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Märkische Blätter. Nr. 7. Hattingen, 23. Januar 1850.

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[Beginn Spaltensatz] seine letzte Kraft an im Verzweiflungskampfe, der es aus
der Verbindung mit Deutschland erlösen soll! So wan-
delt verachtet, mit Füßen gestoßen, beraubt und verhöhnt
das große deutsche Volk seine Leidensbahn dahin, dem
kleinsten Jungen in der europäischen Völkerfamilie, dem
Dänen ein Spott! -- ein geblendeter, seiner Kraft be-
raubter Simfon unter den Philistern!

Ein an Geist und Körper gesunder, freier Mann
wird stets geachtet; ein durch überwiegende Kraft gewalt-
sam in Banden Geschlagener wird beklagt, und vor dem
geknechteten, gefesselten Polen entblößt jedes Volk mit
achtungsvoller Trauer das Haupt; Verachtung aber wird
nur dem Starken zu Theil, der rath= und muthlos die
selbstauferlegten Fesseln nicht abzuschütteln wagt, und dies
ist unser, ist der Deutschen Loos -- hoffentlich gewesen!


Die zügellose Reaction.

Der "Globe," das bekannte Organ Lord Palmer-
ston 's, enthält in einer Nr. des vorigen Jahrs wieder
einen merkwürdigen Artikel über die zügellose Reaction
auf dem Continent, namentlich in Neapel und Oestereich;
er zeigt darin, wie das Treiben dieser Regierungen zu
neuen Revolutionen führen müsse und eröffnet den reac-
tionären Regierungen folgende Aussicht:

"Der Kaiser von Oesterreich und der König von
Neapel machen nicht blos die Wiederkehr frischer Revo-
lutionen nothwendig, sondern sie thun auch Alles was
sie können, um dieselben blutig, rasch und erbarmungs-
los zu machen. Trotz allem falschen Geschmack und aller
Eitelkeit, welche die Helden der französischen und deutschen
provisorischen Regierung charakterisirte, muß die Geschichte
ihnen wenigstens das Zeugniß geben, daß sie ihre kurze
Herrschaft nach Kräften dazu benutzten die Schrecken ge-
wöhnlicher Bürgerkriege zu vermindern. Zwei oder drei
Fälle von Pöbelexcessen sind Alles, was man den Füh-
rern der revolutionären Bewegung von 1848 zur Last
legen kann. Der ungarische Krieg zeichnete sich bekannt-
lich durch seine Humanität selbst in einer vorzugsweise
humanen Epoche aus. Görgey und Guyon, Bem und
Dembinski stritten gegen ihre barbarischen Feinde mit
den feinen Formen unserer seidenen Civilisation und der
Ritterlichkeit eines feudalen Turniers. Aber jetzt zeigt es
sich, daß alle diese Mäßigung ein Fehler, wo nicht ein
[unleserliches Material - 10 Zeichen fehlen]Verbrechen war. Zu keiner Zeit des Kampfes fehlte es
in Frankreich, in Jtalien, Deutschland oder Ungarn, an
wilden und grausamen Geistern -- Wütherichen, die ein
wildes Ergötzen am Blutvergießen kund gaben, und Fa-
natiker, die bereit waren, einer Jdee Hekatomben zu opfern.
Zur Ehre unsers Zeitalters wurden sie von ihren mil-
dern Genossen bei Seite gedrängt. Aber diese Letztern
erhalten jetzt eine furchtbare Lection. Die Leiter der
nächsten Revolution werden auf die Feinde zeigen, die sie
einst schonten und die sich des Mitleids so unwürdig
zeigten, so unfähig den Werth desselben zu schätzen --
auf die österreichischen und neapolitanischen Minister, die
sich jetzt für ihre jüngste Demüthigung rächen -- und
auf die Prinzen von Geblüt, welche den Kern einer un-
verantwortlichen und verräthrischen Kamarilla bilden --
auf die unedlen Heerführer, die sich jetzt an dem Blute
ihrer Landsleute sättigen, welche sie durch einheimische
Waffen zu überwinden nicht im Stande waren. Wenn
die nächste Revolution die Guillotine aufrichtet und Herrn
Guizot's berühmten Zuruf: "Seid unerbittlich" wiederholt,
dann wird kein Mensch sagen können, daß diese blutigen
Grausamkeiten etwas Anderes sind, als die Gebote der
klarsten Erfahrung. Die Revolutionairs von 1848 be-
[Spaltenumbruch] gannen ihr Spiel mit stumpfen Klingen. Jhre Gegner
haben die scharfen Schwerter hervorgeholt und diese auf's
Neue bei Seite werfen, wäre nicht Humanität, sondern
reiner und stupider Selbstmord."

So urtheilt ein englisches Blatt, das Blatt eines
englischen Ministers.



Eine Schlacht zwischen den Weißen und
Wilden.

Albert v. Halfern, der sich, wenn ich nicht irre selbst
als Beamter der indianischen Angelegenheiten, etwa acht
Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika und ei-
nen Theil dieser Zeit hindurch in Florida aufgehalten hat
schildert in einer eben in Dresden bei Arnold erschiene-
nen Schrift: "Der Letzte der Seminolen. Scenen aus
den Kämpfen der Jndianer Florida's gegen die Weißen"
zwar in Skizzen und oft willkürlich abgerissenen Theilen einer
Novelle, aber treu und lebendig die Verhältnisse Flori-
da 's und seiner wackern, wenn auch wilden Söhne, der
Seminolen. Besonders interessant ist es, daraus das Le-
ben der Offiziere des vereinigten=Staaten=Militairs nä-
her kennen zu lernen. Einzelne Auszüge aus den Ver-
handlungen eines Kriegsgerichts gestatten einen ziemlich ge-
nauen Blick in die dortigen eigenthümlichen Verhältnisse.
Freilich darf man nicht vergessen, daß die wirklichen " Re-
gulären " ( Offiziere ausgenommen ) in der Union keines-
wegs geachtet sind, da sich ein freier Bürger, wenn er so
gesund und kräftig ist, als er es im Militairdienst sein
muß, selten oder nie dazu hergiebt, Miethsoldat zu wer-
den. Er hält nichts vom Soldatenspielen, in Zeit der Noth
steht er aber seinen Mann, wenn er dann auch das rechte
Bein manchmal etwas später niedersetzt als sein Neben-
mann.

Wie die Soldaten selbst von der Regierung geachtet
werden, geht schon aus dem Gesetze hervor, das in den
westlichen und, wie ich glaube, auch in den östlichen
Staaten besteht, "keinem Neger, keinem Jndianer und
keinem Soldaten Whiskey verkaufen zu dürfen." -- Mit
Erlaubniß des Verfassers theilen wir die Beschreibung
der Schlacht von Ocochobee mit, durch welche die Jn-
dianer die Herrschaft über das Land ihrer Väter in Folge
der Eifersucht zweier Häuptlinge verloren und welche
ein treues Bild von der eigenthümlichen Art des Krieges
zwischen den Wilden und den Amerikanern gibt:

"Jn einer Prairie von ungefähr zwölf englischen Meilen
im Umfange, welche von einer Seite durch den schon
genannten See Ocochobee begrenzt, im Uebrigen aber
von halbzirkelförmigen Hammock ganz eingeschlossen war,
sah man am Morgen eines heitern Tages die Musketen
und Büchsen der amerikanischen Truppen in der Ferne
blinken. -- Die Abtheilung, welche aus dem 4ten, 5ten
und 7ten Regiment der Jnfanterie, einigen hundert Rei-
tern und einem Haufen Volontairen bestand, auch mehrere
kleine Stück Geschütze mit sich führte, bewegte sich von
dem Punkte, wo die Hammock den See berührte, nach dem
Mittelpunkte derselben zu; aber nicht etwa auf einer ge-
bahnten Straße, sondern auf einer sogenannten Trail,
einer Spur, die durch Wagen, welche früher dieses
Weges gekommen, gemacht worden war. Nur spärlicher
Graswuchs bedeckte die Ebene, und da die Hammock sehr
dicht war und aus hohen Bäumen bestand, so gewährte
das Ganze den Anblick eines mit einer Mauer umgebe-
nen Hofraums. Es war noch sehr früh am Tage, die
Truppen konnten daher nicht ermüdet sein; sie waren
heiter und vergnügt, wenig ahnend, daß vor Abend noch
viele aus ihrer Mitte kalte Leichen sein würden. Gesän-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] seine letzte Kraft an im Verzweiflungskampfe, der es aus
der Verbindung mit Deutschland erlösen soll! So wan-
delt verachtet, mit Füßen gestoßen, beraubt und verhöhnt
das große deutsche Volk seine Leidensbahn dahin, dem
kleinsten Jungen in der europäischen Völkerfamilie, dem
Dänen ein Spott! — ein geblendeter, seiner Kraft be-
raubter Simfon unter den Philistern!

Ein an Geist und Körper gesunder, freier Mann
wird stets geachtet; ein durch überwiegende Kraft gewalt-
sam in Banden Geschlagener wird beklagt, und vor dem
geknechteten, gefesselten Polen entblößt jedes Volk mit
achtungsvoller Trauer das Haupt; Verachtung aber wird
nur dem Starken zu Theil, der rath= und muthlos die
selbstauferlegten Fesseln nicht abzuschütteln wagt, und dies
ist unser, ist der Deutschen Loos — hoffentlich gewesen!


Die zügellose Reaction.

Der „Globe,“ das bekannte Organ Lord Palmer-
ston 's, enthält in einer Nr. des vorigen Jahrs wieder
einen merkwürdigen Artikel über die zügellose Reaction
auf dem Continent, namentlich in Neapel und Oestereich;
er zeigt darin, wie das Treiben dieser Regierungen zu
neuen Revolutionen führen müsse und eröffnet den reac-
tionären Regierungen folgende Aussicht:

„Der Kaiser von Oesterreich und der König von
Neapel machen nicht blos die Wiederkehr frischer Revo-
lutionen nothwendig, sondern sie thun auch Alles was
sie können, um dieselben blutig, rasch und erbarmungs-
los zu machen. Trotz allem falschen Geschmack und aller
Eitelkeit, welche die Helden der französischen und deutschen
provisorischen Regierung charakterisirte, muß die Geschichte
ihnen wenigstens das Zeugniß geben, daß sie ihre kurze
Herrschaft nach Kräften dazu benutzten die Schrecken ge-
wöhnlicher Bürgerkriege zu vermindern. Zwei oder drei
Fälle von Pöbelexcessen sind Alles, was man den Füh-
rern der revolutionären Bewegung von 1848 zur Last
legen kann. Der ungarische Krieg zeichnete sich bekannt-
lich durch seine Humanität selbst in einer vorzugsweise
humanen Epoche aus. Görgey und Guyon, Bem und
Dembinski stritten gegen ihre barbarischen Feinde mit
den feinen Formen unserer seidenen Civilisation und der
Ritterlichkeit eines feudalen Turniers. Aber jetzt zeigt es
sich, daß alle diese Mäßigung ein Fehler, wo nicht ein
[unleserliches Material – 10 Zeichen fehlen]Verbrechen war. Zu keiner Zeit des Kampfes fehlte es
in Frankreich, in Jtalien, Deutschland oder Ungarn, an
wilden und grausamen Geistern — Wütherichen, die ein
wildes Ergötzen am Blutvergießen kund gaben, und Fa-
natiker, die bereit waren, einer Jdee Hekatomben zu opfern.
Zur Ehre unsers Zeitalters wurden sie von ihren mil-
dern Genossen bei Seite gedrängt. Aber diese Letztern
erhalten jetzt eine furchtbare Lection. Die Leiter der
nächsten Revolution werden auf die Feinde zeigen, die sie
einst schonten und die sich des Mitleids so unwürdig
zeigten, so unfähig den Werth desselben zu schätzen —
auf die österreichischen und neapolitanischen Minister, die
sich jetzt für ihre jüngste Demüthigung rächen — und
auf die Prinzen von Geblüt, welche den Kern einer un-
verantwortlichen und verräthrischen Kamarilla bilden —
auf die unedlen Heerführer, die sich jetzt an dem Blute
ihrer Landsleute sättigen, welche sie durch einheimische
Waffen zu überwinden nicht im Stande waren. Wenn
die nächste Revolution die Guillotine aufrichtet und Herrn
Guizot's berühmten Zuruf: „Seid unerbittlich“ wiederholt,
dann wird kein Mensch sagen können, daß diese blutigen
Grausamkeiten etwas Anderes sind, als die Gebote der
klarsten Erfahrung. Die Revolutionairs von 1848 be-
[Spaltenumbruch] gannen ihr Spiel mit stumpfen Klingen. Jhre Gegner
haben die scharfen Schwerter hervorgeholt und diese auf's
Neue bei Seite werfen, wäre nicht Humanität, sondern
reiner und stupider Selbstmord.“

So urtheilt ein englisches Blatt, das Blatt eines
englischen Ministers.



Eine Schlacht zwischen den Weißen und
Wilden.

Albert v. Halfern, der sich, wenn ich nicht irre selbst
als Beamter der indianischen Angelegenheiten, etwa acht
Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika und ei-
nen Theil dieser Zeit hindurch in Florida aufgehalten hat
schildert in einer eben in Dresden bei Arnold erschiene-
nen Schrift: „Der Letzte der Seminolen. Scenen aus
den Kämpfen der Jndianer Florida's gegen die Weißen“
zwar in Skizzen und oft willkürlich abgerissenen Theilen einer
Novelle, aber treu und lebendig die Verhältnisse Flori-
da 's und seiner wackern, wenn auch wilden Söhne, der
Seminolen. Besonders interessant ist es, daraus das Le-
ben der Offiziere des vereinigten=Staaten=Militairs nä-
her kennen zu lernen. Einzelne Auszüge aus den Ver-
handlungen eines Kriegsgerichts gestatten einen ziemlich ge-
nauen Blick in die dortigen eigenthümlichen Verhältnisse.
Freilich darf man nicht vergessen, daß die wirklichen „ Re-
gulären “ ( Offiziere ausgenommen ) in der Union keines-
wegs geachtet sind, da sich ein freier Bürger, wenn er so
gesund und kräftig ist, als er es im Militairdienst sein
muß, selten oder nie dazu hergiebt, Miethsoldat zu wer-
den. Er hält nichts vom Soldatenspielen, in Zeit der Noth
steht er aber seinen Mann, wenn er dann auch das rechte
Bein manchmal etwas später niedersetzt als sein Neben-
mann.

Wie die Soldaten selbst von der Regierung geachtet
werden, geht schon aus dem Gesetze hervor, das in den
westlichen und, wie ich glaube, auch in den östlichen
Staaten besteht, „keinem Neger, keinem Jndianer und
keinem Soldaten Whiskey verkaufen zu dürfen.“ — Mit
Erlaubniß des Verfassers theilen wir die Beschreibung
der Schlacht von Ocochobee mit, durch welche die Jn-
dianer die Herrschaft über das Land ihrer Väter in Folge
der Eifersucht zweier Häuptlinge verloren und welche
ein treues Bild von der eigenthümlichen Art des Krieges
zwischen den Wilden und den Amerikanern gibt:

„Jn einer Prairie von ungefähr zwölf englischen Meilen
im Umfange, welche von einer Seite durch den schon
genannten See Ocochobee begrenzt, im Uebrigen aber
von halbzirkelförmigen Hammock ganz eingeschlossen war,
sah man am Morgen eines heitern Tages die Musketen
und Büchsen der amerikanischen Truppen in der Ferne
blinken. — Die Abtheilung, welche aus dem 4ten, 5ten
und 7ten Regiment der Jnfanterie, einigen hundert Rei-
tern und einem Haufen Volontairen bestand, auch mehrere
kleine Stück Geschütze mit sich führte, bewegte sich von
dem Punkte, wo die Hammock den See berührte, nach dem
Mittelpunkte derselben zu; aber nicht etwa auf einer ge-
bahnten Straße, sondern auf einer sogenannten Trail,
einer Spur, die durch Wagen, welche früher dieses
Weges gekommen, gemacht worden war. Nur spärlicher
Graswuchs bedeckte die Ebene, und da die Hammock sehr
dicht war und aus hohen Bäumen bestand, so gewährte
das Ganze den Anblick eines mit einer Mauer umgebe-
nen Hofraums. Es war noch sehr früh am Tage, die
Truppen konnten daher nicht ermüdet sein; sie waren
heiter und vergnügt, wenig ahnend, daß vor Abend noch
viele aus ihrer Mitte kalte Leichen sein würden. Gesän-
[Ende Spaltensatz]

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Der „Globe,“ das bekannte Organ Lord Palmer- ston 's, enthält in einer Nr. des vorigen Jahrs wieder einen merkwürdigen Artikel über die zügellose Reaction auf dem Continent, namentlich in Neapel und Oestereich; er zeigt darin, wie das Treiben dieser Regierungen zu neuen Revolutionen führen müsse und eröffnet den reac- tionären Regierungen folgende Aussicht: „Der Kaiser von Oesterreich und der König von Neapel machen nicht blos die Wiederkehr frischer Revo- lutionen nothwendig, sondern sie thun auch Alles was sie können, um dieselben blutig, rasch und erbarmungs- los zu machen. Trotz allem falschen Geschmack und aller Eitelkeit, welche die Helden der französischen und deutschen provisorischen Regierung charakterisirte, muß die Geschichte ihnen wenigstens das Zeugniß geben, daß sie ihre kurze Herrschaft nach Kräften dazu benutzten die Schrecken ge- wöhnlicher Bürgerkriege zu vermindern. Zwei oder drei Fälle von Pöbelexcessen sind Alles, was man den Füh- rern der revolutionären Bewegung von 1848 zur Last legen kann. Der ungarische Krieg zeichnete sich bekannt- lich durch seine Humanität selbst in einer vorzugsweise humanen Epoche aus. Görgey und Guyon, Bem und Dembinski stritten gegen ihre barbarischen Feinde mit den feinen Formen unserer seidenen Civilisation und der Ritterlichkeit eines feudalen Turniers. Aber jetzt zeigt es sich, daß alle diese Mäßigung ein Fehler, wo nicht ein __________Verbrechen war. Zu keiner Zeit des Kampfes fehlte es in Frankreich, in Jtalien, Deutschland oder Ungarn, an wilden und grausamen Geistern — Wütherichen, die ein wildes Ergötzen am Blutvergießen kund gaben, und Fa- natiker, die bereit waren, einer Jdee Hekatomben zu opfern. Zur Ehre unsers Zeitalters wurden sie von ihren mil- dern Genossen bei Seite gedrängt. Aber diese Letztern erhalten jetzt eine furchtbare Lection. 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Jhre Gegner haben die scharfen Schwerter hervorgeholt und diese auf's Neue bei Seite werfen, wäre nicht Humanität, sondern reiner und stupider Selbstmord.“ So urtheilt ein englisches Blatt, das Blatt eines englischen Ministers. Eine Schlacht zwischen den Weißen und Wilden. Albert v. Halfern, der sich, wenn ich nicht irre selbst als Beamter der indianischen Angelegenheiten, etwa acht Jahre in den Vereinigten Staaten von Amerika und ei- nen Theil dieser Zeit hindurch in Florida aufgehalten hat schildert in einer eben in Dresden bei Arnold erschiene- nen Schrift: „Der Letzte der Seminolen. Scenen aus den Kämpfen der Jndianer Florida's gegen die Weißen“ zwar in Skizzen und oft willkürlich abgerissenen Theilen einer Novelle, aber treu und lebendig die Verhältnisse Flori- da 's und seiner wackern, wenn auch wilden Söhne, der Seminolen. Besonders interessant ist es, daraus das Le- ben der Offiziere des vereinigten=Staaten=Militairs nä- her kennen zu lernen. Einzelne Auszüge aus den Ver- handlungen eines Kriegsgerichts gestatten einen ziemlich ge- nauen Blick in die dortigen eigenthümlichen Verhältnisse. Freilich darf man nicht vergessen, daß die wirklichen „ Re- gulären “ ( Offiziere ausgenommen ) in der Union keines- wegs geachtet sind, da sich ein freier Bürger, wenn er so gesund und kräftig ist, als er es im Militairdienst sein muß, selten oder nie dazu hergiebt, Miethsoldat zu wer- den. Er hält nichts vom Soldatenspielen, in Zeit der Noth steht er aber seinen Mann, wenn er dann auch das rechte Bein manchmal etwas später niedersetzt als sein Neben- mann. Wie die Soldaten selbst von der Regierung geachtet werden, geht schon aus dem Gesetze hervor, das in den westlichen und, wie ich glaube, auch in den östlichen Staaten besteht, „keinem Neger, keinem Jndianer und keinem Soldaten Whiskey verkaufen zu dürfen.“ — Mit Erlaubniß des Verfassers theilen wir die Beschreibung der Schlacht von Ocochobee mit, durch welche die Jn- dianer die Herrschaft über das Land ihrer Väter in Folge der Eifersucht zweier Häuptlinge verloren und welche ein treues Bild von der eigenthümlichen Art des Krieges zwischen den Wilden und den Amerikanern gibt: „Jn einer Prairie von ungefähr zwölf englischen Meilen im Umfange, welche von einer Seite durch den schon genannten See Ocochobee begrenzt, im Uebrigen aber von halbzirkelförmigen Hammock ganz eingeschlossen war, sah man am Morgen eines heitern Tages die Musketen und Büchsen der amerikanischen Truppen in der Ferne blinken. — Die Abtheilung, welche aus dem 4ten, 5ten und 7ten Regiment der Jnfanterie, einigen hundert Rei- tern und einem Haufen Volontairen bestand, auch mehrere kleine Stück Geschütze mit sich führte, bewegte sich von dem Punkte, wo die Hammock den See berührte, nach dem Mittelpunkte derselben zu; aber nicht etwa auf einer ge- bahnten Straße, sondern auf einer sogenannten Trail, einer Spur, die durch Wagen, welche früher dieses Weges gekommen, gemacht worden war. Nur spärlicher Graswuchs bedeckte die Ebene, und da die Hammock sehr dicht war und aus hohen Bäumen bestand, so gewährte das Ganze den Anblick eines mit einer Mauer umgebe- nen Hofraums. Es war noch sehr früh am Tage, die Truppen konnten daher nicht ermüdet sein; sie waren heiter und vergnügt, wenig ahnend, daß vor Abend noch viele aus ihrer Mitte kalte Leichen sein würden. Gesän-

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 7. Hattingen, 23. Januar 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische007_1850/2>, abgerufen am 19.05.2024.