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Badener Zeitung. Nr. 47, Baden (Niederösterreich), 10.06.1908.

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Badener Zeitung
Deutsch-freiheitliches und unabhängiges Organ.

[Spaltenumbruch] Redaktionsschluß:
Dieustag und Freitag früh.
[Spaltenumbruch] Erscheint Wittwoch und Samstag früh.



Telephon-Anschluß Nr. 229.

[Spaltenumbruch] Anverlangt eingesandte Mannskripte
werden nicht zurückgesendet.
Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·--, ganzjährig K 10·--. Mit Zustellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·--, halbjährig K 6·--,
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Nummer 16 h. -- Inserate
werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erste, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einschaltungen berechnet, größere Aufträge
nach Uebereinkommen und können auch durch die bestehenden Annonzen-Bureaus an die Administration gerichtet werden. -- Interessante Mitteilungen, Notizen und
Korrespondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. -- Manuskripte werden nicht zurückgestellt. -- Redaktion und Administration: Baden, Pfarrgasse Nr. 3.
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage "Illustriertes Unterhaltungsblatt".)




Nr. 47. Mittwoch, den 10. Juni 1908. 29. Jahrg.


[Spaltenumbruch]
Was nun?

Seit Jahrhunderten leben die Wiener
Machthaber in der Vorstellungswelt der
Magyaren nicht mit Unrecht als die Ver-
körperung der Reaktion und der Volksfeind-
lichkeit. Diese Empfindung ward in der Aera
des "Ausgleiches" geradezu zu einem not-
wendigen Requisit der magyarischen Politik.
Um die zur Regierungsmaxime erhobene
Willkür des magyarischen Herrenstammes zu
decken, wurde der Hort der Rückwärtserei
nach Wien verlegt und der Kampf gegen
die "Wiener Hand" organisiert. So konnte
man den Sturmlauf von der Budapester
Plutokratie auf Wien ablenken, der nun
glücklich zu einem Sturmlauf einer Bauern-
rotte auf die Hochburgen der Wissenschaft
geführt hat.

Was sich in unseren Tagen da abspielt,
ist ein Schauspiel von welthistorischer Be-
deutung. Während überall um uns sich die
Völker auf ihre Werte besinnen, überall sich
der Wille zur Ehrlichkeit regt, die Götzen
der von Rom gepredigten Religionsheuchelei
zertrümmert werden, schleicht bei uns der
Geist der Römlinge um und predigt das
finstere Mittelalter. Kein Warnungsruf der
[Spaltenumbruch] Geschichte, keiue Enttäuschung ist stark genug,
die Glutgläubigkeit zu brechen, die Ueber-
zeugung von Roms Treulosigkeit durchgreifen
zu lassen.

Aber wer Wind säet, muß Sturm ernten.
Dem rücksichtslosen Losstürmen mit dem
katholischen Dreschflegel, der Politik des zag-
haften Wollens und des furchtsamen Zurück-
weichens, der leeren Worte und halben Taten,
hat die Studentschaft eine nicht mindere
rücksichtslosere Antwort erteilt: sie ist in den
Streik getreten. Doch der Enthusiasmus der
studierenden Jugend prallt an der bleiernen
Gleichgültigkeit der Bürgerschaft ab.

Haben wir denn wirklich Ursache, in diesem
spannenden Kampf zweier Weltanschauungen
solch stoische Ruhe zu bewahren? Werfen wir
einen Blick in die Geschichte!

Durch die jesuitische Gegenreformation,
die auf dem italianisierten Konzil von Trient
den lebensprühenden Geist der schönen Renais-
sanze mit steinharten Dogmen todwarf, wurde
das Pasttum endgültig aus dem Leben der
Kultur, der Wissenschaft und Kunst hinaus
in die geistige Erstarrung gedrängt. Damit
soll nicht gesagt sein, daß es vorher -- außer
seiner Begünstigung der bildenden Künste
und höfischen Dichtung aus Prachtliebe --
[Spaltenumbruch] viel übrig gehabt habe. Im Gegenteil. Vor
der Mathematik und Astronomie, vor den
Naturwissenschaften, vor der Medizin- und
Geschichtsforschung und endlich vor den
Kentnissen von dem internationalen Güter-
tausch durch den Handel empfanden die meisten
Päpste in Rom ein Mißtrauen als "gefähr-
liches" Wissensgebiet, vor deren Betreten sie
zu warnen nie müde wurden. Von der
Himmelskunde wußten sie nicht einmal so
viel als die Priester der Chaldäer. Wohl
hatte schon das Konzil von Nizäa im Jahre
325 die Regel aufgestellt: Ostern solle von
allen Christen am ersten Sonntage nach dem
ersten Vollmond nach der Tag- und Nacht-
gleiche des Frühjahres gefeiert werden; aber
die römische Kirche sah sich gänzlich außer
Stande, selbst den Kalender zu berechnen
und ihre eigenen Festzeiten zu bestimmen.
Die Kurie mußte nach Spanien zu den
Arabern Boten entsenden, um von den moha-
medanischen Astronomen und Mathematikern
Aufklärung zu erhalten, wie ihre Feste von
Christi Auferstehung und Himmelfahrt und
der Ausgießung des heiligen Geistes über
alle Völker in jedem Jahre alten solle. So
oft die Päpste sich in gesundheitlicher und finan-
zieller Bedrängnis fühlten, vertrauten sie ihren




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.



Ein Büchlein von der Reise. *)
Ungebunden und aufgeschnitten von --au-- --au--.
II. Kaput.
Ich kombinier' sehr gerne und
Gieng drum zu Cook und "reiste rund";
Die Folge war bei dem Geschäft
Ein perforiertes Fahrscheinheft.
Ist man noch (gottseidank!) so ledig
Wie unsereins, wählt man Venedig,
Denn wenn ich einst vermählt, dann geh'
Ich weiter nicht als -- Jedlesee.
Am theuersten, das ist doch klar,
Reist man zu zweit als Hochzeitspaar,
Wenn gleich die Liebe, die nicht rostet,
Auch ziemlich ein Vermögen kostet.
Wer hat mit Weibern noch kein Gspusi?
Doch besser ist's, man läßt in Ruh' sie:
Es sind zuviele "gut" und "willig"
Und ist dies weder recht noch -- billig!

[Spaltenumbruch]

Ich reiste rund, drum von zuhaus'
Fuhr ich im Anfang gradeaus,
Genoß der II. Klasse Leder
(Am liebsten möchte dieses Jeder!)
Durchflog per Dampf die grünen Lande
Und schlief zumeist zu meiner Schande;*)
Ich weiß nur soviel, daß bei Bruck
Ein wenig beutelte der Zug
Und daß in Laibach, statt zu schlasen,
Ich dachte der Saismographen,
Die hoffentlich mein Wonnebeben
Pflichtschuldigst zu Papier gegeben.
Dem Kondukteur ein feistes Backschisch
Bewirkte, daß er einen Backfisch
Und eine fesche Gouvernante
In mein Coupe schob, die ich kannte,
Und als ich morgens früh erwacht,
Da lag sie da in voller Pracht --
Die Adria! Sie war so schlau
Und macht an jedem Montag "blau":

[Spaltenumbruch]
Ein ganz grandios gelung'ner Streik,
Für den ich mich erkenntlich zeig'.
Der Gönner edelste, ja schöner
Als diese sind die Schlafwaggöner;
Man ließ auch sie (Undank der Wohlthat!)
Im Stich, nachdem man sich erholt hatt'
Und stieg nun nach des Fahrens Müh'
Aus in Triest um 6 Uhr früh.
Ich aß zuerst im Grand Cafe
Ein Ei in nächster Meeresnäh',
Wo dann ein Droschkengaul per Achse
(Er schlug drei Kronen noch zur Taxe)
Von Süd nach Nord, von Ost nach West
Mir demonstrierte sein Triest.
Zum Schlusse demonstriert ich auch
Und sprach zum Rosselenkergauch:
"Mein lieber Herr, ich bin hier fremd:
10 Kronen ist doch unverschämt ..."
Dann zahlt' ich (sehr!) und selbstbewußt
Bestieg den Thurm ich von San Giust',
Entzifferte oben Runenlettern
Und durfte hinab dann wieder klettern.

*) Vergl. "Badener Zeitung" vom 3. Juni d. J.
*) Dies deshalb schon, weil in der Nacht
Gewöhnlich man nichts Andres macht.
Badener Zeitung
Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ.

[Spaltenumbruch] Redaktionsſchluß:
Dieustag und Freitag früh.
[Spaltenumbruch] Erſcheint Wittwoch und Samstag früh.



Telephon-Anſchluß Nr. 229.

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werden nicht zurückgeſendet.
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Nummer 16 h. — Inſerate
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Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3.
(Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.)




Nr. 47. Mittwoch, den 10. Juni 1908. 29. Jahrg.


[Spaltenumbruch]
Was nun?

Seit Jahrhunderten leben die Wiener
Machthaber in der Vorſtellungswelt der
Magyaren nicht mit Unrecht als die Ver-
körperung der Reaktion und der Volksfeind-
lichkeit. Dieſe Empfindung ward in der Aera
des „Ausgleiches“ geradezu zu einem not-
wendigen Requiſit der magyariſchen Politik.
Um die zur Regierungsmaxime erhobene
Willkür des magyariſchen Herrenſtammes zu
decken, wurde der Hort der Rückwärtſerei
nach Wien verlegt und der Kampf gegen
die „Wiener Hand“ organiſiert. So konnte
man den Sturmlauf von der Budapeſter
Plutokratie auf Wien ablenken, der nun
glücklich zu einem Sturmlauf einer Bauern-
rotte auf die Hochburgen der Wiſſenſchaft
geführt hat.

Was ſich in unſeren Tagen da abſpielt,
iſt ein Schauſpiel von welthiſtoriſcher Be-
deutung. Während überall um uns ſich die
Völker auf ihre Werte beſinnen, überall ſich
der Wille zur Ehrlichkeit regt, die Götzen
der von Rom gepredigten Religionsheuchelei
zertrümmert werden, ſchleicht bei uns der
Geiſt der Römlinge um und predigt das
finſtere Mittelalter. Kein Warnungsruf der
[Spaltenumbruch] Geſchichte, keiue Enttäuſchung iſt ſtark genug,
die Glutgläubigkeit zu brechen, die Ueber-
zeugung von Roms Treuloſigkeit durchgreifen
zu laſſen.

Aber wer Wind ſäet, muß Sturm ernten.
Dem rückſichtsloſen Losſtürmen mit dem
katholiſchen Dreſchflegel, der Politik des zag-
haften Wollens und des furchtſamen Zurück-
weichens, der leeren Worte und halben Taten,
hat die Studentſchaft eine nicht mindere
rückſichtsloſere Antwort erteilt: ſie iſt in den
Streik getreten. Doch der Enthuſiasmus der
ſtudierenden Jugend prallt an der bleiernen
Gleichgültigkeit der Bürgerſchaft ab.

Haben wir denn wirklich Urſache, in dieſem
ſpannenden Kampf zweier Weltanſchauungen
ſolch ſtoiſche Ruhe zu bewahren? Werfen wir
einen Blick in die Geſchichte!

Durch die jeſuitiſche Gegenreformation,
die auf dem italianiſierten Konzil von Trient
den lebenſprühenden Geiſt der ſchönen Renaiſ-
ſanze mit ſteinharten Dogmen todwarf, wurde
das Paſttum endgültig aus dem Leben der
Kultur, der Wiſſenſchaft und Kunſt hinaus
in die geiſtige Erſtarrung gedrängt. Damit
ſoll nicht geſagt ſein, daß es vorher — außer
ſeiner Begünſtigung der bildenden Künſte
und höfiſchen Dichtung aus Prachtliebe —
[Spaltenumbruch] viel übrig gehabt habe. Im Gegenteil. Vor
der Mathematik und Aſtronomie, vor den
Naturwiſſenſchaften, vor der Medizin- und
Geſchichtsforſchung und endlich vor den
Kentniſſen von dem internationalen Güter-
tauſch durch den Handel empfanden die meiſten
Päpſte in Rom ein Mißtrauen als „gefähr-
liches“ Wiſſensgebiet, vor deren Betreten ſie
zu warnen nie müde wurden. Von der
Himmelskunde wußten ſie nicht einmal ſo
viel als die Prieſter der Chaldäer. Wohl
hatte ſchon das Konzil von Nizäa im Jahre
325 die Regel aufgeſtellt: Oſtern ſolle von
allen Chriſten am erſten Sonntage nach dem
erſten Vollmond nach der Tag- und Nacht-
gleiche des Frühjahres gefeiert werden; aber
die römiſche Kirche ſah ſich gänzlich außer
Stande, ſelbſt den Kalender zu berechnen
und ihre eigenen Feſtzeiten zu beſtimmen.
Die Kurie mußte nach Spanien zu den
Arabern Boten entſenden, um von den moha-
medaniſchen Aſtronomen und Mathematikern
Aufklärung zu erhalten, wie ihre Feſte von
Chriſti Auferſtehung und Himmelfahrt und
der Ausgießung des heiligen Geiſtes über
alle Völker in jedem Jahre alten ſolle. So
oft die Päpſte ſich in geſundheitlicher und finan-
zieller Bedrängnis fühlten, vertrauten ſie ihren




[Spaltenumbruch]
Feuilleton.



Ein Büchlein von der Reiſe. *)
Ungebunden und aufgeſchnitten von —au— —au—.
II. Kaput.
Ich kombinier’ ſehr gerne und
Gieng drum zu Cook und „reiſte rund“;
Die Folge war bei dem Geſchäft
Ein perforiertes Fahrſcheinheft.
Iſt man noch (gottſeidank!) ſo ledig
Wie unſereins, wählt man Venedig,
Denn wenn ich einſt vermählt, dann geh’
Ich weiter nicht als — Jedleſee.
Am theuerſten, das iſt doch klar,
Reiſt man zu zweit als Hochzeitspaar,
Wenn gleich die Liebe, die nicht roſtet,
Auch ziemlich ein Vermögen koſtet.
Wer hat mit Weibern noch kein Gſpuſi?
Doch beſſer iſt’s, man läßt in Ruh’ ſie:
Es ſind zuviele „gut“ und „willig“
Und iſt dies weder recht noch — billig!

[Spaltenumbruch]

Ich reiſte rund, drum von zuhauſ’
Fuhr ich im Anfang gradeaus,
Genoß der II. Klaſſe Leder
(Am liebſten möchte dieſes Jeder!)
Durchflog per Dampf die grünen Lande
Und ſchlief zumeiſt zu meiner Schande;*)
Ich weiß nur ſoviel, daß bei Bruck
Ein wenig beutelte der Zug
Und daß in Laibach, ſtatt zu ſchlaſen,
Ich dachte der Saïsmographen,
Die hoffentlich mein Wonnebeben
Pflichtſchuldigſt zu Papier gegeben.
Dem Kondukteur ein feiſtes Backſchiſch
Bewirkte, daß er einen Backfiſch
Und eine feſche Gouvernante
In mein Coupé ſchob, die ich kannte,
Und als ich morgens früh erwacht,
Da lag ſie da in voller Pracht —
Die Adria! Sie war ſo ſchlau
Und macht an jedem Montag „blau“:

[Spaltenumbruch]
Ein ganz grandios gelung’ner Streik,
Für den ich mich erkenntlich zeig’.
Der Gönner edelſte, ja ſchöner
Als dieſe ſind die Schlafwaggöner;
Man ließ auch ſie (Undank der Wohlthat!)
Im Stich, nachdem man ſich erholt hatt’
Und ſtieg nun nach des Fahrens Müh’
Aus in Trieſt um 6 Uhr früh.
Ich aß zuerſt im Grand Café
Ein Ei in nächſter Meeresnäh’,
Wo dann ein Droſchkengaul per Achſe
(Er ſchlug drei Kronen noch zur Taxe)
Von Süd nach Nord, von Oſt nach Weſt
Mir demonſtrierte ſein Trieſt.
Zum Schluſſe demonſtriert ich auch
Und ſprach zum Roſſelenkergauch:
„Mein lieber Herr, ich bin hier fremd:
10 Kronen iſt doch unverſchämt ...“
Dann zahlt’ ich (ſehr!) und ſelbſtbewußt
Beſtieg den Thurm ich von San Giuſt’,
Entzifferte oben Runenlettern
Und durfte hinab dann wieder klettern.

*) Vergl. „Badener Zeitung“ vom 3. Juni d. J.
*) Dies deshalb ſchon, weil in der Nacht
Gewöhnlich man nichts Andres macht.
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[[1]/0001] Badener Zeitung Deutſch-freiheitliches und unabhängiges Organ. Redaktionsſchluß: Dieustag und Freitag früh. Erſcheint Wittwoch und Samstag früh. Telephon-Anſchluß Nr. 229. Anverlangt eingeſandte Mannſkripte werden nicht zurückgeſendet. Abonnement Baden: Zum Abholen vierteljährig K 2·50, halbjährig K 5·—, ganzjährig K 10·—. Mit Zuſtellung ins Haus Baden: Vierteljährig K 3·—, halbjährig K 6·—, ganzjährig K 12·—. Oeſterreich-Ungarn: Mit Zuſendung vierteljährig K 3·30, halbjährig K 6·50, ganzjährig K 13·—. Einzelne Mittwoch-Nummer 12 h, Samstag- Nummer 16 h. — Inſerate werden per 80 mm breite Petitzeile mit 16 h für die erſte, und mit 14 h für fünf nacheinander folgende Einſchaltungen berechnet, größere Aufträge nach Uebereinkommen und können auch durch die beſtehenden Annonzen-Bureaus an die Adminiſtration gerichtet werden. — Intereſſante Mitteilungen, Notizen und Korreſpondenzen werden nach Uebereinkunft honoriert. — Manuſkripte werden nicht zurückgeſtellt. — Redaktion und Adminiſtration: Baden, Pfarrgaſſe Nr. 3. (Die Samstag-Nummer enthält die Gratis-Beilage „Illuſtriertes Unterhaltungsblatt“.) Nr. 47. Mittwoch, den 10. Juni 1908. 29. Jahrg. Was nun? Seit Jahrhunderten leben die Wiener Machthaber in der Vorſtellungswelt der Magyaren nicht mit Unrecht als die Ver- körperung der Reaktion und der Volksfeind- lichkeit. Dieſe Empfindung ward in der Aera des „Ausgleiches“ geradezu zu einem not- wendigen Requiſit der magyariſchen Politik. Um die zur Regierungsmaxime erhobene Willkür des magyariſchen Herrenſtammes zu decken, wurde der Hort der Rückwärtſerei nach Wien verlegt und der Kampf gegen die „Wiener Hand“ organiſiert. So konnte man den Sturmlauf von der Budapeſter Plutokratie auf Wien ablenken, der nun glücklich zu einem Sturmlauf einer Bauern- rotte auf die Hochburgen der Wiſſenſchaft geführt hat. Was ſich in unſeren Tagen da abſpielt, iſt ein Schauſpiel von welthiſtoriſcher Be- deutung. Während überall um uns ſich die Völker auf ihre Werte beſinnen, überall ſich der Wille zur Ehrlichkeit regt, die Götzen der von Rom gepredigten Religionsheuchelei zertrümmert werden, ſchleicht bei uns der Geiſt der Römlinge um und predigt das finſtere Mittelalter. Kein Warnungsruf der Geſchichte, keiue Enttäuſchung iſt ſtark genug, die Glutgläubigkeit zu brechen, die Ueber- zeugung von Roms Treuloſigkeit durchgreifen zu laſſen. Aber wer Wind ſäet, muß Sturm ernten. Dem rückſichtsloſen Losſtürmen mit dem katholiſchen Dreſchflegel, der Politik des zag- haften Wollens und des furchtſamen Zurück- weichens, der leeren Worte und halben Taten, hat die Studentſchaft eine nicht mindere rückſichtsloſere Antwort erteilt: ſie iſt in den Streik getreten. Doch der Enthuſiasmus der ſtudierenden Jugend prallt an der bleiernen Gleichgültigkeit der Bürgerſchaft ab. Haben wir denn wirklich Urſache, in dieſem ſpannenden Kampf zweier Weltanſchauungen ſolch ſtoiſche Ruhe zu bewahren? Werfen wir einen Blick in die Geſchichte! Durch die jeſuitiſche Gegenreformation, die auf dem italianiſierten Konzil von Trient den lebenſprühenden Geiſt der ſchönen Renaiſ- ſanze mit ſteinharten Dogmen todwarf, wurde das Paſttum endgültig aus dem Leben der Kultur, der Wiſſenſchaft und Kunſt hinaus in die geiſtige Erſtarrung gedrängt. Damit ſoll nicht geſagt ſein, daß es vorher — außer ſeiner Begünſtigung der bildenden Künſte und höfiſchen Dichtung aus Prachtliebe — viel übrig gehabt habe. Im Gegenteil. Vor der Mathematik und Aſtronomie, vor den Naturwiſſenſchaften, vor der Medizin- und Geſchichtsforſchung und endlich vor den Kentniſſen von dem internationalen Güter- tauſch durch den Handel empfanden die meiſten Päpſte in Rom ein Mißtrauen als „gefähr- liches“ Wiſſensgebiet, vor deren Betreten ſie zu warnen nie müde wurden. Von der Himmelskunde wußten ſie nicht einmal ſo viel als die Prieſter der Chaldäer. Wohl hatte ſchon das Konzil von Nizäa im Jahre 325 die Regel aufgeſtellt: Oſtern ſolle von allen Chriſten am erſten Sonntage nach dem erſten Vollmond nach der Tag- und Nacht- gleiche des Frühjahres gefeiert werden; aber die römiſche Kirche ſah ſich gänzlich außer Stande, ſelbſt den Kalender zu berechnen und ihre eigenen Feſtzeiten zu beſtimmen. Die Kurie mußte nach Spanien zu den Arabern Boten entſenden, um von den moha- medaniſchen Aſtronomen und Mathematikern Aufklärung zu erhalten, wie ihre Feſte von Chriſti Auferſtehung und Himmelfahrt und der Ausgießung des heiligen Geiſtes über alle Völker in jedem Jahre alten ſolle. So oft die Päpſte ſich in geſundheitlicher und finan- zieller Bedrängnis fühlten, vertrauten ſie ihren Feuilleton. Ein Büchlein von der Reiſe. *) Ungebunden und aufgeſchnitten von —au— —au—. II. Kaput. Ich kombinier’ ſehr gerne und Gieng drum zu Cook und „reiſte rund“; Die Folge war bei dem Geſchäft Ein perforiertes Fahrſcheinheft. Iſt man noch (gottſeidank!) ſo ledig Wie unſereins, wählt man Venedig, Denn wenn ich einſt vermählt, dann geh’ Ich weiter nicht als — Jedleſee. Am theuerſten, das iſt doch klar, Reiſt man zu zweit als Hochzeitspaar, Wenn gleich die Liebe, die nicht roſtet, Auch ziemlich ein Vermögen koſtet. Wer hat mit Weibern noch kein Gſpuſi? Doch beſſer iſt’s, man läßt in Ruh’ ſie: Es ſind zuviele „gut“ und „willig“ Und iſt dies weder recht noch — billig! Ich reiſte rund, drum von zuhauſ’ Fuhr ich im Anfang gradeaus, Genoß der II. Klaſſe Leder (Am liebſten möchte dieſes Jeder!) Durchflog per Dampf die grünen Lande Und ſchlief zumeiſt zu meiner Schande; *) Ich weiß nur ſoviel, daß bei Bruck Ein wenig beutelte der Zug Und daß in Laibach, ſtatt zu ſchlaſen, Ich dachte der Saïsmographen, Die hoffentlich mein Wonnebeben Pflichtſchuldigſt zu Papier gegeben. Dem Kondukteur ein feiſtes Backſchiſch Bewirkte, daß er einen Backfiſch Und eine feſche Gouvernante In mein Coupé ſchob, die ich kannte, Und als ich morgens früh erwacht, Da lag ſie da in voller Pracht — Die Adria! Sie war ſo ſchlau Und macht an jedem Montag „blau“: Ein ganz grandios gelung’ner Streik, Für den ich mich erkenntlich zeig’. Der Gönner edelſte, ja ſchöner Als dieſe ſind die Schlafwaggöner; Man ließ auch ſie (Undank der Wohlthat!) Im Stich, nachdem man ſich erholt hatt’ Und ſtieg nun nach des Fahrens Müh’ Aus in Trieſt um 6 Uhr früh. Ich aß zuerſt im Grand Café Ein Ei in nächſter Meeresnäh’, Wo dann ein Droſchkengaul per Achſe (Er ſchlug drei Kronen noch zur Taxe) Von Süd nach Nord, von Oſt nach Weſt Mir demonſtrierte ſein Trieſt. Zum Schluſſe demonſtriert ich auch Und ſprach zum Roſſelenkergauch: „Mein lieber Herr, ich bin hier fremd: 10 Kronen iſt doch unverſchämt ...“ Dann zahlt’ ich (ſehr!) und ſelbſtbewußt Beſtieg den Thurm ich von San Giuſt’, Entzifferte oben Runenlettern Und durfte hinab dann wieder klettern. *) Vergl. „Badener Zeitung“ vom 3. Juni d. J. *) Dies deshalb ſchon, weil in der Nacht Gewöhnlich man nichts Andres macht.

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Zitationshilfe: Badener Zeitung. Nr. 47, Baden (Niederösterreich), 10.06.1908, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_badener047_1908/1>, abgerufen am 29.03.2024.