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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1369, Czernowitz, 04.08.1908.

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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. August 1908.

[Spaltenumbruch]

Dardanellen, wonach der englische Dampfer "Maria" mit
Izzet an Bord nachts in den Dardanellen eintraf.
Muttesarif sprach mit Izzet. Der englische Konsul er-
klärte, daß er nach den Instruktionen seitens der Botschaft
handeln werde.

Die Gegenrevolution.

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Gestern kam es hier zur Gegenrevolution. Zwei In-
fanterie-Regimenter verweigerten dem jungtürki-
schen Komitee
den Gehorsam. Die Truppen marschierten
angeblich unter Führung Hadjas nach Konstantinopel. Die
Geschäfte sind geschlossen. Es herrscht große Panik. Die
Lage ist alarmierend.

Deutschland und die Türkei.

(Tel. der "Cz. Allg. Ztg.")

Die
"Norddeutsche Allgemeine Zeitung" erwähnt in ihrer Wochen-
rundschau die Begrüßung des deutschen Vertreters in Kon-
stantinopel v. Kiderlen-Wächter durch den Sultan
beim Selamlik, wobei v. Kiderlen-Wächter die Wünsche des
deutschen Kaisers ausrichtete, daß der neue vom Sultan mit
soviel Weisheit und so rückhaltlos betretene Weg seiner
Regierung und seinem Lande zum Glück und Segen gereichen
möge. Das Blatt fährt sodann fort: Durch diese vom
Gesandten von Kiderlen-Wächter im Auftrage des Kaisers
ausgesprochenen Wünsche ist die Stellung der deutschen
Politik zum Wandel der Dinge im türkischen Reiche klar
gekennzeichnet. Wir wünschen in der Türkei ein starkes, freies
Volk unter einem aufgeklärten Herrscher. Als wichtigstes
Erfordernis der neuen Lage erscheint uns, daß die so ver-
heißungsvoll angebahnte und bis jetzt nicht unterbrochene
Fühlung zwischen den Sultan und den Führern der türkischen
Nation durch keine extremen Einflüsse von der einen oder
anderen Seite wieder gestört werde. Der Glaube an die
vortrefflichen Eigenschaften im Charakter des türkischen Volkes
hat bisher nicht getrogen, und wir möchten uns der hoffnungs-
freudigen Stimmung unserer türkischen Freunde gern an-
schließen. Aus dem bisherigen Verlauf des Ereignisses wollen
wir das Vertrauen schöpfen, daß es dem osmanischen Reiche
gelingen werde, in guter Eintracht zwischen Herrscher und
Volk freie Bahn zu gewinnen für eine glückliche Zukunft im
Sinne freiheitlichen Fortschritts und nationaler Erstarkung.

Der Sultan.

Da der Sultan die Ent-
thronung befürchtet, hat er den Prinzen der kaiserlichen Familie
verboten, den Palast zu verlassen und die militärischen Wachen
vor diesem verdoppelt. Aus den Erklärungen, die der Jung-
türkenchef Staatsrat Safnety-Nidscha-Said abgegeben hat,
sind folgende Aeußerungen über den Sultan bemerkenswert:
"Wir wollen dem Ansehen des Sultans als Kalif nicht
schaden; aber er wird sich auf seine Rolle als konstitutioneller
Herrscher beschränken müssen. Wir wünschen nicht seine Ab-
setzung; wir werden uns den Luxus leisten, ihn zu behalten.
Er ist übrigens ein in auswärtigen Angelegenheiten viel er-
fahrener Mann. Wir halten es auch für vorteilhafter, daß
der von uns Besiegte unser Souverän sei, als daß wir uns
einen neuen Herrn wählen."

Die Parlamentswahlen.

Die Vorbereitungen zu
den Parlamentswahlen begegnen natürlich großen Hindernissen.
Sie werden ja jetzt zum erstenmal stattfinden, da die vor
dreißig Jahren stattgehabten Wahlen nicht ernst zu nehmen
waren. Zur Unerfahrenheit der Behörden kommen die
Schwierigkeiten des Verkehrs, der Mangel an Bahnen und




und es würde uns gar nicht wundern, die harte Kritik zu
hören: "Ja, wenn es sich um Kavaliere handelt, da hört und
sieht das Gericht nichts!" Wir sind weit entfernt, in diesen
Vorwurf einzustimmen, aber so wenig wir auch in diesem
Betreff das Vorgehen des Gerichtes billigen können, begreifen
können wir es. Begreifen deshalb, weil im Gerichtssaal alle
Dinge ein anderes Gesicht bekommen. Ein Separee-Abenteuer,
das man sonst belächeln würde, nimmt, vor Gericht an die
Oeffentlichkeit gezerrt, eine eigentümliche Färbung an. Da
erscheint es als ein Schritt vom Wege, als etwas Anrüchiges,
ja Ehrenrühriges, etwas, was tief ins Privatleben eingreift,
eine Bloßstellung, die schwere Folgen nach sich ziehen kann ...
Das ersieht man aus den Kommentaren, die heute schon an
eine Aeußerung Veiths geknüpft werden, der allerdings kein
Einsichtiger Gewicht beilegen wird. Unter diesen Gesichtspunkten
erscheint das Vorgehen des Gerichtes begreiflich. Aber die
berechtigten Interessen des Privatlebens hätten auch geschont
werden können, ohne das Gerichtsverfahren zu beeinträchtigen:
Durch strengen Ausschluß der Oeffentlichkeit.




Der Ausschluß der Oeffentlichkeit, das ist ein Kapitel
für sich. Nach der heutigen Praxis unterscheiden sich die ge-
heimen Verhandlungen von den öffentlichen nur dadurch, daß
über geheime Verhandlungen ausführlichere Zeitungsberichte
veröffentlicht werden als über öffentliche. Gewiß, auch wir
haben diese Praxis, von der wir allein uns nicht ausschließen
können, mitgemacht, aber wir stehen nicht an, zu erklären,
daß solche Verhandlungen nicht in die Oeffentlichkeit gehören.
Heute bedeutet die Presse die Oeffentlichkeit, was nicht in der
Zeitung steht, ist nicht in der Oeffentlichkeit. Ausschluß der
Oeffentlichkeit bedeutet deshalb Ausschluß der Berichterstattung.
Wäre im Prozeß Veith die Oeffentlichkeit ausgeschlossen,
gewiß wäre der Staatsanwalt neugieriger gewesen.




[Spaltenumbruch]

Telegraphen in den Provinzen. Auch ist die Regierung in
fortwährender Umbildung begriffen. Die Minister gehen, wie
es schon bei einem alten türkischen Chronisten heißt, auf der
Pforte aus und ein wie Aktenstücke. Täglich ein paar neue
Minister, deren Herrlichkeit nur 24 Stunden oder noch weniger
währt. Heute fand auf der Pforte ein "Ministerrat" statt,
an dem nur der Großvesir, der Handelsminister und der
Minister des Innern teilnehmen konnten, weil alle anderen
Ministerien ihre Chefs eben verloren und noch keine neuen
bekommen hatten. Die drei Herren berieten über die not-
wendigsten Maßnahmen, um einen regelrechten Verlauf der
Parlamentswahlen sichern zu können. In Konstantinopel ist
die Geistlichkeit mit der Zusammenstellung der Wählerlisten
beauftragt worden. Die Imams, die Patriarchate und das
Großrabbinat, dir allein sind die verläßlichen Besitzer der
Adressen ihrer Gemeinden.

Ein türkischer Kronrat.

Der Sultan empfing
heute den Großwesir Said-Pascha dreimal. Hierauf fand eine
stundenlauge Beratung des Sultans mit dem Großwesir, dem
Scheich ul Islam und dem Minister des Aeußern statt. Es
wurden zahlreiche Veränderungen im Verwaltungskorps und
im Diplomatenkorps beschlossen. Die Walis werden alle
abgesetzt und durch neue Männer ersetzt werden. Die Walis
von Bagdad und Siwas, die sich durch ihre korrupte Wirtschaft
mißliebig gemacht haben und dadurch Unruhen verursachten,
wurden heute telegraphisch ihrer Posten enthoben. Nach
Bagdad kommt Nasim-Pascha, ein liberaler, seit langer Zeit
Reformen anstrebender höherer Beamter Mesopotamiens. In
fast allen Städten des Reiches werden die Polizeichefs ge-
wechselt.

Ein Situationsbericht.

(Orig.-Kor.)

Den Vorwurf, den
der abgetretene Finanzminister gegen die jetzige Regierung erhoben
hat, nämlich, daß sie in der Durchführung der notwendigen
Maßregeln zu langsam sei und zu wenig Einfluß auf den
Sultan habe, hat allgemein Eindruck gemacht. Es wird jetzt
auch bekannt, daß die Freilassung der gemeinen Verbrecher
auf Betreiben des abgesetzten Polizeiministers Hamdi erfolgt
ist, dem die Regierung entsprechenden Widerstand zu leisten
verabsäumte. Wie wenig sie auf den Sultan einzuwirken
vermag, geht schon daraus hervor, daß -- keineswegs bloß
gerüchtweise -- behauptet wird, die allgemeine Begnadigung
der politischen Verbrecher sei nur durch den Einfluß Izzets
zu erreichen gewesen, der zweifellos anfänglich versucht hat,
ins neue Regime hinüber zu voltigieren.

Soweit ich die Stimmung der hiesigen Jungtürken be-
urteilen kann, haben sie Vertrauen zu der Aufrichtigkeit der
Versicherungen des Sultans, im übrigen aber ist es ihnen,
da die Rückkehr zum alten System als ausgeschlossen gilt,
ziemlich gleichgültig, wer auf dem Throne sitzt. Sie wollen
ein verantwortliches Ministerium, das wirklich regiert, was
von der jetzigen Regierung allerdings nicht gesagt werden
kann. Indessen führt die ganze Bewegung nicht die
Hauptstadt, sondern die radikalere Provinz. Die Abordnung
aus Saloniki, die hierher kommen sollte, hat die Fahrt auf
Wunsch der hiesigen Jungtürken unterlassen; sie begab sich
bloß bis Adrianopel und hat gestern von dort die Heimreise
angetreten. Nur ein Vertra ensmann des Saloniker Komitees
ist heute hier eingetroffen. Er überbringt bestimmte Forderungen,
die jedenfalls über die bisherigen hinausgehen.

Die Hauptschwierigkeiten der Lage (von der Finanznot
abgesehen) bestehen nach alledem darin, daß das große Heer
der bisherigen Spione, die zum Teil brotlos geworden sind,
in Gemeinschaft mit den freigelassenen Verbrechern zu allem
fähig ist, und daß in der Provinz auch nicht im mindesten
die Begeisterung für den Sultan herrscht wie hier. Meldungen
aus Adrianopel verzeichnen Reden, worin für die Türkei
Herrscher wie Wilhelm II. oder Eduard VII. herbeigewünscht
wurden. In Saloniki erfolgten offene Akte der Abneigung
gegen den Sultan, indem öffentliche, ihm gewidmete In-
schriften entfernt wurden. Wie weit die hiebei ausgebrachten
Hochrufe auf den Prinzen Jussuf Izzedin, den ältesten Sohn
des Sultans Abdul Hamid, ernst zu nehmen sind, ist schwer
zu sagen. Immerhin steht fest, daß er im Volke Sympathie
genießt; jüngst bereitete man ihm Huldigungen auf seinem
Bosporus-Schlosse bei Skutari. Jussuf Izzedin ist der zweit-
älteste Prinz des Hauses Osman. Ernste Jungtürken denken
freilich keineswegs an eine Aenderung der durch den dritten
Artikel der Verfassung von 1876 festgelegten Thronfolge-
ordnung, die dem ältesten Prinzen des Herrscherhauses (im
vorliegenden Falle Muhammed Reschad) die Nachfolge zuweist.




Eine Spazierfahrt nach Jildis.


Heute fuhr ich nach Jildis, um in Form einer Spazierfahrt
einmal das alte, bekannte Jildis im neuen Lichte, oder besser
gesagt, in der neuen Beleuchtung selbst in Augenschein zu
nehmen und einmal nachzusehen, ob da oben überhaupt noch
jemand existiert und lebt. In den, vor lauter Enthusiasmus
noch immer in tobendem Lärm befindlichen Straßen von
Stambul, Galata und Pera berührte es außerordentlich an-
genehm, als wir nach der kurzen Fahrt bei Dolma-
Bagtsche vorüber in den Stadtteil Beschiktasch einlekten, der
sich in seiner Ruhe wohltuend von den genannten Stadtteilen
abhebt. Beschiktasch sowie die schöne, große Allee nach Jildis
hinauf und schließlich Jildis selbst bieten heute einen ruhigeren
Anblick, als je. Auf dem ganzen Wege fehlen dem Auge des
Kenners die Menge der früher hier umherziehenden Patrouillen
und die Unzahl der Spione. "Fast menschenleer", könnte man
sagen, erscheint uns heute Jildis. Ungehindert fahren wir
die steile Rampe bis zum Haupteingang des Jildiser Palais-
Viertels hinauf, und zwar, ohne rechts und links vom Wagen
die zahlreichen Spione in der Verkleidung von Bettlern oder
dienstbeflissenem Gesindel zu sehen. Wir halten vor dem Tore,
ein Blick zeigt uns, daß auch hier nur höchstens ein Viertel
so viel Menschen in Tätigkeit ist, wie früher. In der Er-
[Spaltenumbruch] wartung, daß uns mindestens ein Dutzend der bekannten
Zerberusse bei unserem Eintritt durch das Tor des Sultans
entgegenstürzen werden, um uns Visitenkarten nebst dem
üblichen Bakschisch abzunehmen und uns zu inquirieren, wen
wir zu sprechen wünschten usw., gehen wir ruhig auf den
Torweg zu. Ganz bescheiden stehen rechts und links einige
Torwächter, die uns einen freundlichen Salaam bieten und
sich vor dem eben heraustretenden greisen Marschall Zekki-
Pascha, der gerade seinen Abschied als Großmeister der
Artillerie bekommen hatte, tief verneigen. Zekki-Pascha reicht
mir freundlich die Hand, erk[u]ndigt sich nach meinem Wohl-
ergehen und verabschiedet sich liebenswürdig wie immer nach
einer kurzen Unterhaltung über allgemeine Dinge.

In Jildis angekommen, faßte ich den Entschluß, auch
weiter vorzudringen und zu versuchen, ob wir vielleicht diesen
oder jenen der hohen Würdenträger sehen und sprechen
könnten. Im Innern des Palastes traten wir ungehindert in
das links gelegene bekannte gelbe Gebäude ein, in dem sich
die Bureaus und Empfangszimmer der nächsten Umgebung
des Sultans befinden. In diesem Hause wimmelte es sonst
geradezu von Spionen aller Rangsklassen, von Nichtstuern,
Bittstellern und sonstigen, auf ihr Zivilleben schwer festzu-
stellenden Individuen. Heute waren alle Korridore und Treppen
absolut leer. An der Tür stand ein unglaublich gelangweilt
aussehender junger Mann, der uns die Spazierstöcke, die wir
nicht mitgebracht hatten, abnehmen wollte, und der nun, um
doch nicht ganz um seinen Bakschisch zu kommen, uns freund-
lichst zu informieren suchte, wer in den verschiedenen Zimmern
dieses "Allerheiligsten Gebäudes" momentan säße. Da uns
dies aber wenig interessierte und wir nunmehr beabsichtigten,
mit irgendeinem Würdenträger persönlich zu sprechen, so
stiegen wir die erste Treppe hinauf, wo allerdings vor dem
Zimmer des bekannten ersten Sekretärs Tachsin-Pascha etwas
mehr Leben herrschte. Tachsin-Pascha ließ sich entschuldigen,
daß er heute niemand empfangen könne; er sitze momentan
in der Kommission, welche die Schriftstücke für den heutigen
Ministerrat vorzubereiten hätte. In der Tat genügte ein
Blick in des armen Tachsin-Pascha Zimmer, um zu erkennen,
daß dieser Herr mehr als sehr beschäftigt war. Ein Versuch,
dem Oberzeremonienmeister meine Hochachtung auszudrücken,
mißlang aus demselben Grunde; denn auch Galib-Pascha
war in derselben Kommission beschäftigt. Beim Verlassen von
Jildis machte die angenehme Ruhe und Stille daselbst den-
selben wohltuenden Eindruck auf uns, wie beim Kommen.
Alles schien im alten Gleise seinen ruhigen Weg zu gehen,
und alles deutete darauf hin, daß man in Jildis mit der
neuen Lage der Dinge sich abgefunden hat und der Aller-
höchste Herr auch endlich mehr Ruhe gefunden.

Vor dem Tore von Jildis hatte ich noch Gelegenheit,
den ehrwürdigen alten Marschall Chefket-Pascha, Kommandant
von Jildis, zu begrüßen, der, dort auf einem einfachen Holz-
schemmel sitzend, in althergearachter Gemütlichkeit seinen
Kaffee schlürfte, sich freundlich wie immer mit einigen, vor
ihm am Boden kauernden Untergebenen unterhaltend. "Jildis
steht also noch und scheint sich im allgemeinen recht wohl zu
befinden." Diese Ueberzeugung brachte ich von meiner etwas
sonnigen Spazierfahrt bei zirka 30 Grad Reaumur im
Schatten mit nach Hause.




Vom Tage.


Niederösterreichischer Landtag.

In der heutigen "Wiener Zeitung" gelangt das kaiser-
liche Patent vom 20. Juli zur Verlautbarung, mit welchem
der Landtag des Erzherzogtums Oesterreichs unter der Enns
aufgelöst und die Einleitung von Neuwahlen angeordnet wird.
Dieselben sind für die Zeit vom 26. Oktober bis 12. No-
vember ausgeschrieben.




Aus Ungarn.
Der Ministerrat.

Am Montag tritt nach ein-
monatiger Pause der Ministerrat zusammen, der über eine
Reihe wichtiger politischer Fragen verhandeln wird, so zunächst
über die kroatischen Angelegenheiten, über die Feststellung des
nächstjährigen Budgets, das neue Wehrgesetz und über das
Ausmaß der militärischen Reformen, beziehungsweise der
Konzessionen; weiter über das bosnische Problem, das durch
Gewährung der Konstitution in der Türkei Aktualität erlangt
hat; auch die Wahlreform wird Gegenstand der Erörterungen
sein und es wird von maßgebender Seite betont, daß in der
Frage der Wahlreform keinerlei Gegensätze zwischen der Krone
und der Regierung bestehen, so daß die Frage vollkommen
gelöst erscheint. Auch die parlamentarische Lage wird diskutiert
werden und im Zusammenhange damit die geplante Fusion
der 48er Verfassungspartei. Wenn die Fusion zustande kommt
und eine starke, einheitliche Regierungspartei gebildet wird,
so wird dadurch ein Wunsch der Krone in Erfüllung gehen.
Vorerst muß aber die Bankfrage bereinigt werden, die be-
kanntlich Anlaß zu verschiedenen Konflikten zwischen den
beiden Parteien geboten hat.




Oesterreich-Ungarn und Deutschland.
Die Bundestreue.

("Tel. der "Cz: Allg. Ztg.")

Die
"Nordd. Allg. Ztg." kommt in ihrer Wochenrundschau auf die
Auslassungen des Fürsten Schönburg im Herrenhause des öster-
reichischen Reichsrates über die Bundestreue der

Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. Auguſt 1908.

[Spaltenumbruch]

Dardanellen, wonach der engliſche Dampfer „Maria“ mit
Izzet an Bord nachts in den Dardanellen eintraf.
Mutteſarif ſprach mit Izzet. Der engliſche Konſul er-
klärte, daß er nach den Inſtruktionen ſeitens der Botſchaft
handeln werde.

Die Gegenrevolution.

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Geſtern kam es hier zur Gegenrevolution. Zwei In-
fanterie-Regimenter verweigerten dem jungtürki-
ſchen Komitee
den Gehorſam. Die Truppen marſchierten
angeblich unter Führung Hadjas nach Konſtantinopel. Die
Geſchäfte ſind geſchloſſen. Es herrſcht große Panik. Die
Lage iſt alarmierend.

Deutſchland und die Türkei.

(Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“)

Die
„Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ erwähnt in ihrer Wochen-
rundſchau die Begrüßung des deutſchen Vertreters in Kon-
ſtantinopel v. Kiderlen-Wächter durch den Sultan
beim Selamlik, wobei v. Kiderlen-Wächter die Wünſche des
deutſchen Kaiſers ausrichtete, daß der neue vom Sultan mit
ſoviel Weisheit und ſo rückhaltlos betretene Weg ſeiner
Regierung und ſeinem Lande zum Glück und Segen gereichen
möge. Das Blatt fährt ſodann fort: Durch dieſe vom
Geſandten von Kiderlen-Wächter im Auftrage des Kaiſers
ausgeſprochenen Wünſche iſt die Stellung der deutſchen
Politik zum Wandel der Dinge im türkiſchen Reiche klar
gekennzeichnet. Wir wünſchen in der Türkei ein ſtarkes, freies
Volk unter einem aufgeklärten Herrſcher. Als wichtigſtes
Erfordernis der neuen Lage erſcheint uns, daß die ſo ver-
heißungsvoll angebahnte und bis jetzt nicht unterbrochene
Fühlung zwiſchen den Sultan und den Führern der türkiſchen
Nation durch keine extremen Einflüſſe von der einen oder
anderen Seite wieder geſtört werde. Der Glaube an die
vortrefflichen Eigenſchaften im Charakter des türkiſchen Volkes
hat bisher nicht getrogen, und wir möchten uns der hoffnungs-
freudigen Stimmung unſerer türkiſchen Freunde gern an-
ſchließen. Aus dem bisherigen Verlauf des Ereigniſſes wollen
wir das Vertrauen ſchöpfen, daß es dem osmaniſchen Reiche
gelingen werde, in guter Eintracht zwiſchen Herrſcher und
Volk freie Bahn zu gewinnen für eine glückliche Zukunft im
Sinne freiheitlichen Fortſchritts und nationaler Erſtarkung.

Der Sultan.

Da der Sultan die Ent-
thronung befürchtet, hat er den Prinzen der kaiſerlichen Familie
verboten, den Palaſt zu verlaſſen und die militäriſchen Wachen
vor dieſem verdoppelt. Aus den Erklärungen, die der Jung-
türkenchef Staatsrat Safnety-Nidſcha-Said abgegeben hat,
ſind folgende Aeußerungen über den Sultan bemerkenswert:
„Wir wollen dem Anſehen des Sultans als Kalif nicht
ſchaden; aber er wird ſich auf ſeine Rolle als konſtitutioneller
Herrſcher beſchränken müſſen. Wir wünſchen nicht ſeine Ab-
ſetzung; wir werden uns den Luxus leiſten, ihn zu behalten.
Er iſt übrigens ein in auswärtigen Angelegenheiten viel er-
fahrener Mann. Wir halten es auch für vorteilhafter, daß
der von uns Beſiegte unſer Souverän ſei, als daß wir uns
einen neuen Herrn wählen.“

Die Parlamentswahlen.

Die Vorbereitungen zu
den Parlamentswahlen begegnen natürlich großen Hinderniſſen.
Sie werden ja jetzt zum erſtenmal ſtattfinden, da die vor
dreißig Jahren ſtattgehabten Wahlen nicht ernſt zu nehmen
waren. Zur Unerfahrenheit der Behörden kommen die
Schwierigkeiten des Verkehrs, der Mangel an Bahnen und




und es würde uns gar nicht wundern, die harte Kritik zu
hören: „Ja, wenn es ſich um Kavaliere handelt, da hört und
ſieht das Gericht nichts!“ Wir ſind weit entfernt, in dieſen
Vorwurf einzuſtimmen, aber ſo wenig wir auch in dieſem
Betreff das Vorgehen des Gerichtes billigen können, begreifen
können wir es. Begreifen deshalb, weil im Gerichtsſaal alle
Dinge ein anderes Geſicht bekommen. Ein Separee-Abenteuer,
das man ſonſt belächeln würde, nimmt, vor Gericht an die
Oeffentlichkeit gezerrt, eine eigentümliche Färbung an. Da
erſcheint es als ein Schritt vom Wege, als etwas Anrüchiges,
ja Ehrenrühriges, etwas, was tief ins Privatleben eingreift,
eine Bloßſtellung, die ſchwere Folgen nach ſich ziehen kann ...
Das erſieht man aus den Kommentaren, die heute ſchon an
eine Aeußerung Veiths geknüpft werden, der allerdings kein
Einſichtiger Gewicht beilegen wird. Unter dieſen Geſichtspunkten
erſcheint das Vorgehen des Gerichtes begreiflich. Aber die
berechtigten Intereſſen des Privatlebens hätten auch geſchont
werden können, ohne das Gerichtsverfahren zu beeinträchtigen:
Durch ſtrengen Ausſchluß der Oeffentlichkeit.




Der Ausſchluß der Oeffentlichkeit, das iſt ein Kapitel
für ſich. Nach der heutigen Praxis unterſcheiden ſich die ge-
heimen Verhandlungen von den öffentlichen nur dadurch, daß
über geheime Verhandlungen ausführlichere Zeitungsberichte
veröffentlicht werden als über öffentliche. Gewiß, auch wir
haben dieſe Praxis, von der wir allein uns nicht ausſchließen
können, mitgemacht, aber wir ſtehen nicht an, zu erklären,
daß ſolche Verhandlungen nicht in die Oeffentlichkeit gehören.
Heute bedeutet die Preſſe die Oeffentlichkeit, was nicht in der
Zeitung ſteht, iſt nicht in der Oeffentlichkeit. Ausſchluß der
Oeffentlichkeit bedeutet deshalb Ausſchluß der Berichterſtattung.
Wäre im Prozeß Veith die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen,
gewiß wäre der Staatsanwalt neugieriger geweſen.




[Spaltenumbruch]

Telegraphen in den Provinzen. Auch iſt die Regierung in
fortwährender Umbildung begriffen. Die Miniſter gehen, wie
es ſchon bei einem alten türkiſchen Chroniſten heißt, auf der
Pforte aus und ein wie Aktenſtücke. Täglich ein paar neue
Miniſter, deren Herrlichkeit nur 24 Stunden oder noch weniger
währt. Heute fand auf der Pforte ein „Miniſterrat“ ſtatt,
an dem nur der Großveſir, der Handelsminiſter und der
Miniſter des Innern teilnehmen konnten, weil alle anderen
Miniſterien ihre Chefs eben verloren und noch keine neuen
bekommen hatten. Die drei Herren berieten über die not-
wendigſten Maßnahmen, um einen regelrechten Verlauf der
Parlamentswahlen ſichern zu können. In Konſtantinopel iſt
die Geiſtlichkeit mit der Zuſammenſtellung der Wählerliſten
beauftragt worden. Die Imams, die Patriarchate und das
Großrabbinat, dir allein ſind die verläßlichen Beſitzer der
Adreſſen ihrer Gemeinden.

Ein türkiſcher Kronrat.

Der Sultan empfing
heute den Großweſir Said-Paſcha dreimal. Hierauf fand eine
ſtundenlauge Beratung des Sultans mit dem Großweſir, dem
Scheich ul Islam und dem Miniſter des Aeußern ſtatt. Es
wurden zahlreiche Veränderungen im Verwaltungskorps und
im Diplomatenkorps beſchloſſen. Die Walis werden alle
abgeſetzt und durch neue Männer erſetzt werden. Die Walis
von Bagdad und Siwas, die ſich durch ihre korrupte Wirtſchaft
mißliebig gemacht haben und dadurch Unruhen verurſachten,
wurden heute telegraphiſch ihrer Poſten enthoben. Nach
Bagdad kommt Naſim-Paſcha, ein liberaler, ſeit langer Zeit
Reformen anſtrebender höherer Beamter Meſopotamiens. In
faſt allen Städten des Reiches werden die Polizeichefs ge-
wechſelt.

Ein Situationsbericht.

(Orig.-Kor.)

Den Vorwurf, den
der abgetretene Finanzminiſter gegen die jetzige Regierung erhoben
hat, nämlich, daß ſie in der Durchführung der notwendigen
Maßregeln zu langſam ſei und zu wenig Einfluß auf den
Sultan habe, hat allgemein Eindruck gemacht. Es wird jetzt
auch bekannt, daß die Freilaſſung der gemeinen Verbrecher
auf Betreiben des abgeſetzten Polizeiminiſters Hamdi erfolgt
iſt, dem die Regierung entſprechenden Widerſtand zu leiſten
verabſäumte. Wie wenig ſie auf den Sultan einzuwirken
vermag, geht ſchon daraus hervor, daß — keineswegs bloß
gerüchtweiſe — behauptet wird, die allgemeine Begnadigung
der politiſchen Verbrecher ſei nur durch den Einfluß Izzets
zu erreichen geweſen, der zweifellos anfänglich verſucht hat,
ins neue Regime hinüber zu voltigieren.

Soweit ich die Stimmung der hieſigen Jungtürken be-
urteilen kann, haben ſie Vertrauen zu der Aufrichtigkeit der
Verſicherungen des Sultans, im übrigen aber iſt es ihnen,
da die Rückkehr zum alten Syſtem als ausgeſchloſſen gilt,
ziemlich gleichgültig, wer auf dem Throne ſitzt. Sie wollen
ein verantwortliches Miniſterium, das wirklich regiert, was
von der jetzigen Regierung allerdings nicht geſagt werden
kann. Indeſſen führt die ganze Bewegung nicht die
Hauptſtadt, ſondern die radikalere Provinz. Die Abordnung
aus Saloniki, die hierher kommen ſollte, hat die Fahrt auf
Wunſch der hieſigen Jungtürken unterlaſſen; ſie begab ſich
bloß bis Adrianopel und hat geſtern von dort die Heimreiſe
angetreten. Nur ein Vertra ensmann des Saloniker Komitees
iſt heute hier eingetroffen. Er überbringt beſtimmte Forderungen,
die jedenfalls über die bisherigen hinausgehen.

Die Hauptſchwierigkeiten der Lage (von der Finanznot
abgeſehen) beſtehen nach alledem darin, daß das große Heer
der bisherigen Spione, die zum Teil brotlos geworden ſind,
in Gemeinſchaft mit den freigelaſſenen Verbrechern zu allem
fähig iſt, und daß in der Provinz auch nicht im mindeſten
die Begeiſterung für den Sultan herrſcht wie hier. Meldungen
aus Adrianopel verzeichnen Reden, worin für die Türkei
Herrſcher wie Wilhelm II. oder Eduard VII. herbeigewünſcht
wurden. In Saloniki erfolgten offene Akte der Abneigung
gegen den Sultan, indem öffentliche, ihm gewidmete In-
ſchriften entfernt wurden. Wie weit die hiebei ausgebrachten
Hochrufe auf den Prinzen Juſſuf Izzedin, den älteſten Sohn
des Sultans Abdul Hamid, ernſt zu nehmen ſind, iſt ſchwer
zu ſagen. Immerhin ſteht feſt, daß er im Volke Sympathie
genießt; jüngſt bereitete man ihm Huldigungen auf ſeinem
Bosporus-Schloſſe bei Skutari. Juſſuf Izzedin iſt der zweit-
älteſte Prinz des Hauſes Osman. Ernſte Jungtürken denken
freilich keineswegs an eine Aenderung der durch den dritten
Artikel der Verfaſſung von 1876 feſtgelegten Thronfolge-
ordnung, die dem älteſten Prinzen des Herrſcherhauſes (im
vorliegenden Falle Muhammed Reſchad) die Nachfolge zuweiſt.




Eine Spazierfahrt nach Jildis.


Heute fuhr ich nach Jildis, um in Form einer Spazierfahrt
einmal das alte, bekannte Jildis im neuen Lichte, oder beſſer
geſagt, in der neuen Beleuchtung ſelbſt in Augenſchein zu
nehmen und einmal nachzuſehen, ob da oben überhaupt noch
jemand exiſtiert und lebt. In den, vor lauter Enthuſiasmus
noch immer in tobendem Lärm befindlichen Straßen von
Stambul, Galata und Pera berührte es außerordentlich an-
genehm, als wir nach der kurzen Fahrt bei Dolma-
Bagtſche vorüber in den Stadtteil Beſchiktaſch einlekten, der
ſich in ſeiner Ruhe wohltuend von den genannten Stadtteilen
abhebt. Beſchiktaſch ſowie die ſchöne, große Allee nach Jildis
hinauf und ſchließlich Jildis ſelbſt bieten heute einen ruhigeren
Anblick, als je. Auf dem ganzen Wege fehlen dem Auge des
Kenners die Menge der früher hier umherziehenden Patrouillen
und die Unzahl der Spione. „Faſt menſchenleer“, könnte man
ſagen, erſcheint uns heute Jildis. Ungehindert fahren wir
die ſteile Rampe bis zum Haupteingang des Jildiſer Palais-
Viertels hinauf, und zwar, ohne rechts und links vom Wagen
die zahlreichen Spione in der Verkleidung von Bettlern oder
dienſtbefliſſenem Geſindel zu ſehen. Wir halten vor dem Tore,
ein Blick zeigt uns, daß auch hier nur höchſtens ein Viertel
ſo viel Menſchen in Tätigkeit iſt, wie früher. In der Er-
[Spaltenumbruch] wartung, daß uns mindeſtens ein Dutzend der bekannten
Zerberuſſe bei unſerem Eintritt durch das Tor des Sultans
entgegenſtürzen werden, um uns Viſitenkarten nebſt dem
üblichen Bakſchiſch abzunehmen und uns zu inquirieren, wen
wir zu ſprechen wünſchten uſw., gehen wir ruhig auf den
Torweg zu. Ganz beſcheiden ſtehen rechts und links einige
Torwächter, die uns einen freundlichen Salaam bieten und
ſich vor dem eben heraustretenden greiſen Marſchall Zekki-
Paſcha, der gerade ſeinen Abſchied als Großmeiſter der
Artillerie bekommen hatte, tief verneigen. Zekki-Paſcha reicht
mir freundlich die Hand, erk[u]ndigt ſich nach meinem Wohl-
ergehen und verabſchiedet ſich liebenswürdig wie immer nach
einer kurzen Unterhaltung über allgemeine Dinge.

In Jildis angekommen, faßte ich den Entſchluß, auch
weiter vorzudringen und zu verſuchen, ob wir vielleicht dieſen
oder jenen der hohen Würdenträger ſehen und ſprechen
könnten. Im Innern des Palaſtes traten wir ungehindert in
das links gelegene bekannte gelbe Gebäude ein, in dem ſich
die Bureaus und Empfangszimmer der nächſten Umgebung
des Sultans befinden. In dieſem Hauſe wimmelte es ſonſt
geradezu von Spionen aller Rangsklaſſen, von Nichtstuern,
Bittſtellern und ſonſtigen, auf ihr Zivilleben ſchwer feſtzu-
ſtellenden Individuen. Heute waren alle Korridore und Treppen
abſolut leer. An der Tür ſtand ein unglaublich gelangweilt
ausſehender junger Mann, der uns die Spazierſtöcke, die wir
nicht mitgebracht hatten, abnehmen wollte, und der nun, um
doch nicht ganz um ſeinen Bakſchiſch zu kommen, uns freund-
lichſt zu informieren ſuchte, wer in den verſchiedenen Zimmern
dieſes „Allerheiligſten Gebäudes“ momentan ſäße. Da uns
dies aber wenig intereſſierte und wir nunmehr beabſichtigten,
mit irgendeinem Würdenträger perſönlich zu ſprechen, ſo
ſtiegen wir die erſte Treppe hinauf, wo allerdings vor dem
Zimmer des bekannten erſten Sekretärs Tachſin-Paſcha etwas
mehr Leben herrſchte. Tachſin-Paſcha ließ ſich entſchuldigen,
daß er heute niemand empfangen könne; er ſitze momentan
in der Kommiſſion, welche die Schriftſtücke für den heutigen
Miniſterrat vorzubereiten hätte. In der Tat genügte ein
Blick in des armen Tachſin-Paſcha Zimmer, um zu erkennen,
daß dieſer Herr mehr als ſehr beſchäftigt war. Ein Verſuch,
dem Oberzeremonienmeiſter meine Hochachtung auszudrücken,
mißlang aus demſelben Grunde; denn auch Galib-Paſcha
war in derſelben Kommiſſion beſchäftigt. Beim Verlaſſen von
Jildis machte die angenehme Ruhe und Stille daſelbſt den-
ſelben wohltuenden Eindruck auf uns, wie beim Kommen.
Alles ſchien im alten Gleiſe ſeinen ruhigen Weg zu gehen,
und alles deutete darauf hin, daß man in Jildis mit der
neuen Lage der Dinge ſich abgefunden hat und der Aller-
höchſte Herr auch endlich mehr Ruhe gefunden.

Vor dem Tore von Jildis hatte ich noch Gelegenheit,
den ehrwürdigen alten Marſchall Chefket-Paſcha, Kommandant
von Jildis, zu begrüßen, der, dort auf einem einfachen Holz-
ſchemmel ſitzend, in althergearachter Gemütlichkeit ſeinen
Kaffee ſchlürfte, ſich freundlich wie immer mit einigen, vor
ihm am Boden kauernden Untergebenen unterhaltend. „Jildis
ſteht alſo noch und ſcheint ſich im allgemeinen recht wohl zu
befinden.“ Dieſe Ueberzeugung brachte ich von meiner etwas
ſonnigen Spazierfahrt bei zirka 30 Grad Reaumur im
Schatten mit nach Hauſe.




Vom Tage.


Niederöſterreichiſcher Landtag.

In der heutigen „Wiener Zeitung“ gelangt das kaiſer-
liche Patent vom 20. Juli zur Verlautbarung, mit welchem
der Landtag des Erzherzogtums Oeſterreichs unter der Enns
aufgelöſt und die Einleitung von Neuwahlen angeordnet wird.
Dieſelben ſind für die Zeit vom 26. Oktober bis 12. No-
vember ausgeſchrieben.




Aus Ungarn.
Der Miniſterrat.

Am Montag tritt nach ein-
monatiger Pauſe der Miniſterrat zuſammen, der über eine
Reihe wichtiger politiſcher Fragen verhandeln wird, ſo zunächſt
über die kroatiſchen Angelegenheiten, über die Feſtſtellung des
nächſtjährigen Budgets, das neue Wehrgeſetz und über das
Ausmaß der militäriſchen Reformen, beziehungsweiſe der
Konzeſſionen; weiter über das bosniſche Problem, das durch
Gewährung der Konſtitution in der Türkei Aktualität erlangt
hat; auch die Wahlreform wird Gegenſtand der Erörterungen
ſein und es wird von maßgebender Seite betont, daß in der
Frage der Wahlreform keinerlei Gegenſätze zwiſchen der Krone
und der Regierung beſtehen, ſo daß die Frage vollkommen
gelöſt erſcheint. Auch die parlamentariſche Lage wird diskutiert
werden und im Zuſammenhange damit die geplante Fuſion
der 48er Verfaſſungspartei. Wenn die Fuſion zuſtande kommt
und eine ſtarke, einheitliche Regierungspartei gebildet wird,
ſo wird dadurch ein Wunſch der Krone in Erfüllung gehen.
Vorerſt muß aber die Bankfrage bereinigt werden, die be-
kanntlich Anlaß zu verſchiedenen Konflikten zwiſchen den
beiden Parteien geboten hat.




Oeſterreich-Ungarn und Deutſchland.
Die Bundestreue.

(„Tel. der „Cz: Allg. Ztg.“)

Die
„Nordd. Allg. Ztg.“ kommt in ihrer Wochenrundſchau auf die
Auslaſſungen des Fürſten Schönburg im Herrenhauſe des öſter-
reichiſchen Reichsrates über die Bundestreue der

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[2/0002] Czernowitzer Allgemeine Zeitung. 4. Auguſt 1908. Dardanellen, wonach der engliſche Dampfer „Maria“ mit Izzet an Bord nachts in den Dardanellen eintraf. Mutteſarif ſprach mit Izzet. Der engliſche Konſul er- klärte, daß er nach den Inſtruktionen ſeitens der Botſchaft handeln werde. Die Gegenrevolution. Adrianopel, 3. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Geſtern kam es hier zur Gegenrevolution. Zwei In- fanterie-Regimenter verweigerten dem jungtürki- ſchen Komitee den Gehorſam. Die Truppen marſchierten angeblich unter Führung Hadjas nach Konſtantinopel. Die Geſchäfte ſind geſchloſſen. Es herrſcht große Panik. Die Lage iſt alarmierend. Deutſchland und die Türkei. Berlin, 3. Auguſt. (Tel. der „Cz. Allg. Ztg.“) Die „Norddeutſche Allgemeine Zeitung“ erwähnt in ihrer Wochen- rundſchau die Begrüßung des deutſchen Vertreters in Kon- ſtantinopel v. Kiderlen-Wächter durch den Sultan beim Selamlik, wobei v. Kiderlen-Wächter die Wünſche des deutſchen Kaiſers ausrichtete, daß der neue vom Sultan mit ſoviel Weisheit und ſo rückhaltlos betretene Weg ſeiner Regierung und ſeinem Lande zum Glück und Segen gereichen möge. Das Blatt fährt ſodann fort: Durch dieſe vom Geſandten von Kiderlen-Wächter im Auftrage des Kaiſers ausgeſprochenen Wünſche iſt die Stellung der deutſchen Politik zum Wandel der Dinge im türkiſchen Reiche klar gekennzeichnet. Wir wünſchen in der Türkei ein ſtarkes, freies Volk unter einem aufgeklärten Herrſcher. Als wichtigſtes Erfordernis der neuen Lage erſcheint uns, daß die ſo ver- heißungsvoll angebahnte und bis jetzt nicht unterbrochene Fühlung zwiſchen den Sultan und den Führern der türkiſchen Nation durch keine extremen Einflüſſe von der einen oder anderen Seite wieder geſtört werde. Der Glaube an die vortrefflichen Eigenſchaften im Charakter des türkiſchen Volkes hat bisher nicht getrogen, und wir möchten uns der hoffnungs- freudigen Stimmung unſerer türkiſchen Freunde gern an- ſchließen. Aus dem bisherigen Verlauf des Ereigniſſes wollen wir das Vertrauen ſchöpfen, daß es dem osmaniſchen Reiche gelingen werde, in guter Eintracht zwiſchen Herrſcher und Volk freie Bahn zu gewinnen für eine glückliche Zukunft im Sinne freiheitlichen Fortſchritts und nationaler Erſtarkung. Der Sultan. Konſtantinopel, 2. Auguſt. Da der Sultan die Ent- thronung befürchtet, hat er den Prinzen der kaiſerlichen Familie verboten, den Palaſt zu verlaſſen und die militäriſchen Wachen vor dieſem verdoppelt. Aus den Erklärungen, die der Jung- türkenchef Staatsrat Safnety-Nidſcha-Said abgegeben hat, ſind folgende Aeußerungen über den Sultan bemerkenswert: „Wir wollen dem Anſehen des Sultans als Kalif nicht ſchaden; aber er wird ſich auf ſeine Rolle als konſtitutioneller Herrſcher beſchränken müſſen. Wir wünſchen nicht ſeine Ab- ſetzung; wir werden uns den Luxus leiſten, ihn zu behalten. Er iſt übrigens ein in auswärtigen Angelegenheiten viel er- fahrener Mann. Wir halten es auch für vorteilhafter, daß der von uns Beſiegte unſer Souverän ſei, als daß wir uns einen neuen Herrn wählen.“ Die Parlamentswahlen. Konſtantinopel, 2. Auguſt. Die Vorbereitungen zu den Parlamentswahlen begegnen natürlich großen Hinderniſſen. Sie werden ja jetzt zum erſtenmal ſtattfinden, da die vor dreißig Jahren ſtattgehabten Wahlen nicht ernſt zu nehmen waren. Zur Unerfahrenheit der Behörden kommen die Schwierigkeiten des Verkehrs, der Mangel an Bahnen und und es würde uns gar nicht wundern, die harte Kritik zu hören: „Ja, wenn es ſich um Kavaliere handelt, da hört und ſieht das Gericht nichts!“ Wir ſind weit entfernt, in dieſen Vorwurf einzuſtimmen, aber ſo wenig wir auch in dieſem Betreff das Vorgehen des Gerichtes billigen können, begreifen können wir es. Begreifen deshalb, weil im Gerichtsſaal alle Dinge ein anderes Geſicht bekommen. Ein Separee-Abenteuer, das man ſonſt belächeln würde, nimmt, vor Gericht an die Oeffentlichkeit gezerrt, eine eigentümliche Färbung an. Da erſcheint es als ein Schritt vom Wege, als etwas Anrüchiges, ja Ehrenrühriges, etwas, was tief ins Privatleben eingreift, eine Bloßſtellung, die ſchwere Folgen nach ſich ziehen kann ... Das erſieht man aus den Kommentaren, die heute ſchon an eine Aeußerung Veiths geknüpft werden, der allerdings kein Einſichtiger Gewicht beilegen wird. Unter dieſen Geſichtspunkten erſcheint das Vorgehen des Gerichtes begreiflich. Aber die berechtigten Intereſſen des Privatlebens hätten auch geſchont werden können, ohne das Gerichtsverfahren zu beeinträchtigen: Durch ſtrengen Ausſchluß der Oeffentlichkeit. Der Ausſchluß der Oeffentlichkeit, das iſt ein Kapitel für ſich. Nach der heutigen Praxis unterſcheiden ſich die ge- heimen Verhandlungen von den öffentlichen nur dadurch, daß über geheime Verhandlungen ausführlichere Zeitungsberichte veröffentlicht werden als über öffentliche. Gewiß, auch wir haben dieſe Praxis, von der wir allein uns nicht ausſchließen können, mitgemacht, aber wir ſtehen nicht an, zu erklären, daß ſolche Verhandlungen nicht in die Oeffentlichkeit gehören. Heute bedeutet die Preſſe die Oeffentlichkeit, was nicht in der Zeitung ſteht, iſt nicht in der Oeffentlichkeit. Ausſchluß der Oeffentlichkeit bedeutet deshalb Ausſchluß der Berichterſtattung. Wäre im Prozeß Veith die Oeffentlichkeit ausgeſchloſſen, gewiß wäre der Staatsanwalt neugieriger geweſen. Telegraphen in den Provinzen. Auch iſt die Regierung in fortwährender Umbildung begriffen. Die Miniſter gehen, wie es ſchon bei einem alten türkiſchen Chroniſten heißt, auf der Pforte aus und ein wie Aktenſtücke. Täglich ein paar neue Miniſter, deren Herrlichkeit nur 24 Stunden oder noch weniger währt. Heute fand auf der Pforte ein „Miniſterrat“ ſtatt, an dem nur der Großveſir, der Handelsminiſter und der Miniſter des Innern teilnehmen konnten, weil alle anderen Miniſterien ihre Chefs eben verloren und noch keine neuen bekommen hatten. Die drei Herren berieten über die not- wendigſten Maßnahmen, um einen regelrechten Verlauf der Parlamentswahlen ſichern zu können. In Konſtantinopel iſt die Geiſtlichkeit mit der Zuſammenſtellung der Wählerliſten beauftragt worden. Die Imams, die Patriarchate und das Großrabbinat, dir allein ſind die verläßlichen Beſitzer der Adreſſen ihrer Gemeinden. Ein türkiſcher Kronrat. Konſtantinopel, 2. Auguſt. Der Sultan empfing heute den Großweſir Said-Paſcha dreimal. Hierauf fand eine ſtundenlauge Beratung des Sultans mit dem Großweſir, dem Scheich ul Islam und dem Miniſter des Aeußern ſtatt. Es wurden zahlreiche Veränderungen im Verwaltungskorps und im Diplomatenkorps beſchloſſen. Die Walis werden alle abgeſetzt und durch neue Männer erſetzt werden. Die Walis von Bagdad und Siwas, die ſich durch ihre korrupte Wirtſchaft mißliebig gemacht haben und dadurch Unruhen verurſachten, wurden heute telegraphiſch ihrer Poſten enthoben. Nach Bagdad kommt Naſim-Paſcha, ein liberaler, ſeit langer Zeit Reformen anſtrebender höherer Beamter Meſopotamiens. In faſt allen Städten des Reiches werden die Polizeichefs ge- wechſelt. Ein Situationsbericht. Konſtantinopel, 2. Auguſt. (Orig.-Kor.) Den Vorwurf, den der abgetretene Finanzminiſter gegen die jetzige Regierung erhoben hat, nämlich, daß ſie in der Durchführung der notwendigen Maßregeln zu langſam ſei und zu wenig Einfluß auf den Sultan habe, hat allgemein Eindruck gemacht. Es wird jetzt auch bekannt, daß die Freilaſſung der gemeinen Verbrecher auf Betreiben des abgeſetzten Polizeiminiſters Hamdi erfolgt iſt, dem die Regierung entſprechenden Widerſtand zu leiſten verabſäumte. Wie wenig ſie auf den Sultan einzuwirken vermag, geht ſchon daraus hervor, daß — keineswegs bloß gerüchtweiſe — behauptet wird, die allgemeine Begnadigung der politiſchen Verbrecher ſei nur durch den Einfluß Izzets zu erreichen geweſen, der zweifellos anfänglich verſucht hat, ins neue Regime hinüber zu voltigieren. Soweit ich die Stimmung der hieſigen Jungtürken be- urteilen kann, haben ſie Vertrauen zu der Aufrichtigkeit der Verſicherungen des Sultans, im übrigen aber iſt es ihnen, da die Rückkehr zum alten Syſtem als ausgeſchloſſen gilt, ziemlich gleichgültig, wer auf dem Throne ſitzt. Sie wollen ein verantwortliches Miniſterium, das wirklich regiert, was von der jetzigen Regierung allerdings nicht geſagt werden kann. Indeſſen führt die ganze Bewegung nicht die Hauptſtadt, ſondern die radikalere Provinz. Die Abordnung aus Saloniki, die hierher kommen ſollte, hat die Fahrt auf Wunſch der hieſigen Jungtürken unterlaſſen; ſie begab ſich bloß bis Adrianopel und hat geſtern von dort die Heimreiſe angetreten. Nur ein Vertra ensmann des Saloniker Komitees iſt heute hier eingetroffen. Er überbringt beſtimmte Forderungen, die jedenfalls über die bisherigen hinausgehen. Die Hauptſchwierigkeiten der Lage (von der Finanznot abgeſehen) beſtehen nach alledem darin, daß das große Heer der bisherigen Spione, die zum Teil brotlos geworden ſind, in Gemeinſchaft mit den freigelaſſenen Verbrechern zu allem fähig iſt, und daß in der Provinz auch nicht im mindeſten die Begeiſterung für den Sultan herrſcht wie hier. Meldungen aus Adrianopel verzeichnen Reden, worin für die Türkei Herrſcher wie Wilhelm II. oder Eduard VII. herbeigewünſcht wurden. In Saloniki erfolgten offene Akte der Abneigung gegen den Sultan, indem öffentliche, ihm gewidmete In- ſchriften entfernt wurden. Wie weit die hiebei ausgebrachten Hochrufe auf den Prinzen Juſſuf Izzedin, den älteſten Sohn des Sultans Abdul Hamid, ernſt zu nehmen ſind, iſt ſchwer zu ſagen. Immerhin ſteht feſt, daß er im Volke Sympathie genießt; jüngſt bereitete man ihm Huldigungen auf ſeinem Bosporus-Schloſſe bei Skutari. Juſſuf Izzedin iſt der zweit- älteſte Prinz des Hauſes Osman. Ernſte Jungtürken denken freilich keineswegs an eine Aenderung der durch den dritten Artikel der Verfaſſung von 1876 feſtgelegten Thronfolge- ordnung, die dem älteſten Prinzen des Herrſcherhauſes (im vorliegenden Falle Muhammed Reſchad) die Nachfolge zuweiſt. Eine Spazierfahrt nach Jildis. Konſtantinopel, Ende Juli. Heute fuhr ich nach Jildis, um in Form einer Spazierfahrt einmal das alte, bekannte Jildis im neuen Lichte, oder beſſer geſagt, in der neuen Beleuchtung ſelbſt in Augenſchein zu nehmen und einmal nachzuſehen, ob da oben überhaupt noch jemand exiſtiert und lebt. In den, vor lauter Enthuſiasmus noch immer in tobendem Lärm befindlichen Straßen von Stambul, Galata und Pera berührte es außerordentlich an- genehm, als wir nach der kurzen Fahrt bei Dolma- Bagtſche vorüber in den Stadtteil Beſchiktaſch einlekten, der ſich in ſeiner Ruhe wohltuend von den genannten Stadtteilen abhebt. Beſchiktaſch ſowie die ſchöne, große Allee nach Jildis hinauf und ſchließlich Jildis ſelbſt bieten heute einen ruhigeren Anblick, als je. Auf dem ganzen Wege fehlen dem Auge des Kenners die Menge der früher hier umherziehenden Patrouillen und die Unzahl der Spione. „Faſt menſchenleer“, könnte man ſagen, erſcheint uns heute Jildis. Ungehindert fahren wir die ſteile Rampe bis zum Haupteingang des Jildiſer Palais- Viertels hinauf, und zwar, ohne rechts und links vom Wagen die zahlreichen Spione in der Verkleidung von Bettlern oder dienſtbefliſſenem Geſindel zu ſehen. Wir halten vor dem Tore, ein Blick zeigt uns, daß auch hier nur höchſtens ein Viertel ſo viel Menſchen in Tätigkeit iſt, wie früher. In der Er- wartung, daß uns mindeſtens ein Dutzend der bekannten Zerberuſſe bei unſerem Eintritt durch das Tor des Sultans entgegenſtürzen werden, um uns Viſitenkarten nebſt dem üblichen Bakſchiſch abzunehmen und uns zu inquirieren, wen wir zu ſprechen wünſchten uſw., gehen wir ruhig auf den Torweg zu. Ganz beſcheiden ſtehen rechts und links einige Torwächter, die uns einen freundlichen Salaam bieten und ſich vor dem eben heraustretenden greiſen Marſchall Zekki- Paſcha, der gerade ſeinen Abſchied als Großmeiſter der Artillerie bekommen hatte, tief verneigen. Zekki-Paſcha reicht mir freundlich die Hand, erkundigt ſich nach meinem Wohl- ergehen und verabſchiedet ſich liebenswürdig wie immer nach einer kurzen Unterhaltung über allgemeine Dinge. In Jildis angekommen, faßte ich den Entſchluß, auch weiter vorzudringen und zu verſuchen, ob wir vielleicht dieſen oder jenen der hohen Würdenträger ſehen und ſprechen könnten. Im Innern des Palaſtes traten wir ungehindert in das links gelegene bekannte gelbe Gebäude ein, in dem ſich die Bureaus und Empfangszimmer der nächſten Umgebung des Sultans befinden. In dieſem Hauſe wimmelte es ſonſt geradezu von Spionen aller Rangsklaſſen, von Nichtstuern, Bittſtellern und ſonſtigen, auf ihr Zivilleben ſchwer feſtzu- ſtellenden Individuen. Heute waren alle Korridore und Treppen abſolut leer. An der Tür ſtand ein unglaublich gelangweilt ausſehender junger Mann, der uns die Spazierſtöcke, die wir nicht mitgebracht hatten, abnehmen wollte, und der nun, um doch nicht ganz um ſeinen Bakſchiſch zu kommen, uns freund- lichſt zu informieren ſuchte, wer in den verſchiedenen Zimmern dieſes „Allerheiligſten Gebäudes“ momentan ſäße. Da uns dies aber wenig intereſſierte und wir nunmehr beabſichtigten, mit irgendeinem Würdenträger perſönlich zu ſprechen, ſo ſtiegen wir die erſte Treppe hinauf, wo allerdings vor dem Zimmer des bekannten erſten Sekretärs Tachſin-Paſcha etwas mehr Leben herrſchte. Tachſin-Paſcha ließ ſich entſchuldigen, daß er heute niemand empfangen könne; er ſitze momentan in der Kommiſſion, welche die Schriftſtücke für den heutigen Miniſterrat vorzubereiten hätte. In der Tat genügte ein Blick in des armen Tachſin-Paſcha Zimmer, um zu erkennen, daß dieſer Herr mehr als ſehr beſchäftigt war. Ein Verſuch, dem Oberzeremonienmeiſter meine Hochachtung auszudrücken, mißlang aus demſelben Grunde; denn auch Galib-Paſcha war in derſelben Kommiſſion beſchäftigt. Beim Verlaſſen von Jildis machte die angenehme Ruhe und Stille daſelbſt den- ſelben wohltuenden Eindruck auf uns, wie beim Kommen. Alles ſchien im alten Gleiſe ſeinen ruhigen Weg zu gehen, und alles deutete darauf hin, daß man in Jildis mit der neuen Lage der Dinge ſich abgefunden hat und der Aller- höchſte Herr auch endlich mehr Ruhe gefunden. Vor dem Tore von Jildis hatte ich noch Gelegenheit, den ehrwürdigen alten Marſchall Chefket-Paſcha, Kommandant von Jildis, zu begrüßen, der, dort auf einem einfachen Holz- ſchemmel ſitzend, in althergearachter Gemütlichkeit ſeinen Kaffee ſchlürfte, ſich freundlich wie immer mit einigen, vor ihm am Boden kauernden Untergebenen unterhaltend. „Jildis ſteht alſo noch und ſcheint ſich im allgemeinen recht wohl zu befinden.“ Dieſe Ueberzeugung brachte ich von meiner etwas ſonnigen Spazierfahrt bei zirka 30 Grad Reaumur im Schatten mit nach Hauſe. Vom Tage. Czernowitz, 3. Auguſt. Niederöſterreichiſcher Landtag. In der heutigen „Wiener Zeitung“ gelangt das kaiſer- liche Patent vom 20. Juli zur Verlautbarung, mit welchem der Landtag des Erzherzogtums Oeſterreichs unter der Enns aufgelöſt und die Einleitung von Neuwahlen angeordnet wird. Dieſelben ſind für die Zeit vom 26. Oktober bis 12. No- vember ausgeſchrieben. Aus Ungarn. Der Miniſterrat. Budapeſt, 2. Auguſt. Am Montag tritt nach ein- monatiger Pauſe der Miniſterrat zuſammen, der über eine Reihe wichtiger politiſcher Fragen verhandeln wird, ſo zunächſt über die kroatiſchen Angelegenheiten, über die Feſtſtellung des nächſtjährigen Budgets, das neue Wehrgeſetz und über das Ausmaß der militäriſchen Reformen, beziehungsweiſe der Konzeſſionen; weiter über das bosniſche Problem, das durch Gewährung der Konſtitution in der Türkei Aktualität erlangt hat; auch die Wahlreform wird Gegenſtand der Erörterungen ſein und es wird von maßgebender Seite betont, daß in der Frage der Wahlreform keinerlei Gegenſätze zwiſchen der Krone und der Regierung beſtehen, ſo daß die Frage vollkommen gelöſt erſcheint. Auch die parlamentariſche Lage wird diskutiert werden und im Zuſammenhange damit die geplante Fuſion der 48er Verfaſſungspartei. Wenn die Fuſion zuſtande kommt und eine ſtarke, einheitliche Regierungspartei gebildet wird, ſo wird dadurch ein Wunſch der Krone in Erfüllung gehen. Vorerſt muß aber die Bankfrage bereinigt werden, die be- kanntlich Anlaß zu verſchiedenen Konflikten zwiſchen den beiden Parteien geboten hat. Oeſterreich-Ungarn und Deutſchland. Die Bundestreue. Berlin, 3. Auguſt. („Tel. der „Cz: Allg. Ztg.“) Die „Nordd. Allg. Ztg.“ kommt in ihrer Wochenrundſchau auf die Auslaſſungen des Fürſten Schönburg im Herrenhauſe des öſter- reichiſchen Reichsrates über die Bundestreue der

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 1369, Czernowitz, 04.08.1908, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer1369_1908/2>, abgerufen am 29.04.2024.