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Mainzer Journal. Nr. 51. Mainz, 5. August 1848.

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Berlin 2. August. ( Z. H. ) Heute hat sich ein zweiter Cho-
lerafall in der Stadt ereignet. Der Kranke zeigte ganz die ge-
wöhnlichen Cholerasymptome. Wie wir erfahren, soll derselbe,
um im Publicum keine Scheu vor der Charit e hervorzubringen,
nach dem Krankenhause gebracht werden.

Köln 1. August. Der Kölner Bürger=Verein hat heute in
einer außerordentlichen, von Civil nnd Militär zahlreich besuch-
ten Versammlung nachstehende Erklärung zu Protocoll gegeben:
"Der kölner Bürger=Verein, treu dem in seinem Programme
ausgesprochenen Grundsatze, allen reactionären sowohl, als
anarchischen Bestrebungen, durch welche die errungenen Volks-
freiheiten und die deutsche nationale Einheit gefährdet werden,
kräftig entgegen zu wirken, sieht sich in Betreff des Erlasses
des Reichs=Kriegsministers vom 16. Juli, da dieser Erlaß von
beiden genannten Bestrebungen ausgebeutet wird, zu der Erklärung
veranlaßt: daß die in jenem Erlasse für den Reichsverweser gefor-
derte, am 6. August durch ein dreimaliges Lebehoch zu leistende " öffent-
liche Huldigung" der Armeen der einzelnen deutschen Staaten,
seiner Ueberzeugung nach, nichts enthalte, wodurch das bisherige
Verhältniß zwischen der betreffenden Armee und ihrem Landes-
fürsten geändert würde, daß dieselbe vielmehr nur eben jene An-
erkennung des deutschen Reichsverwesers, Johann von Oester-
reich, von der Arme verlange, welche von deutschen Regierungen
bereits geleistet ist, und welche in Beziehung auf das Heer nur die
Bedeutung enthält, daß die Truppen sich verpflichten, falls sie
zum Bundescontingente in verfassungsmäßiger Form beordert
werden, dem Oberbefehle des Erzherzogs Reichsverwesers sich
zu unterwerfen; daß deßhalb gar kein Grund vorhanden sey, die
verlangte Huldigung zu verweigern; daß vielmehr die böswilligen
Versuche der reactionären und anarchischen Partei, durch Auf-
regung gegen die verlangte Huldigung und Heraufbeschwörung
einer unbegründeten Gereiztheit des besonderen, particular=staat-
lichen Ehrgefühls, die so herrlich angebahnte Einheit des deutschen
Volkes zu stören, ihm als Verrath am deutschen Vaterlande er-
scheine, und daß er von den einzelnen Regierungen zuversichtlich
erwarte und ernstlich fordere, dieselben werden -- wenn die ge-
nannten verrätherischen Versuche zu thatsächlichem, gesetzwidrigem
Ungehorsam führen sollten, mit aller Energie die Gesetze aufrecht
erhalten."

München 31. Juli. ( Schw. M. ) Unserer Zeit ist es vor-
behalten, nicht blos die Vergangenheit zu ehren, sondern auch
dem Verdienste der Gegenwart zu huldigen und namentlich das
verkannte oder absichtlich hintangesetzte Verdienst der Vergessenheit
und der Verbannung zu entreißen. Jn solchem Sinne hat so eben
unser Cultusministerium einen anerkennenswerthen Akt der Gerech-
tigkeit dadurch vollzogen, daß es den angeblich wegen freisinniger
oder sonst mißfälliger Druckschriften im Gebiete deutscher Geschichts-
forschung in Ruhestand versetzt gewesenen Gymnasialprofessor Dr.
Söltl als Honorarprofessor für deutsche Literargeschichte und Be-
redsamkeit an der hiesigen Universität nun in eine ebenso ehrenvolle
als nutzbringende Thätigkeit versetzt hat. [ Das ist gewiß alles
ganz gut; wann wird aber endlich einmal dieser " anerkennens-
werthe Act der Gerechtigkeit" auch an den von der Lola abgesetz-
ten Professoren geübt werden? Das Bayerische Cultusministerium
sollte dieser Verzögerung sich schämen! ]

== Aus der bayerischen Pfalz 3. Aug. Sie zürnen über
den nachläßigen Correspondenten aus der Pfalz 1) ? Aber ich
kann Sie versichern, in unserer von der Natur gesegneten Pro-
vinz fällt eben wenig oder gar nichts vor, was die Feder eines
Zeitungsschreibers in Bewegung setzen könnte. Die Scheunen
füllen sich und die klarer werdenden Weinbeeren versprechen einen,
wenn nicht reichen, doch trefflichen Herbst. Das sind die Neuig-
keiten aus der Pfalz, welche allerdings in der alten Zeit höchst
interessant gewesen wären. Aber wir sind, wie sehr sich auch
Schlafmützen und Haarzöpfe dagegen verwahren, in eine neue
Zeit eingetreten, die leider die Tagesgeschichte mit Blut und Elend
schreibt. Sey's! Wenn uns das Vertrauen trägt, daß kein
Verhängniß ein ungerechtes und kein Unheil ohne Ende ist, so
können wir mit schwerem Herzen, aber auch mit gutem Troste in
die Zukunft schauen. Die Gegenwart ist, verhehlen wir es nicht,
schlimmer als je. Die deutschen Dinge sind nahe zu einem gor-
dischen Knoten geworden. Wehe uns, wenn wir die Klinge eines
Alexanders herbeiwünschen müssen! Eines thut vor Allem, thut
schreiend Noth: die Centralgewalt muß erstarken. Die
Hyder, die in Gestalt des Stockpreußenthums sich erhebt, muß
vernichtet werden, oder unsere Enkel werden von einem Deutsch-
land hören, das gewesen ist. Fürwahr, das ist Reaction,
[Spaltenumbruch] und zwar im schlimmsten Sinne. Wer hat je denken können, daß
eine Einheit Deutschlands werde neu geschaffen werden, ohne
daß von Seite der Souveräne Opfer gebracht werden? Und
gleicht es nicht dem offenen Verrathe, die Gestaltung der
Dinge so weit voranschreiten zu lassen und dann dagegen
Reaction zu beginnen, während es doch keinen Augenblick
zweifelhaft seyn konnte, was erstrebt werde und was die Fol-
gen davon seyn müssen. Bei Gott! Es ist ein Hochgefühl sonder
Gleichen, ein Deutscher zu seyn in diesen Tagen! An der südwest-
lichen Gränze lauert das blutige Gespenst der Republik, an der
Spree geht Deutschland in Preußen auf. Hinter dem feindlichen
Dänemark lagert der ganze Norden; Hollands Löwe weist die
Zähne. Oestreich ist dem inneren Verfalle nah, und nach Außen
in einen unabsehbaren Krieg verwickelt; im Herzen Deutschlands
sitzt der slavische Wurm; Frankreich rüstet, Rußland steht gerü-
stet, Polen ist verletzt, und der Krämer an der Themse reibt sich
behaglich die Hände über die zu Grunde gerichtete deutsche Jn-
dustrie. Dazu kömmt noch die hoffnungslose Hoffnung, die der
deutsche Bürger auf die wahre Freiheit -- ( ich fasse sie kurz in
Gemeinde= und Kirchenfreiheit zusammen ) -- hat, worüber die
Paulskirche so viele Worte hört, wie wenig Thaten sie auch ge-
biert. Und dann frage ich: Hebt sich nicht die Brust, welche sagen
kann, daß sie deutsch sey?

Freiburg 31. Juli. ( M. J. ) Am 6. August wird sich das in
hiesiger Umgegend gelegene badische Militär hier einfinden, um
dem Reichsverweser zu huldigen.

sqrt Darmstadt 3. August. Das heute erschienene Regierungs-
blatt enthält das längst erwartete Gesetz über die neue Orga-
nisation der Verwaltungsbehörden.
Demnach sind
"um die Verwaltungseinrichtungen mit den Bedingungen der
Selbstthätigkeit des Volkes für seine öffentlichen Angelegenheiten
in Einklang zu bringen und das Volk bei wichtigen Zweigen der Be-
zirksverwaltung durch Männer seiner Wahl zu betheiligen" ( Art. 1. )
die Stellen der Provinzial commissäre und Kreisräthe
aufgehoben. Dafür zerfällt jetzt das Großherzogthum in zehen
Regierungsbezirke:
1 ) Gießen, 2 ) Alsfeld, 3 ) Friedberg,
4 ) Nidda, 5 ) Biedenkopf, 6 ) Darmstadt, 7 ) Heppenheim, 8 )
Dieburg, 9 ) Erbach und 10 ) Mainz bestehend aus der ganzen
Provinz Rheinhessen, die für einstweilen von Regierungscom-
missionen verwaltet werden. Auf die neuen Regierungscom-
missionen gehen einstweilen ( Art. 6. ) die Amtsbe-
fugnisse und Verrichtungen der aufgehobenen
Kreisräthe über.
Für jeden Regierungsbezirk soll fer-
ner ( Art. 14. ) ein Bezirksrath bestehen, der vom Volke
gewählt wird und sich jährlich wenigstens einmal zu ver-
sammeln hat. Dieser Bezirksrath ist berufen ( Art. 16. ) :
1 ) Zur Entscheidung über die Verbindlichkeit einer Gemeinde zu
einer Ausgabe, welche im öffentlichen Jnteresse von der Regier-
ungsbehörde einer Gemeinde angesonnen, von dieser aber abge-
lehnt wurde. 2 ) Zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer
Ausgabe, welche von einer Gemeinde beschlossen wurde, von der
Regierungsbehörde aber beanstandet ist. Jn beiden Fällen hat
die Regierungscommission dem Bezirksrath von Amtswegen
Vorlage zu machen und seine Entscheidung dadurch zu veranlassen.
3 ) Zur Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Gemeinden
über die Frage, ob Ausgaben, für welche keine privatrecht-
liche Verbindlichkeiten bestehen, im öffentlichen Jnteresse von
der einen oder der andern Gemeinde, oder von mehreren
gemeinschaftlich, und in welchem Verhältnisse zu tragen sind.
Eine solche Angelegenheit kann sowohl von den betheiligten Ge-
meinden, als von der Regierungsbehörde zur Entscheidung des
Bezirksraths gebracht werden. 4 ) Zur Entscheidung über Bür-
geraufnahmen, welche von Gemeinden verweigert sind, auf Re-
curs der Betheiligten. 5 ) Zur Begutachtung bei Streitigkeiten
über Gemarkungsverhältnisse. Die Entscheidung über bestrittene
Gemarkungsverhältnisse steht aber nach Anhörung des Bezirks-
raths oder der betreffenden Bezirksräthe in erster Jnstanz den-
jenigen Behörden zu, auf welche die seitherigen Verrichtungen
des Administrativjustizhofs übergehen werden, in zweiter Jnstanz,
wie seither, dem Staatsrathe. 6 ) Zur Begutachtung über neu
einzuführendes Octroi oder andere indirecte Gemeindeerhebungen.
7 ) Zur Begutachtung darüber, ob eine Gemeinde aufgelöst, neu
gebildet oder mit einer andern vereinigt werden soll und über die
Bedingungen der Vereinigung oder Auflösung. Ueber die unter
6. und 7. bezeichneten Gegenstände kann nur verfügt wer-
den, nachdem das Gutachten des Bezirksraths eingeholt ist.
8 ) Zur Theilnahme an der Verwaltung und Beaufsichtigung
von vorhandenen, sowie zur Veranlassung und Begründung
neuer Bezirksanstalten. 9 ) Zu Anträgen, Beschwerden und
Gutachten über die öffentlichen Jnteressen des Bezirks. Das
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1) Allerdings ärgern wir uns ganz bayerisch blau! Der "Blumist"
soll dichten, wenn es mit dem politischen Trachten nicht geht!
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Berlin 2. August. ( Z. H. ) Heute hat sich ein zweiter Cho-
lerafall in der Stadt ereignet. Der Kranke zeigte ganz die ge-
wöhnlichen Cholerasymptome. Wie wir erfahren, soll derselbe,
um im Publicum keine Scheu vor der Charit é hervorzubringen,
nach dem Krankenhause gebracht werden.

Köln 1. August. Der Kölner Bürger=Verein hat heute in
einer außerordentlichen, von Civil nnd Militär zahlreich besuch-
ten Versammlung nachstehende Erklärung zu Protocoll gegeben:
„Der kölner Bürger=Verein, treu dem in seinem Programme
ausgesprochenen Grundsatze, allen reactionären sowohl, als
anarchischen Bestrebungen, durch welche die errungenen Volks-
freiheiten und die deutsche nationale Einheit gefährdet werden,
kräftig entgegen zu wirken, sieht sich in Betreff des Erlasses
des Reichs=Kriegsministers vom 16. Juli, da dieser Erlaß von
beiden genannten Bestrebungen ausgebeutet wird, zu der Erklärung
veranlaßt: daß die in jenem Erlasse für den Reichsverweser gefor-
derte, am 6. August durch ein dreimaliges Lebehoch zu leistende „ öffent-
liche Huldigung“ der Armeen der einzelnen deutschen Staaten,
seiner Ueberzeugung nach, nichts enthalte, wodurch das bisherige
Verhältniß zwischen der betreffenden Armee und ihrem Landes-
fürsten geändert würde, daß dieselbe vielmehr nur eben jene An-
erkennung des deutschen Reichsverwesers, Johann von Oester-
reich, von der Arme verlange, welche von deutschen Regierungen
bereits geleistet ist, und welche in Beziehung auf das Heer nur die
Bedeutung enthält, daß die Truppen sich verpflichten, falls sie
zum Bundescontingente in verfassungsmäßiger Form beordert
werden, dem Oberbefehle des Erzherzogs Reichsverwesers sich
zu unterwerfen; daß deßhalb gar kein Grund vorhanden sey, die
verlangte Huldigung zu verweigern; daß vielmehr die böswilligen
Versuche der reactionären und anarchischen Partei, durch Auf-
regung gegen die verlangte Huldigung und Heraufbeschwörung
einer unbegründeten Gereiztheit des besonderen, particular=staat-
lichen Ehrgefühls, die so herrlich angebahnte Einheit des deutschen
Volkes zu stören, ihm als Verrath am deutschen Vaterlande er-
scheine, und daß er von den einzelnen Regierungen zuversichtlich
erwarte und ernstlich fordere, dieselben werden — wenn die ge-
nannten verrätherischen Versuche zu thatsächlichem, gesetzwidrigem
Ungehorsam führen sollten, mit aller Energie die Gesetze aufrecht
erhalten.“

München 31. Juli. ( Schw. M. ) Unserer Zeit ist es vor-
behalten, nicht blos die Vergangenheit zu ehren, sondern auch
dem Verdienste der Gegenwart zu huldigen und namentlich das
verkannte oder absichtlich hintangesetzte Verdienst der Vergessenheit
und der Verbannung zu entreißen. Jn solchem Sinne hat so eben
unser Cultusministerium einen anerkennenswerthen Akt der Gerech-
tigkeit dadurch vollzogen, daß es den angeblich wegen freisinniger
oder sonst mißfälliger Druckschriften im Gebiete deutscher Geschichts-
forschung in Ruhestand versetzt gewesenen Gymnasialprofessor Dr.
Söltl als Honorarprofessor für deutsche Literargeschichte und Be-
redsamkeit an der hiesigen Universität nun in eine ebenso ehrenvolle
als nutzbringende Thätigkeit versetzt hat. [ Das ist gewiß alles
ganz gut; wann wird aber endlich einmal dieser „ anerkennens-
werthe Act der Gerechtigkeit“ auch an den von der Lola abgesetz-
ten Professoren geübt werden? Das Bayerische Cultusministerium
sollte dieser Verzögerung sich schämen! ]

== Aus der bayerischen Pfalz 3. Aug. Sie zürnen über
den nachläßigen Correspondenten aus der Pfalz 1) ? Aber ich
kann Sie versichern, in unserer von der Natur gesegneten Pro-
vinz fällt eben wenig oder gar nichts vor, was die Feder eines
Zeitungsschreibers in Bewegung setzen könnte. Die Scheunen
füllen sich und die klarer werdenden Weinbeeren versprechen einen,
wenn nicht reichen, doch trefflichen Herbst. Das sind die Neuig-
keiten aus der Pfalz, welche allerdings in der alten Zeit höchst
interessant gewesen wären. Aber wir sind, wie sehr sich auch
Schlafmützen und Haarzöpfe dagegen verwahren, in eine neue
Zeit eingetreten, die leider die Tagesgeschichte mit Blut und Elend
schreibt. Sey's! Wenn uns das Vertrauen trägt, daß kein
Verhängniß ein ungerechtes und kein Unheil ohne Ende ist, so
können wir mit schwerem Herzen, aber auch mit gutem Troste in
die Zukunft schauen. Die Gegenwart ist, verhehlen wir es nicht,
schlimmer als je. Die deutschen Dinge sind nahe zu einem gor-
dischen Knoten geworden. Wehe uns, wenn wir die Klinge eines
Alexanders herbeiwünschen müssen! Eines thut vor Allem, thut
schreiend Noth: die Centralgewalt muß erstarken. Die
Hyder, die in Gestalt des Stockpreußenthums sich erhebt, muß
vernichtet werden, oder unsere Enkel werden von einem Deutsch-
land hören, das gewesen ist. Fürwahr, das ist Reaction,
[Spaltenumbruch] und zwar im schlimmsten Sinne. Wer hat je denken können, daß
eine Einheit Deutschlands werde neu geschaffen werden, ohne
daß von Seite der Souveräne Opfer gebracht werden? Und
gleicht es nicht dem offenen Verrathe, die Gestaltung der
Dinge so weit voranschreiten zu lassen und dann dagegen
Reaction zu beginnen, während es doch keinen Augenblick
zweifelhaft seyn konnte, was erstrebt werde und was die Fol-
gen davon seyn müssen. Bei Gott! Es ist ein Hochgefühl sonder
Gleichen, ein Deutscher zu seyn in diesen Tagen! An der südwest-
lichen Gränze lauert das blutige Gespenst der Republik, an der
Spree geht Deutschland in Preußen auf. Hinter dem feindlichen
Dänemark lagert der ganze Norden; Hollands Löwe weist die
Zähne. Oestreich ist dem inneren Verfalle nah, und nach Außen
in einen unabsehbaren Krieg verwickelt; im Herzen Deutschlands
sitzt der slavische Wurm; Frankreich rüstet, Rußland steht gerü-
stet, Polen ist verletzt, und der Krämer an der Themse reibt sich
behaglich die Hände über die zu Grunde gerichtete deutsche Jn-
dustrie. Dazu kömmt noch die hoffnungslose Hoffnung, die der
deutsche Bürger auf die wahre Freiheit — ( ich fasse sie kurz in
Gemeinde= und Kirchenfreiheit zusammen ) — hat, worüber die
Paulskirche so viele Worte hört, wie wenig Thaten sie auch ge-
biert. Und dann frage ich: Hebt sich nicht die Brust, welche sagen
kann, daß sie deutsch sey?

Freiburg 31. Juli. ( M. J. ) Am 6. August wird sich das in
hiesiger Umgegend gelegene badische Militär hier einfinden, um
dem Reichsverweser zu huldigen.

√ Darmstadt 3. August. Das heute erschienene Regierungs-
blatt enthält das längst erwartete Gesetz über die neue Orga-
nisation der Verwaltungsbehörden.
Demnach sind
„um die Verwaltungseinrichtungen mit den Bedingungen der
Selbstthätigkeit des Volkes für seine öffentlichen Angelegenheiten
in Einklang zu bringen und das Volk bei wichtigen Zweigen der Be-
zirksverwaltung durch Männer seiner Wahl zu betheiligen“ ( Art. 1. )
die Stellen der Provinzial commissäre und Kreisräthe
aufgehoben. Dafür zerfällt jetzt das Großherzogthum in zehen
Regierungsbezirke:
1 ) Gießen, 2 ) Alsfeld, 3 ) Friedberg,
4 ) Nidda, 5 ) Biedenkopf, 6 ) Darmstadt, 7 ) Heppenheim, 8 )
Dieburg, 9 ) Erbach und 10 ) Mainz bestehend aus der ganzen
Provinz Rheinhessen, die für einstweilen von Regierungscom-
missionen verwaltet werden. Auf die neuen Regierungscom-
missionen gehen einstweilen ( Art. 6. ) die Amtsbe-
fugnisse und Verrichtungen der aufgehobenen
Kreisräthe über.
Für jeden Regierungsbezirk soll fer-
ner ( Art. 14. ) ein Bezirksrath bestehen, der vom Volke
gewählt wird und sich jährlich wenigstens einmal zu ver-
sammeln hat. Dieser Bezirksrath ist berufen ( Art. 16. ) :
1 ) Zur Entscheidung über die Verbindlichkeit einer Gemeinde zu
einer Ausgabe, welche im öffentlichen Jnteresse von der Regier-
ungsbehörde einer Gemeinde angesonnen, von dieser aber abge-
lehnt wurde. 2 ) Zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer
Ausgabe, welche von einer Gemeinde beschlossen wurde, von der
Regierungsbehörde aber beanstandet ist. Jn beiden Fällen hat
die Regierungscommission dem Bezirksrath von Amtswegen
Vorlage zu machen und seine Entscheidung dadurch zu veranlassen.
3 ) Zur Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Gemeinden
über die Frage, ob Ausgaben, für welche keine privatrecht-
liche Verbindlichkeiten bestehen, im öffentlichen Jnteresse von
der einen oder der andern Gemeinde, oder von mehreren
gemeinschaftlich, und in welchem Verhältnisse zu tragen sind.
Eine solche Angelegenheit kann sowohl von den betheiligten Ge-
meinden, als von der Regierungsbehörde zur Entscheidung des
Bezirksraths gebracht werden. 4 ) Zur Entscheidung über Bür-
geraufnahmen, welche von Gemeinden verweigert sind, auf Re-
curs der Betheiligten. 5 ) Zur Begutachtung bei Streitigkeiten
über Gemarkungsverhältnisse. Die Entscheidung über bestrittene
Gemarkungsverhältnisse steht aber nach Anhörung des Bezirks-
raths oder der betreffenden Bezirksräthe in erster Jnstanz den-
jenigen Behörden zu, auf welche die seitherigen Verrichtungen
des Administrativjustizhofs übergehen werden, in zweiter Jnstanz,
wie seither, dem Staatsrathe. 6 ) Zur Begutachtung über neu
einzuführendes Octroi oder andere indirecte Gemeindeerhebungen.
7 ) Zur Begutachtung darüber, ob eine Gemeinde aufgelöst, neu
gebildet oder mit einer andern vereinigt werden soll und über die
Bedingungen der Vereinigung oder Auflösung. Ueber die unter
6. und 7. bezeichneten Gegenstände kann nur verfügt wer-
den, nachdem das Gutachten des Bezirksraths eingeholt ist.
8 ) Zur Theilnahme an der Verwaltung und Beaufsichtigung
von vorhandenen, sowie zur Veranlassung und Begründung
neuer Bezirksanstalten. 9 ) Zu Anträgen, Beschwerden und
Gutachten über die öffentlichen Jnteressen des Bezirks. Das
[Ende Spaltensatz]

1) Allerdings ärgern wir uns ganz bayerisch blau! Der „Blumist“
soll dichten, wenn es mit dem politischen Trachten nicht geht!
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[0002] Berlin 2. August. ( Z. H. ) Heute hat sich ein zweiter Cho- lerafall in der Stadt ereignet. Der Kranke zeigte ganz die ge- wöhnlichen Cholerasymptome. Wie wir erfahren, soll derselbe, um im Publicum keine Scheu vor der Charit é hervorzubringen, nach dem Krankenhause gebracht werden. Köln 1. August. Der Kölner Bürger=Verein hat heute in einer außerordentlichen, von Civil nnd Militär zahlreich besuch- ten Versammlung nachstehende Erklärung zu Protocoll gegeben: „Der kölner Bürger=Verein, treu dem in seinem Programme ausgesprochenen Grundsatze, allen reactionären sowohl, als anarchischen Bestrebungen, durch welche die errungenen Volks- freiheiten und die deutsche nationale Einheit gefährdet werden, kräftig entgegen zu wirken, sieht sich in Betreff des Erlasses des Reichs=Kriegsministers vom 16. Juli, da dieser Erlaß von beiden genannten Bestrebungen ausgebeutet wird, zu der Erklärung veranlaßt: daß die in jenem Erlasse für den Reichsverweser gefor- derte, am 6. August durch ein dreimaliges Lebehoch zu leistende „ öffent- liche Huldigung“ der Armeen der einzelnen deutschen Staaten, seiner Ueberzeugung nach, nichts enthalte, wodurch das bisherige Verhältniß zwischen der betreffenden Armee und ihrem Landes- fürsten geändert würde, daß dieselbe vielmehr nur eben jene An- erkennung des deutschen Reichsverwesers, Johann von Oester- reich, von der Arme verlange, welche von deutschen Regierungen bereits geleistet ist, und welche in Beziehung auf das Heer nur die Bedeutung enthält, daß die Truppen sich verpflichten, falls sie zum Bundescontingente in verfassungsmäßiger Form beordert werden, dem Oberbefehle des Erzherzogs Reichsverwesers sich zu unterwerfen; daß deßhalb gar kein Grund vorhanden sey, die verlangte Huldigung zu verweigern; daß vielmehr die böswilligen Versuche der reactionären und anarchischen Partei, durch Auf- regung gegen die verlangte Huldigung und Heraufbeschwörung einer unbegründeten Gereiztheit des besonderen, particular=staat- lichen Ehrgefühls, die so herrlich angebahnte Einheit des deutschen Volkes zu stören, ihm als Verrath am deutschen Vaterlande er- scheine, und daß er von den einzelnen Regierungen zuversichtlich erwarte und ernstlich fordere, dieselben werden — wenn die ge- nannten verrätherischen Versuche zu thatsächlichem, gesetzwidrigem Ungehorsam führen sollten, mit aller Energie die Gesetze aufrecht erhalten.“ München 31. Juli. ( Schw. M. ) Unserer Zeit ist es vor- behalten, nicht blos die Vergangenheit zu ehren, sondern auch dem Verdienste der Gegenwart zu huldigen und namentlich das verkannte oder absichtlich hintangesetzte Verdienst der Vergessenheit und der Verbannung zu entreißen. Jn solchem Sinne hat so eben unser Cultusministerium einen anerkennenswerthen Akt der Gerech- tigkeit dadurch vollzogen, daß es den angeblich wegen freisinniger oder sonst mißfälliger Druckschriften im Gebiete deutscher Geschichts- forschung in Ruhestand versetzt gewesenen Gymnasialprofessor Dr. Söltl als Honorarprofessor für deutsche Literargeschichte und Be- redsamkeit an der hiesigen Universität nun in eine ebenso ehrenvolle als nutzbringende Thätigkeit versetzt hat. [ Das ist gewiß alles ganz gut; wann wird aber endlich einmal dieser „ anerkennens- werthe Act der Gerechtigkeit“ auch an den von der Lola abgesetz- ten Professoren geübt werden? Das Bayerische Cultusministerium sollte dieser Verzögerung sich schämen! ] == Aus der bayerischen Pfalz 3. Aug. Sie zürnen über den nachläßigen Correspondenten aus der Pfalz 1) ? Aber ich kann Sie versichern, in unserer von der Natur gesegneten Pro- vinz fällt eben wenig oder gar nichts vor, was die Feder eines Zeitungsschreibers in Bewegung setzen könnte. Die Scheunen füllen sich und die klarer werdenden Weinbeeren versprechen einen, wenn nicht reichen, doch trefflichen Herbst. Das sind die Neuig- keiten aus der Pfalz, welche allerdings in der alten Zeit höchst interessant gewesen wären. Aber wir sind, wie sehr sich auch Schlafmützen und Haarzöpfe dagegen verwahren, in eine neue Zeit eingetreten, die leider die Tagesgeschichte mit Blut und Elend schreibt. Sey's! Wenn uns das Vertrauen trägt, daß kein Verhängniß ein ungerechtes und kein Unheil ohne Ende ist, so können wir mit schwerem Herzen, aber auch mit gutem Troste in die Zukunft schauen. Die Gegenwart ist, verhehlen wir es nicht, schlimmer als je. Die deutschen Dinge sind nahe zu einem gor- dischen Knoten geworden. Wehe uns, wenn wir die Klinge eines Alexanders herbeiwünschen müssen! Eines thut vor Allem, thut schreiend Noth: die Centralgewalt muß erstarken. Die Hyder, die in Gestalt des Stockpreußenthums sich erhebt, muß vernichtet werden, oder unsere Enkel werden von einem Deutsch- land hören, das gewesen ist. Fürwahr, das ist Reaction, und zwar im schlimmsten Sinne. Wer hat je denken können, daß eine Einheit Deutschlands werde neu geschaffen werden, ohne daß von Seite der Souveräne Opfer gebracht werden? Und gleicht es nicht dem offenen Verrathe, die Gestaltung der Dinge so weit voranschreiten zu lassen und dann dagegen Reaction zu beginnen, während es doch keinen Augenblick zweifelhaft seyn konnte, was erstrebt werde und was die Fol- gen davon seyn müssen. Bei Gott! Es ist ein Hochgefühl sonder Gleichen, ein Deutscher zu seyn in diesen Tagen! An der südwest- lichen Gränze lauert das blutige Gespenst der Republik, an der Spree geht Deutschland in Preußen auf. Hinter dem feindlichen Dänemark lagert der ganze Norden; Hollands Löwe weist die Zähne. Oestreich ist dem inneren Verfalle nah, und nach Außen in einen unabsehbaren Krieg verwickelt; im Herzen Deutschlands sitzt der slavische Wurm; Frankreich rüstet, Rußland steht gerü- stet, Polen ist verletzt, und der Krämer an der Themse reibt sich behaglich die Hände über die zu Grunde gerichtete deutsche Jn- dustrie. Dazu kömmt noch die hoffnungslose Hoffnung, die der deutsche Bürger auf die wahre Freiheit — ( ich fasse sie kurz in Gemeinde= und Kirchenfreiheit zusammen ) — hat, worüber die Paulskirche so viele Worte hört, wie wenig Thaten sie auch ge- biert. Und dann frage ich: Hebt sich nicht die Brust, welche sagen kann, daß sie deutsch sey? Freiburg 31. Juli. ( M. J. ) Am 6. August wird sich das in hiesiger Umgegend gelegene badische Militär hier einfinden, um dem Reichsverweser zu huldigen. √ Darmstadt 3. August. Das heute erschienene Regierungs- blatt enthält das längst erwartete Gesetz über die neue Orga- nisation der Verwaltungsbehörden. Demnach sind „um die Verwaltungseinrichtungen mit den Bedingungen der Selbstthätigkeit des Volkes für seine öffentlichen Angelegenheiten in Einklang zu bringen und das Volk bei wichtigen Zweigen der Be- zirksverwaltung durch Männer seiner Wahl zu betheiligen“ ( Art. 1. ) die Stellen der Provinzial commissäre und Kreisräthe aufgehoben. Dafür zerfällt jetzt das Großherzogthum in zehen Regierungsbezirke: 1 ) Gießen, 2 ) Alsfeld, 3 ) Friedberg, 4 ) Nidda, 5 ) Biedenkopf, 6 ) Darmstadt, 7 ) Heppenheim, 8 ) Dieburg, 9 ) Erbach und 10 ) Mainz bestehend aus der ganzen Provinz Rheinhessen, die für einstweilen von Regierungscom- missionen verwaltet werden. Auf die neuen Regierungscom- missionen gehen einstweilen ( Art. 6. ) die Amtsbe- fugnisse und Verrichtungen der aufgehobenen Kreisräthe über. Für jeden Regierungsbezirk soll fer- ner ( Art. 14. ) ein Bezirksrath bestehen, der vom Volke gewählt wird und sich jährlich wenigstens einmal zu ver- sammeln hat. Dieser Bezirksrath ist berufen ( Art. 16. ) : 1 ) Zur Entscheidung über die Verbindlichkeit einer Gemeinde zu einer Ausgabe, welche im öffentlichen Jnteresse von der Regier- ungsbehörde einer Gemeinde angesonnen, von dieser aber abge- lehnt wurde. 2 ) Zur Entscheidung über die Zulässigkeit einer Ausgabe, welche von einer Gemeinde beschlossen wurde, von der Regierungsbehörde aber beanstandet ist. Jn beiden Fällen hat die Regierungscommission dem Bezirksrath von Amtswegen Vorlage zu machen und seine Entscheidung dadurch zu veranlassen. 3 ) Zur Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Gemeinden über die Frage, ob Ausgaben, für welche keine privatrecht- liche Verbindlichkeiten bestehen, im öffentlichen Jnteresse von der einen oder der andern Gemeinde, oder von mehreren gemeinschaftlich, und in welchem Verhältnisse zu tragen sind. Eine solche Angelegenheit kann sowohl von den betheiligten Ge- meinden, als von der Regierungsbehörde zur Entscheidung des Bezirksraths gebracht werden. 4 ) Zur Entscheidung über Bür- geraufnahmen, welche von Gemeinden verweigert sind, auf Re- curs der Betheiligten. 5 ) Zur Begutachtung bei Streitigkeiten über Gemarkungsverhältnisse. Die Entscheidung über bestrittene Gemarkungsverhältnisse steht aber nach Anhörung des Bezirks- raths oder der betreffenden Bezirksräthe in erster Jnstanz den- jenigen Behörden zu, auf welche die seitherigen Verrichtungen des Administrativjustizhofs übergehen werden, in zweiter Jnstanz, wie seither, dem Staatsrathe. 6 ) Zur Begutachtung über neu einzuführendes Octroi oder andere indirecte Gemeindeerhebungen. 7 ) Zur Begutachtung darüber, ob eine Gemeinde aufgelöst, neu gebildet oder mit einer andern vereinigt werden soll und über die Bedingungen der Vereinigung oder Auflösung. Ueber die unter 6. und 7. bezeichneten Gegenstände kann nur verfügt wer- den, nachdem das Gutachten des Bezirksraths eingeholt ist. 8 ) Zur Theilnahme an der Verwaltung und Beaufsichtigung von vorhandenen, sowie zur Veranlassung und Begründung neuer Bezirksanstalten. 9 ) Zu Anträgen, Beschwerden und Gutachten über die öffentlichen Jnteressen des Bezirks. Das 1) Allerdings ärgern wir uns ganz bayerisch blau! Der „Blumist“ soll dichten, wenn es mit dem politischen Trachten nicht geht!

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 51. Mainz, 5. August 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal051_1848/2>, abgerufen am 12.11.2024.