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Die Bayerische Presse. Nr. 198. Würzburg, 19. August 1850.

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Die Bayerische Presse.

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Eine constitutionell-monarchische Zeitung.

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Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr.
Nr. 533.

Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe-
titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe
und Gelder frei.

[Ende Spaltensatz]

Nr. 198.
Würzburg, Montag den 19. August. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 18. August. Se. Maj. der König
haben Sich unterm 10. d. M. allergnädigst be-
wogen gefunden, den Bezirksingenieur zu Schwein-
furt, Joseph Leimbach, seiner gestellten Bitte ent-
sprechend, wegen nachgewiesener temporärer Funk-
tionsunfähigkeit im Hinblicke auf §. 22 lit. D
der IX. Verf.=Beil. vorläusig auf die Dauer ei-
nes Jahres in den Ruhestand zu versetzen und
auf die dadurch frei werdende Bezirksingenieurs-
stelle in Schweinfurt den Civilbauinspektor Karl
Vogel in Ansbach, seinem Gesuche willfahrend, zu
versetzen.



Die Parteien.

Zwei Parteien stehen in der Gegenwart in
klarer Entschiedenheit einander gegenüber: die con-
servative und die revolutionäre Partei. Es sind
dieselben nicht etwa blos durch ihre politischen An-
sichten, sondern durch ihre ganze religiöse, sociale,
wie politische Lebensanschauung einander principiell
entgegengesetzt. Die Conservativen bejahen und
bekennen unbedingt und allseitig das positive Chri-
stenthum als die Grundlage aller innern Gesin-
nung, und das positive Recht als die Grundlage
des äußern Lebens und seiner Gestaltungen. Die
Radikalen bekennenden so entschieden die Zerstö-
rung des positiven Christenthums und die Zerstö-
rung des positiven Rechts als Ziel ihres Stre-
bens. Dieser Kampf wäre sicher eher entschieden
und die Partei der Verneinung und der Zerstö-
rung von der Partei der Bejahung und des Auf-
baues glorreich überwunden; weit eher würde das
Volk mit Abscheu von der Umsturtzpartei, die sein
ewiges und zeitliches Glück mit Tod bedroht, sich
wegwenden und in der conservativen Partei die
Trägerin seiner eigenen heiligsten Jnteressen und
tiefsten Sympathien erkennen, -- wenn jene un-
glückselige Mittelpartei, die mit dem Namen " li-
beral " sich brüstet und deren Zahl Legion ist,
nicht immer wieder mit Erfolg bemüht wäre, al-
les freie und kräftige conservative Handeln zu
hemmen und zu lähmen und allen Angriffen so-
wohl, als versteckten Rückzügen der Umsturtzpar-
tei Deckmantel und Vorschub zu leisten. Heute
scheiden nicht die Stände, sondern die Parteien
die Menschen. Es gibt conservative Staatsmän-
ner und revolutionäre Staatsmänner; conservative
Geistliche und revolutionäre Geistliche; conserva-
tive Adelige und revolutionäre Adelige; conser-
vative Bürger und Bauern und revolutionäre
Bürger und Bauern; conservative Reiche und
revolutionäre Reiche; conservative Armen und re-
volutionäre Armen; conservative Gelehrten und
Lehrer, vielleicht selbst conservative Fürsten u. re-
volutionäre Fürsten, -- es ist kein Standesunter-
schied so stark, daß nicht alle Genossen Einer Par-
tei, wessen Standes sie seien, in unzertrennlicher
Solidarität verbunden wären; daher auch in un-
serer Zeit nichts Lügenhafteres zu finden, als den
wesentlichen Unterschied der Parteien unter Na-
men, die von Standesunterschieden und Standes-
Jnteressen hergenommen sind, zu verdecken. Zwi-
schen diesen beiden Parteien in der Mitte nun
verbreitet sich, wie gesagt, die sog. liberale Mit-
[Spaltenumbruch] telpartei durch alle Stufen der Gesellschaft, ganz
besonders zahlreich aber in den sog. gebildeten
Ständen. Dem vor dem Jahre 1848 domini-
renden Einfluß dieser sog. liberalen Partei ist es
zuzuschreiben, daß die Revolution im Stande war,
uns an den Rand des Abgrundes zu bringen;
würde es ihr jetzt gelingen, nachdem wir kaum
gerettet sind, noch einmal das Regiment sich zu-
zueignen oder auch nur einen bestimmenden Ein-
fluß zu üben, um nach ihrem Sinne die Verhält-
nisse zu ordnen, -- wir wären bald wieder zum
Abgrunde zurückgekehrt, um diesmal rettungslos
in denselben zu versinken. Dann würde die März-
revolution für Deutschland gewesen sein, was für
Frankreich die Julirevolution war, die constitu-
tionelle Monarchie aber auf breiter demokratischer
Grundlage, und anstatt auf den alten Gott und
das alte Recht, auf das neue Zeitbewußtsein und
den Buchstaben einer Constitution modernsten Fa-
brikats gegründet, würde ihr Dasein bei Weitem
nicht so lange fristen, als das Bürgerkönigthum
Louis Philipp's von der Juli= bis zur Februar-
revolution sich gefristet hat. Aber nicht blos die
Zukunft der Staaten, sondern die Rettung der
ganzen menschlichen Gesellschaft hängt davon ab,
daß dieser falsche Liberalismus schwinde. Denn
so lange er waltet, ist an eine großartige Rege-
neration im Leben der Völker nicht zu denken,
weil er die Principien einer solchen Regeneration,
wie die Mittel, welche dazu führen, gänzlich
mißkennt, ja denselben geradezu entgegenwirkt.
-- Die Liberalen sind in den Prinzipien, obwohl
sie in ihrer rationalistischen Oberflächlichkeit von
einer tiefen und klaren Erkenntniß derselben weit
entfernt zu sein pflegen, mit den entschiedenen Re-
volutionären einig; nur wollen sie nicht unbedingt
die Consequenzen. dieser Prinzipien. Gegen die
ächten Conservativen dagegen und ihre Prinzipien,
bezüglich welcher sie meist die abentheuerlichsten
Vorurtheile hegen, haben sie eine recht bittere
Abneigung, nur möchten sie die Consequenzen,
welche allein in jenen conservativen Prinzipien
ihren festen und natürlichen Grund haben, zum
Theile, und so weit es ihnen nützlich scheint, fest-
halten. Wir haben oben ganz kurz und concret
gesagt, daß die Anhänger des positiven Christen-
thumes und des positiven Rechtes allein den Na-
men conservativ verdienen, und daß die Feindschaft
gegen beide das Wesen des entschiedenen Revo-
lutionärs ausmache. Wie halten es nun die Li-
beralen mit dem positiven Christenthume und mit
dem positiven Rechte? -- Der Wahlspruch der
entschiedenen Revolutionäre ist: Nieder mit dem
Christenthume! vor Allem muß die Welt, muß
das Volk entchristlicht werden! -- Stimmen die
falschen Liberalen dem Rufe bei? -- Nein, das
ist zu arg; das geht zu weit! das ist zu gefähr-
lich! -- Wollen aber etwa diese Liberalen das
positive Christenthum? -- Nein, das wollen sie
nicht, sie wollen es noch weniger als den Atheis-
mus. Den Atheismus mißbilligen sie, die Athei-
sten gehen in ihren Augen zu weit! -- obwohl
sie viel zu tolerant und aufgeklärt sind, um eine
Philosophie, die den Atheismus oder Pantheismus
lehrt, von ganzer Seele zu verabscheuen! -- Da-
gegen bringt dieselbe Aufklärung, welche sie gegen
den Atheismus so tolerant macht, sie dazu, einen
[Spaltenumbruch] an Haß streifenden Widerwillen gegen das posi-
tive Christenthum und seine entschiedenen Anhän-
ger zu hegen. Sie lassen wohl den Namen Chri-
stenthum sich gefallen, die Sache aber kennen und
wollen sie nicht. Sie wollen ein Scheinchristen-
thum ohne Autorität, ohne Glauben, ohne Kirche;
-- sie wollen die Prinzipien der ungläubigen Phi-
losophie und einige für den moralischen Haus-
und den praktischen Staatsbedarf nützliche Conse-
quenzen des Christenthumes. Wenn sie je durch
Amt oder Umstände in die Lage kommen Christ-
liches zu schützen, so thuen sie es nur halb, mit
Widerstreben und nicht ohne die beweglichsten Ent-
schuldigungen und die Versicherung ihrer Freisin-
nigkeit, wenn es aber gegen die Ultramontanen
oder Pietisten, gegen Jesuiten oder Mucker und
wie sonst noch die Namen heißen, womit die ge-
bildete Gaunersprache der modernen Welt die po-
sitiven Christen dem öffentlichen Hasse zu bezeich-
nen pflegt, losgeht, dann sind sie dabei mit gan-
zer Seele und sie kennen keine Rücksichten mehr.
Daß unter so bewandten Umständen die sogenann-
ten Liberalen, wenn auch die rothe Republik ih-
nen in schwachen Stunden religiöse Anwandlungen
beibrachte, der Revolution in religiöser Beziehung
rastlos in die Hände arbeiten und arbeiten wer-
den, versteht sich von selbst. Ja es bildet diese
pseudoliberale Mittelpartei sogar zu Gunsten der
Revolution auf kirchlichem sowohl als politischem
Gebiete eine unentbehrliche Uebergangsstufe, um
die Mehrzahl der Menschen, die vor dem Atheis-
mus und der socialistischen Republik, als den
letzten Consequenzen, zurückschaudern, von entschie-
den conservativen Bestrebungen abzuhalten und in
unmerklichem Fortschritte immer weiter und weiter
links zu führen. -- Was nun ist bei so bewand-
ten Umständen erst von diesen Liberalen für eine
sittlich=religiöse Regeneration des Volkes zu er-
warten, wozu doch unsere Rettung abhängt, wie
man jetzt selbst zu seinem Verwundern vielfach
aus folchem Munde hören kann, der vor ein Paar
Jahren noch von Spott überfloß? -- Nicht der
Staat kann diese Regeneration bewirken, nur die
Religion und Kirche, nur das christliche Volk selbst
kann es, wenn der Staat der Kirche und dem
religiösen Volksleben die Freiheit gestattet und
schützt. Aber die Liberalen? Sie haben im Durch-
schnitt keine Ahnung von kirchlicher Freiheit, ihr
Jdeal ist eine anständige Knechtschaft für die
Kirche, wie sich dieses wieder so recht augenfällig
in ihrem Gebahren bei Gelegenheit jener großen
That des Kaisers von Oesterreich gezeigt hat,
wodurch er der Kirche die ihr gebührende Freiheit
zurückgab. Daß das Schul= und Erziehungswe-
sen im großen Ganzen dem revolutionären Geiste
verfallen, hat die neueste Geschichte documentirt.
Wer aber hat der Schule diesen Geist eingepflanzt?
Das Regiment des falschen Liberalismus, das
durch alle Mittel einer bis aufs Höchste hinauf-
geschraubten Staatsomnipotenz die Schule ent-
christlicht und von der Universität bis herab zur
Volksschule die meisten und wichtigsten Stellen
mit Adepten des unchristlichen Zeitgeistes zu be-
setzen wußte. Würde der falsche Liberalismus im
Wesentlichen seine Herrschaft behaupten, so ist es
natürlich um die Schule und die folgende Gene-
ration geschehen. -- Gerade aber wie zum vosi-

Die Bayerische Presse.

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Würzburg, Montag den 19. August. 1850.


[Beginn Spaltensatz]
Amtliche Nachrichten.

München, 18. August. Se. Maj. der König
haben Sich unterm 10. d. M. allergnädigst be-
wogen gefunden, den Bezirksingenieur zu Schwein-
furt, Joseph Leimbach, seiner gestellten Bitte ent-
sprechend, wegen nachgewiesener temporärer Funk-
tionsunfähigkeit im Hinblicke auf §. 22 lit. D
der IX. Verf.=Beil. vorläusig auf die Dauer ei-
nes Jahres in den Ruhestand zu versetzen und
auf die dadurch frei werdende Bezirksingenieurs-
stelle in Schweinfurt den Civilbauinspektor Karl
Vogel in Ansbach, seinem Gesuche willfahrend, zu
versetzen.



Die Parteien.

Zwei Parteien stehen in der Gegenwart in
klarer Entschiedenheit einander gegenüber: die con-
servative und die revolutionäre Partei. Es sind
dieselben nicht etwa blos durch ihre politischen An-
sichten, sondern durch ihre ganze religiöse, sociale,
wie politische Lebensanschauung einander principiell
entgegengesetzt. Die Conservativen bejahen und
bekennen unbedingt und allseitig das positive Chri-
stenthum als die Grundlage aller innern Gesin-
nung, und das positive Recht als die Grundlage
des äußern Lebens und seiner Gestaltungen. Die
Radikalen bekennenden so entschieden die Zerstö-
rung des positiven Christenthums und die Zerstö-
rung des positiven Rechts als Ziel ihres Stre-
bens. Dieser Kampf wäre sicher eher entschieden
und die Partei der Verneinung und der Zerstö-
rung von der Partei der Bejahung und des Auf-
baues glorreich überwunden; weit eher würde das
Volk mit Abscheu von der Umsturtzpartei, die sein
ewiges und zeitliches Glück mit Tod bedroht, sich
wegwenden und in der conservativen Partei die
Trägerin seiner eigenen heiligsten Jnteressen und
tiefsten Sympathien erkennen, -- wenn jene un-
glückselige Mittelpartei, die mit dem Namen „ li-
beral “ sich brüstet und deren Zahl Legion ist,
nicht immer wieder mit Erfolg bemüht wäre, al-
les freie und kräftige conservative Handeln zu
hemmen und zu lähmen und allen Angriffen so-
wohl, als versteckten Rückzügen der Umsturtzpar-
tei Deckmantel und Vorschub zu leisten. Heute
scheiden nicht die Stände, sondern die Parteien
die Menschen. Es gibt conservative Staatsmän-
ner und revolutionäre Staatsmänner; conservative
Geistliche und revolutionäre Geistliche; conserva-
tive Adelige und revolutionäre Adelige; conser-
vative Bürger und Bauern und revolutionäre
Bürger und Bauern; conservative Reiche und
revolutionäre Reiche; conservative Armen und re-
volutionäre Armen; conservative Gelehrten und
Lehrer, vielleicht selbst conservative Fürsten u. re-
volutionäre Fürsten, -- es ist kein Standesunter-
schied so stark, daß nicht alle Genossen Einer Par-
tei, wessen Standes sie seien, in unzertrennlicher
Solidarität verbunden wären; daher auch in un-
serer Zeit nichts Lügenhafteres zu finden, als den
wesentlichen Unterschied der Parteien unter Na-
men, die von Standesunterschieden und Standes-
Jnteressen hergenommen sind, zu verdecken. Zwi-
schen diesen beiden Parteien in der Mitte nun
verbreitet sich, wie gesagt, die sog. liberale Mit-
[Spaltenumbruch] telpartei durch alle Stufen der Gesellschaft, ganz
besonders zahlreich aber in den sog. gebildeten
Ständen. Dem vor dem Jahre 1848 domini-
renden Einfluß dieser sog. liberalen Partei ist es
zuzuschreiben, daß die Revolution im Stande war,
uns an den Rand des Abgrundes zu bringen;
würde es ihr jetzt gelingen, nachdem wir kaum
gerettet sind, noch einmal das Regiment sich zu-
zueignen oder auch nur einen bestimmenden Ein-
fluß zu üben, um nach ihrem Sinne die Verhält-
nisse zu ordnen, -- wir wären bald wieder zum
Abgrunde zurückgekehrt, um diesmal rettungslos
in denselben zu versinken. Dann würde die März-
revolution für Deutschland gewesen sein, was für
Frankreich die Julirevolution war, die constitu-
tionelle Monarchie aber auf breiter demokratischer
Grundlage, und anstatt auf den alten Gott und
das alte Recht, auf das neue Zeitbewußtsein und
den Buchstaben einer Constitution modernsten Fa-
brikats gegründet, würde ihr Dasein bei Weitem
nicht so lange fristen, als das Bürgerkönigthum
Louis Philipp's von der Juli= bis zur Februar-
revolution sich gefristet hat. Aber nicht blos die
Zukunft der Staaten, sondern die Rettung der
ganzen menschlichen Gesellschaft hängt davon ab,
daß dieser falsche Liberalismus schwinde. Denn
so lange er waltet, ist an eine großartige Rege-
neration im Leben der Völker nicht zu denken,
weil er die Principien einer solchen Regeneration,
wie die Mittel, welche dazu führen, gänzlich
mißkennt, ja denselben geradezu entgegenwirkt.
-- Die Liberalen sind in den Prinzipien, obwohl
sie in ihrer rationalistischen Oberflächlichkeit von
einer tiefen und klaren Erkenntniß derselben weit
entfernt zu sein pflegen, mit den entschiedenen Re-
volutionären einig; nur wollen sie nicht unbedingt
die Consequenzen. dieser Prinzipien. Gegen die
ächten Conservativen dagegen und ihre Prinzipien,
bezüglich welcher sie meist die abentheuerlichsten
Vorurtheile hegen, haben sie eine recht bittere
Abneigung, nur möchten sie die Consequenzen,
welche allein in jenen conservativen Prinzipien
ihren festen und natürlichen Grund haben, zum
Theile, und so weit es ihnen nützlich scheint, fest-
halten. Wir haben oben ganz kurz und concret
gesagt, daß die Anhänger des positiven Christen-
thumes und des positiven Rechtes allein den Na-
men conservativ verdienen, und daß die Feindschaft
gegen beide das Wesen des entschiedenen Revo-
lutionärs ausmache. Wie halten es nun die Li-
beralen mit dem positiven Christenthume und mit
dem positiven Rechte? -- Der Wahlspruch der
entschiedenen Revolutionäre ist: Nieder mit dem
Christenthume! vor Allem muß die Welt, muß
das Volk entchristlicht werden! -- Stimmen die
falschen Liberalen dem Rufe bei? -- Nein, das
ist zu arg; das geht zu weit! das ist zu gefähr-
lich! -- Wollen aber etwa diese Liberalen das
positive Christenthum? -- Nein, das wollen sie
nicht, sie wollen es noch weniger als den Atheis-
mus. Den Atheismus mißbilligen sie, die Athei-
sten gehen in ihren Augen zu weit! -- obwohl
sie viel zu tolerant und aufgeklärt sind, um eine
Philosophie, die den Atheismus oder Pantheismus
lehrt, von ganzer Seele zu verabscheuen! -- Da-
gegen bringt dieselbe Aufklärung, welche sie gegen
den Atheismus so tolerant macht, sie dazu, einen
[Spaltenumbruch] an Haß streifenden Widerwillen gegen das posi-
tive Christenthum und seine entschiedenen Anhän-
ger zu hegen. Sie lassen wohl den Namen Chri-
stenthum sich gefallen, die Sache aber kennen und
wollen sie nicht. Sie wollen ein Scheinchristen-
thum ohne Autorität, ohne Glauben, ohne Kirche;
-- sie wollen die Prinzipien der ungläubigen Phi-
losophie und einige für den moralischen Haus-
und den praktischen Staatsbedarf nützliche Conse-
quenzen des Christenthumes. Wenn sie je durch
Amt oder Umstände in die Lage kommen Christ-
liches zu schützen, so thuen sie es nur halb, mit
Widerstreben und nicht ohne die beweglichsten Ent-
schuldigungen und die Versicherung ihrer Freisin-
nigkeit, wenn es aber gegen die Ultramontanen
oder Pietisten, gegen Jesuiten oder Mucker und
wie sonst noch die Namen heißen, womit die ge-
bildete Gaunersprache der modernen Welt die po-
sitiven Christen dem öffentlichen Hasse zu bezeich-
nen pflegt, losgeht, dann sind sie dabei mit gan-
zer Seele und sie kennen keine Rücksichten mehr.
Daß unter so bewandten Umständen die sogenann-
ten Liberalen, wenn auch die rothe Republik ih-
nen in schwachen Stunden religiöse Anwandlungen
beibrachte, der Revolution in religiöser Beziehung
rastlos in die Hände arbeiten und arbeiten wer-
den, versteht sich von selbst. Ja es bildet diese
pseudoliberale Mittelpartei sogar zu Gunsten der
Revolution auf kirchlichem sowohl als politischem
Gebiete eine unentbehrliche Uebergangsstufe, um
die Mehrzahl der Menschen, die vor dem Atheis-
mus und der socialistischen Republik, als den
letzten Consequenzen, zurückschaudern, von entschie-
den conservativen Bestrebungen abzuhalten und in
unmerklichem Fortschritte immer weiter und weiter
links zu führen. -- Was nun ist bei so bewand-
ten Umständen erst von diesen Liberalen für eine
sittlich=religiöse Regeneration des Volkes zu er-
warten, wozu doch unsere Rettung abhängt, wie
man jetzt selbst zu seinem Verwundern vielfach
aus folchem Munde hören kann, der vor ein Paar
Jahren noch von Spott überfloß? -- Nicht der
Staat kann diese Regeneration bewirken, nur die
Religion und Kirche, nur das christliche Volk selbst
kann es, wenn der Staat der Kirche und dem
religiösen Volksleben die Freiheit gestattet und
schützt. Aber die Liberalen? Sie haben im Durch-
schnitt keine Ahnung von kirchlicher Freiheit, ihr
Jdeal ist eine anständige Knechtschaft für die
Kirche, wie sich dieses wieder so recht augenfällig
in ihrem Gebahren bei Gelegenheit jener großen
That des Kaisers von Oesterreich gezeigt hat,
wodurch er der Kirche die ihr gebührende Freiheit
zurückgab. Daß das Schul= und Erziehungswe-
sen im großen Ganzen dem revolutionären Geiste
verfallen, hat die neueste Geschichte documentirt.
Wer aber hat der Schule diesen Geist eingepflanzt?
Das Regiment des falschen Liberalismus, das
durch alle Mittel einer bis aufs Höchste hinauf-
geschraubten Staatsomnipotenz die Schule ent-
christlicht und von der Universität bis herab zur
Volksschule die meisten und wichtigsten Stellen
mit Adepten des unchristlichen Zeitgeistes zu be-
setzen wußte. Würde der falsche Liberalismus im
Wesentlichen seine Herrschaft behaupten, so ist es
natürlich um die Schule und die folgende Gene-
ration geschehen. -- Gerade aber wie zum vosi-

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[0001] Die Bayerische Presse. Abonnement: Ganzjährig 6 fl. Halbjährig 3 fl. Vierteljährig 1 fl. 30 kr. Monatlich für die Stadt 30 kr. Eine constitutionell-monarchische Zeitung. Expedition: Jm Schenkhofe 2. Distr. Nr. 533. Einrückungsgebühr: die gespaltene Pe- titzeile oder deren Raum 3 kr. Briefe und Gelder frei. Nr. 198. Würzburg, Montag den 19. August. 1850. Amtliche Nachrichten. München, 18. August. Se. Maj. der König haben Sich unterm 10. d. M. allergnädigst be- wogen gefunden, den Bezirksingenieur zu Schwein- furt, Joseph Leimbach, seiner gestellten Bitte ent- sprechend, wegen nachgewiesener temporärer Funk- tionsunfähigkeit im Hinblicke auf §. 22 lit. D der IX. Verf.=Beil. vorläusig auf die Dauer ei- nes Jahres in den Ruhestand zu versetzen und auf die dadurch frei werdende Bezirksingenieurs- stelle in Schweinfurt den Civilbauinspektor Karl Vogel in Ansbach, seinem Gesuche willfahrend, zu versetzen. Die Parteien. Zwei Parteien stehen in der Gegenwart in klarer Entschiedenheit einander gegenüber: die con- servative und die revolutionäre Partei. Es sind dieselben nicht etwa blos durch ihre politischen An- sichten, sondern durch ihre ganze religiöse, sociale, wie politische Lebensanschauung einander principiell entgegengesetzt. Die Conservativen bejahen und bekennen unbedingt und allseitig das positive Chri- stenthum als die Grundlage aller innern Gesin- nung, und das positive Recht als die Grundlage des äußern Lebens und seiner Gestaltungen. Die Radikalen bekennenden so entschieden die Zerstö- rung des positiven Christenthums und die Zerstö- rung des positiven Rechts als Ziel ihres Stre- bens. Dieser Kampf wäre sicher eher entschieden und die Partei der Verneinung und der Zerstö- rung von der Partei der Bejahung und des Auf- baues glorreich überwunden; weit eher würde das Volk mit Abscheu von der Umsturtzpartei, die sein ewiges und zeitliches Glück mit Tod bedroht, sich wegwenden und in der conservativen Partei die Trägerin seiner eigenen heiligsten Jnteressen und tiefsten Sympathien erkennen, -- wenn jene un- glückselige Mittelpartei, die mit dem Namen „ li- beral “ sich brüstet und deren Zahl Legion ist, nicht immer wieder mit Erfolg bemüht wäre, al- les freie und kräftige conservative Handeln zu hemmen und zu lähmen und allen Angriffen so- wohl, als versteckten Rückzügen der Umsturtzpar- tei Deckmantel und Vorschub zu leisten. Heute scheiden nicht die Stände, sondern die Parteien die Menschen. Es gibt conservative Staatsmän- ner und revolutionäre Staatsmänner; conservative Geistliche und revolutionäre Geistliche; conserva- tive Adelige und revolutionäre Adelige; conser- vative Bürger und Bauern und revolutionäre Bürger und Bauern; conservative Reiche und revolutionäre Reiche; conservative Armen und re- volutionäre Armen; conservative Gelehrten und Lehrer, vielleicht selbst conservative Fürsten u. re- volutionäre Fürsten, -- es ist kein Standesunter- schied so stark, daß nicht alle Genossen Einer Par- tei, wessen Standes sie seien, in unzertrennlicher Solidarität verbunden wären; daher auch in un- serer Zeit nichts Lügenhafteres zu finden, als den wesentlichen Unterschied der Parteien unter Na- men, die von Standesunterschieden und Standes- Jnteressen hergenommen sind, zu verdecken. Zwi- schen diesen beiden Parteien in der Mitte nun verbreitet sich, wie gesagt, die sog. liberale Mit- telpartei durch alle Stufen der Gesellschaft, ganz besonders zahlreich aber in den sog. gebildeten Ständen. Dem vor dem Jahre 1848 domini- renden Einfluß dieser sog. liberalen Partei ist es zuzuschreiben, daß die Revolution im Stande war, uns an den Rand des Abgrundes zu bringen; würde es ihr jetzt gelingen, nachdem wir kaum gerettet sind, noch einmal das Regiment sich zu- zueignen oder auch nur einen bestimmenden Ein- fluß zu üben, um nach ihrem Sinne die Verhält- nisse zu ordnen, -- wir wären bald wieder zum Abgrunde zurückgekehrt, um diesmal rettungslos in denselben zu versinken. Dann würde die März- revolution für Deutschland gewesen sein, was für Frankreich die Julirevolution war, die constitu- tionelle Monarchie aber auf breiter demokratischer Grundlage, und anstatt auf den alten Gott und das alte Recht, auf das neue Zeitbewußtsein und den Buchstaben einer Constitution modernsten Fa- brikats gegründet, würde ihr Dasein bei Weitem nicht so lange fristen, als das Bürgerkönigthum Louis Philipp's von der Juli= bis zur Februar- revolution sich gefristet hat. Aber nicht blos die Zukunft der Staaten, sondern die Rettung der ganzen menschlichen Gesellschaft hängt davon ab, daß dieser falsche Liberalismus schwinde. Denn so lange er waltet, ist an eine großartige Rege- neration im Leben der Völker nicht zu denken, weil er die Principien einer solchen Regeneration, wie die Mittel, welche dazu führen, gänzlich mißkennt, ja denselben geradezu entgegenwirkt. -- Die Liberalen sind in den Prinzipien, obwohl sie in ihrer rationalistischen Oberflächlichkeit von einer tiefen und klaren Erkenntniß derselben weit entfernt zu sein pflegen, mit den entschiedenen Re- volutionären einig; nur wollen sie nicht unbedingt die Consequenzen. dieser Prinzipien. Gegen die ächten Conservativen dagegen und ihre Prinzipien, bezüglich welcher sie meist die abentheuerlichsten Vorurtheile hegen, haben sie eine recht bittere Abneigung, nur möchten sie die Consequenzen, welche allein in jenen conservativen Prinzipien ihren festen und natürlichen Grund haben, zum Theile, und so weit es ihnen nützlich scheint, fest- halten. Wir haben oben ganz kurz und concret gesagt, daß die Anhänger des positiven Christen- thumes und des positiven Rechtes allein den Na- men conservativ verdienen, und daß die Feindschaft gegen beide das Wesen des entschiedenen Revo- lutionärs ausmache. Wie halten es nun die Li- beralen mit dem positiven Christenthume und mit dem positiven Rechte? -- Der Wahlspruch der entschiedenen Revolutionäre ist: Nieder mit dem Christenthume! vor Allem muß die Welt, muß das Volk entchristlicht werden! -- Stimmen die falschen Liberalen dem Rufe bei? -- Nein, das ist zu arg; das geht zu weit! das ist zu gefähr- lich! -- Wollen aber etwa diese Liberalen das positive Christenthum? -- Nein, das wollen sie nicht, sie wollen es noch weniger als den Atheis- mus. Den Atheismus mißbilligen sie, die Athei- sten gehen in ihren Augen zu weit! -- obwohl sie viel zu tolerant und aufgeklärt sind, um eine Philosophie, die den Atheismus oder Pantheismus lehrt, von ganzer Seele zu verabscheuen! -- Da- gegen bringt dieselbe Aufklärung, welche sie gegen den Atheismus so tolerant macht, sie dazu, einen an Haß streifenden Widerwillen gegen das posi- tive Christenthum und seine entschiedenen Anhän- ger zu hegen. Sie lassen wohl den Namen Chri- stenthum sich gefallen, die Sache aber kennen und wollen sie nicht. Sie wollen ein Scheinchristen- thum ohne Autorität, ohne Glauben, ohne Kirche; -- sie wollen die Prinzipien der ungläubigen Phi- losophie und einige für den moralischen Haus- und den praktischen Staatsbedarf nützliche Conse- quenzen des Christenthumes. Wenn sie je durch Amt oder Umstände in die Lage kommen Christ- liches zu schützen, so thuen sie es nur halb, mit Widerstreben und nicht ohne die beweglichsten Ent- schuldigungen und die Versicherung ihrer Freisin- nigkeit, wenn es aber gegen die Ultramontanen oder Pietisten, gegen Jesuiten oder Mucker und wie sonst noch die Namen heißen, womit die ge- bildete Gaunersprache der modernen Welt die po- sitiven Christen dem öffentlichen Hasse zu bezeich- nen pflegt, losgeht, dann sind sie dabei mit gan- zer Seele und sie kennen keine Rücksichten mehr. Daß unter so bewandten Umständen die sogenann- ten Liberalen, wenn auch die rothe Republik ih- nen in schwachen Stunden religiöse Anwandlungen beibrachte, der Revolution in religiöser Beziehung rastlos in die Hände arbeiten und arbeiten wer- den, versteht sich von selbst. Ja es bildet diese pseudoliberale Mittelpartei sogar zu Gunsten der Revolution auf kirchlichem sowohl als politischem Gebiete eine unentbehrliche Uebergangsstufe, um die Mehrzahl der Menschen, die vor dem Atheis- mus und der socialistischen Republik, als den letzten Consequenzen, zurückschaudern, von entschie- den conservativen Bestrebungen abzuhalten und in unmerklichem Fortschritte immer weiter und weiter links zu führen. -- Was nun ist bei so bewand- ten Umständen erst von diesen Liberalen für eine sittlich=religiöse Regeneration des Volkes zu er- warten, wozu doch unsere Rettung abhängt, wie man jetzt selbst zu seinem Verwundern vielfach aus folchem Munde hören kann, der vor ein Paar Jahren noch von Spott überfloß? -- Nicht der Staat kann diese Regeneration bewirken, nur die Religion und Kirche, nur das christliche Volk selbst kann es, wenn der Staat der Kirche und dem religiösen Volksleben die Freiheit gestattet und schützt. Aber die Liberalen? Sie haben im Durch- schnitt keine Ahnung von kirchlicher Freiheit, ihr Jdeal ist eine anständige Knechtschaft für die Kirche, wie sich dieses wieder so recht augenfällig in ihrem Gebahren bei Gelegenheit jener großen That des Kaisers von Oesterreich gezeigt hat, wodurch er der Kirche die ihr gebührende Freiheit zurückgab. Daß das Schul= und Erziehungswe- sen im großen Ganzen dem revolutionären Geiste verfallen, hat die neueste Geschichte documentirt. Wer aber hat der Schule diesen Geist eingepflanzt? Das Regiment des falschen Liberalismus, das durch alle Mittel einer bis aufs Höchste hinauf- geschraubten Staatsomnipotenz die Schule ent- christlicht und von der Universität bis herab zur Volksschule die meisten und wichtigsten Stellen mit Adepten des unchristlichen Zeitgeistes zu be- setzen wußte. Würde der falsche Liberalismus im Wesentlichen seine Herrschaft behaupten, so ist es natürlich um die Schule und die folgende Gene- ration geschehen. -- Gerade aber wie zum vosi-

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Zitationshilfe: Die Bayerische Presse. Nr. 198. Würzburg, 19. August 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_bayerische198_1850/1>, abgerufen am 28.03.2024.