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Die Bayerische Presse. Nr. 121. Würzburg, 21. Mai 1850.

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Die Bayerische Presse.

[Beginn Spaltensatz]
Abonnement:
Ganzjährig 6 fl.
Halbjährig 3 fl.
Vierteljährig 1 fl. 30 kr.
Monatlich für die Stadt 30 kr.

[Spaltenumbruch]
Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

[Spaltenumbruch]

Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 121.
Würzburg, Dinstag den 21. Mai. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

Dem Schullehrer Joh. Thee zu Greßthal
wurde ( seiner Bitte entsprechend ) die Schul= und
Kirchendienerstelle zu Kürnach, k. Ldgr. Würzburg
r/M., übertragen.

Der Landgerichtsdiener Joh. Jos. Hohmann
zu Hilders wurde in den Ruhestand versetzt, und
dessen Stelle dem vormaligen Patrimonialgerichts-
diener von Pommersfelden, Georg Löffelmann,
verliehen.



Die Demokratie in der bayerischen
Pfalz während des Kriegszustandes.

( Schluß. )

Gemeinsam und einheitlich war also der neu
organisirten demokratischen Partei die oben er-
wähnte Thätigkeit. Allen gemeinsam waren die
sogenannten Unterstützungscomite's mit ihrer De-
mokratensteuer, die Demokratenreligion mit ihren
Schulen und Bezirksbibliotheken, der Sängerver-
ein mit seinem Liederkranze; die demokratische
Wirthshausorganisation ( als höhere Erziehungs-
und Bildungsanstalt ) mit ihrem passiven Wider-
stande gegen jedes Mitglied der Ordnungspartei.
Wer aber diese einheitlich=gemeinsame Thätigkeit
erwägt, wer die neue Organisation des eben erst
verstümmelten pfälzischen Demokratenkörpers als
Thatsache anerkennt -- und welcher Gutgesinnte
hätte den Muth dieses zu verweigern? -- Dem
fürwahr, werden viele scheinbar ganz isolirt und
unschuldig dastehende Vorfälle als Das erscheinen,
was sie wirklich sind, als die vereinzelten Kraft-
und Lebensäußerungen einer heute noch bestehen-
den, kräftig und muthig blühenden Clubbherrschaft
als die isolirten Erschütterungen des im Verbor-
genen mächtig wüthenden Vulkanes der Revolution,
gewiß aber nie und nimmer als die unzurechnungs-
fähige Aeußerung "eines betrunkenen Handwerks-
burschen ", wie jüngst ein sonst gutgesinntes Kam-
mermitglied zu behaupten beliebte. -- Um von
diesen Vorfällen nur einige zu erwähnen, gar
nicht von den vielen öffentlichen Hecker - Demon-
strationen, die allsonntäglich in Masse vorfallen
und vor wenigen Tagen erst noch eine Polizei-
verordnung in Speyer hervorriefen, zu reden, --
gar nicht jener frechen und ungesetzlichen Publi-
kation der Lauterer Kaufleute wegen Nichtannahme
der Kupferkreuzer, worin Viele nur ein demokra-
tisches Aufreizungsmittel erblicken wollten und
vielleicht nicht ganz mit Unrecht, zu gedenken; --
erinnere ich nur an jenen festlichen Einzug unter
Glockengeläute und Hurrahrufen, welchen von sei-
nen edlen Pfarrkindern bereitet, der würdige und
ganz unschuldige Pfarrer Müller in Heuchel-
heim nach mehr monatlicher Haft hielt, und wo-
für die Gemeinde ob ihrer Ueberzeugungstreue
mit Executionstruppen belohnt wurde; -- erinnere
ich an die erst in den Märztagen thatsächlich ver-
suchte Verführung einzelner Soldaten in Landau,
was Verhaftung und Ausweisung zur Folge hatte;
erinnere ich ferner an die tollkühne Gedächtniß-
feier des glorreichen Märzes, welche die Neu-
stadter Demokraten in der verhängnißvollen Gei-
sterstunde hielten; -- erinnere ich weiter an jene
[Spaltenumbruch] ruhigen und gesinnungstüchtigen Auftritte, welche
bei der jüngsten Anerkennungswahl Römmich's
stattfanden, wo die entschiedenen Demokraten, die
Anhänger der provisorischen Mairegierung, mit
solcher Macht und Erfolg für ihren Erzbruder
Umbscheiden agitirten, daß die Freunde der
Ordnung es für nöthig hielten, ein Flugblatt,
"Republik oder Monarchie" betitelt, unter die
Urwähler vertheilen zu lassen. Und die Wahl
selbst zeigte, daß ihre Partei keine ganz zu ver-
achtende war, denn sie zählten 75 gegen 135;
-- ich erinnere endlich an die vielen öffentlichen
und geheimen persönlichen Demonstrationen durch
Aufreizungen und Verhöhnung des Militäres,
durch Wirthshausschimpfen über Fürst und Mini-
sterien und über jede obrigkeitliche Verfügung, ja
heute wieder von Seiten königlicher Beamten, die
kaum noch der richterlichen Disciplinaruntersuchung
und Strafe entlaufen waren; durch öffentliche
Verspottung, ja Mißhandlung der Geistlichen und
braven Beamten, wie ich ein Beispiel aufführen
könnte, wo noch jüngst auf öffentlicher Straße u.
am hellen Tage einer unserer achtbarsten Geist-
lichen von einem gebildeten und gutgekleideten
Demokraten durch einen Bleikugelschlagriemen be-
betäubend auf den Köpf geschlagen wurde. Für-
wahr, alle diese Vorfälle sind Aeußerungen der
thatkräftigen und tollkühnen Demokratie, und nicht
unbewußte Handlungen eines berauschten Zustan-
des! -- Hat die oben geschilderte einheitlich - ge-
meinsame Thätigkeit als äußere Erscheinung der
innern Organisation objective Realität, sind die
eben erwähnten Vorfälle, die äußeren Zeichen des
innerlich wiederwachten Muthes und der vermein-
ten Kraft, wirklichen Thatsachen, -- und ich stehe als
Mann dafür ein --, nun so besteht heute that-
sächlich im Geheimen wieder jene gut organisirte
und fest gegliederte Körperfchaft, die in ihrer
Agitation nicht blos eine absolute Opposition ge-
gen die legitime Gewalt, sondern einen principiell-
systematischen Kampf gegen die ganze Ordnungs-
partei führt und nur durch den Kriegszustand da-
von abgehalten wird, ihren souveränen Terroris-
mus über das brave Landvolk im alten Style
auszuüben. Darum Dank und wieder Dank dem
bayerischen Ministerium; unerschrocken und muthig
hat es in dieser Frage seinen Kampf gekämpft,
nicht sowohl im Jnteresse seiner Persönlichkeit
und des Cabinets, als vielmehr im Jnteresse der
ganzen Ordnungspartei. War der ministerielle
Kampf daher ein Existenzkampf für die Pfälzer
Ordnungspartei, nun so ist der ministerielle Sieg
ein Ordnungssieg, über das absolut = destructive
Element. Möchten die Pfälzer Beamten die
Früchte benützen!!

Deutschland.

Aus der bayerischen Pfalz, 17. Mai. Wie
vor Kurzem nach Weitersweiler eines demokrati-
schen Krawalles wegen Execution geschickt werden
mußte, so ist auch am heutigen ein Detachement
von 60 Mann Jnfanterie in Großbockenheim we-
gen eines von hessischen Demokraten aufgeführten
Schauspieles eingerückt. Die etliche dreißig Haupt-
demokraten, die alldort an dieser Heckerei wieder
in der alten, lauten tumultuarischen Weise Theil
[Spaltenumbruch] zu nehmen wagten, werden das Glück haben,
ausschließlich diese Truppen zu verköstigen und die
Executionsgebühren denselben zu zahlen. Es scheint,
als ob nach der Ordre der französischen und pfäl-
zischen Centrlaclubbs diese Krawalle auf den Dör-
fern eben losgehen und dieselben nur so zur Pro-
be dienen sollen, damit die Hauptclubbs in den
Städten daraus abnehmen können, wie und was
zu machen sei. Was liegt auch den Wühlern
und Anstiftern in den Städten daran, eine Ge-
meinde unglücklich zu machen, wenn nur sie durch-
kommen. Jch dächte aber, die Gemeinden sollten
einmal genug gewitzigt sein, von den Volksverfüh-
rern und Lügenblättern sich nicht mehr gängeln zu
lassen.

   

Frankfurt, 13. Mai. Jn einem Bierhause
zu Sachsenhausen ( dem "Tannenbaum" ) ereignete
sich vorgestern ein Vorfall, der weiter bekannt zu
werden verdient. Es saßen da mehrere bayerische
Jäger und tranken ihren Schoppen, als ein Feld-
webel von dem hier liegenden 31. preuß. Regi-
mente hereintrat und erzählte: es habe ihm da
vor der Thüre ein alter Bekannter ein Schrift-
chen gegeben, in welchem sein Herr -- der König
von Preußen -- auf das Schmählichste beschimpft
und verspottet werde; damit legte er die Schrift
auf den Tisch und setzte sich zu der Gesellschaft.
Die Jäger bemerkten ihm, er hätte diesen Men-
schen verhaften und auf die nahe Wache führen
sollen, wogegen sich der Feldwebel aber entschul-
digte: es sei jener ein alter Bekannter, der mit
ihm früher in einem Regimente diente, darum
habe er Anstand genommen, ihn bei dem Kragen
zu fassen. Während der Hin= und Herreden er-
schien der alte Bekannte selbst in der Wirthsstube
und begann auch, den Jägern seine Waare anzu-
preisen; diese aber, kurz besonnen und ohne auf
die Einreden des Preußen zu achten, schickten nach
der Wache, um den Einen wie den Andern ver-
haften und abführen zu lassen. Die Wache kam,
der alte Bekannte wurde gefaßt, der Feldwebel
aber, welcher -- wie es schien -- selbst die Tasche
voll dergleichen Schriftchen hatte, fand Gelegen-
heit, sich bei Seite zu drücken und zu entrommen.
Tags darauf, d. h. gestern, erließ nun Major
Deetz ein Schreiben, worin er besagten Feldwebel
für sein kluges und pflichtgetreues Verfahren öf-
fentlich belobte; derselbe war nämlich nach der
Verhaftung seines Bekannten sofort auf die
Stadtkommandantschaft gelaufen, um einen Rap-
port abzustatten, in welchem der Vorfall gerade
umgekehrt dargestellt wurde. Mittlerweile begann
aber auch von bayerischer Seite eine Untersuchung,
die dahin führte, daß heute von dem Generalkom-
mando ein Belobungsschreiben an die betr. bayeri-
schen Jäger erlassen und angeordnet wurde, gegen
den Feldwebel weiter vorzufahren, um festzustellen,
ob und in wie weit er nicht selbst bei der Ver-
breitung solcher Schandschreiben betheiligt sei. Die
Geschichte macht unter der Besatzung großes Auf-
sehen; auch würde ich sie Jhnen nicht erzählen,
wenn es nicht zur Parteitactik gewisser Blätter
gehörte, die Treue der preuß. Soldatrn auf Ko-
sten anderer Bundestruppen bei jeder Gelegenheit
bis hoch in die Wolken zu erheben und Schluß-
folgerungen zu ziehen, die für die Ehre der letz-
tern keineswegs gleichgültig sein können.

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Dem Schullehrer Joh. Thee zu Greßthal
wurde ( seiner Bitte entsprechend ) die Schul= und
Kirchendienerstelle zu Kürnach, k. Ldgr. Würzburg
r/M., übertragen.

Der Landgerichtsdiener Joh. Jos. Hohmann
zu Hilders wurde in den Ruhestand versetzt, und
dessen Stelle dem vormaligen Patrimonialgerichts-
diener von Pommersfelden, Georg Löffelmann,
verliehen.



Die Demokratie in der bayerischen
Pfalz während des Kriegszustandes.

( Schluß. )

Gemeinsam und einheitlich war also der neu
organisirten demokratischen Partei die oben er-
wähnte Thätigkeit. Allen gemeinsam waren die
sogenannten Unterstützungscomite's mit ihrer De-
mokratensteuer, die Demokratenreligion mit ihren
Schulen und Bezirksbibliotheken, der Sängerver-
ein mit seinem Liederkranze; die demokratische
Wirthshausorganisation ( als höhere Erziehungs-
und Bildungsanstalt ) mit ihrem passiven Wider-
stande gegen jedes Mitglied der Ordnungspartei.
Wer aber diese einheitlich=gemeinsame Thätigkeit
erwägt, wer die neue Organisation des eben erst
verstümmelten pfälzischen Demokratenkörpers als
Thatsache anerkennt -- und welcher Gutgesinnte
hätte den Muth dieses zu verweigern? -- Dem
fürwahr, werden viele scheinbar ganz isolirt und
unschuldig dastehende Vorfälle als Das erscheinen,
was sie wirklich sind, als die vereinzelten Kraft-
und Lebensäußerungen einer heute noch bestehen-
den, kräftig und muthig blühenden Clubbherrschaft
als die isolirten Erschütterungen des im Verbor-
genen mächtig wüthenden Vulkanes der Revolution,
gewiß aber nie und nimmer als die unzurechnungs-
fähige Aeußerung „eines betrunkenen Handwerks-
burschen “, wie jüngst ein sonst gutgesinntes Kam-
mermitglied zu behaupten beliebte. -- Um von
diesen Vorfällen nur einige zu erwähnen, gar
nicht von den vielen öffentlichen Hecker - Demon-
strationen, die allsonntäglich in Masse vorfallen
und vor wenigen Tagen erst noch eine Polizei-
verordnung in Speyer hervorriefen, zu reden, --
gar nicht jener frechen und ungesetzlichen Publi-
kation der Lauterer Kaufleute wegen Nichtannahme
der Kupferkreuzer, worin Viele nur ein demokra-
tisches Aufreizungsmittel erblicken wollten und
vielleicht nicht ganz mit Unrecht, zu gedenken; --
erinnere ich nur an jenen festlichen Einzug unter
Glockengeläute und Hurrahrufen, welchen von sei-
nen edlen Pfarrkindern bereitet, der würdige und
ganz unschuldige Pfarrer Müller in Heuchel-
heim nach mehr monatlicher Haft hielt, und wo-
für die Gemeinde ob ihrer Ueberzeugungstreue
mit Executionstruppen belohnt wurde; -- erinnere
ich an die erst in den Märztagen thatsächlich ver-
suchte Verführung einzelner Soldaten in Landau,
was Verhaftung und Ausweisung zur Folge hatte;
erinnere ich ferner an die tollkühne Gedächtniß-
feier des glorreichen Märzes, welche die Neu-
stadter Demokraten in der verhängnißvollen Gei-
sterstunde hielten; -- erinnere ich weiter an jene
[Spaltenumbruch] ruhigen und gesinnungstüchtigen Auftritte, welche
bei der jüngsten Anerkennungswahl Römmich's
stattfanden, wo die entschiedenen Demokraten, die
Anhänger der provisorischen Mairegierung, mit
solcher Macht und Erfolg für ihren Erzbruder
Umbscheiden agitirten, daß die Freunde der
Ordnung es für nöthig hielten, ein Flugblatt,
„Republik oder Monarchie“ betitelt, unter die
Urwähler vertheilen zu lassen. Und die Wahl
selbst zeigte, daß ihre Partei keine ganz zu ver-
achtende war, denn sie zählten 75 gegen 135;
-- ich erinnere endlich an die vielen öffentlichen
und geheimen persönlichen Demonstrationen durch
Aufreizungen und Verhöhnung des Militäres,
durch Wirthshausschimpfen über Fürst und Mini-
sterien und über jede obrigkeitliche Verfügung, ja
heute wieder von Seiten königlicher Beamten, die
kaum noch der richterlichen Disciplinaruntersuchung
und Strafe entlaufen waren; durch öffentliche
Verspottung, ja Mißhandlung der Geistlichen und
braven Beamten, wie ich ein Beispiel aufführen
könnte, wo noch jüngst auf öffentlicher Straße u.
am hellen Tage einer unserer achtbarsten Geist-
lichen von einem gebildeten und gutgekleideten
Demokraten durch einen Bleikugelschlagriemen be-
betäubend auf den Köpf geschlagen wurde. Für-
wahr, alle diese Vorfälle sind Aeußerungen der
thatkräftigen und tollkühnen Demokratie, und nicht
unbewußte Handlungen eines berauschten Zustan-
des! -- Hat die oben geschilderte einheitlich - ge-
meinsame Thätigkeit als äußere Erscheinung der
innern Organisation objective Realität, sind die
eben erwähnten Vorfälle, die äußeren Zeichen des
innerlich wiederwachten Muthes und der vermein-
ten Kraft, wirklichen Thatsachen, -- und ich stehe als
Mann dafür ein --, nun so besteht heute that-
sächlich im Geheimen wieder jene gut organisirte
und fest gegliederte Körperfchaft, die in ihrer
Agitation nicht blos eine absolute Opposition ge-
gen die legitime Gewalt, sondern einen principiell-
systematischen Kampf gegen die ganze Ordnungs-
partei führt und nur durch den Kriegszustand da-
von abgehalten wird, ihren souveränen Terroris-
mus über das brave Landvolk im alten Style
auszuüben. Darum Dank und wieder Dank dem
bayerischen Ministerium; unerschrocken und muthig
hat es in dieser Frage seinen Kampf gekämpft,
nicht sowohl im Jnteresse seiner Persönlichkeit
und des Cabinets, als vielmehr im Jnteresse der
ganzen Ordnungspartei. War der ministerielle
Kampf daher ein Existenzkampf für die Pfälzer
Ordnungspartei, nun so ist der ministerielle Sieg
ein Ordnungssieg, über das absolut = destructive
Element. Möchten die Pfälzer Beamten die
Früchte benützen!!

Deutschland.

Aus der bayerischen Pfalz, 17. Mai. Wie
vor Kurzem nach Weitersweiler eines demokrati-
schen Krawalles wegen Execution geschickt werden
mußte, so ist auch am heutigen ein Detachement
von 60 Mann Jnfanterie in Großbockenheim we-
gen eines von hessischen Demokraten aufgeführten
Schauspieles eingerückt. Die etliche dreißig Haupt-
demokraten, die alldort an dieser Heckerei wieder
in der alten, lauten tumultuarischen Weise Theil
[Spaltenumbruch] zu nehmen wagten, werden das Glück haben,
ausschließlich diese Truppen zu verköstigen und die
Executionsgebühren denselben zu zahlen. Es scheint,
als ob nach der Ordre der französischen und pfäl-
zischen Centrlaclubbs diese Krawalle auf den Dör-
fern eben losgehen und dieselben nur so zur Pro-
be dienen sollen, damit die Hauptclubbs in den
Städten daraus abnehmen können, wie und was
zu machen sei. Was liegt auch den Wühlern
und Anstiftern in den Städten daran, eine Ge-
meinde unglücklich zu machen, wenn nur sie durch-
kommen. Jch dächte aber, die Gemeinden sollten
einmal genug gewitzigt sein, von den Volksverfüh-
rern und Lügenblättern sich nicht mehr gängeln zu
lassen.

   

Frankfurt, 13. Mai. Jn einem Bierhause
zu Sachsenhausen ( dem „Tannenbaum“ ) ereignete
sich vorgestern ein Vorfall, der weiter bekannt zu
werden verdient. Es saßen da mehrere bayerische
Jäger und tranken ihren Schoppen, als ein Feld-
webel von dem hier liegenden 31. preuß. Regi-
mente hereintrat und erzählte: es habe ihm da
vor der Thüre ein alter Bekannter ein Schrift-
chen gegeben, in welchem sein Herr -- der König
von Preußen -- auf das Schmählichste beschimpft
und verspottet werde; damit legte er die Schrift
auf den Tisch und setzte sich zu der Gesellschaft.
Die Jäger bemerkten ihm, er hätte diesen Men-
schen verhaften und auf die nahe Wache führen
sollen, wogegen sich der Feldwebel aber entschul-
digte: es sei jener ein alter Bekannter, der mit
ihm früher in einem Regimente diente, darum
habe er Anstand genommen, ihn bei dem Kragen
zu fassen. Während der Hin= und Herreden er-
schien der alte Bekannte selbst in der Wirthsstube
und begann auch, den Jägern seine Waare anzu-
preisen; diese aber, kurz besonnen und ohne auf
die Einreden des Preußen zu achten, schickten nach
der Wache, um den Einen wie den Andern ver-
haften und abführen zu lassen. Die Wache kam,
der alte Bekannte wurde gefaßt, der Feldwebel
aber, welcher -- wie es schien -- selbst die Tasche
voll dergleichen Schriftchen hatte, fand Gelegen-
heit, sich bei Seite zu drücken und zu entrommen.
Tags darauf, d. h. gestern, erließ nun Major
Deetz ein Schreiben, worin er besagten Feldwebel
für sein kluges und pflichtgetreues Verfahren öf-
fentlich belobte; derselbe war nämlich nach der
Verhaftung seines Bekannten sofort auf die
Stadtkommandantschaft gelaufen, um einen Rap-
port abzustatten, in welchem der Vorfall gerade
umgekehrt dargestellt wurde. Mittlerweile begann
aber auch von bayerischer Seite eine Untersuchung,
die dahin führte, daß heute von dem Generalkom-
mando ein Belobungsschreiben an die betr. bayeri-
schen Jäger erlassen und angeordnet wurde, gegen
den Feldwebel weiter vorzufahren, um festzustellen,
ob und in wie weit er nicht selbst bei der Ver-
breitung solcher Schandschreiben betheiligt sei. Die
Geschichte macht unter der Besatzung großes Auf-
sehen; auch würde ich sie Jhnen nicht erzählen,
wenn es nicht zur Parteitactik gewisser Blätter
gehörte, die Treue der preuß. Soldatrn auf Ko-
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folgerungen zu ziehen, die für die Ehre der letz-
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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Erpedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 121. Würzburg, Dinstag den 21. Mai. 1850. Amtliche Nachrichten. Dem Schullehrer Joh. Thee zu Greßthal wurde ( seiner Bitte entsprechend ) die Schul= und Kirchendienerstelle zu Kürnach, k. Ldgr. Würzburg r/M., übertragen. Der Landgerichtsdiener Joh. Jos. Hohmann zu Hilders wurde in den Ruhestand versetzt, und dessen Stelle dem vormaligen Patrimonialgerichts- diener von Pommersfelden, Georg Löffelmann, verliehen. Die Demokratie in der bayerischen Pfalz während des Kriegszustandes. ( Schluß. ) Gemeinsam und einheitlich war also der neu organisirten demokratischen Partei die oben er- wähnte Thätigkeit. Allen gemeinsam waren die sogenannten Unterstützungscomite's mit ihrer De- mokratensteuer, die Demokratenreligion mit ihren Schulen und Bezirksbibliotheken, der Sängerver- ein mit seinem Liederkranze; die demokratische Wirthshausorganisation ( als höhere Erziehungs- und Bildungsanstalt ) mit ihrem passiven Wider- stande gegen jedes Mitglied der Ordnungspartei. Wer aber diese einheitlich=gemeinsame Thätigkeit erwägt, wer die neue Organisation des eben erst verstümmelten pfälzischen Demokratenkörpers als Thatsache anerkennt -- und welcher Gutgesinnte hätte den Muth dieses zu verweigern? -- Dem fürwahr, werden viele scheinbar ganz isolirt und unschuldig dastehende Vorfälle als Das erscheinen, was sie wirklich sind, als die vereinzelten Kraft- und Lebensäußerungen einer heute noch bestehen- den, kräftig und muthig blühenden Clubbherrschaft als die isolirten Erschütterungen des im Verbor- genen mächtig wüthenden Vulkanes der Revolution, gewiß aber nie und nimmer als die unzurechnungs- fähige Aeußerung „eines betrunkenen Handwerks- burschen “, wie jüngst ein sonst gutgesinntes Kam- mermitglied zu behaupten beliebte. -- Um von diesen Vorfällen nur einige zu erwähnen, gar nicht von den vielen öffentlichen Hecker - Demon- strationen, die allsonntäglich in Masse vorfallen und vor wenigen Tagen erst noch eine Polizei- verordnung in Speyer hervorriefen, zu reden, -- gar nicht jener frechen und ungesetzlichen Publi- kation der Lauterer Kaufleute wegen Nichtannahme der Kupferkreuzer, worin Viele nur ein demokra- tisches Aufreizungsmittel erblicken wollten und vielleicht nicht ganz mit Unrecht, zu gedenken; -- erinnere ich nur an jenen festlichen Einzug unter Glockengeläute und Hurrahrufen, welchen von sei- nen edlen Pfarrkindern bereitet, der würdige und ganz unschuldige Pfarrer Müller in Heuchel- heim nach mehr monatlicher Haft hielt, und wo- für die Gemeinde ob ihrer Ueberzeugungstreue mit Executionstruppen belohnt wurde; -- erinnere ich an die erst in den Märztagen thatsächlich ver- suchte Verführung einzelner Soldaten in Landau, was Verhaftung und Ausweisung zur Folge hatte; erinnere ich ferner an die tollkühne Gedächtniß- feier des glorreichen Märzes, welche die Neu- stadter Demokraten in der verhängnißvollen Gei- sterstunde hielten; -- erinnere ich weiter an jene ruhigen und gesinnungstüchtigen Auftritte, welche bei der jüngsten Anerkennungswahl Römmich's stattfanden, wo die entschiedenen Demokraten, die Anhänger der provisorischen Mairegierung, mit solcher Macht und Erfolg für ihren Erzbruder Umbscheiden agitirten, daß die Freunde der Ordnung es für nöthig hielten, ein Flugblatt, „Republik oder Monarchie“ betitelt, unter die Urwähler vertheilen zu lassen. Und die Wahl selbst zeigte, daß ihre Partei keine ganz zu ver- achtende war, denn sie zählten 75 gegen 135; -- ich erinnere endlich an die vielen öffentlichen und geheimen persönlichen Demonstrationen durch Aufreizungen und Verhöhnung des Militäres, durch Wirthshausschimpfen über Fürst und Mini- sterien und über jede obrigkeitliche Verfügung, ja heute wieder von Seiten königlicher Beamten, die kaum noch der richterlichen Disciplinaruntersuchung und Strafe entlaufen waren; durch öffentliche Verspottung, ja Mißhandlung der Geistlichen und braven Beamten, wie ich ein Beispiel aufführen könnte, wo noch jüngst auf öffentlicher Straße u. am hellen Tage einer unserer achtbarsten Geist- lichen von einem gebildeten und gutgekleideten Demokraten durch einen Bleikugelschlagriemen be- betäubend auf den Köpf geschlagen wurde. Für- wahr, alle diese Vorfälle sind Aeußerungen der thatkräftigen und tollkühnen Demokratie, und nicht unbewußte Handlungen eines berauschten Zustan- des! -- Hat die oben geschilderte einheitlich - ge- meinsame Thätigkeit als äußere Erscheinung der innern Organisation objective Realität, sind die eben erwähnten Vorfälle, die äußeren Zeichen des innerlich wiederwachten Muthes und der vermein- ten Kraft, wirklichen Thatsachen, -- und ich stehe als Mann dafür ein --, nun so besteht heute that- sächlich im Geheimen wieder jene gut organisirte und fest gegliederte Körperfchaft, die in ihrer Agitation nicht blos eine absolute Opposition ge- gen die legitime Gewalt, sondern einen principiell- systematischen Kampf gegen die ganze Ordnungs- partei führt und nur durch den Kriegszustand da- von abgehalten wird, ihren souveränen Terroris- mus über das brave Landvolk im alten Style auszuüben. Darum Dank und wieder Dank dem bayerischen Ministerium; unerschrocken und muthig hat es in dieser Frage seinen Kampf gekämpft, nicht sowohl im Jnteresse seiner Persönlichkeit und des Cabinets, als vielmehr im Jnteresse der ganzen Ordnungspartei. War der ministerielle Kampf daher ein Existenzkampf für die Pfälzer Ordnungspartei, nun so ist der ministerielle Sieg ein Ordnungssieg, über das absolut = destructive Element. Möchten die Pfälzer Beamten die Früchte benützen!! Deutschland. Aus der bayerischen Pfalz, 17. Mai. Wie vor Kurzem nach Weitersweiler eines demokrati- schen Krawalles wegen Execution geschickt werden mußte, so ist auch am heutigen ein Detachement von 60 Mann Jnfanterie in Großbockenheim we- gen eines von hessischen Demokraten aufgeführten Schauspieles eingerückt. Die etliche dreißig Haupt- demokraten, die alldort an dieser Heckerei wieder in der alten, lauten tumultuarischen Weise Theil zu nehmen wagten, werden das Glück haben, ausschließlich diese Truppen zu verköstigen und die Executionsgebühren denselben zu zahlen. Es scheint, als ob nach der Ordre der französischen und pfäl- zischen Centrlaclubbs diese Krawalle auf den Dör- fern eben losgehen und dieselben nur so zur Pro- be dienen sollen, damit die Hauptclubbs in den Städten daraus abnehmen können, wie und was zu machen sei. Was liegt auch den Wühlern und Anstiftern in den Städten daran, eine Ge- meinde unglücklich zu machen, wenn nur sie durch- kommen. Jch dächte aber, die Gemeinden sollten einmal genug gewitzigt sein, von den Volksverfüh- rern und Lügenblättern sich nicht mehr gängeln zu lassen. ( M. J. ) Frankfurt, 13. Mai. Jn einem Bierhause zu Sachsenhausen ( dem „Tannenbaum“ ) ereignete sich vorgestern ein Vorfall, der weiter bekannt zu werden verdient. Es saßen da mehrere bayerische Jäger und tranken ihren Schoppen, als ein Feld- webel von dem hier liegenden 31. preuß. Regi- mente hereintrat und erzählte: es habe ihm da vor der Thüre ein alter Bekannter ein Schrift- chen gegeben, in welchem sein Herr -- der König von Preußen -- auf das Schmählichste beschimpft und verspottet werde; damit legte er die Schrift auf den Tisch und setzte sich zu der Gesellschaft. Die Jäger bemerkten ihm, er hätte diesen Men- schen verhaften und auf die nahe Wache führen sollen, wogegen sich der Feldwebel aber entschul- digte: es sei jener ein alter Bekannter, der mit ihm früher in einem Regimente diente, darum habe er Anstand genommen, ihn bei dem Kragen zu fassen. Während der Hin= und Herreden er- schien der alte Bekannte selbst in der Wirthsstube und begann auch, den Jägern seine Waare anzu- preisen; diese aber, kurz besonnen und ohne auf die Einreden des Preußen zu achten, schickten nach der Wache, um den Einen wie den Andern ver- haften und abführen zu lassen. Die Wache kam, der alte Bekannte wurde gefaßt, der Feldwebel aber, welcher -- wie es schien -- selbst die Tasche voll dergleichen Schriftchen hatte, fand Gelegen- heit, sich bei Seite zu drücken und zu entrommen. Tags darauf, d. h. gestern, erließ nun Major Deetz ein Schreiben, worin er besagten Feldwebel für sein kluges und pflichtgetreues Verfahren öf- fentlich belobte; derselbe war nämlich nach der Verhaftung seines Bekannten sofort auf die Stadtkommandantschaft gelaufen, um einen Rap- port abzustatten, in welchem der Vorfall gerade umgekehrt dargestellt wurde. Mittlerweile begann aber auch von bayerischer Seite eine Untersuchung, die dahin führte, daß heute von dem Generalkom- mando ein Belobungsschreiben an die betr. bayeri- schen Jäger erlassen und angeordnet wurde, gegen den Feldwebel weiter vorzufahren, um festzustellen, ob und in wie weit er nicht selbst bei der Ver- breitung solcher Schandschreiben betheiligt sei. Die Geschichte macht unter der Besatzung großes Auf- sehen; auch würde ich sie Jhnen nicht erzählen, wenn es nicht zur Parteitactik gewisser Blätter gehörte, die Treue der preuß. Soldatrn auf Ko- sten anderer Bundestruppen bei jeder Gelegenheit bis hoch in die Wolken zu erheben und Schluß- folgerungen zu ziehen, die für die Ehre der letz- tern keineswegs gleichgültig sein können.

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 121. Würzburg, 21. Mai 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische121_1850/1>, abgerufen am 29.03.2024.