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Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 22. Rudolstadt, 29. Mai 1848.

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diese Truppe, mit Ausnahme des Hrn. v. M., der zur Besorgung
verschiedener Angelegenheiten noch ein paar Tage mit einigen
Leuten in der Stadt zurückblieb, am 22. Januar Friedrichsburg,
um in der Umgebung besseres Gras für die Pferde aufzusuchen
und ein erstes Lager aufzuschlagen. Am sogenannten Life oak
Creek
( Bach der Lebenseichen ) , nicht ganz 4 M. von der Stadt,
ward ein passender Platz gefunden und das Lager eingerichtet.
Jch folgte dem Zuge gegen Abend und sah unterwegs viel
Wild. Eine Heerde Puter verlief sich in die unmittelbare
Nähe des Lagers, wofür sie zu büßen hatte; denn es wurden
nicht weniger als 5 Puter und 2 Hirsche in diesem Lager ge-
schossen. Der Life oak ist ein klarer schöner Bach und es finden
sich hier einige gute Ländereien, die zum Theil zu dem Vereins-
lande im Stromgebiete des Piedernales gehören, und seine west-
liche Grenze bilden. Die ganze Gegend ist reich an Pekan und
Posteichenholz. Marschweite 4 M.


Am 23. ritt ich in die Stadt, um anzufragen, ob der Marsch
fortzusetzen sei und kehrte Abends mit bejahender Erklärung ins
Lager zurück.

Am 24. wurde der breite Life oak überschritten und in einer
Entfernung von3 1 / 2 M. der "westliche Jndianerpfad" erreicht, da
wir in fast westlicher Richtung mit gelegentlicher Abweichung nach
Südwest vorgeschritten waren, so schnitten wir den Pfad, von den
Amerikanern Old trail, von den Merikanern Camino viejo ge-
nannt, so ziemlich in einem rechten Winkel. Die Richtung
des Pfades war hier eine fast genau nördliche.

An einem Gebirgsbächlein mit südlichem Lauf wurde das
Lager aufgeschlagen und an den Ufern dieses Gewässers fand sich
ein üppiger Wuchs des von den Pferden so geliebten Wasser-
mooses. Durch eine Unvorsichtigkeit beim Feueranmachen durch
Neulinge in der Wildniß, entstand ein ungeheurer Grasbrand,
welcher das Lager zu verzehren drohte. Nach allen Seiten hin
war man beschäftigt, das mehr und mehr um sich greifende Feuer
abzuwehren, was vermittelst feuchter Säcke geschieht; als plötzlich,
um die Verlegenheit zu vermehren, ein athemloser Mensch ins
Lager stürzte und die Nachricht brachte, der Jäger Negendank,
der beste Schütze und glücklichste Jäger der ganzen Abtheilung,
sei durch einen seiner Begleiter bei der Büffeljagd durch einen
unglücklichen Leichtsinn geschossen worden. Bei unserer Ankunft
im Thale nämlich hatte man mehrere Büffel vorgefunden, und
gleich hatten sich mehrere der besten Schützen auf den Weg ge-
macht, um Büffelfleisch zu erbeuten, das die meisten von der Partie
noch nicht kannten. Der Büffel hatte in nächster Schußweite
3 Kugeln gleichzeitig durch den Bug empfangen, die Zunge her-
vorhängen lassen und eine langsame Flucht angetreten, als plötz-
lich während des Ladens eines der Gewehre sich entlud und den
erwähnten Jäger zu Boden stürzen machte. Jn der hierauf fol-
genden Verwirrung wurde der Büffel natürlicherweise vergessen.
Gleich Pfeilen flogen die Mexikaner auf die Stelle, wo das Un-
glück stattfand, und hatten fast augenblicklich eine Tragbahre zurecht
gemacht. Doch wurde diese nicht in Anwendung gebracht, son-
[Spaltenumbruch] dern rasch ein Maulthierwagen leer gemacht und auf diesen der
Verwundete, der dem Verbluten nahe war, gehoben und in die
Stadt zurückgefahren. Die Sache klärte sich nun dahin auf, daß
beim Laden der Gewehre die Ladung sich durch im Laufe zurück-
gebliebenes Feuer entzündete, ehe noch die Kugel aufsaß, welche
sich später im Laufe befand, und daß durch den Luftdruck ein
Stück damascirtes Eisen hinausgetrieben wurde und am linken
Schenkel des Verwundeten vorbeifuhr, wie es scheint, ohne zu
treffen; jedoch riß die mit Macht grpreßte Luft ein handgroßes
Loch in der Nähe des Backens, worauf augenbliblich eine starke
Blutung und Lähmung erfolgte. Marschweite 4 M.

Am 25. ward gerastet. Der Grasbrand hatte sich nach allen
Richtungen hin ausgebreitet und drang nun von einer anderen
Seite gegen das Lager vor. Jn einem großen Strome stürzte
sich die Gluth von den westlich gelegenen Bergen herab. Das
Lager wurde nun auf das Abgebrannte verlegt, mit Ausnahme
des Zeltes der Merikaner und desjenigen der Küche oder Meshe,
wie es genannt wird, in welchem ich mich befand. Wir schützten
uns durch Gräben und vorheriges Abbrennen. Abends erschien
Hr. v. Meusebach mit den Landvermessern, dem gestern in die Stadt
geschickten Maulthierwagen und einem von mir schon häufig er-
wähnten Landsmann ( E--f ) .

Am 26. rückte der Zug über felsigtes Gebirgsland weiter,
und nachdem wir 6 verschiedene Bäche passirt hatten, wurde in einem
hübschen Thale an einer der Hauptquellen des Piedernalesflusses
Halt gemacht. 2 Puter wurden erlegt, den vielen Enten und
Gänsen war nicht beizukommen. Der Boden unterhalb der Gebirgs-
gänge war schön und reich, jedoch bildete dies nur einen schmalen
Streifen an beiden Seiten des Wassers. Am Tage waren Büffel
gesehen worden. Marschweite 6 M.

Am 27. wurde weiter vorgerückt, die Quellen des Rio de los
Piedernales
( Feuersteinfluß ) an mehreren Stellen überschritten
und gleich darauf die Wasserscheide nach dem Flußgebiet des Rio
de los Llanos
oder Llano ( Wiesenfluß ) erreicht. Wir kamen an
einem noch brennenden Lagerfeuer vorbei, wo ein einzelner Jn-
dianer gelagert haben mochte. Auf der nun erreichten Hochebene
war ein gänzlicher Mangel an brennbarem Holz, dagegen viel
Gesträuch und stellenweise reicher schwarzer Boden; die Luft war bei-
spiellos rein, aber auch schneidend durch ihre Dünne. Nach 6 M.
schwierigen Marsches hatten wir ein schwieriges Hinabsteigen in
die Ebene, wo nun die Steine aufhörten und ein mittelmäßiger
Boden mit ziemlich gutem Posteichenwalde. Nach 4 M. weiteren
Marsches erreichten wir einen schönen Lagerplatz an einem sumpfi-
gen Quell mit gutem Gras. Jedoch konnten die Wagen nicht mehr
fort und der größte Theil des Haufens mußte am Abhange des Ge-
birges zurückbleiben, wo in der Nähe ein ausgetrockneter Regenbach
noch etwas Wasser enthielt. Die Amerikaner hatten 2 Puter und
1 Hirsch getödtet. Gegen Abend fing es an zu blitzen. Später
donnerte es in der Ferne und der bisher heitere Himmel überzog
sich plötzlich. Jn der Mitte der Nacht erschien plötzlich ein Ge-
witter aus Norden mit heftigen Regengüssen, vor denen ich geschützt
blieb, weil ich, das Kommende voraussehend, eine meiner Decken

* ) Wir haben zwar schon in Nr. 50 der Ausw. Z. von 1847 eine
Schilderung dieser Expedition gebracht, glauben aber auch gegenwärtige,
aus der Feder eines anderen Augenzeugen geflossene, ihrer vielfach abwei-
chenden und eigenthümlichen Auffassung wegen, unsern Lesern nicht vor-
enthalten zu dürfen.   D. Red.

[Spaltenumbruch] guter Mundvorrath sür 6 Wochen geladen, und so verließ denn
diese Truppe, mit Ausnahme des Hrn. v. M., der zur Besorgung
verschiedener Angelegenheiten noch ein paar Tage mit einigen
Leuten in der Stadt zurückblieb, am 22. Januar Friedrichsburg,
um in der Umgebung besseres Gras für die Pferde aufzusuchen
und ein erstes Lager aufzuschlagen. Am sogenannten Life oak
Creek
( Bach der Lebenseichen ) , nicht ganz 4 M. von der Stadt,
ward ein passender Platz gefunden und das Lager eingerichtet.
Jch folgte dem Zuge gegen Abend und sah unterwegs viel
Wild. Eine Heerde Puter verlief sich in die unmittelbare
Nähe des Lagers, wofür sie zu büßen hatte; denn es wurden
nicht weniger als 5 Puter und 2 Hirsche in diesem Lager ge-
schossen. Der Life oak ist ein klarer schöner Bach und es finden
sich hier einige gute Ländereien, die zum Theil zu dem Vereins-
lande im Stromgebiete des Piedernales gehören, und seine west-
liche Grenze bilden. Die ganze Gegend ist reich an Pekan und
Posteichenholz. Marschweite 4 M.


Am 23. ritt ich in die Stadt, um anzufragen, ob der Marsch
fortzusetzen sei und kehrte Abends mit bejahender Erklärung ins
Lager zurück.

Am 24. wurde der breite Life oak überschritten und in einer
Entfernung von3 1 / 2 M. der „westliche Jndianerpfad“ erreicht, da
wir in fast westlicher Richtung mit gelegentlicher Abweichung nach
Südwest vorgeschritten waren, so schnitten wir den Pfad, von den
Amerikanern Old trail, von den Merikanern Camino viejo ge-
nannt, so ziemlich in einem rechten Winkel. Die Richtung
des Pfades war hier eine fast genau nördliche.

An einem Gebirgsbächlein mit südlichem Lauf wurde das
Lager aufgeschlagen und an den Ufern dieses Gewässers fand sich
ein üppiger Wuchs des von den Pferden so geliebten Wasser-
mooses. Durch eine Unvorsichtigkeit beim Feueranmachen durch
Neulinge in der Wildniß, entstand ein ungeheurer Grasbrand,
welcher das Lager zu verzehren drohte. Nach allen Seiten hin
war man beschäftigt, das mehr und mehr um sich greifende Feuer
abzuwehren, was vermittelst feuchter Säcke geschieht; als plötzlich,
um die Verlegenheit zu vermehren, ein athemloser Mensch ins
Lager stürzte und die Nachricht brachte, der Jäger Negendank,
der beste Schütze und glücklichste Jäger der ganzen Abtheilung,
sei durch einen seiner Begleiter bei der Büffeljagd durch einen
unglücklichen Leichtsinn geschossen worden. Bei unserer Ankunft
im Thale nämlich hatte man mehrere Büffel vorgefunden, und
gleich hatten sich mehrere der besten Schützen auf den Weg ge-
macht, um Büffelfleisch zu erbeuten, das die meisten von der Partie
noch nicht kannten. Der Büffel hatte in nächster Schußweite
3 Kugeln gleichzeitig durch den Bug empfangen, die Zunge her-
vorhängen lassen und eine langsame Flucht angetreten, als plötz-
lich während des Ladens eines der Gewehre sich entlud und den
erwähnten Jäger zu Boden stürzen machte. Jn der hierauf fol-
genden Verwirrung wurde der Büffel natürlicherweise vergessen.
Gleich Pfeilen flogen die Mexikaner auf die Stelle, wo das Un-
glück stattfand, und hatten fast augenblicklich eine Tragbahre zurecht
gemacht. Doch wurde diese nicht in Anwendung gebracht, son-
[Spaltenumbruch] dern rasch ein Maulthierwagen leer gemacht und auf diesen der
Verwundete, der dem Verbluten nahe war, gehoben und in die
Stadt zurückgefahren. Die Sache klärte sich nun dahin auf, daß
beim Laden der Gewehre die Ladung sich durch im Laufe zurück-
gebliebenes Feuer entzündete, ehe noch die Kugel aufsaß, welche
sich später im Laufe befand, und daß durch den Luftdruck ein
Stück damascirtes Eisen hinausgetrieben wurde und am linken
Schenkel des Verwundeten vorbeifuhr, wie es scheint, ohne zu
treffen; jedoch riß die mit Macht grpreßte Luft ein handgroßes
Loch in der Nähe des Backens, worauf augenbliblich eine starke
Blutung und Lähmung erfolgte. Marschweite 4 M.

Am 25. ward gerastet. Der Grasbrand hatte sich nach allen
Richtungen hin ausgebreitet und drang nun von einer anderen
Seite gegen das Lager vor. Jn einem großen Strome stürzte
sich die Gluth von den westlich gelegenen Bergen herab. Das
Lager wurde nun auf das Abgebrannte verlegt, mit Ausnahme
des Zeltes der Merikaner und desjenigen der Küche oder Meshe,
wie es genannt wird, in welchem ich mich befand. Wir schützten
uns durch Gräben und vorheriges Abbrennen. Abends erschien
Hr. v. Meusebach mit den Landvermessern, dem gestern in die Stadt
geschickten Maulthierwagen und einem von mir schon häufig er-
wähnten Landsmann ( E--f ) .

Am 26. rückte der Zug über felsigtes Gebirgsland weiter,
und nachdem wir 6 verschiedene Bäche passirt hatten, wurde in einem
hübschen Thale an einer der Hauptquellen des Piedernalesflusses
Halt gemacht. 2 Puter wurden erlegt, den vielen Enten und
Gänsen war nicht beizukommen. Der Boden unterhalb der Gebirgs-
gänge war schön und reich, jedoch bildete dies nur einen schmalen
Streifen an beiden Seiten des Wassers. Am Tage waren Büffel
gesehen worden. Marschweite 6 M.

Am 27. wurde weiter vorgerückt, die Quellen des Rio de los
Piedernales
( Feuersteinfluß ) an mehreren Stellen überschritten
und gleich darauf die Wasserscheide nach dem Flußgebiet des Rio
de los Llanos
oder Llano ( Wiesenfluß ) erreicht. Wir kamen an
einem noch brennenden Lagerfeuer vorbei, wo ein einzelner Jn-
dianer gelagert haben mochte. Auf der nun erreichten Hochebene
war ein gänzlicher Mangel an brennbarem Holz, dagegen viel
Gesträuch und stellenweise reicher schwarzer Boden; die Luft war bei-
spiellos rein, aber auch schneidend durch ihre Dünne. Nach 6 M.
schwierigen Marsches hatten wir ein schwieriges Hinabsteigen in
die Ebene, wo nun die Steine aufhörten und ein mittelmäßiger
Boden mit ziemlich gutem Posteichenwalde. Nach 4 M. weiteren
Marsches erreichten wir einen schönen Lagerplatz an einem sumpfi-
gen Quell mit gutem Gras. Jedoch konnten die Wagen nicht mehr
fort und der größte Theil des Haufens mußte am Abhange des Ge-
birges zurückbleiben, wo in der Nähe ein ausgetrockneter Regenbach
noch etwas Wasser enthielt. Die Amerikaner hatten 2 Puter und
1 Hirsch getödtet. Gegen Abend fing es an zu blitzen. Später
donnerte es in der Ferne und der bisher heitere Himmel überzog
sich plötzlich. Jn der Mitte der Nacht erschien plötzlich ein Ge-
witter aus Norden mit heftigen Regengüssen, vor denen ich geschützt
blieb, weil ich, das Kommende voraussehend, eine meiner Decken

* ) Wir haben zwar schon in Nr. 50 der Ausw. Z. von 1847 eine
Schilderung dieser Expedition gebracht, glauben aber auch gegenwärtige,
aus der Feder eines anderen Augenzeugen geflossene, ihrer vielfach abwei-
chenden und eigenthümlichen Auffassung wegen, unsern Lesern nicht vor-
enthalten zu dürfen.   D. Red.
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Marschweite 4 M. Am 23. ritt ich in die Stadt, um anzufragen, ob der Marsch fortzusetzen sei und kehrte Abends mit bejahender Erklärung ins Lager zurück. Am 24. wurde der breite Life oak überschritten und in einer Entfernung von3 1 / 2 M. der „westliche Jndianerpfad“ erreicht, da wir in fast westlicher Richtung mit gelegentlicher Abweichung nach Südwest vorgeschritten waren, so schnitten wir den Pfad, von den Amerikanern Old trail, von den Merikanern Camino viejo ge- nannt, so ziemlich in einem rechten Winkel. Die Richtung des Pfades war hier eine fast genau nördliche. An einem Gebirgsbächlein mit südlichem Lauf wurde das Lager aufgeschlagen und an den Ufern dieses Gewässers fand sich ein üppiger Wuchs des von den Pferden so geliebten Wasser- mooses. Durch eine Unvorsichtigkeit beim Feueranmachen durch Neulinge in der Wildniß, entstand ein ungeheurer Grasbrand, welcher das Lager zu verzehren drohte. Nach allen Seiten hin war man beschäftigt, das mehr und mehr um sich greifende Feuer abzuwehren, was vermittelst feuchter Säcke geschieht; als plötzlich, um die Verlegenheit zu vermehren, ein athemloser Mensch ins Lager stürzte und die Nachricht brachte, der Jäger Negendank, der beste Schütze und glücklichste Jäger der ganzen Abtheilung, sei durch einen seiner Begleiter bei der Büffeljagd durch einen unglücklichen Leichtsinn geschossen worden. Bei unserer Ankunft im Thale nämlich hatte man mehrere Büffel vorgefunden, und gleich hatten sich mehrere der besten Schützen auf den Weg ge- macht, um Büffelfleisch zu erbeuten, das die meisten von der Partie noch nicht kannten. Der Büffel hatte in nächster Schußweite 3 Kugeln gleichzeitig durch den Bug empfangen, die Zunge her- vorhängen lassen und eine langsame Flucht angetreten, als plötz- lich während des Ladens eines der Gewehre sich entlud und den erwähnten Jäger zu Boden stürzen machte. Jn der hierauf fol- genden Verwirrung wurde der Büffel natürlicherweise vergessen. Gleich Pfeilen flogen die Mexikaner auf die Stelle, wo das Un- glück stattfand, und hatten fast augenblicklich eine Tragbahre zurecht gemacht. Doch wurde diese nicht in Anwendung gebracht, son- dern rasch ein Maulthierwagen leer gemacht und auf diesen der Verwundete, der dem Verbluten nahe war, gehoben und in die Stadt zurückgefahren. Die Sache klärte sich nun dahin auf, daß beim Laden der Gewehre die Ladung sich durch im Laufe zurück- gebliebenes Feuer entzündete, ehe noch die Kugel aufsaß, welche sich später im Laufe befand, und daß durch den Luftdruck ein Stück damascirtes Eisen hinausgetrieben wurde und am linken Schenkel des Verwundeten vorbeifuhr, wie es scheint, ohne zu treffen; jedoch riß die mit Macht grpreßte Luft ein handgroßes Loch in der Nähe des Backens, worauf augenbliblich eine starke Blutung und Lähmung erfolgte. Marschweite 4 M. Am 25. ward gerastet. Der Grasbrand hatte sich nach allen Richtungen hin ausgebreitet und drang nun von einer anderen Seite gegen das Lager vor. Jn einem großen Strome stürzte sich die Gluth von den westlich gelegenen Bergen herab. Das Lager wurde nun auf das Abgebrannte verlegt, mit Ausnahme des Zeltes der Merikaner und desjenigen der Küche oder Meshe, wie es genannt wird, in welchem ich mich befand. Wir schützten uns durch Gräben und vorheriges Abbrennen. Abends erschien Hr. v. Meusebach mit den Landvermessern, dem gestern in die Stadt geschickten Maulthierwagen und einem von mir schon häufig er- wähnten Landsmann ( E--f ) . Am 26. rückte der Zug über felsigtes Gebirgsland weiter, und nachdem wir 6 verschiedene Bäche passirt hatten, wurde in einem hübschen Thale an einer der Hauptquellen des Piedernalesflusses Halt gemacht. 2 Puter wurden erlegt, den vielen Enten und Gänsen war nicht beizukommen. Der Boden unterhalb der Gebirgs- gänge war schön und reich, jedoch bildete dies nur einen schmalen Streifen an beiden Seiten des Wassers. Am Tage waren Büffel gesehen worden. Marschweite 6 M. Am 27. wurde weiter vorgerückt, die Quellen des Rio de los Piedernales ( Feuersteinfluß ) an mehreren Stellen überschritten und gleich darauf die Wasserscheide nach dem Flußgebiet des Rio de los Llanos oder Llano ( Wiesenfluß ) erreicht. Wir kamen an einem noch brennenden Lagerfeuer vorbei, wo ein einzelner Jn- dianer gelagert haben mochte. Auf der nun erreichten Hochebene war ein gänzlicher Mangel an brennbarem Holz, dagegen viel Gesträuch und stellenweise reicher schwarzer Boden; die Luft war bei- spiellos rein, aber auch schneidend durch ihre Dünne. Nach 6 M. schwierigen Marsches hatten wir ein schwieriges Hinabsteigen in die Ebene, wo nun die Steine aufhörten und ein mittelmäßiger Boden mit ziemlich gutem Posteichenwalde. Nach 4 M. weiteren Marsches erreichten wir einen schönen Lagerplatz an einem sumpfi- gen Quell mit gutem Gras. Jedoch konnten die Wagen nicht mehr fort und der größte Theil des Haufens mußte am Abhange des Ge- birges zurückbleiben, wo in der Nähe ein ausgetrockneter Regenbach noch etwas Wasser enthielt. Die Amerikaner hatten 2 Puter und 1 Hirsch getödtet. Gegen Abend fing es an zu blitzen. Später donnerte es in der Ferne und der bisher heitere Himmel überzog sich plötzlich. Jn der Mitte der Nacht erschien plötzlich ein Ge- witter aus Norden mit heftigen Regengüssen, vor denen ich geschützt blieb, weil ich, das Kommende voraussehend, eine meiner Decken * ) Wir haben zwar schon in Nr. 50 der Ausw. Z. von 1847 eine Schilderung dieser Expedition gebracht, glauben aber auch gegenwärtige, aus der Feder eines anderen Augenzeugen geflossene, ihrer vielfach abwei- chenden und eigenthümlichen Auffassung wegen, unsern Lesern nicht vor- enthalten zu dürfen. D. Red.

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Zitationshilfe: Allgemeine Auswanderungs-Zeitung. Nr. 22. Rudolstadt, 29. Mai 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_auswanderer22_1848/2>, abgerufen am 29.04.2024.