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Mainzer Journal. Nr. 81. Mainz, 8. September 1848.

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Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 81. Freitag, den 8. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland und die Schleswig=Holsteinische
Frage.

# Die Folgen der Entscheidung der Nationalversammlung
über den Waffenstillstand in Schleswig=Holstein lassen sich heute
noch gar nicht übersehen. Wie überhaupt in den gewaltigen
Ereignissen der Gegenwart bisher fast Alles plötzlich und gegen
alles menschliche Erwarten sich zugetragen, so ist es auch hier
wiederum der Fall gewesen. Das Ministerium ist abgetreten,
die Stellung der Parteien in dem Parlament ist theilweise eine
neue geworden, schon in wenigen Tagen kann der Bruch zwischen
Preußen und der Centralgewalt ein offener seyn und zugleich
sind in diese Angelegenheit, die so sehr eine innere ist, die
europäischen Mächte verflochten, -- so daß in Wahrheit eine
Lebensfrage der innern und äußeren Politik Deutschlands vorliegt.
Die Stimmen für und wider die Verwerfung des Waffenstillstan-
des hatten sich im Parlament fast die Wage gehalten, nur ganz
gering war die Majorität. Je mehr die Bedingungen des
Waffenstillstandes geeignet waren, den deutschen Patrioten zu
indigniren, je stärkere Gründe für dessen Verwerfung sprachen,
um so größere Bedenken müssen sich auf der anderen Seite dieser
Verwerfung entgegengestellt haben, da so viele Männer, denen
doch Niemand Freimuth und Patriotismus abstreiten wird, sich
nicht entschließen konnten ihre Beistimmung zu ertheilen; die gro-
ßen Gefahren und Schwierigkeiten schreckten sie zurück. Und in
der That ist es jetzt, wo es gilt den kühnen raschen Entschluß,
der nun gefaßt ist, einträchtig, muthig und standhaft durch-
zuführen, doppelt nothwendig, diesen Gefahren in's Auge zu
sehen. Blicken wir zuerst auf die Gefahr von Außen.

Durch das ganze Mittelalter hindurch war Deutschland nicht
blos der Achtung und dem Range nach die erste, sondern auch
der Macht nach die prädominirende unter den europäischen Na-
tionen, so sehr, daß eigentlich nicht einmal ein Gedanke daran
seyn konnte, daß ein anderes Reich auch nur als ein Nebenbuhler
des Deutschen auftrete. Erst mußte Deutschland innerlich
entzweit und durch sich selbst geschwächt werden,

ehe andere Staaten neben ihm und zuletzt über es sich erheben
konnten.

Nun ist Deutschland von drei Seiten von drei übermächtigen
Gegnern eingeschlossen, von Frankreich, England und Ruß-
land,
denen noch fast alle kleineren Staaten sich zugesellen.
Glaubt man, daß diese Mächte, deren Throne auf den Trüm-
mern der deutschen Weltmacht sich erhoben haben, der Wiederer-
hebung und Wiedervereinigung Deutschlands gleichgültig oder
gern zusehen werden? Jede dieser drei Mächte ist durch ein ande-
res Jnteresse gegen das neue Deutschland gespannt. Frankreich,
die Uebermacht eines einigen deutschen Reiches wohl kennend, will
diese Einheit nicht. Die Franzosen, diese großen Liebhaber
fremder Nationalitäten haben diese Liebe -- versteht sich aus purer
Großmuth -- nur zu den schwächeren Nationen, welche sie be-
schützen können,
von großen starken Nationen aber, die kei-
nes Schutzes bedürfen, wohl aber Frankreich Trutz zu bieten im
Stande sind, wollen sie nichts wissen. So möchten sie von Herzen
gern Mittel=und Westdeutschland gegen Oesterreich und Preußen
in Schutz nehmen, wie seiner Zeit Richelieu die deutschen Prote-
stanten, und Napoleon den Rheinbund beschützte, und zu diesem
Ende strecken sie Deutschland die "Bruderhand" entgegen. Wenn
aber von einem einigen mächtigen deutschen Reich die Rede ist, so
sind sie zu einem herzlichen Einverständniß mit dem Selbstherr-
scher aller Reußen ohne weiteres bereit. Und so kostet es ihnen
[Spaltenumbruch] gar keine Selbstüberwindung die Lombarden gegen Oesterreich zu
schützen, unbekümmert um die ältesten Rechte, und gleichzeitig für
die Dänen gegen die ihre Nationalität vertheidigenden Schleswig-
Holsteiner Partei zu nehmen. Natürlich, das Jnteresse ist in bei-
den Fällen dasselbe, nur der Vorwand verschieden: durch die
Befreiung der Lombarden wird Süddeutschland, und durch die
Unterdrückung der Schleswig=Holsteiner wird Norddeutschland
geschwächt, und beides ist sehr annehmlich für Frankreich. Da-
rum muß in Jtalien das alte Recht Oesterreichs zerbrochen, in
Schleswig=Holstein aber muß eine alte Urkunde aufrecht erhalten
werden.

Der zweite Gegner ist England; es ist die Jnhaberin des
Welthandels geworden, seit Deutschland mit Jtalien im Bund es
aufgehört hat zu seyn. War bisher der deutsche Zollverein ihm
schon ein solcher Dorn im Auge und hat es sich bisher schon so
viel kosten lassen, um den Aufschwung des deutschen Handels und
der deutschen Jndustrie zu hemmen, welch' eine Antipathie wird
es erst gegen ein großes einiges Deutschland empfinden, das fort-
an ebenfalls frei die Meere befahren, selbstständig und einig seine
Handels= und Jndustrieinteressen vertreten, und nur allzu wahr-
scheinlich mit dem großen Nebenbuhler Englands, mit Nordame-
rika, in ein ganz freundschaftliches Verhältniß treten wird. Und
endlich Rußland, wenn nicht schon seine von jeher verfolgten
politischen Pläne bezüglich der Donauländer, des Orients und
der slavischen Völker, so würde es schon sein Widerwillen gegen
die Freiheit zu einem Feinde des neuen deutschen Reiches machen.
Und so steht es wirklich, und all' diese drei Feinde haben sich an
die Schleswig=Holsteinische Frage, unberufen, angeklammert und
stehen auf der Seite des Dänen, der noch zum Ueberfluß mit
Schweden verbündet ist, während gleichzeitig wegen Limburgs
ähnliche Differenzen mit Holland obschweben, und in Jtalien eine
bewaffnete Jntervention droht.

So ist Deutschland -- woran alle Phrasen eines Lamartine's
und alle "linkischen" Worte von Brüderlichkeit nichts ändern, --
ringsum von Feinden umgeben, wie beinahe fast noch niemals ein
Volk. Da mag wohl auch einem Muthigen vor dem casus belli
( dem Ausbruche eines Krieges ) bangen. Jedoch im vorliegenden
Falle ist dieses nur die kleinere Hälfte der Gefahr, die bei weitem
größere droht von Jnnen. Nicht bergen dürfen wir es uns,
was es mit einem offenen Bruche des Reiches Preußen gegen-
über auf sich hat. Wie wenn nun Preußen sich nicht fügt? --
Wir hoffen es, daß es sich fügen werde -- aber wenn es sich nicht
fügte? -- wenn es zu einem Aeußersten käme, welch' ein Anfang
wäre dieses Aeußerste für die deutsche Einheit? -- Und welche
Macht wird das Reich in's Feld führen? -- Die Macht Oester-
reichs? Aber hat Oesterreich nicht in Jtalien zu thun? Und wie
sehr, bergen wir es uns nicht, hat der Stand der Dinge in
Oesterreich selbst sich geändert, wie sehr ist die Oesterreichische
Monarchie als solche in der letzten Zeit erstarkt! Und wird
man auf Bayern rechnen können? -- Wir sehen, hier steht
viel, hier kann Alles auf dem Spiele stehen! Das mag es uns
erklären, wie in dieser Sache nicht blos die Berathung eine so
bewegte, sondern auch die Entscheidung eine so schwankende war,
so daß fast das Für und Wider gleiche Unterstützung fand.

Doch wir wollen noch weiter hinabblicken. Wenn es zu
einem Bruche käme zwischen dem Reiche und Preußen, was bliebe
dann übrig? Wir sagen es gerade zu: nur eine neue und
allgemeine deutsche Revolution
könnte dann, wenn die
Waffen entscheiden, wo Alles zum Aeußersten drängt und im
Tiefsten sich trennt, der Sache der deutschen Einheit über den
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 81. Freitag, den 8. September. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Deutschland und die Schleswig=Holsteinische
Frage.

□ Die Folgen der Entscheidung der Nationalversammlung
über den Waffenstillstand in Schleswig=Holstein lassen sich heute
noch gar nicht übersehen. Wie überhaupt in den gewaltigen
Ereignissen der Gegenwart bisher fast Alles plötzlich und gegen
alles menschliche Erwarten sich zugetragen, so ist es auch hier
wiederum der Fall gewesen. Das Ministerium ist abgetreten,
die Stellung der Parteien in dem Parlament ist theilweise eine
neue geworden, schon in wenigen Tagen kann der Bruch zwischen
Preußen und der Centralgewalt ein offener seyn und zugleich
sind in diese Angelegenheit, die so sehr eine innere ist, die
europäischen Mächte verflochten, — so daß in Wahrheit eine
Lebensfrage der innern und äußeren Politik Deutschlands vorliegt.
Die Stimmen für und wider die Verwerfung des Waffenstillstan-
des hatten sich im Parlament fast die Wage gehalten, nur ganz
gering war die Majorität. Je mehr die Bedingungen des
Waffenstillstandes geeignet waren, den deutschen Patrioten zu
indigniren, je stärkere Gründe für dessen Verwerfung sprachen,
um so größere Bedenken müssen sich auf der anderen Seite dieser
Verwerfung entgegengestellt haben, da so viele Männer, denen
doch Niemand Freimuth und Patriotismus abstreiten wird, sich
nicht entschließen konnten ihre Beistimmung zu ertheilen; die gro-
ßen Gefahren und Schwierigkeiten schreckten sie zurück. Und in
der That ist es jetzt, wo es gilt den kühnen raschen Entschluß,
der nun gefaßt ist, einträchtig, muthig und standhaft durch-
zuführen, doppelt nothwendig, diesen Gefahren in's Auge zu
sehen. Blicken wir zuerst auf die Gefahr von Außen.

Durch das ganze Mittelalter hindurch war Deutschland nicht
blos der Achtung und dem Range nach die erste, sondern auch
der Macht nach die prädominirende unter den europäischen Na-
tionen, so sehr, daß eigentlich nicht einmal ein Gedanke daran
seyn konnte, daß ein anderes Reich auch nur als ein Nebenbuhler
des Deutschen auftrete. Erst mußte Deutschland innerlich
entzweit und durch sich selbst geschwächt werden,

ehe andere Staaten neben ihm und zuletzt über es sich erheben
konnten.

Nun ist Deutschland von drei Seiten von drei übermächtigen
Gegnern eingeschlossen, von Frankreich, England und Ruß-
land,
denen noch fast alle kleineren Staaten sich zugesellen.
Glaubt man, daß diese Mächte, deren Throne auf den Trüm-
mern der deutschen Weltmacht sich erhoben haben, der Wiederer-
hebung und Wiedervereinigung Deutschlands gleichgültig oder
gern zusehen werden? Jede dieser drei Mächte ist durch ein ande-
res Jnteresse gegen das neue Deutschland gespannt. Frankreich,
die Uebermacht eines einigen deutschen Reiches wohl kennend, will
diese Einheit nicht. Die Franzosen, diese großen Liebhaber
fremder Nationalitäten haben diese Liebe — versteht sich aus purer
Großmuth — nur zu den schwächeren Nationen, welche sie be-
schützen können,
von großen starken Nationen aber, die kei-
nes Schutzes bedürfen, wohl aber Frankreich Trutz zu bieten im
Stande sind, wollen sie nichts wissen. So möchten sie von Herzen
gern Mittel=und Westdeutschland gegen Oesterreich und Preußen
in Schutz nehmen, wie seiner Zeit Richelieu die deutschen Prote-
stanten, und Napoleon den Rheinbund beschützte, und zu diesem
Ende strecken sie Deutschland die „Bruderhand“ entgegen. Wenn
aber von einem einigen mächtigen deutschen Reich die Rede ist, so
sind sie zu einem herzlichen Einverständniß mit dem Selbstherr-
scher aller Reußen ohne weiteres bereit. Und so kostet es ihnen
[Spaltenumbruch] gar keine Selbstüberwindung die Lombarden gegen Oesterreich zu
schützen, unbekümmert um die ältesten Rechte, und gleichzeitig für
die Dänen gegen die ihre Nationalität vertheidigenden Schleswig-
Holsteiner Partei zu nehmen. Natürlich, das Jnteresse ist in bei-
den Fällen dasselbe, nur der Vorwand verschieden: durch die
Befreiung der Lombarden wird Süddeutschland, und durch die
Unterdrückung der Schleswig=Holsteiner wird Norddeutschland
geschwächt, und beides ist sehr annehmlich für Frankreich. Da-
rum muß in Jtalien das alte Recht Oesterreichs zerbrochen, in
Schleswig=Holstein aber muß eine alte Urkunde aufrecht erhalten
werden.

Der zweite Gegner ist England; es ist die Jnhaberin des
Welthandels geworden, seit Deutschland mit Jtalien im Bund es
aufgehört hat zu seyn. War bisher der deutsche Zollverein ihm
schon ein solcher Dorn im Auge und hat es sich bisher schon so
viel kosten lassen, um den Aufschwung des deutschen Handels und
der deutschen Jndustrie zu hemmen, welch' eine Antipathie wird
es erst gegen ein großes einiges Deutschland empfinden, das fort-
an ebenfalls frei die Meere befahren, selbstständig und einig seine
Handels= und Jndustrieinteressen vertreten, und nur allzu wahr-
scheinlich mit dem großen Nebenbuhler Englands, mit Nordame-
rika, in ein ganz freundschaftliches Verhältniß treten wird. Und
endlich Rußland, wenn nicht schon seine von jeher verfolgten
politischen Pläne bezüglich der Donauländer, des Orients und
der slavischen Völker, so würde es schon sein Widerwillen gegen
die Freiheit zu einem Feinde des neuen deutschen Reiches machen.
Und so steht es wirklich, und all' diese drei Feinde haben sich an
die Schleswig=Holsteinische Frage, unberufen, angeklammert und
stehen auf der Seite des Dänen, der noch zum Ueberfluß mit
Schweden verbündet ist, während gleichzeitig wegen Limburgs
ähnliche Differenzen mit Holland obschweben, und in Jtalien eine
bewaffnete Jntervention droht.

So ist Deutschland — woran alle Phrasen eines Lamartine's
und alle „linkischen“ Worte von Brüderlichkeit nichts ändern, —
ringsum von Feinden umgeben, wie beinahe fast noch niemals ein
Volk. Da mag wohl auch einem Muthigen vor dem casus belli
( dem Ausbruche eines Krieges ) bangen. Jedoch im vorliegenden
Falle ist dieses nur die kleinere Hälfte der Gefahr, die bei weitem
größere droht von Jnnen. Nicht bergen dürfen wir es uns,
was es mit einem offenen Bruche des Reiches Preußen gegen-
über auf sich hat. Wie wenn nun Preußen sich nicht fügt? —
Wir hoffen es, daß es sich fügen werde — aber wenn es sich nicht
fügte? — wenn es zu einem Aeußersten käme, welch' ein Anfang
wäre dieses Aeußerste für die deutsche Einheit? — Und welche
Macht wird das Reich in's Feld führen? — Die Macht Oester-
reichs? Aber hat Oesterreich nicht in Jtalien zu thun? Und wie
sehr, bergen wir es uns nicht, hat der Stand der Dinge in
Oesterreich selbst sich geändert, wie sehr ist die Oesterreichische
Monarchie als solche in der letzten Zeit erstarkt! Und wird
man auf Bayern rechnen können? — Wir sehen, hier steht
viel, hier kann Alles auf dem Spiele stehen! Das mag es uns
erklären, wie in dieser Sache nicht blos die Berathung eine so
bewegte, sondern auch die Entscheidung eine so schwankende war,
so daß fast das Für und Wider gleiche Unterstützung fand.

Doch wir wollen noch weiter hinabblicken. Wenn es zu
einem Bruche käme zwischen dem Reiche und Preußen, was bliebe
dann übrig? Wir sagen es gerade zu: nur eine neue und
allgemeine deutsche Revolution
könnte dann, wenn die
Waffen entscheiden, wo Alles zum Aeußersten drängt und im
Tiefsten sich trennt, der Sache der deutschen Einheit über den
[Ende Spaltensatz]

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Wie überhaupt in den gewaltigen Ereignissen der Gegenwart bisher fast Alles plötzlich und gegen alles menschliche Erwarten sich zugetragen, so ist es auch hier wiederum der Fall gewesen. Das Ministerium ist abgetreten, die Stellung der Parteien in dem Parlament ist theilweise eine neue geworden, schon in wenigen Tagen kann der Bruch zwischen Preußen und der Centralgewalt ein offener seyn und zugleich sind in diese Angelegenheit, die so sehr eine innere ist, die europäischen Mächte verflochten, — so daß in Wahrheit eine Lebensfrage der innern und äußeren Politik Deutschlands vorliegt. Die Stimmen für und wider die Verwerfung des Waffenstillstan- des hatten sich im Parlament fast die Wage gehalten, nur ganz gering war die Majorität. 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Durch das ganze Mittelalter hindurch war Deutschland nicht blos der Achtung und dem Range nach die erste, sondern auch der Macht nach die prädominirende unter den europäischen Na- tionen, so sehr, daß eigentlich nicht einmal ein Gedanke daran seyn konnte, daß ein anderes Reich auch nur als ein Nebenbuhler des Deutschen auftrete. Erst mußte Deutschland innerlich entzweit und durch sich selbst geschwächt werden, ehe andere Staaten neben ihm und zuletzt über es sich erheben konnten. Nun ist Deutschland von drei Seiten von drei übermächtigen Gegnern eingeschlossen, von Frankreich, England und Ruß- land, denen noch fast alle kleineren Staaten sich zugesellen. Glaubt man, daß diese Mächte, deren Throne auf den Trüm- mern der deutschen Weltmacht sich erhoben haben, der Wiederer- hebung und Wiedervereinigung Deutschlands gleichgültig oder gern zusehen werden? Jede dieser drei Mächte ist durch ein ande- res Jnteresse gegen das neue Deutschland gespannt. Frankreich, die Uebermacht eines einigen deutschen Reiches wohl kennend, will diese Einheit nicht. Die Franzosen, diese großen Liebhaber fremder Nationalitäten haben diese Liebe — versteht sich aus purer Großmuth — nur zu den schwächeren Nationen, welche sie be- schützen können, von großen starken Nationen aber, die kei- nes Schutzes bedürfen, wohl aber Frankreich Trutz zu bieten im Stande sind, wollen sie nichts wissen. So möchten sie von Herzen gern Mittel=und Westdeutschland gegen Oesterreich und Preußen in Schutz nehmen, wie seiner Zeit Richelieu die deutschen Prote- stanten, und Napoleon den Rheinbund beschützte, und zu diesem Ende strecken sie Deutschland die „Bruderhand“ entgegen. Wenn aber von einem einigen mächtigen deutschen Reich die Rede ist, so sind sie zu einem herzlichen Einverständniß mit dem Selbstherr- scher aller Reußen ohne weiteres bereit. Und so kostet es ihnen gar keine Selbstüberwindung die Lombarden gegen Oesterreich zu schützen, unbekümmert um die ältesten Rechte, und gleichzeitig für die Dänen gegen die ihre Nationalität vertheidigenden Schleswig- Holsteiner Partei zu nehmen. Natürlich, das Jnteresse ist in bei- den Fällen dasselbe, nur der Vorwand verschieden: durch die Befreiung der Lombarden wird Süddeutschland, und durch die Unterdrückung der Schleswig=Holsteiner wird Norddeutschland geschwächt, und beides ist sehr annehmlich für Frankreich. Da- rum muß in Jtalien das alte Recht Oesterreichs zerbrochen, in Schleswig=Holstein aber muß eine alte Urkunde aufrecht erhalten werden. Der zweite Gegner ist England; es ist die Jnhaberin des Welthandels geworden, seit Deutschland mit Jtalien im Bund es aufgehört hat zu seyn. War bisher der deutsche Zollverein ihm schon ein solcher Dorn im Auge und hat es sich bisher schon so viel kosten lassen, um den Aufschwung des deutschen Handels und der deutschen Jndustrie zu hemmen, welch' eine Antipathie wird es erst gegen ein großes einiges Deutschland empfinden, das fort- an ebenfalls frei die Meere befahren, selbstständig und einig seine Handels= und Jndustrieinteressen vertreten, und nur allzu wahr- scheinlich mit dem großen Nebenbuhler Englands, mit Nordame- rika, in ein ganz freundschaftliches Verhältniß treten wird. Und endlich Rußland, wenn nicht schon seine von jeher verfolgten politischen Pläne bezüglich der Donauländer, des Orients und der slavischen Völker, so würde es schon sein Widerwillen gegen die Freiheit zu einem Feinde des neuen deutschen Reiches machen. Und so steht es wirklich, und all' diese drei Feinde haben sich an die Schleswig=Holsteinische Frage, unberufen, angeklammert und stehen auf der Seite des Dänen, der noch zum Ueberfluß mit Schweden verbündet ist, während gleichzeitig wegen Limburgs ähnliche Differenzen mit Holland obschweben, und in Jtalien eine bewaffnete Jntervention droht. So ist Deutschland — woran alle Phrasen eines Lamartine's und alle „linkischen“ Worte von Brüderlichkeit nichts ändern, — ringsum von Feinden umgeben, wie beinahe fast noch niemals ein Volk. Da mag wohl auch einem Muthigen vor dem casus belli ( dem Ausbruche eines Krieges ) bangen. Jedoch im vorliegenden Falle ist dieses nur die kleinere Hälfte der Gefahr, die bei weitem größere droht von Jnnen. Nicht bergen dürfen wir es uns, was es mit einem offenen Bruche des Reiches Preußen gegen- über auf sich hat. Wie wenn nun Preußen sich nicht fügt? — Wir hoffen es, daß es sich fügen werde — aber wenn es sich nicht fügte? — wenn es zu einem Aeußersten käme, welch' ein Anfang wäre dieses Aeußerste für die deutsche Einheit? — Und welche Macht wird das Reich in's Feld führen? — Die Macht Oester- reichs? Aber hat Oesterreich nicht in Jtalien zu thun? Und wie sehr, bergen wir es uns nicht, hat der Stand der Dinge in Oesterreich selbst sich geändert, wie sehr ist die Oesterreichische Monarchie als solche in der letzten Zeit erstarkt! Und wird man auf Bayern rechnen können? — Wir sehen, hier steht viel, hier kann Alles auf dem Spiele stehen! Das mag es uns erklären, wie in dieser Sache nicht blos die Berathung eine so bewegte, sondern auch die Entscheidung eine so schwankende war, so daß fast das Für und Wider gleiche Unterstützung fand. Doch wir wollen noch weiter hinabblicken. Wenn es zu einem Bruche käme zwischen dem Reiche und Preußen, was bliebe dann übrig? Wir sagen es gerade zu: nur eine neue und allgemeine deutsche Revolution könnte dann, wenn die Waffen entscheiden, wo Alles zum Aeußersten drängt und im Tiefsten sich trennt, der Sache der deutschen Einheit über den

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 81. Mainz, 8. September 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal081_1848/1>, abgerufen am 06.10.2024.