wieder ungültig, und mein Vorschlag, nach
Columbus zu gehen, wurde angenommen, 2 Pferde (à 25 und 30
Doll.) gekauft und 3 Tage vor Neujahr abgeritten. Unsere Sachen
überließen wir Hrn. Birkemeier bis auf weitere Ordre zur Besorgung
und unsere Leute beschieden wir, mit Fuhrgelegenheit bis St. Felipe
nachzufolgen. Der Weg von H. nach Columbus war trocken und gut
gebahnt, und wir ritten die 90 engl. Meilen sehr bequem in 3 Tagen.
Wir stiegen beim deutschen Gastwirth ( Columbus Hotel ) in Columbus
ab und fanden K..r als den Associé des Deutschen Gieseke im Brannt-
weinstore. Gieseke hat den K..r nun auch wieder um den größten
Theil seines noch übrigen Vermögens geholfen und letzterer hat nun
in Columbus ein Haus gekauftt, worin er mit einem andern Deutschen
( Siebenmann, ein Cigarrenmacher ) sich der Cigarren=Fabrikation wid-
met. Ob dieses nun bestehen wird, weiß ich nicht zu beurtheilen, es ist je-
doch zu hoffen; denn Siebenmann soll solider sein, als ich ihn damals
bei meinem 12 tägigen Aufenthalte in Columbus kennen gelernt habe.

Von Columbus aus sahen und frugen wir nach zu verkaufendem
und verrentendem Lande umher. K....r kannte hierselbst nur wenig
mehr, als das Städtchen, doch setzte er uns von dem allgemeinen Wahn,
ein Neuankommender müsse tüchtig übervortheilt werden, in Kenntniß,
und stimmte insofern dem Gerede Aller bei, daß ein Deutscher hier
nicht eher anfange zu verdienen, als bis alle mitgebrachte Habe zer-
stäubt sei. Jch merkte mir dieses wohl und faßte den festen Vorsatz,
von dieser Regel eine Ausnahme zu machen.

Am 12. Jan. zahlten wir dem Gastwirth Keßler seine Zeche
für uns und unsere Pferde mit 51 Doll., und da wir nichts Annehm-
bareres fanden, so renteten wir für dieses Jahr meinen jetzigen Aufent-
haltsort, die Farm desselben Gastwirths zur Hälfte. Die Bedingung
ist der hier übliche Preis für cultivirtes Land, nämlich ein Drittheil
der Ernte abzugeben. Die andere Hälfte ist unter gleicher Bedingung
in den Händen des früheren Webers und Färbermeisters Gieseke
aus Klausthal. Wir kauften in Columbus die nöthigsten Küchengeräth-
schaften, sowie für 5 Doll. Mundvorrath zum Anfang, womit ich zur
Farm abging. K...k ritt nach St. Felipe, um unsern Leuten Nach-
richt zu geben. Er kam nach 2 Tagen zurück und einige Tage später
auch der Arbeitsmann; die Frau blieb noch 4 Wochen zurück, denn
sie hatte, der englischen Sprache unkundig, auf passende Fuhrgelegen-
heit schlecht Obacht geben können. Jetzt war unsere erste Sorge, das
uns zur Wohnung angewiesene Blockhaus ohne Fenster etwas dicht
zu machen, einen Fußboden hinein zu schaffen und Bettstellen zu bauen.
Mein Mitbewohner Gieseke hatte seit Juni v. J. in einem eben so
schlechten Hause noch seine Betten auf der bloßen Erde liegen; der
Wind wehte in seiner Wohnung fast ebenso stark, als im Freien,
und das Dach gewährte kaum Schutz gegen die Sonnenstrahlen,
geschweige gegen Regen. Die Frau des Gieseke ist sammt einem neu-
gebornen Kinde bei der Ankunft in Galveston gestorben. Er hat
einem seiner jüngeren Söhne, einem Knaben von 11 Jahren, die Küche
übergeben, der selten Brod und Fleisch gar gekocht auf die Tafel bringt.
Bei alledem kann G. nun nicht begreifen, woher es kommt, daß die
[Spaltenumbruch] Betten rotten, die Wäsche stockt und fast die ganze Familie mehr oder
weniger am Fieber gelitten hat. Ebenso erging es der Familie D.
aus Klausthal ( verwöhnte Leute, die in Deutschland einen großen Gast-
hof besessen ) . Bei diesen war ebenfalls kein Gedanke an Sorgfalt
für ihre Wohnung und Kleidung und ihre Speisen wurden aus bloßer
Faulheit abscheulich zubereitet. Sie sind fast nie vor Mittag aufge-
standen, denn sie glaubten, wie noch mehrere Deutsche, ein Dutzend
in der Prärie wild umherlaufender Kühe und Kälber würden sie im
Schlafe reich machen. Sie haben wochenlang, aus Vorurtheil gegen
den Geschmack des gesunden Maisbrodes, sowie aus Faulheit sich andere
Speisen zu schaffen, von auswendig angebranntem Weizenteig gelebt,
und dann ebenso lange von geschmortem Schweinefleisch und darin ge-
backenen Eiern ohne Brod; in einer anderen Periode aßen sie nur mit
Wasser aufgekochte Milch. Letzteres war der Fall, wenn sie eins von
ihren Kälbern gefangen, und dauerte so lange, bis das Kalb verhungert
war und die Kuh nicht wiederkam. Diese Familie ist außer einer
Tochter, die bei einem benachbarten Farmer lebt, sämmtlich von Fiebern
heimgesucht worden, dagegen ist ein deutscher Arbeiter, der, so lange
Keßler hier wohnte, bei diesem zu Tische ging, völlig gesund geblieben;
derselbe schlief aber auch nicht auf bloßer Erde, sondern auf dem Boden
des hier befindlichen Mühlhauses. Fast verliere ich mich zu weit von
meinem Thema, Euch Nachricht von dem Lande und mir selbst zu geben.
Jch wollte nur durch die Beispiele sagen, was ich von der letztjährigen
Fieberkrankheit denke.    ( Forts. folgt. )

Dr. Theodor Köster, über Texas.
( Schluß. )

Texas ist bekanntlich jetzt der Union einverleibt. Nach den auf Gleich-
stellung aller Staatsbürger basirten Jnstitutionen regiert das Volk, in-
dem dasselbe alle Beamten, sogar das Staatsoberhaupt wählt, und
zwar immer nur auf eine bestimmte Zeit, verschieden lang nach den
verschiedenen Aemtern; die Postofficianten jedoch werden vom Präsi-
denten angestellt. Die Wahl eines Beamten wird von den Oberrich-
tern des County 10 Tage vor dem bestimmten Tage durch einen
schriftlichen Anschlag bekannt gemacht. Wer nun Lust hat, die Stelle
anzunehmen, macht sich als Bewerber durch Zeitungen oder durch An-
schlag bekannt. Sind die Stellen von Wichtigkeit oder sehr einträg-
lich, so wird dann alles Mögliche aufgeboten, indem nun entweder
die Bewerber selbst zugegen sind und Reden an die Wähler halten,
worin sie ihre Grundsätze darlegen, oder sie haben ihre Unterhändler,
die auf alle mögliche Weise den Wählenden tickets, d. h. Zettel,
worauf der Name des Candidaten steht, in die Hände zu schieben
suchen. Das Wählen geschieht, indem ein jeder persönlich erscheinen
muß vor den Wahlrichtern, deren drei nebst zwei Schreibern sind;
man gibt alsdann das Papier, worauf man den Namen des gewünsch-
ten Candidaten geschrieben hat, zusammengefaltet ab, und nennt seinen
eigenen Namen, der dann in die Liste eingetragen wird, während der
Zettel, mit einer Nummer versehen, in einen verschlossenen Kasten un-
eröffnet geworfen wird. Dieß Wählen dauert von Morgen 10 bis
Mittags 4 Uhr; dann wird die Liste geschlossen, der Kasten eröffnet,
die Stimmen gezählt und dem versammelten Volk das Resultat pro-
clamirt. Auf diese Art werden alle Aemter besetzt und auch über ganz
besondere, das ganze Volk angehende Staatsangelegenheiten abgestimmt;
z. B. über den Anschluß von Texas an die Union mußte ein jeder
seine Stimme abgeben. Freilich ist nichts auf dieser Erde vollkommen,
und so wird auch bei dieser Wählart manche Jntrigue gespielt, und
natürlich desto mehr, je tiefer die Wähler in politischer Ausbildung,
Gemeinsinn und Patriotismus stehen. Daß aber ein Volk dazu heran-
gebildet werden kann, beweisen gerade die Bewohner der nordameri-
kanischen Freistaaten, welche unter solchen freiesten Jnstitutionen heran-
gewachsen, unter allen Völkern der Welt sich durch den vernünftigsten
Gebrauch der Freiheit auszeichnen, obgleich sie im vollsten Besitz der-

* ) Provinzialismus, bedeutet Schlamm.
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Unsere Sachen überließen wir Hrn. Birkemeier bis auf weitere Ordre zur Besorgung und unsere Leute beschieden wir, mit Fuhrgelegenheit bis St. Felipe nachzufolgen. Der Weg von H. nach Columbus war trocken und gut gebahnt, und wir ritten die 90 engl. Meilen sehr bequem in 3 Tagen. Wir stiegen beim deutschen Gastwirth ( Columbus Hotel ) in Columbus ab und fanden K..r als den Associé des Deutschen Gieseke im Brannt- weinstore. Gieseke hat den K..r nun auch wieder um den größten Theil seines noch übrigen Vermögens geholfen und letzterer hat nun in Columbus ein Haus gekauftt, worin er mit einem andern Deutschen ( Siebenmann, ein Cigarrenmacher ) sich der Cigarren=Fabrikation wid- met. Ob dieses nun bestehen wird, weiß ich nicht zu beurtheilen, es ist je- doch zu hoffen; denn Siebenmann soll solider sein, als ich ihn damals bei meinem 12 tägigen Aufenthalte in Columbus kennen gelernt habe. Von Columbus aus sahen und frugen wir nach zu verkaufendem und verrentendem Lande umher. K....r kannte hierselbst nur wenig mehr, als das Städtchen, doch setzte er uns von dem allgemeinen Wahn, ein Neuankommender müsse tüchtig übervortheilt werden, in Kenntniß, und stimmte insofern dem Gerede Aller bei, daß ein Deutscher hier nicht eher anfange zu verdienen, als bis alle mitgebrachte Habe zer- stäubt sei. Jch merkte mir dieses wohl und faßte den festen Vorsatz, von dieser Regel eine Ausnahme zu machen. Am 12. Jan. zahlten wir dem Gastwirth Keßler seine Zeche für uns und unsere Pferde mit 51 Doll., und da wir nichts Annehm- bareres fanden, so renteten wir für dieses Jahr meinen jetzigen Aufent- haltsort, die Farm desselben Gastwirths zur Hälfte. Die Bedingung ist der hier übliche Preis für cultivirtes Land, nämlich ein Drittheil der Ernte abzugeben. Die andere Hälfte ist unter gleicher Bedingung in den Händen des früheren Webers und Färbermeisters Gieseke aus Klausthal. Wir kauften in Columbus die nöthigsten Küchengeräth- schaften, sowie für 5 Doll. Mundvorrath zum Anfang, womit ich zur Farm abging. K...k ritt nach St. Felipe, um unsern Leuten Nach- richt zu geben. Er kam nach 2 Tagen zurück und einige Tage später auch der Arbeitsmann; die Frau blieb noch 4 Wochen zurück, denn sie hatte, der englischen Sprache unkundig, auf passende Fuhrgelegen- heit schlecht Obacht geben können. Jetzt war unsere erste Sorge, das uns zur Wohnung angewiesene Blockhaus ohne Fenster etwas dicht zu machen, einen Fußboden hinein zu schaffen und Bettstellen zu bauen. Mein Mitbewohner Gieseke hatte seit Juni v. J. in einem eben so schlechten Hause noch seine Betten auf der bloßen Erde liegen; der Wind wehte in seiner Wohnung fast ebenso stark, als im Freien, und das Dach gewährte kaum Schutz gegen die Sonnenstrahlen, geschweige gegen Regen. Die Frau des Gieseke ist sammt einem neu- gebornen Kinde bei der Ankunft in Galveston gestorben. Er hat einem seiner jüngeren Söhne, einem Knaben von 11 Jahren, die Küche übergeben, der selten Brod und Fleisch gar gekocht auf die Tafel bringt. Bei alledem kann G. nun nicht begreifen, woher es kommt, daß die Betten rotten, die Wäsche stockt und fast die ganze Familie mehr oder weniger am Fieber gelitten hat. Ebenso erging es der Familie D. aus Klausthal ( verwöhnte Leute, die in Deutschland einen großen Gast- hof besessen ) . Bei diesen war ebenfalls kein Gedanke an Sorgfalt für ihre Wohnung und Kleidung und ihre Speisen wurden aus bloßer Faulheit abscheulich zubereitet. Sie sind fast nie vor Mittag aufge- standen, denn sie glaubten, wie noch mehrere Deutsche, ein Dutzend in der Prärie wild umherlaufender Kühe und Kälber würden sie im Schlafe reich machen. Sie haben wochenlang, aus Vorurtheil gegen den Geschmack des gesunden Maisbrodes, sowie aus Faulheit sich andere Speisen zu schaffen, von auswendig angebranntem Weizenteig gelebt, und dann ebenso lange von geschmortem Schweinefleisch und darin ge- backenen Eiern ohne Brod; in einer anderen Periode aßen sie nur mit Wasser aufgekochte Milch. Letzteres war der Fall, wenn sie eins von ihren Kälbern gefangen, und dauerte so lange, bis das Kalb verhungert war und die Kuh nicht wiederkam. Diese Familie ist außer einer Tochter, die bei einem benachbarten Farmer lebt, sämmtlich von Fiebern heimgesucht worden, dagegen ist ein deutscher Arbeiter, der, so lange Keßler hier wohnte, bei diesem zu Tische ging, völlig gesund geblieben; derselbe schlief aber auch nicht auf bloßer Erde, sondern auf dem Boden des hier befindlichen Mühlhauses. Fast verliere ich mich zu weit von meinem Thema, Euch Nachricht von dem Lande und mir selbst zu geben. Jch wollte nur durch die Beispiele sagen, was ich von der letztjährigen Fieberkrankheit denke. ( Forts. folgt. ) Dr. Theodor Köster, über Texas. ( Schluß. ) Texas ist bekanntlich jetzt der Union einverleibt. Nach den auf Gleich- stellung aller Staatsbürger basirten Jnstitutionen regiert das Volk, in- dem dasselbe alle Beamten, sogar das Staatsoberhaupt wählt, und zwar immer nur auf eine bestimmte Zeit, verschieden lang nach den verschiedenen Aemtern; die Postofficianten jedoch werden vom Präsi- denten angestellt. Die Wahl eines Beamten wird von den Oberrich- tern des County 10 Tage vor dem bestimmten Tage durch einen schriftlichen Anschlag bekannt gemacht. Wer nun Lust hat, die Stelle anzunehmen, macht sich als Bewerber durch Zeitungen oder durch An- schlag bekannt. Sind die Stellen von Wichtigkeit oder sehr einträg- lich, so wird dann alles Mögliche aufgeboten, indem nun entweder die Bewerber selbst zugegen sind und Reden an die Wähler halten, worin sie ihre Grundsätze darlegen, oder sie haben ihre Unterhändler, die auf alle mögliche Weise den Wählenden tickets, d. h. Zettel, worauf der Name des Candidaten steht, in die Hände zu schieben suchen. Das Wählen geschieht, indem ein jeder persönlich erscheinen muß vor den Wahlrichtern, deren drei nebst zwei Schreibern sind; man gibt alsdann das Papier, worauf man den Namen des gewünsch- ten Candidaten geschrieben hat, zusammengefaltet ab, und nennt seinen eigenen Namen, der dann in die Liste eingetragen wird, während der Zettel, mit einer Nummer versehen, in einen verschlossenen Kasten un- eröffnet geworfen wird. Dieß Wählen dauert von Morgen 10 bis Mittags 4 Uhr; dann wird die Liste geschlossen, der Kasten eröffnet, die Stimmen gezählt und dem versammelten Volk das Resultat pro- clamirt. Auf diese Art werden alle Aemter besetzt und auch über ganz besondere, das ganze Volk angehende Staatsangelegenheiten abgestimmt; z. B. über den Anschluß von Texas an die Union mußte ein jeder seine Stimme abgeben. Freilich ist nichts auf dieser Erde vollkommen, und so wird auch bei dieser Wählart manche Jntrigue gespielt, und natürlich desto mehr, je tiefer die Wähler in politischer Ausbildung, Gemeinsinn und Patriotismus stehen. Daß aber ein Volk dazu heran- gebildet werden kann, beweisen gerade die Bewohner der nordameri- kanischen Freistaaten, welche unter solchen freiesten Jnstitutionen heran- gewachsen, unter allen Völkern der Welt sich durch den vernünftigsten Gebrauch der Freiheit auszeichnen, obgleich sie im vollsten Besitz der- * ) Provinzialismus, bedeutet Schlamm.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 8. Rudolstadt, 21. Februar 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer08_1848/2>, abgerufen am 29.04.2024.