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Märkische Blätter. Nr. 12. Hattingen, 9. Februar 1850.

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[Beginn Spaltensatz] blitzt, ehe er das Herz trifft; wir haben Zeit, zurück zu
springen. Die Heuchelei dagegen ist die Aqua Toffana
der Erziehung, welche in der Seele des Kindes die Ro-
sen des Glaubens und der Liebe vergiftet und still dahin
schleichend alles Gute ertödtet, das ins Leben kommen
will. Und so sehen wir gar oftselbst in Familien, die der
allgemeinen Achtung genießen, undankbare Kinder entste-
hen. Dieses in der That harte Schicksal trifft die Eltern
meistens nur darum, weil das Kind von dem innern
Organismus des sittlichen Lebens bei weitem mehr vor-
ausahnet, als andere Leute. Mögen auch die Eltern zu
solchem Mißgeschick weit entschiedener durch Schwachheits-
fehler, als durch eigentliche Schlechtigkeit den Grund ge-
legt haben, der praktische Nachtheil davon bleibt sich stets
gleich.



Sprechsaal.
Gemeindeangelegenheiten.

Hattingen, den 3. Februar. Es muß besser werden,
es muß besser gehen! Dies ist die Sprache, welche uns
in den verschiedenartigsten gesellschaftlichen Zusammen-
künften entgegen gebracht wird.

Man würde jedoch sehr übel fahren, wollte man sich
zu dem Glauben hinneigen, daß diese für Staats=Refor-
men drängenden Männer, auch mit demselben Eifer die
Mängel entfernen mögten, welche in dem kleinen Kreise
der Gemeinde noch bestehen.

Die Communalsteuer nach dem Princip der Einkom-
mensteuer veranlagt, welches bereits so viel wie wir wis-
sen in Elberfeld und Cöln angenommen ist, sollte auch
bei uns eingeführt werden.

Es ist dieses jedenfalls eine Sache, wodurch sich die
Vertreter unserer Stadt, im Jnteresse der Gerechtigkeit
und Humanität verdient machen können.

Die Einführung einer Einkommensteuer statt der bis-
herigen üblichen Staatssteuern ist trotz des allgemeinen
Wunsches von unserer jetzigen Volksvertretung nicht zu
erwarten, da die Grundsteuer=Ausgleichung sie schon hin-
reichend beschäftigen wird. Warum sollen aber diese Wün-
sche nicht auf die Gemeinde angewandt werden.

Aus einem freien und gesunden Gemeindeleben er-
wächst der starke kräftige Staat.

Jeder gesinnungstüchtige Gemeindebürger muß sich
deßhalb verpflichtet fühlen, alle die rechtlichen Forderun-
gen der Zeit zur Geltung zu bringen, welche die Gesetz-
gebung zuläßt.

Wir behalten uns vor, die Einkommensteuer in ei-
nem andern Artikel noch näher zu beleuchten, und für
deren Einführung zu wirken.

Wir haben uns gefreut, einer ähnlichen Mittheilung
aus Sprockhövel in diesem Blatte zu begegnen, und hof-
fen, daß noch manche Stimme sich erheben wird. Ge-
rechtigkeit, Billigkeit und Humanität als Richtschnur un-
sers Gemeindeleben einzuführen.     5.

Warum bringt die kirchliche Armenverwaltung nicht
gleich der Städtischen ihre Rechnungslage durch eins der
hiesigen Blätter?

Wir wünschen dieses in ihrem eigenen Jnteresse, da
nur die Oeffentlichkeit derartige Verwaltungen vor Miß-
trauen schützt.

    Ein Bürger.



[Spaltenumbruch]
Der Verrath.
( Fortsetzung. )

"Gut Freund!" antwortete man und der Diener,
welcher die Stimme des Corregidors erkannte, ließ die-
sen Beamten eintreten, der mit zwei Subalternbeamten
und zwanzig Alguazils erschien. Er ließ zwei Wachen
an die Thüre stellen und ging die Treppe hinauf. Oben
auf dem Corridor traf er den Canonicus, der seines
Alters und seiner Wohlbeleibtheit wegen nicht schell ge-
hen konnte.

"Herr Canonicus," sagte er höhnisch, "wir danken
Jhnen sehr, daß Sie die Güte hatten, einen Dieb und
Verräther bis zur Nacht festzuhalten, da wir ihn am
Tage nicht ohne großes Aufsehen würden haben verhaf-
ten können. Führen Sie uns nun jetzt zu seinem Zim-
mer."

Martin Diez schlief noch. Sein Säbel und seine
Pistolen lagen auf dem Stuhl an seinem Bette; ein
Alguazil nahm die Waffen klüglich weg.. Der Corre-
gidor legte die Hand an den Mann, der waffenlos und
allein mitten unter zwanzig Gegnern erwachen sollte. Diez
fuhr empor.

"Jm Namen des Königs, Martin Diez, Sie sind
mein Gefangener," sagte der Corregidor zu ihm.

"Jm Namen welches Königs?" antwortete Empeci-
nado; "ich kenne keinen König in Spanien." Das war
nur eine patriotische Protestation, denn Empecinado: hatte
bereits erkannt, daß jeder Widerstand vergeblich sein
würde.

"Stehen Sie auf, Martin Diez. Wir haben keine
Zeit."

Empecinado kleidete sich ruhig an, trat unter die
Alguazils und grüßte den Canonicus mit einem Blicke,
der sagen wollte: "Du hast mir dies nicht gethan."

Während alles dies bei dem braven Geistlichen ge-
schah, hatte sich eine Anzahl von Personen, welche durch
das Gerücht von der Verhaftung einer wichtigen Person
herbeigelockt worden waren, auf der Straße versammelt,
fast alle Handwerker und Tagelöhner, die in Spanien
treuer sind als die höheren Classen, welche sich damals
meist für die Franzosen ausgesprochen hatten, um ihr
Eigenthum zu erhalten. Unter diesen Personen befand
sich auch Nicolaus el Coco, der sich aber wohl hütete
auf die Fragen zu antworten, die jene Männer einander
vorlegten, da sie nicht wußten, welche wichtige Person
die Veranlassung gewesen war, die ganze verfügbare Po-
lizeimacht aufzubieten. Er dachte nur an die Art, wie
er den Lohn für seinen Verrath in Anspruch nehmen
sollte. Da er nicht hatte angeben können, in welches
Haus sich Empecinado begeben, so war er dem Cor-
regidor Schritt für Schritt nachgegangen, aber nicht mit
in das Haus des Geistlichen hineingetreten, da er sich
scheute den von ihm verrathenen Mann gegenüber zu
treten.

Der lahme Bettler schauderte, als Martin Diez in
der Straße erschien und Esteban der Metzger, der ihn
erkannte den Andern zurief: es ist der Empecinado! Bei
diesem Namen entstand ein Gemurmel unter den Ver-
sammelten und der Corregidor schien zu fürchten, daß
man einen Versuch machen würde, den Gefangenen
zu befreien, denn er beschleunigte seine Schritte und die
Alguazils folgten ihm ebenfalls so rasch, daß sie ihre
Aengstlichkeit verriethen; aber weder der erwähnte Metz-
ger, noch der Handelsmann Bles, noch irgend ein An-
derer von den Anwesenden rührte sich, und alle waren
zu überrascht und betroffen, als daß sie den kühnen
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] blitzt, ehe er das Herz trifft; wir haben Zeit, zurück zu
springen. Die Heuchelei dagegen ist die Aqua Toffana
der Erziehung, welche in der Seele des Kindes die Ro-
sen des Glaubens und der Liebe vergiftet und still dahin
schleichend alles Gute ertödtet, das ins Leben kommen
will. Und so sehen wir gar oftselbst in Familien, die der
allgemeinen Achtung genießen, undankbare Kinder entste-
hen. Dieses in der That harte Schicksal trifft die Eltern
meistens nur darum, weil das Kind von dem innern
Organismus des sittlichen Lebens bei weitem mehr vor-
ausahnet, als andere Leute. Mögen auch die Eltern zu
solchem Mißgeschick weit entschiedener durch Schwachheits-
fehler, als durch eigentliche Schlechtigkeit den Grund ge-
legt haben, der praktische Nachtheil davon bleibt sich stets
gleich.



Sprechsaal.
Gemeindeangelegenheiten.

Hattingen, den 3. Februar. Es muß besser werden,
es muß besser gehen! Dies ist die Sprache, welche uns
in den verschiedenartigsten gesellschaftlichen Zusammen-
künften entgegen gebracht wird.

Man würde jedoch sehr übel fahren, wollte man sich
zu dem Glauben hinneigen, daß diese für Staats=Refor-
men drängenden Männer, auch mit demselben Eifer die
Mängel entfernen mögten, welche in dem kleinen Kreise
der Gemeinde noch bestehen.

Die Communalsteuer nach dem Princip der Einkom-
mensteuer veranlagt, welches bereits so viel wie wir wis-
sen in Elberfeld und Cöln angenommen ist, sollte auch
bei uns eingeführt werden.

Es ist dieses jedenfalls eine Sache, wodurch sich die
Vertreter unserer Stadt, im Jnteresse der Gerechtigkeit
und Humanität verdient machen können.

Die Einführung einer Einkommensteuer statt der bis-
herigen üblichen Staatssteuern ist trotz des allgemeinen
Wunsches von unserer jetzigen Volksvertretung nicht zu
erwarten, da die Grundsteuer=Ausgleichung sie schon hin-
reichend beschäftigen wird. Warum sollen aber diese Wün-
sche nicht auf die Gemeinde angewandt werden.

Aus einem freien und gesunden Gemeindeleben er-
wächst der starke kräftige Staat.

Jeder gesinnungstüchtige Gemeindebürger muß sich
deßhalb verpflichtet fühlen, alle die rechtlichen Forderun-
gen der Zeit zur Geltung zu bringen, welche die Gesetz-
gebung zuläßt.

Wir behalten uns vor, die Einkommensteuer in ei-
nem andern Artikel noch näher zu beleuchten, und für
deren Einführung zu wirken.

Wir haben uns gefreut, einer ähnlichen Mittheilung
aus Sprockhövel in diesem Blatte zu begegnen, und hof-
fen, daß noch manche Stimme sich erheben wird. Ge-
rechtigkeit, Billigkeit und Humanität als Richtschnur un-
sers Gemeindeleben einzuführen.     5.

Warum bringt die kirchliche Armenverwaltung nicht
gleich der Städtischen ihre Rechnungslage durch eins der
hiesigen Blätter?

Wir wünschen dieses in ihrem eigenen Jnteresse, da
nur die Oeffentlichkeit derartige Verwaltungen vor Miß-
trauen schützt.

    Ein Bürger.



[Spaltenumbruch]
Der Verrath.
( Fortsetzung. )

„Gut Freund!“ antwortete man und der Diener,
welcher die Stimme des Corregidors erkannte, ließ die-
sen Beamten eintreten, der mit zwei Subalternbeamten
und zwanzig Alguazils erschien. Er ließ zwei Wachen
an die Thüre stellen und ging die Treppe hinauf. Oben
auf dem Corridor traf er den Canonicus, der seines
Alters und seiner Wohlbeleibtheit wegen nicht schell ge-
hen konnte.

„Herr Canonicus,“ sagte er höhnisch, „wir danken
Jhnen sehr, daß Sie die Güte hatten, einen Dieb und
Verräther bis zur Nacht festzuhalten, da wir ihn am
Tage nicht ohne großes Aufsehen würden haben verhaf-
ten können. Führen Sie uns nun jetzt zu seinem Zim-
mer.“

Martin Diez schlief noch. Sein Säbel und seine
Pistolen lagen auf dem Stuhl an seinem Bette; ein
Alguazil nahm die Waffen klüglich weg.. Der Corre-
gidor legte die Hand an den Mann, der waffenlos und
allein mitten unter zwanzig Gegnern erwachen sollte. Diez
fuhr empor.

„Jm Namen des Königs, Martin Diez, Sie sind
mein Gefangener,“ sagte der Corregidor zu ihm.

„Jm Namen welches Königs?“ antwortete Empeci-
nado; „ich kenne keinen König in Spanien.“ Das war
nur eine patriotische Protestation, denn Empecinado: hatte
bereits erkannt, daß jeder Widerstand vergeblich sein
würde.

„Stehen Sie auf, Martin Diez. Wir haben keine
Zeit.“

Empecinado kleidete sich ruhig an, trat unter die
Alguazils und grüßte den Canonicus mit einem Blicke,
der sagen wollte: „Du hast mir dies nicht gethan.“

Während alles dies bei dem braven Geistlichen ge-
schah, hatte sich eine Anzahl von Personen, welche durch
das Gerücht von der Verhaftung einer wichtigen Person
herbeigelockt worden waren, auf der Straße versammelt,
fast alle Handwerker und Tagelöhner, die in Spanien
treuer sind als die höheren Classen, welche sich damals
meist für die Franzosen ausgesprochen hatten, um ihr
Eigenthum zu erhalten. Unter diesen Personen befand
sich auch Nicolaus el Coco, der sich aber wohl hütete
auf die Fragen zu antworten, die jene Männer einander
vorlegten, da sie nicht wußten, welche wichtige Person
die Veranlassung gewesen war, die ganze verfügbare Po-
lizeimacht aufzubieten. Er dachte nur an die Art, wie
er den Lohn für seinen Verrath in Anspruch nehmen
sollte. Da er nicht hatte angeben können, in welches
Haus sich Empecinado begeben, so war er dem Cor-
regidor Schritt für Schritt nachgegangen, aber nicht mit
in das Haus des Geistlichen hineingetreten, da er sich
scheute den von ihm verrathenen Mann gegenüber zu
treten.

Der lahme Bettler schauderte, als Martin Diez in
der Straße erschien und Esteban der Metzger, der ihn
erkannte den Andern zurief: es ist der Empecinado! Bei
diesem Namen entstand ein Gemurmel unter den Ver-
sammelten und der Corregidor schien zu fürchten, daß
man einen Versuch machen würde, den Gefangenen
zu befreien, denn er beschleunigte seine Schritte und die
Alguazils folgten ihm ebenfalls so rasch, daß sie ihre
Aengstlichkeit verriethen; aber weder der erwähnte Metz-
ger, noch der Handelsmann Bles, noch irgend ein An-
derer von den Anwesenden rührte sich, und alle waren
zu überrascht und betroffen, als daß sie den kühnen
[Ende Spaltensatz]

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( Fortsetzung. ) „Gut Freund!“ antwortete man und der Diener, welcher die Stimme des Corregidors erkannte, ließ die- sen Beamten eintreten, der mit zwei Subalternbeamten und zwanzig Alguazils erschien. Er ließ zwei Wachen an die Thüre stellen und ging die Treppe hinauf. Oben auf dem Corridor traf er den Canonicus, der seines Alters und seiner Wohlbeleibtheit wegen nicht schell ge- hen konnte. „Herr Canonicus,“ sagte er höhnisch, „wir danken Jhnen sehr, daß Sie die Güte hatten, einen Dieb und Verräther bis zur Nacht festzuhalten, da wir ihn am Tage nicht ohne großes Aufsehen würden haben verhaf- ten können. Führen Sie uns nun jetzt zu seinem Zim- mer.“ Martin Diez schlief noch. Sein Säbel und seine Pistolen lagen auf dem Stuhl an seinem Bette; ein Alguazil nahm die Waffen klüglich weg.. Der Corre- gidor legte die Hand an den Mann, der waffenlos und allein mitten unter zwanzig Gegnern erwachen sollte. 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Unter diesen Personen befand sich auch Nicolaus el Coco, der sich aber wohl hütete auf die Fragen zu antworten, die jene Männer einander vorlegten, da sie nicht wußten, welche wichtige Person die Veranlassung gewesen war, die ganze verfügbare Po- lizeimacht aufzubieten. Er dachte nur an die Art, wie er den Lohn für seinen Verrath in Anspruch nehmen sollte. Da er nicht hatte angeben können, in welches Haus sich Empecinado begeben, so war er dem Cor- regidor Schritt für Schritt nachgegangen, aber nicht mit in das Haus des Geistlichen hineingetreten, da er sich scheute den von ihm verrathenen Mann gegenüber zu treten. Der lahme Bettler schauderte, als Martin Diez in der Straße erschien und Esteban der Metzger, der ihn erkannte den Andern zurief: es ist der Empecinado! Bei diesem Namen entstand ein Gemurmel unter den Ver- sammelten und der Corregidor schien zu fürchten, daß man einen Versuch machen würde, den Gefangenen zu befreien, denn er beschleunigte seine Schritte und die Alguazils folgten ihm ebenfalls so rasch, daß sie ihre Aengstlichkeit verriethen; aber weder der erwähnte Metz- ger, noch der Handelsmann Bles, noch irgend ein An- derer von den Anwesenden rührte sich, und alle waren zu überrascht und betroffen, als daß sie den kühnen

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Zitationshilfe: Märkische Blätter. Nr. 12. Hattingen, 9. Februar 1850, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_maerkische012_1850/2>, abgerufen am 01.05.2024.