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Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910.

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25. Oktober 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] Hutes. Der würdige Richter blickte mißbilligend auf diese
bizare Blüte modischer Phantasie und wandte sich dann zu
der Zeugin: "Schlagen Sie Ihren Hut zurück!" Die
junge Dame bog die Krempe ein wenig aufwärts, und
mag sah in der Tat ein kleines Stück Nase. Aber der
Richter war nicht zufrieden und legte Verwahrung ein: "Ich
kann Ihre Augen nicht sehen, und in einem solchen Prozeß
sind die Augen die Fenster der Seele." Die Krempe wird
wieder um ein kleines Stück höher gebogen. "Genügt das?"
"Nein," entscheidet der Richter, "es genügt nicht. Ihr Gesicht
liegt in einem dunklen Schatten verhüllt und ich sehe keine
Augen." "Ich kann den Hut nicht weiter zurücksetzen," prote-
stiert die junge Schöne. "Sie sind eine höchst halsstarrige
junge Dame." "Dann werde ich den Hut abnehmen." "Nein,
das werden Sie nicht, denn ich will keine Dame barhaupt
vor Gericht sehen." Die Zeugin zieht bereits die Hutnadeln
heraus, aber schließlich läßt sie sich überreden: mit vieler
Mühe gelingt es endlich, das Hutungeheuer so weit zu zähmen,
daß man unter dem mächtigen Rad etwas zu sehen bekommt,
was möglicherweise die Augen der jungen Modedame ge-
wesen sein können.

[Zobeldiebstahl].

Ein russischer Transport von
Pelzen, der dieser Tage in Frankfurt a. M. anlangte, war
stark reduziert. Unterwegs hatten internationale Spitzbuben
200 Zobelpelze im Werte von 73.000 Mark gestohlen.

[Die Frage nach der Konfession].

Aus
Budapest wird gemeldet: In politischen Kreisen wird ein
liberaler Beschluß des Justizausschusses des Abgeordnetenhauses,
welcher derzeit den Gesetzentwurf über die Zivilprozeßordnung
behandelt, vielfach erörtert. Der Ausschuß hat nämlich auf
Antrag des zur nationalen Arbeitspartei gehörigen Abge-
ordneten Siegmund Varady einstimmig beschlossen, dem
Abgeordnetenhause vorzuschlagen, aus dem Entwurf jenen
Paragraphen zu streichen, welcher sich darauf bezieht, daß der
Richter an den Zeugen die Frage stellt, welcher Konfession
er angehöre.

[Ein unbekannter Onkel König Manuels].

Jetzt erst erfährt man, daß in England ein Onkel des Königs
Manuel unter dem Namen eines Paters Dane lebt. Dieser
Pater ist einem Liebesroman des verstorbenen portugiesischen
Königs Dom Louis II., des Gemahls der Königin Maria
Pia, entsprossen. Als Louis während der Regierung seines
Bruders, des Königs Peter V., in London weilte, lernte er
dort eine bildhübsche Engländerin Miß York kennen, in die
er sich verliebte und mit der er sich bald darauf trauen ließ.
Dieser Ehe entsproß ein Knabe, der jetzige Pater Dane von
Sachsen und Braganza genannt. Als aber Louis nach dem
Giftmord den portugiesischen Thron bestieg, erklärte die Kirche
auf Betreiben der Monarchisten die Ehe für ungiltig, und
er heiratete Maria Pia von Savonyen.

[Ein Wanzenprogrom.]

Aus Petersburg be-
richtet man: Eine Nachtherberge in der hiesigen Ssutugina-
straße war berüchtigt wegen ihres Reichtums an Wanzen, so
daß man sich kürzlich entschloß, einem Arzt die Vertilgung
des Ungeziefers zu übertragen. Der Jünger Aeskulaps ist
mit Feuer und Schwert gegen die altrussische Ueberlieferung
der "Paßloesen", wie der Volksksmund das liebe heimatliche
Zubehör gern lächelnd nennt, vorgegangen; seine Ernte in
einer Nacht betrug nicht weniger als -- 50 Pfund Wanzen.
Jedenfalls ist es als ein Fortschritt zun bezeichnen, daß der
Erbfeind des in Rußland reisenden Westeuropäers im er-
wachenden Rußland gewogen und nicht zu leicht befunden
wird.

[Das Urteil eines reichsdeutschen Offiziers
über unsere Marine.]

Der bekannte Marineschriftsteller
Kapitän zur See Persius schreibt in einem lesenswerten
Aufsatz im "Tag", die Italiener beanspruchten die Adria
als italienisches Meer und Oesterreich sehe ohne Vorherr-
schaft auf der Adria seinen Lebensnerv bedroht. Zeige
dieses nicht jetzt den Willen zur Tat, bringe das Volk
nicht die notwendigen Opfer für die Wehrmacht zur See,
so folge es freilich der Tradition, aber es begebe sich
seines Anteils an dem "Higway of the nations", seines
Anspruches auf die Futterplätze der Erde. Wie oft habe bureau-
kratische Kurzsichtigkeit, mangelndes Verständnis, unange-
brachte Knauserei Orgien in der Geschichte der k. u. k. Marine
gefeiert. Nach einem historischen Ueberblick über die öster-
reichische Kriegsmarine seit 1840 schreibt Persius, nicht nur
nach der Zahl sei die italienische Kriegsmarine der österr.-
ungarischen heute weit überlegen, sondern auch wesentlich im
Schiffsmaterial, besonders wenn man die Größe und das Alter
der Schiffe in Betracht zieht. Dieses Verhältnis werde sich jedoch
entsprechend dem Fortschritt der Neubauten noch wesentlich
zugunsten Italiens verschieben. Es wäre aber verkehrt, etwa
dem österreichischen Marinekommandanten hieraus einen Vorwurf
zu machen. Im Gegenteil habe es kaum eine Marinverwaltung
verstanden, mit den beschränkten Mitteln so viel zu leisten,
wie es in Oesterreich-Ungarn geschehen sei. Die Schiffs-
konstruktion sei erstklassig, aus dem geringen Deplacement sei
das Menschenmögliche herausgeholt. Das Sparsystem in der
Marine stehe einzig da. Während die österreichisch-ungarische
Kauffahrtmarine 1909 im ganzen 293 Dampfer mit 538.778
Retrotonnen zählte, das Kriegsmarinebudget aber 53 9
Millionen Mark betrug, belief sich das italienische Marine-
budget auf 153·7 Millionen bei einer Handelsdampfertonnage
von 598.900 Nettotonnen. In deutschen Marinekreisen habe
man die lebhaftesten Sympatihen für die österreichisch-ungarische
Kriegsflotte. Man achte ihre glorreiche Kriegsgeschichte, be-
neide sie um die Ruhmestaten bei Helgoland und Lissa, aber man
könne sich dem Bedauern nicht verschließen, daß das Herab-
sinken von einstiger Größe unaufhaltsam seinen Weg nehme.
Inniges Mitgefühl empfinde man mit dem ausgezeichneten
Offizierskorps, das besonders in beruflich wissenschaftlicher
Beziehung vorbildlich sei. Voll Spannung werde man vor
allem in den reichsdeutschen Marinekreisen die Verhandlungen
in den Parlamenten verfolgen. Kommt das Flottengesetz
zur Annahme, so werde in den Kreisen der Freunde eines
auch zur See starken Oesterreich-Ungarns lebhafte Genugtuung
[Spaltenumbruch] herrschen. Die erwachende Seegeltung der Monarchie im
Mittelmeer könne der Festigung der europäischen Gleichgewichts-
lage, dem Frieden, nur dienlich sein.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Der Brand der Schloßmann'schen
Mühle.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag brach gegen
3 Uhr aus bisher unbekannter Ursache in der Schloßmann'schen
Mühle ein Feuer aus, das mit solcher Schnelligkeit um sich
griff, daß bald das ganze' Mühlengebäude ein Flammenmeer
bildete. Der Feuerschein beleuchtete die ganze Stadt taghell
und lockte noch in der Nacht eine ungeheuere Zuschauermenge
heran. Die Polizei hatte Mühe, dieselbe vom Brandplatze
fernzuhalten. Die Feuerwehr, die Samstag nachmittag eine
Garnisonslöschübung mit Allarmierung absolviert und Samstag
abends einen Kellerbrand in der Herrengasse zu bewältigen
gehabt hatte, arbeitete mit Anspannung aller Kräfte und
unter eigener Lebensgefahr um diesem Riesenbrande Einhalt
zu tun, und es muß lobend verzeichnet werden, daß es ihren
Bemühungen gelang, alle 14 Nebengebäude der Mühle zu
retten.

Die Bekämpfung der Feuersbrunst.

Samstag nachts wurde gegen 3 Uhr 15 Minuten der
Feuermelder der Schloßmann'schen Mühle in der Pruthgasse
gezogen. Sofort begab sich ein kompletter Löschzug mit einer
Dampsspritze ausgerüstet auf den Brandplatz. Das Feuer war
im 5. Stockwerke des Mühlenhauptgebändes knapp unter
dem Dachstuhle ausgebrochen. Es wurden zwei Schlauchlinien
aktiviert, die sich jedoch als ganz unzulänglich erwiesen. Das
Feuer griff äußerst rasch um sich, die Flammen schlugen aus
den Fenstern heraus und die Sofiddecke stürzte ein. Das
Feuer verbreitete sich
namentlich durch die Holz-
schächte, die zur Beförderung des in Verarbeitung befindlichen
Rohproduktes von einem Stockwerke ins andere dienen, mit
ungehenerer Schnelligkeit
bis in die untersten
Räume. Da das Hauptgebände nicht mehr zu
retten
war, mußte sich die Feuerwehr darauf beschränken,
die Nebengebäude und hauptsächlich das knapp am Haupt-
gebäude befindliche Magazin zu retten. Sämtiiche Häuser in
der Pruthgasse, die mit Schindeln gedeckt waren, befanden
sich in fortwähren der Gefahr, weil der vom
Brandplatze sich ausbreitende Funkenregen sich ringsum, sogar
bis weit über den Bahnhof hinaus, ergoß.

An der Löschaktion nahmen die städtische Feuer-
wehr
unter Führung des Oberkommandanten Jenner, des
Brandmeisters Miecinski und Brandmeisterassistenten
Panowski und die freiwillige Feuerwehr unter
Führung ihres Kommandanten Zajanczkowski teil.
L[e]tztere traf um halb 5 Uhr früh auf dem Brandplatze ein.
Die Feuerwehr arbeitete mit insgesamt 10 Schlauchlinien,
welche von zwei Dampfspritzen und zwei Handkraftspritzen
gespeist wurden. Wasser wurde von der Wasserleitung in
der Wassergasse und von dem Teich in der Schloßmann'schen
Mühle bezoger. Um 3/45 Uhr früh erschienen am Brand-
platze die Pionierabteilung des 41. Infanterie-
regiments,
ebenso die Bereitschaft des Landwehrinfanterie-
regimentes Nr. 22 und des Ulanenregimentes Nr. 8 und
beteiligten sich ebenfalls wacker an der Löschaktion. Die
Arbeiten gestalteten sich ziemlich schwierig, nachdem gegen
6 Uhr ein starker Wind sich plötzlich eingestellt hatte. Große
Anstrengungen erforderte es auch, das ans Hauptgebäude
knapp anstoßende Magazin vor dem Feuer zu bewahren. Bei
den zu diesem Zwecke vorgenommenen Arbeiten wurden drei
Feuerwehrmänner
von dem aufsteigenden Qualm fast
erstickt
und nur mit Mühe konnten sie noch mittelst Hacken-
leitern aus ihrer gefährlichen Situation gerettet werden. Die
Feuerwehr arbeitet noch heute, Montag, mit einer Dampf-
spritze und 10 Mann am Brandorte, um das durch zeit-
weilig eintretenden Funkenflug noch jetzt gefährdete Magazin
zu überwachen.

Der Schaden.

Der Schaden, der durch diesen Brand angerichtet wurde,
wird mit ungefähr einer Million Kronen beziffert, doch läßt
sich die Schadensumme bisher noch nicht genau feststellen.
Niedergebrannt ist das Hauptgebäude der Mühle,
(die Müllerei, Kopperei und das Maschinenhaus) mit allen
maschinellen Einrichtungen und bedeutenden Frucht-
mengen,
welche sich im Hauptgebäude befanden. Es sind
dies ungefähr 80 Waggon Getreide und Mehl. Die
beiden Magazine, welche mit großen Vorräten angefüllt sind,
wurden gerettet. Das an das Hauptgebäude der Mühle
anstoßende Magazin enthält zirka 800 Sack Mehl und
35 Waggon Weizen. Hievon sind durch das beim Löschen
eingedrungene Wasser 13 Waggon Getreide ver-
dorben.
Die Mühle ist bei der Krakauer Ver-
sicherungsgesellschaft
und dem "Phönix" auf
zirka 4 Millionen Kronen gegen Feuer ver-
sichert.
Diese Gesellschaften sind rückversichert.

Die Schloßmann'sche Mühle,

die im Besitze einer Aktiengesellschaft steht, brannte einmal
in der Sylvesternacht des Jahres 1886 nieder. Die Mühle
wurde damals total eingeäschert, hierauf jedoch wieder auf-
gebaut. Vor ungefähr 4 Jahren trat der hiesige Kaufmann
Hersch Trichter als Hauptaktionär der Gesellschaft bei.
Zu dieser Zeit wurde die Mühle umgestaltet, ergänzt und
erweitert. Die Mühle wird seither antomatisch betrieben, so
daß nur 16--18 Arbeiter in derselben angestellt waren. In
[Spaltenumbruch] jedem Stockwerk befanden sich vier Arbeiter, die zum Oelen
der Maschinenbestandteile und zu Handlangerdiensten verwendet
wurden. Der Präsident des Verwaltungsrates der Schloß-
mannschen Mühlenaktiengesellschaft ist Kammerpräsident von
Langenhan. Am

Brandplatze

erschienen Bürgermeister Baron Fürth, Regierungsrat
Tarangul, Bezirkskommissär Dr. Oehl, Stadtrat
Brunstein, Magistratskommissär Gutmann, viele
Gemeinderäte und Offiziere.

Man befürchtet jetzt, daß die Mauern des Hauptgebäudes,
namentlich aber die Frontmauer, die schon mehrere Risse
aufweist, einstürzen werden. Die Polizei hat auch aus diesem
Grunde den ganzen Raum vor dem Hauptgebäude vom Ver-
kehre abgesperrt. Zu erwähnen wäre noch, daß Sonntag um
6 Uhr früh infolge des Funkenregens ein Wohnhaus in
der Wassergasse
zu brennen anfing und das Feuer hier
nur mit Mühe gelöscht werden konnte.




Eine Millionen-Affäre des Zentral-
verbandes der rumänischen Raiffeisen-
kassen.

Aus Wien wird uns telegraphiert: Die "Sonn- und
Montagszeitung" bringt unter dem Titel "Ein neues
christlichsoziales Panama" eine Meldung aus Prag, derzufolge
der dortige Zentralverband der czechischen Sparkassen am
17. d. M. an den bukowiner Landesausschuß ein Schreiben
gerichtet habe, in welchem der Landesausschuß als kompetente
Aufsichtsbehörde auf Unregelmäßigkeiten in der Gebarung der
Zentralorganisation rumänischer Raiffeisenkassen aufmerksam
gemacht und mitgeteilt wird, daß der Zentralverband bei der
Ustredni banka einen Kredit von mehr als neun Millionen Kr.
in Anspruch genommen habe. Die unmittelbare Veranlassung
des Schreibens sei die Tatsache gewesen, daß am 9. Oktober Wechsel
des Verbandes rumänischer Raiffeisenkassen über zwei Millionen
protestiert werden mußten. An diese Meldung knüpft genanntes
Blatt ausführliche Details über die Geschichte der christlich-
sozialen Bewegung in der Bukowina, welche von Geßmann
inauguriert wurde, und in welche die Rumänen hineingezerrt
worden seien und die zu den finanziellen Schwierigkeiten von
heute geführt haben. "Die armen rumänischen Bauern -- so
schließt der Artikel -- werden die unabsehbaren Konsequenzen
dieser Angelegenheit tragen müssen."




Wir haben auf diese Meldung hin Informationen beim
Landesausschuß, der hiesigen Filiale der Ustredni
banka
und der Direktion des Zentralver-
bandes
der rumänischen Raiffeisenkassen
eingezogen, die folgendes ergaben:

Landeshauptmannstellvertreter Dr. Smal-Stocki er-
klärte, daß das bewußte Schreiben tatsächlich an den Landes-
ausschuß eingetroffen sei. Es handle sich jedoch keineswegs
um einen Betrag von zwei Millionen. Daß die Kreditver-
bindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank sich auf
9 Millionen bezifferten, können ungefähr der Wahrheit ent-
sprechen. Die durch den Landesausschuß geübte Kontrolle
habe nie einen Anstand in der Geschäftsgebahrung ergeben. Der
Landesausschuß habe das Referat über diese Angelegenheit
dem Landesausschusse Dr. Lupu zugewiesen, dem nach den
Bestimmungen der neuen Landesordnung die Berichterstattung
über diese die Rumänen betreffende Angelegenheit zufalle.

Der Direktor des Zentralverbandes der rumänischen
Raiffeisenkassen, Landesbankpräsident Dr. Lupu teilt über die
Angelegenheit im Wesentlichen folgendes mit: In dieser An-
gelegenheit sind Verwechslungen, Mißverständnisse und bös-
willige Entstellungen gleichzeitig zu konstatieren.

Die allgemeinen Kreditverbindlichkeiten des Verbandes
bei der Zentralbank czechischer Sparkassen betragen allerdings
neun Millionen Kronen. Diesen Krediten, welche ausschließlich
für die Zwecke des Verbandes in Anspruch genommen wurden, steht
eine Haftpflicht des Vereines bis zu einem Betrage von 21/2 Mill.
gegenüber, der Verband hat 80.000 K an eingezahlten Anteil-
scheinen a 100 K und ist bis zur dreißigfachen Höhe haftpflichtig.
Diese ganze von der Sonn- und Montagszeitung angeschnittene
Frage hat mit diesem Kredit jedoch nicht das geringste zu tun.
Es handelt sich um einen Spezialkredit von 5 M[i]llionen Kronen,
welcher durch die statutenmäßige Vermittlung des Verbandes
einer Kreditgenossenschaft in Gurahumora und einer Czer-
nowitzer Kreditgenossenschaft zur Finanzierung des Holzge-
schäftes einer aus den Herren Dr. Criclevici, Gregor
Ballan, Enstafie Paskovici und Grigor Floristeann
gebildeten Gesellschaft besorgt wurde. Diese Gesellschaft kaufte
vor zwei Jahren bekanntlich vom Religionsfonds ca. 5000 Hektar
Holzbestand in Suczawa- und Moldawatale zur Abstockung
binnen zehn Jahren. Das mit dem Spezialkredit von fünf
Millionen begonnene Geschäft ist seit zwei Jahren im Gange
und wirst seit Frühjahr 1910 bedeutende monatlich steigende
Erträgnisse ab, die bereits zur Tilgung der erwähnten Kredit-
verbindlichkeiten herangezogen werden. Haftungspflichtig sind
in erster Reihe die den erwähnten Kreditgenossenschaften ange-
hörenden Gesellschafter, deren Vermögen auf 11/2 Millionen
zu schätzen ist, hierauf diese Kreditgenossenschaften mit etwa
500.000 K selbst und erst in dritter Linie der Zentralverband.
Zu einer Beanspruchung dieser Haftpflichten ist es jedoch
bisher nie gekommen und wird auch nicht dazu kommen, da
die Kapitalsanlage eine völlig sichere ist. Die Meldung von
der erfolgten Präsentierung eines Wechsels über zwei Millionen
ist unrichtig. Präsentiert wurde ein Akzept über 200.000 Kr.
Dasselbe mußte jedoch aus rein formellen, wechsel-
rechtlichen
Gründen protestiert werden, weil die Unter-

25. Oktober 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung.

[Spaltenumbruch] Hutes. Der würdige Richter blickte mißbilligend auf dieſe
bizare Blüte modiſcher Phantaſie und wandte ſich dann zu
der Zeugin: „Schlagen Sie Ihren Hut zurück!“ Die
junge Dame bog die Krempe ein wenig aufwärts, und
mag ſah in der Tat ein kleines Stück Naſe. Aber der
Richter war nicht zufrieden und legte Verwahrung ein: „Ich
kann Ihre Augen nicht ſehen, und in einem ſolchen Prozeß
ſind die Augen die Fenſter der Seele.“ Die Krempe wird
wieder um ein kleines Stück höher gebogen. „Genügt das?“
„Nein,“ entſcheidet der Richter, „es genügt nicht. Ihr Geſicht
liegt in einem dunklen Schatten verhüllt und ich ſehe keine
Augen.“ „Ich kann den Hut nicht weiter zurückſetzen,“ prote-
ſtiert die junge Schöne. „Sie ſind eine höchſt halsſtarrige
junge Dame.“ „Dann werde ich den Hut abnehmen.“ „Nein,
das werden Sie nicht, denn ich will keine Dame barhaupt
vor Gericht ſehen.“ Die Zeugin zieht bereits die Hutnadeln
heraus, aber ſchließlich läßt ſie ſich überreden: mit vieler
Mühe gelingt es endlich, das Hutungeheuer ſo weit zu zähmen,
daß man unter dem mächtigen Rad etwas zu ſehen bekommt,
was möglicherweiſe die Augen der jungen Modedame ge-
weſen ſein können.

[Zobeldiebſtahl].

Ein ruſſiſcher Transport von
Pelzen, der dieſer Tage in Frankfurt a. M. anlangte, war
ſtark reduziert. Unterwegs hatten internationale Spitzbuben
200 Zobelpelze im Werte von 73.000 Mark geſtohlen.

[Die Frage nach der Konfeſſion].

Aus
Budapeſt wird gemeldet: In politiſchen Kreiſen wird ein
liberaler Beſchluß des Juſtizausſchuſſes des Abgeordnetenhauſes,
welcher derzeit den Geſetzentwurf über die Zivilprozeßordnung
behandelt, vielfach erörtert. Der Ausſchuß hat nämlich auf
Antrag des zur nationalen Arbeitspartei gehörigen Abge-
ordneten Siegmund Varady einſtimmig beſchloſſen, dem
Abgeordnetenhauſe vorzuſchlagen, aus dem Entwurf jenen
Paragraphen zu ſtreichen, welcher ſich darauf bezieht, daß der
Richter an den Zeugen die Frage ſtellt, welcher Konfeſſion
er angehöre.

[Ein unbekannter Onkel König Manuels].

Jetzt erſt erfährt man, daß in England ein Onkel des Königs
Manuel unter dem Namen eines Paters Dane lebt. Dieſer
Pater iſt einem Liebesroman des verſtorbenen portugieſiſchen
Königs Dom Louis II., des Gemahls der Königin Maria
Pia, entſproſſen. Als Louis während der Regierung ſeines
Bruders, des Königs Peter V., in London weilte, lernte er
dort eine bildhübſche Engländerin Miß York kennen, in die
er ſich verliebte und mit der er ſich bald darauf trauen ließ.
Dieſer Ehe entſproß ein Knabe, der jetzige Pater Dane von
Sachſen und Braganza genannt. Als aber Louis nach dem
Giftmord den portugieſiſchen Thron beſtieg, erklärte die Kirche
auf Betreiben der Monarchiſten die Ehe für ungiltig, und
er heiratete Maria Pia von Savonyen.

[Ein Wanzenprogrom.]

Aus Petersburg be-
richtet man: Eine Nachtherberge in der hieſigen Sſutugina-
ſtraße war berüchtigt wegen ihres Reichtums an Wanzen, ſo
daß man ſich kürzlich entſchloß, einem Arzt die Vertilgung
des Ungeziefers zu übertragen. Der Jünger Aeskulaps iſt
mit Feuer und Schwert gegen die altruſſiſche Ueberlieferung
der „Paßloeſen“, wie der Volksksmund das liebe heimatliche
Zubehör gern lächelnd nennt, vorgegangen; ſeine Ernte in
einer Nacht betrug nicht weniger als — 50 Pfund Wanzen.
Jedenfalls iſt es als ein Fortſchritt zun bezeichnen, daß der
Erbfeind des in Rußland reiſenden Weſteuropäers im er-
wachenden Rußland gewogen und nicht zu leicht befunden
wird.

[Das Urteil eines reichsdeutſchen Offiziers
über unſere Marine.]

Der bekannte Marineſchriftſteller
Kapitän zur See Perſius ſchreibt in einem leſenswerten
Aufſatz im „Tag“, die Italiener beanſpruchten die Adria
als italieniſches Meer und Oeſterreich ſehe ohne Vorherr-
ſchaft auf der Adria ſeinen Lebensnerv bedroht. Zeige
dieſes nicht jetzt den Willen zur Tat, bringe das Volk
nicht die notwendigen Opfer für die Wehrmacht zur See,
ſo folge es freilich der Tradition, aber es begebe ſich
ſeines Anteils an dem „Higway of the nations“, ſeines
Anſpruches auf die Futterplätze der Erde. Wie oft habe bureau-
kratiſche Kurzſichtigkeit, mangelndes Verſtändnis, unange-
brachte Knauſerei Orgien in der Geſchichte der k. u. k. Marine
gefeiert. Nach einem hiſtoriſchen Ueberblick über die öſter-
reichiſche Kriegsmarine ſeit 1840 ſchreibt Perſius, nicht nur
nach der Zahl ſei die italieniſche Kriegsmarine der öſterr.-
ungariſchen heute weit überlegen, ſondern auch weſentlich im
Schiffsmaterial, beſonders wenn man die Größe und das Alter
der Schiffe in Betracht zieht. Dieſes Verhältnis werde ſich jedoch
entſprechend dem Fortſchritt der Neubauten noch weſentlich
zugunſten Italiens verſchieben. Es wäre aber verkehrt, etwa
dem öſterreichiſchen Marinekommandanten hieraus einen Vorwurf
zu machen. Im Gegenteil habe es kaum eine Marinverwaltung
verſtanden, mit den beſchränkten Mitteln ſo viel zu leiſten,
wie es in Oeſterreich-Ungarn geſchehen ſei. Die Schiffs-
konſtruktion ſei erſtklaſſig, aus dem geringen Deplacement ſei
das Menſchenmögliche herausgeholt. Das Sparſyſtem in der
Marine ſtehe einzig da. Während die öſterreichiſch-ungariſche
Kauffahrtmarine 1909 im ganzen 293 Dampfer mit 538.778
Retrotonnen zählte, das Kriegsmarinebudget aber 53 9
Millionen Mark betrug, belief ſich das italieniſche Marine-
budget auf 153·7 Millionen bei einer Handelsdampfertonnage
von 598.900 Nettotonnen. In deutſchen Marinekreiſen habe
man die lebhafteſten Sympatihen für die öſterreichiſch-ungariſche
Kriegsflotte. Man achte ihre glorreiche Kriegsgeſchichte, be-
neide ſie um die Ruhmestaten bei Helgoland und Liſſa, aber man
könne ſich dem Bedauern nicht verſchließen, daß das Herab-
ſinken von einſtiger Größe unaufhaltſam ſeinen Weg nehme.
Inniges Mitgefühl empfinde man mit dem ausgezeichneten
Offizierskorps, das beſonders in beruflich wiſſenſchaftlicher
Beziehung vorbildlich ſei. Voll Spannung werde man vor
allem in den reichsdeutſchen Marinekreiſen die Verhandlungen
in den Parlamenten verfolgen. Kommt das Flottengeſetz
zur Annahme, ſo werde in den Kreiſen der Freunde eines
auch zur See ſtarken Oeſterreich-Ungarns lebhafte Genugtuung
[Spaltenumbruch] herrſchen. Die erwachende Seegeltung der Monarchie im
Mittelmeer könne der Feſtigung der europäiſchen Gleichgewichts-
lage, dem Frieden, nur dienlich ſein.




Czernowitzer Angelegenheiten.


Der Brand der Schloßmann’ſchen
Mühle.

In der Nacht von Samſtag auf Sonntag brach gegen
3 Uhr aus bisher unbekannter Urſache in der Schloßmann’ſchen
Mühle ein Feuer aus, das mit ſolcher Schnelligkeit um ſich
griff, daß bald das ganze’ Mühlengebäude ein Flammenmeer
bildete. Der Feuerſchein beleuchtete die ganze Stadt taghell
und lockte noch in der Nacht eine ungeheuere Zuſchauermenge
heran. Die Polizei hatte Mühe, dieſelbe vom Brandplatze
fernzuhalten. Die Feuerwehr, die Samſtag nachmittag eine
Garniſonslöſchübung mit Allarmierung abſolviert und Samſtag
abends einen Kellerbrand in der Herrengaſſe zu bewältigen
gehabt hatte, arbeitete mit Anſpannung aller Kräfte und
unter eigener Lebensgefahr um dieſem Rieſenbrande Einhalt
zu tun, und es muß lobend verzeichnet werden, daß es ihren
Bemühungen gelang, alle 14 Nebengebäude der Mühle zu
retten.

Die Bekämpfung der Feuersbrunſt.

Samſtag nachts wurde gegen 3 Uhr 15 Minuten der
Feuermelder der Schloßmann’ſchen Mühle in der Pruthgaſſe
gezogen. Sofort begab ſich ein kompletter Löſchzug mit einer
Dampſſpritze ausgerüſtet auf den Brandplatz. Das Feuer war
im 5. Stockwerke des Mühlenhauptgebändes knapp unter
dem Dachſtuhle ausgebrochen. Es wurden zwei Schlauchlinien
aktiviert, die ſich jedoch als ganz unzulänglich erwieſen. Das
Feuer griff äußerſt raſch um ſich, die Flammen ſchlugen aus
den Fenſtern heraus und die Sofiddecke ſtürzte ein. Das
Feuer verbreitete ſich
namentlich durch die Holz-
ſchächte, die zur Beförderung des in Verarbeitung befindlichen
Rohproduktes von einem Stockwerke ins andere dienen, mit
ungehenerer Schnelligkeit
bis in die unterſten
Räume. Da das Hauptgebände nicht mehr zu
retten
war, mußte ſich die Feuerwehr darauf beſchränken,
die Nebengebäude und hauptſächlich das knapp am Haupt-
gebäude befindliche Magazin zu retten. Sämtiiche Häuſer in
der Pruthgaſſe, die mit Schindeln gedeckt waren, befanden
ſich in fortwähren der Gefahr, weil der vom
Brandplatze ſich ausbreitende Funkenregen ſich ringsum, ſogar
bis weit über den Bahnhof hinaus, ergoß.

An der Löſchaktion nahmen die ſtädtiſche Feuer-
wehr
unter Führung des Oberkommandanten Jenner, des
Brandmeiſters Miecinski und Brandmeiſteraſſiſtenten
Panowski und die freiwillige Feuerwehr unter
Führung ihres Kommandanten Zajanczkowski teil.
L[e]tztere traf um halb 5 Uhr früh auf dem Brandplatze ein.
Die Feuerwehr arbeitete mit insgeſamt 10 Schlauchlinien,
welche von zwei Dampfſpritzen und zwei Handkraftſpritzen
geſpeiſt wurden. Waſſer wurde von der Waſſerleitung in
der Waſſergaſſe und von dem Teich in der Schloßmann’ſchen
Mühle bezoger. Um ¾5 Uhr früh erſchienen am Brand-
platze die Pionierabteilung des 41. Infanterie-
regiments,
ebenſo die Bereitſchaft des Landwehrinfanterie-
regimentes Nr. 22 und des Ulanenregimentes Nr. 8 und
beteiligten ſich ebenfalls wacker an der Löſchaktion. Die
Arbeiten geſtalteten ſich ziemlich ſchwierig, nachdem gegen
6 Uhr ein ſtarker Wind ſich plötzlich eingeſtellt hatte. Große
Anſtrengungen erforderte es auch, das ans Hauptgebäude
knapp anſtoßende Magazin vor dem Feuer zu bewahren. Bei
den zu dieſem Zwecke vorgenommenen Arbeiten wurden drei
Feuerwehrmänner
von dem aufſteigenden Qualm faſt
erſtickt
und nur mit Mühe konnten ſie noch mittelſt Hacken-
leitern aus ihrer gefährlichen Situation gerettet werden. Die
Feuerwehr arbeitet noch heute, Montag, mit einer Dampf-
ſpritze und 10 Mann am Brandorte, um das durch zeit-
weilig eintretenden Funkenflug noch jetzt gefährdete Magazin
zu überwachen.

Der Schaden.

Der Schaden, der durch dieſen Brand angerichtet wurde,
wird mit ungefähr einer Million Kronen beziffert, doch läßt
ſich die Schadenſumme bisher noch nicht genau feſtſtellen.
Niedergebrannt iſt das Hauptgebäude der Mühle,
(die Müllerei, Kopperei und das Maſchinenhaus) mit allen
maſchinellen Einrichtungen und bedeutenden Frucht-
mengen,
welche ſich im Hauptgebäude befanden. Es ſind
dies ungefähr 80 Waggon Getreide und Mehl. Die
beiden Magazine, welche mit großen Vorräten angefüllt ſind,
wurden gerettet. Das an das Hauptgebäude der Mühle
anſtoßende Magazin enthält zirka 800 Sack Mehl und
35 Waggon Weizen. Hievon ſind durch das beim Löſchen
eingedrungene Waſſer 13 Waggon Getreide ver-
dorben.
Die Mühle iſt bei der Krakauer Ver-
ſicherungsgeſellſchaft
und dem „Phönix“ auf
zirka 4 Millionen Kronen gegen Feuer ver-
ſichert.
Dieſe Geſellſchaften ſind rückverſichert.

Die Schloßmann’ſche Mühle,

die im Beſitze einer Aktiengeſellſchaft ſteht, brannte einmal
in der Sylveſternacht des Jahres 1886 nieder. Die Mühle
wurde damals total eingeäſchert, hierauf jedoch wieder auf-
gebaut. Vor ungefähr 4 Jahren trat der hieſige Kaufmann
Herſch Trichter als Hauptaktionär der Geſellſchaft bei.
Zu dieſer Zeit wurde die Mühle umgeſtaltet, ergänzt und
erweitert. Die Mühle wird ſeither antomatiſch betrieben, ſo
daß nur 16—18 Arbeiter in derſelben angeſtellt waren. In
[Spaltenumbruch] jedem Stockwerk befanden ſich vier Arbeiter, die zum Oelen
der Maſchinenbeſtandteile und zu Handlangerdienſten verwendet
wurden. Der Präſident des Verwaltungsrates der Schloß-
mannſchen Mühlenaktiengeſellſchaft iſt Kammerpräſident von
Langenhan. Am

Brandplatze

erſchienen Bürgermeiſter Baron Fürth, Regierungsrat
Tarangul, Bezirkskommiſſär Dr. Oehl, Stadtrat
Brunſtein, Magiſtratskommiſſär Gutmann, viele
Gemeinderäte und Offiziere.

Man befürchtet jetzt, daß die Mauern des Hauptgebäudes,
namentlich aber die Frontmauer, die ſchon mehrere Riſſe
aufweiſt, einſtürzen werden. Die Polizei hat auch aus dieſem
Grunde den ganzen Raum vor dem Hauptgebäude vom Ver-
kehre abgeſperrt. Zu erwähnen wäre noch, daß Sonntag um
6 Uhr früh infolge des Funkenregens ein Wohnhaus in
der Waſſergaſſe
zu brennen anfing und das Feuer hier
nur mit Mühe gelöſcht werden konnte.




Eine Millionen-Affäre des Zentral-
verbandes der rumäniſchen Raiffeiſen-
kassen.

Aus Wien wird uns telegraphiert: Die „Sonn- und
Montagszeitung“ bringt unter dem Titel „Ein neues
chriſtlichſoziales Panama“ eine Meldung aus Prag, derzufolge
der dortige Zentralverband der czechiſchen Sparkaſſen am
17. d. M. an den bukowiner Landesausſchuß ein Schreiben
gerichtet habe, in welchem der Landesausſchuß als kompetente
Aufſichtsbehörde auf Unregelmäßigkeiten in der Gebarung der
Zentralorganiſation rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen aufmerkſam
gemacht und mitgeteilt wird, daß der Zentralverband bei der
Uſtredni banka einen Kredit von mehr als neun Millionen Kr.
in Anſpruch genommen habe. Die unmittelbare Veranlaſſung
des Schreibens ſei die Tatſache geweſen, daß am 9. Oktober Wechſel
des Verbandes rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen über zwei Millionen
proteſtiert werden mußten. An dieſe Meldung knüpft genanntes
Blatt ausführliche Details über die Geſchichte der chriſtlich-
ſozialen Bewegung in der Bukowina, welche von Geßmann
inauguriert wurde, und in welche die Rumänen hineingezerrt
worden ſeien und die zu den finanziellen Schwierigkeiten von
heute geführt haben. „Die armen rumäniſchen Bauern — ſo
ſchließt der Artikel — werden die unabſehbaren Konſequenzen
dieſer Angelegenheit tragen müſſen.“




Wir haben auf dieſe Meldung hin Informationen beim
Landesausſchuß, der hieſigen Filiale der Uſtredni
banka
und der Direktion des Zentralver-
bandes
der rumäniſchen Raiffeiſenkaſſen
eingezogen, die folgendes ergaben:

Landeshauptmannſtellvertreter Dr. Smal-Stocki er-
klärte, daß das bewußte Schreiben tatſächlich an den Landes-
ausſchuß eingetroffen ſei. Es handle ſich jedoch keineswegs
um einen Betrag von zwei Millionen. Daß die Kreditver-
bindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank ſich auf
9 Millionen bezifferten, können ungefähr der Wahrheit ent-
ſprechen. Die durch den Landesausſchuß geübte Kontrolle
habe nie einen Anſtand in der Geſchäftsgebahrung ergeben. Der
Landesausſchuß habe das Referat über dieſe Angelegenheit
dem Landesausſchuſſe Dr. Lupu zugewieſen, dem nach den
Beſtimmungen der neuen Landesordnung die Berichterſtattung
über dieſe die Rumänen betreffende Angelegenheit zufalle.

Der Direktor des Zentralverbandes der rumäniſchen
Raiffeiſenkaſſen, Landesbankpräſident Dr. Lupu teilt über die
Angelegenheit im Weſentlichen folgendes mit: In dieſer An-
gelegenheit ſind Verwechslungen, Mißverſtändniſſe und bös-
willige Entſtellungen gleichzeitig zu konſtatieren.

Die allgemeinen Kreditverbindlichkeiten des Verbandes
bei der Zentralbank czechiſcher Sparkaſſen betragen allerdings
neun Millionen Kronen. Dieſen Krediten, welche ausſchließlich
für die Zwecke des Verbandes in Anſpruch genommen wurden, ſteht
eine Haftpflicht des Vereines bis zu einem Betrage von 2½ Mill.
gegenüber, der Verband hat 80.000 K an eingezahlten Anteil-
ſcheinen à 100 K und iſt bis zur dreißigfachen Höhe haftpflichtig.
Dieſe ganze von der Sonn- und Montagszeitung angeſchnittene
Frage hat mit dieſem Kredit jedoch nicht das geringſte zu tun.
Es handelt ſich um einen Spezialkredit von 5 M[i]llionen Kronen,
welcher durch die ſtatutenmäßige Vermittlung des Verbandes
einer Kreditgenoſſenſchaft in Gurahumora und einer Czer-
nowitzer Kreditgenoſſenſchaft zur Finanzierung des Holzge-
ſchäftes einer aus den Herren Dr. Criclevici, Gregor
Ballan, Enſtafie Paskovici und Grigor Floristeann
gebildeten Geſellſchaft beſorgt wurde. Dieſe Geſellſchaft kaufte
vor zwei Jahren bekanntlich vom Religionsfonds ca. 5000 Hektar
Holzbeſtand in Suczawa- und Moldawatale zur Abſtockung
binnen zehn Jahren. Das mit dem Spezialkredit von fünf
Millionen begonnene Geſchäft iſt ſeit zwei Jahren im Gange
und wirſt ſeit Frühjahr 1910 bedeutende monatlich ſteigende
Erträgniſſe ab, die bereits zur Tilgung der erwähnten Kredit-
verbindlichkeiten herangezogen werden. Haftungspflichtig ſind
in erſter Reihe die den erwähnten Kreditgenoſſenſchaften ange-
hörenden Geſellſchafter, deren Vermögen auf 1½ Millionen
zu ſchätzen iſt, hierauf dieſe Kreditgenoſſenſchaften mit etwa
500.000 K ſelbſt und erſt in dritter Linie der Zentralverband.
Zu einer Beanſpruchung dieſer Haftpflichten iſt es jedoch
bisher nie gekommen und wird auch nicht dazu kommen, da
die Kapitalsanlage eine völlig ſichere iſt. Die Meldung von
der erfolgten Präſentierung eines Wechſels über zwei Millionen
iſt unrichtig. Präſentiert wurde ein Akzept über 200.000 Kr.
Dasſelbe mußte jedoch aus rein formellen, wechſel-
rechtlichen
Gründen proteſtiert werden, weil die Unter-

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[3/0003] 25. Oktober 1910. Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Hutes. Der würdige Richter blickte mißbilligend auf dieſe bizare Blüte modiſcher Phantaſie und wandte ſich dann zu der Zeugin: „Schlagen Sie Ihren Hut zurück!“ Die junge Dame bog die Krempe ein wenig aufwärts, und mag ſah in der Tat ein kleines Stück Naſe. Aber der Richter war nicht zufrieden und legte Verwahrung ein: „Ich kann Ihre Augen nicht ſehen, und in einem ſolchen Prozeß ſind die Augen die Fenſter der Seele.“ Die Krempe wird wieder um ein kleines Stück höher gebogen. „Genügt das?“ „Nein,“ entſcheidet der Richter, „es genügt nicht. Ihr Geſicht liegt in einem dunklen Schatten verhüllt und ich ſehe keine Augen.“ „Ich kann den Hut nicht weiter zurückſetzen,“ prote- ſtiert die junge Schöne. „Sie ſind eine höchſt halsſtarrige junge Dame.“ „Dann werde ich den Hut abnehmen.“ „Nein, das werden Sie nicht, denn ich will keine Dame barhaupt vor Gericht ſehen.“ Die Zeugin zieht bereits die Hutnadeln heraus, aber ſchließlich läßt ſie ſich überreden: mit vieler Mühe gelingt es endlich, das Hutungeheuer ſo weit zu zähmen, daß man unter dem mächtigen Rad etwas zu ſehen bekommt, was möglicherweiſe die Augen der jungen Modedame ge- weſen ſein können. [Zobeldiebſtahl]. Ein ruſſiſcher Transport von Pelzen, der dieſer Tage in Frankfurt a. M. anlangte, war ſtark reduziert. Unterwegs hatten internationale Spitzbuben 200 Zobelpelze im Werte von 73.000 Mark geſtohlen. [Die Frage nach der Konfeſſion]. Aus Budapeſt wird gemeldet: In politiſchen Kreiſen wird ein liberaler Beſchluß des Juſtizausſchuſſes des Abgeordnetenhauſes, welcher derzeit den Geſetzentwurf über die Zivilprozeßordnung behandelt, vielfach erörtert. Der Ausſchuß hat nämlich auf Antrag des zur nationalen Arbeitspartei gehörigen Abge- ordneten Siegmund Varady einſtimmig beſchloſſen, dem Abgeordnetenhauſe vorzuſchlagen, aus dem Entwurf jenen Paragraphen zu ſtreichen, welcher ſich darauf bezieht, daß der Richter an den Zeugen die Frage ſtellt, welcher Konfeſſion er angehöre. [Ein unbekannter Onkel König Manuels]. Jetzt erſt erfährt man, daß in England ein Onkel des Königs Manuel unter dem Namen eines Paters Dane lebt. Dieſer Pater iſt einem Liebesroman des verſtorbenen portugieſiſchen Königs Dom Louis II., des Gemahls der Königin Maria Pia, entſproſſen. Als Louis während der Regierung ſeines Bruders, des Königs Peter V., in London weilte, lernte er dort eine bildhübſche Engländerin Miß York kennen, in die er ſich verliebte und mit der er ſich bald darauf trauen ließ. Dieſer Ehe entſproß ein Knabe, der jetzige Pater Dane von Sachſen und Braganza genannt. Als aber Louis nach dem Giftmord den portugieſiſchen Thron beſtieg, erklärte die Kirche auf Betreiben der Monarchiſten die Ehe für ungiltig, und er heiratete Maria Pia von Savonyen. [Ein Wanzenprogrom.] Aus Petersburg be- richtet man: Eine Nachtherberge in der hieſigen Sſutugina- ſtraße war berüchtigt wegen ihres Reichtums an Wanzen, ſo daß man ſich kürzlich entſchloß, einem Arzt die Vertilgung des Ungeziefers zu übertragen. Der Jünger Aeskulaps iſt mit Feuer und Schwert gegen die altruſſiſche Ueberlieferung der „Paßloeſen“, wie der Volksksmund das liebe heimatliche Zubehör gern lächelnd nennt, vorgegangen; ſeine Ernte in einer Nacht betrug nicht weniger als — 50 Pfund Wanzen. Jedenfalls iſt es als ein Fortſchritt zun bezeichnen, daß der Erbfeind des in Rußland reiſenden Weſteuropäers im er- wachenden Rußland gewogen und nicht zu leicht befunden wird. [Das Urteil eines reichsdeutſchen Offiziers über unſere Marine.] Der bekannte Marineſchriftſteller Kapitän zur See Perſius ſchreibt in einem leſenswerten Aufſatz im „Tag“, die Italiener beanſpruchten die Adria als italieniſches Meer und Oeſterreich ſehe ohne Vorherr- ſchaft auf der Adria ſeinen Lebensnerv bedroht. Zeige dieſes nicht jetzt den Willen zur Tat, bringe das Volk nicht die notwendigen Opfer für die Wehrmacht zur See, ſo folge es freilich der Tradition, aber es begebe ſich ſeines Anteils an dem „Higway of the nations“, ſeines Anſpruches auf die Futterplätze der Erde. Wie oft habe bureau- kratiſche Kurzſichtigkeit, mangelndes Verſtändnis, unange- brachte Knauſerei Orgien in der Geſchichte der k. u. k. Marine gefeiert. Nach einem hiſtoriſchen Ueberblick über die öſter- reichiſche Kriegsmarine ſeit 1840 ſchreibt Perſius, nicht nur nach der Zahl ſei die italieniſche Kriegsmarine der öſterr.- ungariſchen heute weit überlegen, ſondern auch weſentlich im Schiffsmaterial, beſonders wenn man die Größe und das Alter der Schiffe in Betracht zieht. Dieſes Verhältnis werde ſich jedoch entſprechend dem Fortſchritt der Neubauten noch weſentlich zugunſten Italiens verſchieben. Es wäre aber verkehrt, etwa dem öſterreichiſchen Marinekommandanten hieraus einen Vorwurf zu machen. Im Gegenteil habe es kaum eine Marinverwaltung verſtanden, mit den beſchränkten Mitteln ſo viel zu leiſten, wie es in Oeſterreich-Ungarn geſchehen ſei. Die Schiffs- konſtruktion ſei erſtklaſſig, aus dem geringen Deplacement ſei das Menſchenmögliche herausgeholt. Das Sparſyſtem in der Marine ſtehe einzig da. Während die öſterreichiſch-ungariſche Kauffahrtmarine 1909 im ganzen 293 Dampfer mit 538.778 Retrotonnen zählte, das Kriegsmarinebudget aber 53 9 Millionen Mark betrug, belief ſich das italieniſche Marine- budget auf 153·7 Millionen bei einer Handelsdampfertonnage von 598.900 Nettotonnen. In deutſchen Marinekreiſen habe man die lebhafteſten Sympatihen für die öſterreichiſch-ungariſche Kriegsflotte. Man achte ihre glorreiche Kriegsgeſchichte, be- neide ſie um die Ruhmestaten bei Helgoland und Liſſa, aber man könne ſich dem Bedauern nicht verſchließen, daß das Herab- ſinken von einſtiger Größe unaufhaltſam ſeinen Weg nehme. Inniges Mitgefühl empfinde man mit dem ausgezeichneten Offizierskorps, das beſonders in beruflich wiſſenſchaftlicher Beziehung vorbildlich ſei. Voll Spannung werde man vor allem in den reichsdeutſchen Marinekreiſen die Verhandlungen in den Parlamenten verfolgen. Kommt das Flottengeſetz zur Annahme, ſo werde in den Kreiſen der Freunde eines auch zur See ſtarken Oeſterreich-Ungarns lebhafte Genugtuung herrſchen. Die erwachende Seegeltung der Monarchie im Mittelmeer könne der Feſtigung der europäiſchen Gleichgewichts- lage, dem Frieden, nur dienlich ſein. Czernowitzer Angelegenheiten. Czernowitz, am 24. Oktober 1910. Der Brand der Schloßmann’ſchen Mühle. In der Nacht von Samſtag auf Sonntag brach gegen 3 Uhr aus bisher unbekannter Urſache in der Schloßmann’ſchen Mühle ein Feuer aus, das mit ſolcher Schnelligkeit um ſich griff, daß bald das ganze’ Mühlengebäude ein Flammenmeer bildete. Der Feuerſchein beleuchtete die ganze Stadt taghell und lockte noch in der Nacht eine ungeheuere Zuſchauermenge heran. Die Polizei hatte Mühe, dieſelbe vom Brandplatze fernzuhalten. Die Feuerwehr, die Samſtag nachmittag eine Garniſonslöſchübung mit Allarmierung abſolviert und Samſtag abends einen Kellerbrand in der Herrengaſſe zu bewältigen gehabt hatte, arbeitete mit Anſpannung aller Kräfte und unter eigener Lebensgefahr um dieſem Rieſenbrande Einhalt zu tun, und es muß lobend verzeichnet werden, daß es ihren Bemühungen gelang, alle 14 Nebengebäude der Mühle zu retten. Die Bekämpfung der Feuersbrunſt. Samſtag nachts wurde gegen 3 Uhr 15 Minuten der Feuermelder der Schloßmann’ſchen Mühle in der Pruthgaſſe gezogen. Sofort begab ſich ein kompletter Löſchzug mit einer Dampſſpritze ausgerüſtet auf den Brandplatz. Das Feuer war im 5. Stockwerke des Mühlenhauptgebändes knapp unter dem Dachſtuhle ausgebrochen. Es wurden zwei Schlauchlinien aktiviert, die ſich jedoch als ganz unzulänglich erwieſen. Das Feuer griff äußerſt raſch um ſich, die Flammen ſchlugen aus den Fenſtern heraus und die Sofiddecke ſtürzte ein. Das Feuer verbreitete ſich namentlich durch die Holz- ſchächte, die zur Beförderung des in Verarbeitung befindlichen Rohproduktes von einem Stockwerke ins andere dienen, mit ungehenerer Schnelligkeit bis in die unterſten Räume. Da das Hauptgebände nicht mehr zu retten war, mußte ſich die Feuerwehr darauf beſchränken, die Nebengebäude und hauptſächlich das knapp am Haupt- gebäude befindliche Magazin zu retten. Sämtiiche Häuſer in der Pruthgaſſe, die mit Schindeln gedeckt waren, befanden ſich in fortwähren der Gefahr, weil der vom Brandplatze ſich ausbreitende Funkenregen ſich ringsum, ſogar bis weit über den Bahnhof hinaus, ergoß. An der Löſchaktion nahmen die ſtädtiſche Feuer- wehr unter Führung des Oberkommandanten Jenner, des Brandmeiſters Miecinski und Brandmeiſteraſſiſtenten Panowski und die freiwillige Feuerwehr unter Führung ihres Kommandanten Zajanczkowski teil. Letztere traf um halb 5 Uhr früh auf dem Brandplatze ein. Die Feuerwehr arbeitete mit insgeſamt 10 Schlauchlinien, welche von zwei Dampfſpritzen und zwei Handkraftſpritzen geſpeiſt wurden. Waſſer wurde von der Waſſerleitung in der Waſſergaſſe und von dem Teich in der Schloßmann’ſchen Mühle bezoger. Um ¾5 Uhr früh erſchienen am Brand- platze die Pionierabteilung des 41. Infanterie- regiments, ebenſo die Bereitſchaft des Landwehrinfanterie- regimentes Nr. 22 und des Ulanenregimentes Nr. 8 und beteiligten ſich ebenfalls wacker an der Löſchaktion. Die Arbeiten geſtalteten ſich ziemlich ſchwierig, nachdem gegen 6 Uhr ein ſtarker Wind ſich plötzlich eingeſtellt hatte. Große Anſtrengungen erforderte es auch, das ans Hauptgebäude knapp anſtoßende Magazin vor dem Feuer zu bewahren. Bei den zu dieſem Zwecke vorgenommenen Arbeiten wurden drei Feuerwehrmänner von dem aufſteigenden Qualm faſt erſtickt und nur mit Mühe konnten ſie noch mittelſt Hacken- leitern aus ihrer gefährlichen Situation gerettet werden. Die Feuerwehr arbeitet noch heute, Montag, mit einer Dampf- ſpritze und 10 Mann am Brandorte, um das durch zeit- weilig eintretenden Funkenflug noch jetzt gefährdete Magazin zu überwachen. Der Schaden. Der Schaden, der durch dieſen Brand angerichtet wurde, wird mit ungefähr einer Million Kronen beziffert, doch läßt ſich die Schadenſumme bisher noch nicht genau feſtſtellen. Niedergebrannt iſt das Hauptgebäude der Mühle, (die Müllerei, Kopperei und das Maſchinenhaus) mit allen maſchinellen Einrichtungen und bedeutenden Frucht- mengen, welche ſich im Hauptgebäude befanden. Es ſind dies ungefähr 80 Waggon Getreide und Mehl. Die beiden Magazine, welche mit großen Vorräten angefüllt ſind, wurden gerettet. Das an das Hauptgebäude der Mühle anſtoßende Magazin enthält zirka 800 Sack Mehl und 35 Waggon Weizen. Hievon ſind durch das beim Löſchen eingedrungene Waſſer 13 Waggon Getreide ver- dorben. Die Mühle iſt bei der Krakauer Ver- ſicherungsgeſellſchaft und dem „Phönix“ auf zirka 4 Millionen Kronen gegen Feuer ver- ſichert. Dieſe Geſellſchaften ſind rückverſichert. Die Schloßmann’ſche Mühle, die im Beſitze einer Aktiengeſellſchaft ſteht, brannte einmal in der Sylveſternacht des Jahres 1886 nieder. Die Mühle wurde damals total eingeäſchert, hierauf jedoch wieder auf- gebaut. Vor ungefähr 4 Jahren trat der hieſige Kaufmann Herſch Trichter als Hauptaktionär der Geſellſchaft bei. Zu dieſer Zeit wurde die Mühle umgeſtaltet, ergänzt und erweitert. Die Mühle wird ſeither antomatiſch betrieben, ſo daß nur 16—18 Arbeiter in derſelben angeſtellt waren. In jedem Stockwerk befanden ſich vier Arbeiter, die zum Oelen der Maſchinenbeſtandteile und zu Handlangerdienſten verwendet wurden. Der Präſident des Verwaltungsrates der Schloß- mannſchen Mühlenaktiengeſellſchaft iſt Kammerpräſident von Langenhan. Am Brandplatze erſchienen Bürgermeiſter Baron Fürth, Regierungsrat Tarangul, Bezirkskommiſſär Dr. Oehl, Stadtrat Brunſtein, Magiſtratskommiſſär Gutmann, viele Gemeinderäte und Offiziere. Man befürchtet jetzt, daß die Mauern des Hauptgebäudes, namentlich aber die Frontmauer, die ſchon mehrere Riſſe aufweiſt, einſtürzen werden. Die Polizei hat auch aus dieſem Grunde den ganzen Raum vor dem Hauptgebäude vom Ver- kehre abgeſperrt. Zu erwähnen wäre noch, daß Sonntag um 6 Uhr früh infolge des Funkenregens ein Wohnhaus in der Waſſergaſſe zu brennen anfing und das Feuer hier nur mit Mühe gelöſcht werden konnte. Eine Millionen-Affäre des Zentral- verbandes der rumäniſchen Raiffeiſen- kassen. Aus Wien wird uns telegraphiert: Die „Sonn- und Montagszeitung“ bringt unter dem Titel „Ein neues chriſtlichſoziales Panama“ eine Meldung aus Prag, derzufolge der dortige Zentralverband der czechiſchen Sparkaſſen am 17. d. M. an den bukowiner Landesausſchuß ein Schreiben gerichtet habe, in welchem der Landesausſchuß als kompetente Aufſichtsbehörde auf Unregelmäßigkeiten in der Gebarung der Zentralorganiſation rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen aufmerkſam gemacht und mitgeteilt wird, daß der Zentralverband bei der Uſtredni banka einen Kredit von mehr als neun Millionen Kr. in Anſpruch genommen habe. Die unmittelbare Veranlaſſung des Schreibens ſei die Tatſache geweſen, daß am 9. Oktober Wechſel des Verbandes rumäniſcher Raiffeiſenkaſſen über zwei Millionen proteſtiert werden mußten. An dieſe Meldung knüpft genanntes Blatt ausführliche Details über die Geſchichte der chriſtlich- ſozialen Bewegung in der Bukowina, welche von Geßmann inauguriert wurde, und in welche die Rumänen hineingezerrt worden ſeien und die zu den finanziellen Schwierigkeiten von heute geführt haben. „Die armen rumäniſchen Bauern — ſo ſchließt der Artikel — werden die unabſehbaren Konſequenzen dieſer Angelegenheit tragen müſſen.“ Wir haben auf dieſe Meldung hin Informationen beim Landesausſchuß, der hieſigen Filiale der Uſtredni banka und der Direktion des Zentralver- bandes der rumäniſchen Raiffeiſenkaſſen eingezogen, die folgendes ergaben: Landeshauptmannſtellvertreter Dr. Smal-Stocki er- klärte, daß das bewußte Schreiben tatſächlich an den Landes- ausſchuß eingetroffen ſei. Es handle ſich jedoch keineswegs um einen Betrag von zwei Millionen. Daß die Kreditver- bindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank ſich auf 9 Millionen bezifferten, können ungefähr der Wahrheit ent- ſprechen. Die durch den Landesausſchuß geübte Kontrolle habe nie einen Anſtand in der Geſchäftsgebahrung ergeben. Der Landesausſchuß habe das Referat über dieſe Angelegenheit dem Landesausſchuſſe Dr. Lupu zugewieſen, dem nach den Beſtimmungen der neuen Landesordnung die Berichterſtattung über dieſe die Rumänen betreffende Angelegenheit zufalle. Der Direktor des Zentralverbandes der rumäniſchen Raiffeiſenkaſſen, Landesbankpräſident Dr. Lupu teilt über die Angelegenheit im Weſentlichen folgendes mit: In dieſer An- gelegenheit ſind Verwechslungen, Mißverſtändniſſe und bös- willige Entſtellungen gleichzeitig zu konſtatieren. Die allgemeinen Kreditverbindlichkeiten des Verbandes bei der Zentralbank czechiſcher Sparkaſſen betragen allerdings neun Millionen Kronen. Dieſen Krediten, welche ausſchließlich für die Zwecke des Verbandes in Anſpruch genommen wurden, ſteht eine Haftpflicht des Vereines bis zu einem Betrage von 2½ Mill. gegenüber, der Verband hat 80.000 K an eingezahlten Anteil- ſcheinen à 100 K und iſt bis zur dreißigfachen Höhe haftpflichtig. Dieſe ganze von der Sonn- und Montagszeitung angeſchnittene Frage hat mit dieſem Kredit jedoch nicht das geringſte zu tun. Es handelt ſich um einen Spezialkredit von 5 Millionen Kronen, welcher durch die ſtatutenmäßige Vermittlung des Verbandes einer Kreditgenoſſenſchaft in Gurahumora und einer Czer- nowitzer Kreditgenoſſenſchaft zur Finanzierung des Holzge- ſchäftes einer aus den Herren Dr. Criclevici, Gregor Ballan, Enſtafie Paskovici und Grigor Floristeann gebildeten Geſellſchaft beſorgt wurde. Dieſe Geſellſchaft kaufte vor zwei Jahren bekanntlich vom Religionsfonds ca. 5000 Hektar Holzbeſtand in Suczawa- und Moldawatale zur Abſtockung binnen zehn Jahren. Das mit dem Spezialkredit von fünf Millionen begonnene Geſchäft iſt ſeit zwei Jahren im Gange und wirſt ſeit Frühjahr 1910 bedeutende monatlich ſteigende Erträgniſſe ab, die bereits zur Tilgung der erwähnten Kredit- verbindlichkeiten herangezogen werden. Haftungspflichtig ſind in erſter Reihe die den erwähnten Kreditgenoſſenſchaften ange- hörenden Geſellſchafter, deren Vermögen auf 1½ Millionen zu ſchätzen iſt, hierauf dieſe Kreditgenoſſenſchaften mit etwa 500.000 K ſelbſt und erſt in dritter Linie der Zentralverband. Zu einer Beanſpruchung dieſer Haftpflichten iſt es jedoch bisher nie gekommen und wird auch nicht dazu kommen, da die Kapitalsanlage eine völlig ſichere iſt. Die Meldung von der erfolgten Präſentierung eines Wechſels über zwei Millionen iſt unrichtig. Präſentiert wurde ein Akzept über 200.000 Kr. Dasſelbe mußte jedoch aus rein formellen, wechſel- rechtlichen Gründen proteſtiert werden, weil die Unter-

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Zitationshilfe: Czernowitzer Allgemeine Zeitung. Nr. 2032, Czernowitz, 25.10.1910, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_czernowitzer2032_1910/3>, abgerufen am 24.04.2024.