Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848.

Bild:
erste Seite
Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den "Rheinischen Unterhaltungs-
blättern " schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 174. Mittwoch, den 27. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Die Errungenschaften.

== Wer hat sich nicht als Knabe schon das boshafte Ver-
gnügen gemacht, wenn er an einem schönen Sommertage durch
den Wald ging, bei einem Ameisenberge stehen zu bleiben, eine
Zeit lang dem geschäftigen Treiben der unermüdlichen Bürger
dieses Freistaates zuzuschauen, und sodann mit dem Stocke in das
zerbrechliche Staatsgebäude zu fahren, um sich an der Verwir-
rung zu weiden, welche das kleine Volk alsbald ergreift!

Wir Deutsche haben zur Zeit nicht nothwendig mit dem Stocke
bewaffnet in den Wald zu gehen, um diese Erscheinung zu beob-
achten, denn sie stellt sich uns im eigenen Vaterlande dar, wenn
wir nur die Augen aufmachen wollen; und das Schauspiel völli-
ger Verwirrung und gründlicher Rathlosigkeit ist um so kläglicher,
je größer und bedeutungsreicher der Schauplatz ist, auf welchem
sich das politische Drama abspielt. Jn diesem sind wir zudem
nach unserm Bedenken noch nicht über das Vorspiel hinausge-
kommen, obschon, wie bei jedem schulgerechten Drama -- und am
schulgerechtesten sind ohne Zweifel die Dramen der Weltgeschichte
-- noch fünf Acte zu erwarten stehen, ehe wir durch die Kata-
strophe hindurch zu der Lösung gelangt seyn werden. Die öffent-
lichen Zustände sind nachgerade in eine Stellung gerathen, welche
dazu geeignet scheint, die Diplomatie und Bureaukratie der letzten
dreißig Jahre, diese unverbesserlichen Kasten der Gesellschaft in
der jämmerlichsten Weise zu Schanden zu machen, zu gleicher
Zeit aber auch die Bestrebungen der überstürzenden und Alles
verneinenden Partei in ihrem wahren Lichte blos zu stellen. Es
kann nicht geleugnet werden, die sogenannte Politik liegt vor uns,
wie ein Würfelspiel; jede Erwartung wird getäuscht, und das
Heute straft das Gestern mit allen seinen Hoffnungen und Erwar-
tungen Lügen. Alles diplomatische Benehmen, alles politische Plan-
machen erscheint wie thöricht. Denn es ist soweit gekommen, daß
es fast nur gilt, in diesen Dingen hinzunehmen, was der Tag
bringt.

Und eben jetzt ist die Constellation der öffentlichen Dinge so
unerquicklich, wie ein Wintertag ohne Sonne und ohne Schnee.
Es fragt sich schon längst nicht mehr um ein einziges Deutschland,
sondern die Frage des Tages ist geworden, ob Deutschland in
Preußen oder in Oesterreich aufgehen soll. Daß wir aber im
ersten Falle ein Oesterreich außer Deutschland, und im zweiten
Falle ein Deutschland ohne Preußen haben werden, ist eine von
jenen Wahrheiten, über welche so ziemlich alle Parteien überein
kommen. Dabei wanken die letzten morschen Pfeiler der gesell-
schaftlichen Ordnung immer drohender, bis uns das durch und
durch schadhaft gewordene sociale Haus über den Köpfen ein-
stürzen und unter seinen Trümmern die letzten Ueberbleibsel des
frühern Wohlstandes begraben wird. Und die Reaction? -- Wir
sind keine Lobpreiser des schmählichen Wiener Octoberaufstandes,
noch ist uns Windischgrätz der Bluthund, mit welchem man po-
litische Kinder für die rothe Republick begeistert und abrichtet.
Aber wir erkennen, daß die Reaction, die vor Allem in der
Bureaukratie ihren Heerd hat, nicht nur sich wieder erhoben,
sondern sogar bereits wieder Errungenschaften aufzuweisen hat.
Rechnen wir noch dazu, was die Partei des Umsturzes in an-
erkennenswerther Thätigkeit in den Städten und auf dem platten
Lande wirkt, wie sie hier offener, dort verschmitzter den Krieg
gegen Ordnung und Eigenthum und die Vernichtung der Religion
predigt, so haben wir in ziemlicher Vollständigkeit die Summe
der Errungenschaften des Jahres 1848.

Und was werden Angesichts dieser glorreichen Errungenschaf-
ten wir, die wir die Freiheit in Staat und Kirche, aber die
[Spaltenumbruch] Freiheit in der Ordnung wollen -- was werden wir im neuen
Staate beginnen? Werden wir noch immer, wie ohnmächtige
Weiber händeringend in die ausgebrochenen Fluthen sehen und
mit lautem Wehgeschrei die Zerstörungen, welche der wilde Strom
angerichtet, beklagen? Oder gar wie die Knaben auf dem Hügel
stehend, jeder Woge uns freuen, die das Vernichtungwerk fort-
setzt, wenn sie uns nur nicht trifft? Aber wähnet ihr, die Hügel,
wo ihr euch sicher glaubet, seyen von festerer Masse, als das
Erdreich, welches schon in den Fluthen dahingeschwemmt wird?
Wann werden wir einsehen, daß es nicht nur unsere Pflicht,
daß es sogar Recht der Nothwehr ist, jenen wilden Wassern
Dämme entgegen zu setzen, um die heiligsten Güter der Mensch-
heit, das kostbare Erbe unserer Vorfahren, die Ordnung im
Staate und den Bestand der Kirche für unser Vaterland zu ret-
ten? Wenn werden wir erkennen, daß dies nicht möglich sey
ohne Anstrengung, ohne Thatkraft, ohne Aufopferung, um wie
viel weniger durch Worte, Worte und wieder Worte? Wann
werden wir endlich darüber klar seyn, daß wenn unseren ver-
faulten und vermoderten Zuständen neues Leben und fester Be-
stand kommen solle, dies weder von den Professoren noch von
den Advocaten, weder von den jungdeutschen Literaten, noch von
den Beamten ausgehen könne, sondern daß wir selbst uns das
Heil zu erringen haben, und hiezu allerdings eine Revolution
nöthig ist, die aber die Barricaden im eigenen Herzen gegen die
Eigensucht und die Genußsucht, gegen die Herrschsucht und den
Dünkel baut.



Mainzer Bürgerverein.

*** Jn der Versammlung vom 22. December, welche nach
längerer Krankheit der ständige Vorsitzende Herr Krämer wie-
der präsidirte, theilte derselbe Näheres über die Zukammenkunft
constitutioneller Vereine mit, welche kürzlich in Dresden statt ge-
funden. Aus allen Gegenden Deutschlands hatten diese Vereine
Abgeordnete nach Sachsens Hauptstadt gesendet, um einen engern
Anschluß an einander zu bewirken, eine Verbrüderung unter sich
herbeizuführen und auf ein Zusammenwirken derselben für ihre
gemeinsamen Zwecke hinzuarbeiten. Der Vorsitzende gab den
anwesenden Mitgliedern sofort Kenntniß von den Principien, auf
welchen jene Vereine fußen, so wie von den Mitteln, wodurch sie
das gemeinsame Ziel zu erreichen suchen wollten. Diese Mittheilungen
erregten ebenso die freudige Theilnahme der Versammelten wie die
Benachrichtigung, daß der Sinn für Ordnung und gesetzliche Frei-
heit in unserer Provinz immer mehr Wurzel fasse, sich mehr und
mehr befestige und nach allen Richtungen hin ausbreite. Es zeige
sich dies namentlich auch darin, daß in jüngster Zeit wieder drei
Vereine von gleichen Tendenzen wie der unserige entstanden
seyen und zwar gerade in einer Gegend, welche sich die wühlerische
Partei seit längerer Zeit zur Beglückung durch ihre edlen Bestreb-
ungen ausersehen zum Tummelplatze ihrer Leidenschaften, Rede-
und sonstigen Künste erkoren und welchen Boden sie denn auch
mehr wie irgendwo in ihrem Sinne gehörig bearbeitet habe. Der-
gleichen Bürgervereine hatten sich in Heidesheim, Nieder-
ingelheim
und Gaualgesheim gebildet, sie zeigten das
heute in freundlichen, verständig und schön verfaßten Zuschriften
an unsern Verein an und baten um dessen Mitwirkung bei ihrem
Streben nach Berichtigung falscher Nachrichten, Entstellungen,
schiefer Ansichten und Urtheile, nach größerer Verbreitung wahrer
politischer Bildung und nach allmäliger Wiederbefestigung des
durch die unermüdlichen Bestrebungen der Wühler so tief er-
[Ende Spaltensatz]

Mainzer Journal.


Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs-
blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.



Nro 174. Mittwoch, den 27. December. 1848.


[Beginn Spaltensatz]
Die Errungenschaften.

== Wer hat sich nicht als Knabe schon das boshafte Ver-
gnügen gemacht, wenn er an einem schönen Sommertage durch
den Wald ging, bei einem Ameisenberge stehen zu bleiben, eine
Zeit lang dem geschäftigen Treiben der unermüdlichen Bürger
dieses Freistaates zuzuschauen, und sodann mit dem Stocke in das
zerbrechliche Staatsgebäude zu fahren, um sich an der Verwir-
rung zu weiden, welche das kleine Volk alsbald ergreift!

Wir Deutsche haben zur Zeit nicht nothwendig mit dem Stocke
bewaffnet in den Wald zu gehen, um diese Erscheinung zu beob-
achten, denn sie stellt sich uns im eigenen Vaterlande dar, wenn
wir nur die Augen aufmachen wollen; und das Schauspiel völli-
ger Verwirrung und gründlicher Rathlosigkeit ist um so kläglicher,
je größer und bedeutungsreicher der Schauplatz ist, auf welchem
sich das politische Drama abspielt. Jn diesem sind wir zudem
nach unserm Bedenken noch nicht über das Vorspiel hinausge-
kommen, obschon, wie bei jedem schulgerechten Drama — und am
schulgerechtesten sind ohne Zweifel die Dramen der Weltgeschichte
— noch fünf Acte zu erwarten stehen, ehe wir durch die Kata-
strophe hindurch zu der Lösung gelangt seyn werden. Die öffent-
lichen Zustände sind nachgerade in eine Stellung gerathen, welche
dazu geeignet scheint, die Diplomatie und Bureaukratie der letzten
dreißig Jahre, diese unverbesserlichen Kasten der Gesellschaft in
der jämmerlichsten Weise zu Schanden zu machen, zu gleicher
Zeit aber auch die Bestrebungen der überstürzenden und Alles
verneinenden Partei in ihrem wahren Lichte blos zu stellen. Es
kann nicht geleugnet werden, die sogenannte Politik liegt vor uns,
wie ein Würfelspiel; jede Erwartung wird getäuscht, und das
Heute straft das Gestern mit allen seinen Hoffnungen und Erwar-
tungen Lügen. Alles diplomatische Benehmen, alles politische Plan-
machen erscheint wie thöricht. Denn es ist soweit gekommen, daß
es fast nur gilt, in diesen Dingen hinzunehmen, was der Tag
bringt.

Und eben jetzt ist die Constellation der öffentlichen Dinge so
unerquicklich, wie ein Wintertag ohne Sonne und ohne Schnee.
Es fragt sich schon längst nicht mehr um ein einziges Deutschland,
sondern die Frage des Tages ist geworden, ob Deutschland in
Preußen oder in Oesterreich aufgehen soll. Daß wir aber im
ersten Falle ein Oesterreich außer Deutschland, und im zweiten
Falle ein Deutschland ohne Preußen haben werden, ist eine von
jenen Wahrheiten, über welche so ziemlich alle Parteien überein
kommen. Dabei wanken die letzten morschen Pfeiler der gesell-
schaftlichen Ordnung immer drohender, bis uns das durch und
durch schadhaft gewordene sociale Haus über den Köpfen ein-
stürzen und unter seinen Trümmern die letzten Ueberbleibsel des
frühern Wohlstandes begraben wird. Und die Reaction? — Wir
sind keine Lobpreiser des schmählichen Wiener Octoberaufstandes,
noch ist uns Windischgrätz der Bluthund, mit welchem man po-
litische Kinder für die rothe Republick begeistert und abrichtet.
Aber wir erkennen, daß die Reaction, die vor Allem in der
Bureaukratie ihren Heerd hat, nicht nur sich wieder erhoben,
sondern sogar bereits wieder Errungenschaften aufzuweisen hat.
Rechnen wir noch dazu, was die Partei des Umsturzes in an-
erkennenswerther Thätigkeit in den Städten und auf dem platten
Lande wirkt, wie sie hier offener, dort verschmitzter den Krieg
gegen Ordnung und Eigenthum und die Vernichtung der Religion
predigt, so haben wir in ziemlicher Vollständigkeit die Summe
der Errungenschaften des Jahres 1848.

Und was werden Angesichts dieser glorreichen Errungenschaf-
ten wir, die wir die Freiheit in Staat und Kirche, aber die
[Spaltenumbruch] Freiheit in der Ordnung wollen — was werden wir im neuen
Staate beginnen? Werden wir noch immer, wie ohnmächtige
Weiber händeringend in die ausgebrochenen Fluthen sehen und
mit lautem Wehgeschrei die Zerstörungen, welche der wilde Strom
angerichtet, beklagen? Oder gar wie die Knaben auf dem Hügel
stehend, jeder Woge uns freuen, die das Vernichtungwerk fort-
setzt, wenn sie uns nur nicht trifft? Aber wähnet ihr, die Hügel,
wo ihr euch sicher glaubet, seyen von festerer Masse, als das
Erdreich, welches schon in den Fluthen dahingeschwemmt wird?
Wann werden wir einsehen, daß es nicht nur unsere Pflicht,
daß es sogar Recht der Nothwehr ist, jenen wilden Wassern
Dämme entgegen zu setzen, um die heiligsten Güter der Mensch-
heit, das kostbare Erbe unserer Vorfahren, die Ordnung im
Staate und den Bestand der Kirche für unser Vaterland zu ret-
ten? Wenn werden wir erkennen, daß dies nicht möglich sey
ohne Anstrengung, ohne Thatkraft, ohne Aufopferung, um wie
viel weniger durch Worte, Worte und wieder Worte? Wann
werden wir endlich darüber klar seyn, daß wenn unseren ver-
faulten und vermoderten Zuständen neues Leben und fester Be-
stand kommen solle, dies weder von den Professoren noch von
den Advocaten, weder von den jungdeutschen Literaten, noch von
den Beamten ausgehen könne, sondern daß wir selbst uns das
Heil zu erringen haben, und hiezu allerdings eine Revolution
nöthig ist, die aber die Barricaden im eigenen Herzen gegen die
Eigensucht und die Genußsucht, gegen die Herrschsucht und den
Dünkel baut.



Mainzer Bürgerverein.

⁂ Jn der Versammlung vom 22. December, welche nach
längerer Krankheit der ständige Vorsitzende Herr Krämer wie-
der präsidirte, theilte derselbe Näheres über die Zukammenkunft
constitutioneller Vereine mit, welche kürzlich in Dresden statt ge-
funden. Aus allen Gegenden Deutschlands hatten diese Vereine
Abgeordnete nach Sachsens Hauptstadt gesendet, um einen engern
Anschluß an einander zu bewirken, eine Verbrüderung unter sich
herbeizuführen und auf ein Zusammenwirken derselben für ihre
gemeinsamen Zwecke hinzuarbeiten. Der Vorsitzende gab den
anwesenden Mitgliedern sofort Kenntniß von den Principien, auf
welchen jene Vereine fußen, so wie von den Mitteln, wodurch sie
das gemeinsame Ziel zu erreichen suchen wollten. Diese Mittheilungen
erregten ebenso die freudige Theilnahme der Versammelten wie die
Benachrichtigung, daß der Sinn für Ordnung und gesetzliche Frei-
heit in unserer Provinz immer mehr Wurzel fasse, sich mehr und
mehr befestige und nach allen Richtungen hin ausbreite. Es zeige
sich dies namentlich auch darin, daß in jüngster Zeit wieder drei
Vereine von gleichen Tendenzen wie der unserige entstanden
seyen und zwar gerade in einer Gegend, welche sich die wühlerische
Partei seit längerer Zeit zur Beglückung durch ihre edlen Bestreb-
ungen ausersehen zum Tummelplatze ihrer Leidenschaften, Rede-
und sonstigen Künste erkoren und welchen Boden sie denn auch
mehr wie irgendwo in ihrem Sinne gehörig bearbeitet habe. Der-
gleichen Bürgervereine hatten sich in Heidesheim, Nieder-
ingelheim
und Gaualgesheim gebildet, sie zeigten das
heute in freundlichen, verständig und schön verfaßten Zuschriften
an unsern Verein an und baten um dessen Mitwirkung bei ihrem
Streben nach Berichtigung falscher Nachrichten, Entstellungen,
schiefer Ansichten und Urtheile, nach größerer Verbreitung wahrer
politischer Bildung und nach allmäliger Wiederbefestigung des
durch die unermüdlichen Bestrebungen der Wühler so tief er-
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001"/>
      <titlePage xml:id="tb01" type="heading" next="#tb02">
        <docTitle>
          <titlePart type="main"> <hi rendition="#fr">Mainzer Journal.</hi> </titlePart>
        </docTitle>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jExpedition">
        <p>Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den &#x201E;Rheinischen Unterhaltungs-<lb/>
blättern &#x201C; schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an;<lb/>
für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von <hi rendition="#g">Kirchheim, Schott</hi> und <hi rendition="#g">Thielmann</hi> am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz<lb/>
jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben-<lb/>
falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <titlePage xml:id="tb02" prev="#tb01" type="heading">
        <docImprint>N<hi rendition="#sup">ro</hi> 174.              <docDate><hi rendition="#c">Mittwoch, den 27. December.</hi><hi rendition="#right">1848.</hi></docDate></docImprint>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Die Errungenschaften.</head><lb/>
        <p>== Wer hat sich nicht als Knabe schon das boshafte Ver-<lb/>
gnügen gemacht, wenn er an einem schönen Sommertage durch<lb/>
den Wald ging, bei einem Ameisenberge stehen zu bleiben, eine<lb/>
Zeit lang dem geschäftigen Treiben der unermüdlichen Bürger<lb/>
dieses Freistaates zuzuschauen, und sodann mit dem Stocke in das<lb/>
zerbrechliche Staatsgebäude zu fahren, um sich an der Verwir-<lb/>
rung zu weiden, welche das kleine Volk alsbald ergreift!</p><lb/>
        <p>Wir Deutsche haben zur Zeit nicht nothwendig mit dem Stocke<lb/>
bewaffnet in den Wald zu gehen, um diese Erscheinung zu beob-<lb/>
achten, denn sie stellt sich uns im eigenen Vaterlande dar, wenn<lb/>
wir nur die Augen aufmachen wollen; und das Schauspiel völli-<lb/>
ger Verwirrung und gründlicher Rathlosigkeit ist um so kläglicher,<lb/>
je größer und bedeutungsreicher der Schauplatz ist, auf welchem<lb/>
sich das politische Drama abspielt. Jn diesem sind wir zudem<lb/>
nach unserm Bedenken noch nicht über das Vorspiel hinausge-<lb/>
kommen, obschon, wie bei jedem schulgerechten Drama &#x2014; und am<lb/>
schulgerechtesten sind ohne Zweifel die Dramen der Weltgeschichte<lb/>
&#x2014; noch fünf Acte zu erwarten stehen, ehe wir durch die Kata-<lb/>
strophe hindurch zu der Lösung gelangt seyn werden. Die öffent-<lb/>
lichen Zustände sind nachgerade in eine Stellung gerathen, welche<lb/>
dazu geeignet scheint, die Diplomatie und Bureaukratie der letzten<lb/>
dreißig Jahre, diese unverbesserlichen Kasten der Gesellschaft in<lb/>
der jämmerlichsten Weise zu Schanden zu machen, zu gleicher<lb/>
Zeit aber auch die Bestrebungen der überstürzenden und Alles<lb/>
verneinenden Partei in ihrem wahren Lichte blos zu stellen. Es<lb/>
kann nicht geleugnet werden, die sogenannte Politik liegt vor uns,<lb/>
wie ein Würfelspiel; jede Erwartung wird getäuscht, und das<lb/>
Heute straft das Gestern mit allen seinen Hoffnungen und Erwar-<lb/>
tungen Lügen. Alles diplomatische Benehmen, alles politische Plan-<lb/>
machen erscheint wie thöricht. Denn es ist soweit gekommen, daß<lb/>
es fast nur gilt, in diesen Dingen hinzunehmen, was der Tag<lb/>
bringt.</p><lb/>
        <p>Und eben jetzt ist die Constellation der öffentlichen Dinge so<lb/>
unerquicklich, wie ein Wintertag ohne Sonne und ohne Schnee.<lb/>
Es fragt sich schon längst nicht mehr um ein einziges Deutschland,<lb/>
sondern die Frage des Tages ist geworden, ob Deutschland in<lb/>
Preußen oder in Oesterreich aufgehen soll. Daß wir aber im<lb/>
ersten Falle ein Oesterreich außer Deutschland, und im zweiten<lb/>
Falle ein Deutschland ohne Preußen haben werden, ist eine von<lb/>
jenen Wahrheiten, über welche so ziemlich alle Parteien überein<lb/>
kommen. Dabei wanken die letzten morschen Pfeiler der gesell-<lb/>
schaftlichen Ordnung immer drohender, bis uns das durch und<lb/>
durch schadhaft gewordene sociale Haus über den Köpfen ein-<lb/>
stürzen und unter seinen Trümmern die letzten Ueberbleibsel des<lb/>
frühern Wohlstandes begraben wird. Und die Reaction? &#x2014; Wir<lb/>
sind keine Lobpreiser des schmählichen Wiener Octoberaufstandes,<lb/>
noch ist uns Windischgrätz der Bluthund, mit welchem man po-<lb/>
litische Kinder für die rothe Republick begeistert und abrichtet.<lb/>
Aber wir erkennen, daß die Reaction, die vor Allem in der<lb/>
Bureaukratie ihren Heerd hat, nicht nur sich wieder erhoben,<lb/>
sondern sogar bereits wieder Errungenschaften aufzuweisen hat.<lb/>
Rechnen wir noch dazu, was die Partei des Umsturzes in an-<lb/>
erkennenswerther Thätigkeit in den Städten und auf dem platten<lb/>
Lande wirkt, wie sie hier offener, dort verschmitzter den Krieg<lb/>
gegen Ordnung und Eigenthum und die Vernichtung der Religion<lb/>
predigt, so haben wir in ziemlicher Vollständigkeit die Summe<lb/><hi rendition="#g">der Errungenschaften</hi> des Jahres 1848.</p><lb/>
        <p>Und was werden Angesichts dieser glorreichen Errungenschaf-<lb/>
ten wir, die wir die Freiheit in Staat und Kirche, aber die<lb/><cb n="2"/>
Freiheit in der Ordnung wollen &#x2014; was werden wir im neuen<lb/>
Staate beginnen? Werden wir noch immer, wie ohnmächtige<lb/>
Weiber händeringend in die ausgebrochenen Fluthen sehen und<lb/>
mit lautem Wehgeschrei die Zerstörungen, welche der wilde Strom<lb/>
angerichtet, beklagen? Oder gar wie die Knaben auf dem Hügel<lb/>
stehend, jeder Woge uns freuen, die das Vernichtungwerk fort-<lb/>
setzt, wenn sie uns nur nicht trifft? Aber wähnet ihr, die Hügel,<lb/>
wo ihr euch sicher glaubet, seyen von festerer Masse, als das<lb/>
Erdreich, welches schon in den Fluthen dahingeschwemmt wird?<lb/>
Wann werden wir einsehen, daß es nicht nur unsere Pflicht,<lb/>
daß es sogar Recht der Nothwehr ist, jenen wilden Wassern<lb/>
Dämme entgegen zu setzen, um die heiligsten Güter der Mensch-<lb/>
heit, das kostbare Erbe unserer Vorfahren, die Ordnung im<lb/>
Staate und den Bestand der Kirche für unser Vaterland zu ret-<lb/>
ten? Wenn werden wir erkennen, daß dies nicht möglich sey<lb/>
ohne Anstrengung, ohne Thatkraft, ohne Aufopferung, um wie<lb/>
viel weniger durch Worte, Worte und wieder Worte? Wann<lb/>
werden wir endlich darüber klar seyn, daß wenn unseren ver-<lb/>
faulten und vermoderten Zuständen neues Leben und fester Be-<lb/>
stand kommen solle, dies weder von den Professoren noch von<lb/>
den Advocaten, weder von den jungdeutschen Literaten, noch von<lb/>
den Beamten ausgehen könne, sondern daß <hi rendition="#g">wir selbst</hi> uns das<lb/>
Heil zu erringen haben, und hiezu allerdings eine Revolution<lb/>
nöthig ist, die aber die Barricaden im eigenen Herzen gegen die<lb/>
Eigensucht und die Genußsucht, gegen die Herrschsucht und den<lb/>
Dünkel baut.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <head>Mainzer Bürgerverein.</head><lb/>
        <p>&#x2042; Jn der Versammlung vom 22. December, welche nach<lb/>
längerer Krankheit der ständige Vorsitzende Herr <hi rendition="#g">Krämer</hi> wie-<lb/>
der präsidirte, theilte derselbe Näheres über die Zukammenkunft<lb/>
constitutioneller Vereine mit, welche kürzlich in Dresden statt ge-<lb/>
funden. Aus allen Gegenden Deutschlands hatten diese Vereine<lb/>
Abgeordnete nach Sachsens Hauptstadt gesendet, um einen engern<lb/>
Anschluß an einander zu bewirken, eine Verbrüderung unter sich<lb/>
herbeizuführen und auf ein Zusammenwirken derselben für ihre<lb/>
gemeinsamen Zwecke hinzuarbeiten. Der Vorsitzende gab den<lb/>
anwesenden Mitgliedern sofort Kenntniß von den Principien, auf<lb/>
welchen jene Vereine fußen, so wie von den Mitteln, wodurch sie<lb/>
das gemeinsame Ziel zu erreichen suchen wollten. Diese Mittheilungen<lb/>
erregten ebenso die freudige Theilnahme der Versammelten wie die<lb/>
Benachrichtigung, daß der Sinn für Ordnung und gesetzliche Frei-<lb/>
heit in unserer Provinz immer mehr Wurzel fasse, sich mehr und<lb/>
mehr befestige und nach allen Richtungen hin ausbreite. Es zeige<lb/>
sich dies namentlich auch darin, daß in jüngster Zeit wieder drei<lb/>
Vereine von gleichen Tendenzen wie der unserige entstanden<lb/>
seyen und zwar gerade in einer Gegend, welche sich die wühlerische<lb/>
Partei seit längerer Zeit zur Beglückung durch ihre edlen Bestreb-<lb/>
ungen ausersehen zum Tummelplatze ihrer Leidenschaften, Rede-<lb/>
und sonstigen Künste erkoren und welchen Boden sie denn auch<lb/>
mehr wie irgendwo in ihrem Sinne gehörig bearbeitet habe. Der-<lb/>
gleichen Bürgervereine hatten sich in <hi rendition="#g">Heidesheim, Nieder-<lb/>
ingelheim</hi> und <hi rendition="#g">Gaualgesheim</hi> gebildet, sie zeigten das<lb/>
heute in freundlichen, verständig und schön verfaßten Zuschriften<lb/>
an unsern Verein an und baten um dessen Mitwirkung bei ihrem<lb/>
Streben nach Berichtigung falscher Nachrichten, Entstellungen,<lb/>
schiefer Ansichten und Urtheile, nach größerer Verbreitung wahrer<lb/>
politischer Bildung und nach allmäliger Wiederbefestigung des<lb/>
durch die unermüdlichen Bestrebungen der Wühler so tief er-<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0001] Mainzer Journal. Das Mainzer Journal erscheint täglich ( mit Ausnahme der höchsten Festtage ) und zwar so, daß das Hauptblatt mit den „Rheinischen Unterhaltungs- blättern “ schon am Vorabende, die ständige Beilage am Vormittage des betreffenden Tages selbst ausgegeben wird. Bestellungen nehmen alle Postämter an; für Mainz und die nächste Umgebung die Buchhandlung von Kirchheim, Schott und Thielmann am Leichhofe. Der Preiß des Blattes ist hier in Mainz jährlich 8 fl. in vierteljährigen Vorausbezahlungen von 2 fl.; in dem gesammten Gebiete des Fürstlich Thurn= und Taxisschen Postbezirkes jährlich eben- falls 8 fl. Jnserate aller Art werden aufgenommen und die dreispaltige Petitzeile oder deren Raum mit 3 kr. berechnet. Nro 174. Mittwoch, den 27. December. 1848. Die Errungenschaften. == Wer hat sich nicht als Knabe schon das boshafte Ver- gnügen gemacht, wenn er an einem schönen Sommertage durch den Wald ging, bei einem Ameisenberge stehen zu bleiben, eine Zeit lang dem geschäftigen Treiben der unermüdlichen Bürger dieses Freistaates zuzuschauen, und sodann mit dem Stocke in das zerbrechliche Staatsgebäude zu fahren, um sich an der Verwir- rung zu weiden, welche das kleine Volk alsbald ergreift! Wir Deutsche haben zur Zeit nicht nothwendig mit dem Stocke bewaffnet in den Wald zu gehen, um diese Erscheinung zu beob- achten, denn sie stellt sich uns im eigenen Vaterlande dar, wenn wir nur die Augen aufmachen wollen; und das Schauspiel völli- ger Verwirrung und gründlicher Rathlosigkeit ist um so kläglicher, je größer und bedeutungsreicher der Schauplatz ist, auf welchem sich das politische Drama abspielt. Jn diesem sind wir zudem nach unserm Bedenken noch nicht über das Vorspiel hinausge- kommen, obschon, wie bei jedem schulgerechten Drama — und am schulgerechtesten sind ohne Zweifel die Dramen der Weltgeschichte — noch fünf Acte zu erwarten stehen, ehe wir durch die Kata- strophe hindurch zu der Lösung gelangt seyn werden. Die öffent- lichen Zustände sind nachgerade in eine Stellung gerathen, welche dazu geeignet scheint, die Diplomatie und Bureaukratie der letzten dreißig Jahre, diese unverbesserlichen Kasten der Gesellschaft in der jämmerlichsten Weise zu Schanden zu machen, zu gleicher Zeit aber auch die Bestrebungen der überstürzenden und Alles verneinenden Partei in ihrem wahren Lichte blos zu stellen. Es kann nicht geleugnet werden, die sogenannte Politik liegt vor uns, wie ein Würfelspiel; jede Erwartung wird getäuscht, und das Heute straft das Gestern mit allen seinen Hoffnungen und Erwar- tungen Lügen. Alles diplomatische Benehmen, alles politische Plan- machen erscheint wie thöricht. Denn es ist soweit gekommen, daß es fast nur gilt, in diesen Dingen hinzunehmen, was der Tag bringt. Und eben jetzt ist die Constellation der öffentlichen Dinge so unerquicklich, wie ein Wintertag ohne Sonne und ohne Schnee. Es fragt sich schon längst nicht mehr um ein einziges Deutschland, sondern die Frage des Tages ist geworden, ob Deutschland in Preußen oder in Oesterreich aufgehen soll. Daß wir aber im ersten Falle ein Oesterreich außer Deutschland, und im zweiten Falle ein Deutschland ohne Preußen haben werden, ist eine von jenen Wahrheiten, über welche so ziemlich alle Parteien überein kommen. Dabei wanken die letzten morschen Pfeiler der gesell- schaftlichen Ordnung immer drohender, bis uns das durch und durch schadhaft gewordene sociale Haus über den Köpfen ein- stürzen und unter seinen Trümmern die letzten Ueberbleibsel des frühern Wohlstandes begraben wird. Und die Reaction? — Wir sind keine Lobpreiser des schmählichen Wiener Octoberaufstandes, noch ist uns Windischgrätz der Bluthund, mit welchem man po- litische Kinder für die rothe Republick begeistert und abrichtet. Aber wir erkennen, daß die Reaction, die vor Allem in der Bureaukratie ihren Heerd hat, nicht nur sich wieder erhoben, sondern sogar bereits wieder Errungenschaften aufzuweisen hat. Rechnen wir noch dazu, was die Partei des Umsturzes in an- erkennenswerther Thätigkeit in den Städten und auf dem platten Lande wirkt, wie sie hier offener, dort verschmitzter den Krieg gegen Ordnung und Eigenthum und die Vernichtung der Religion predigt, so haben wir in ziemlicher Vollständigkeit die Summe der Errungenschaften des Jahres 1848. Und was werden Angesichts dieser glorreichen Errungenschaf- ten wir, die wir die Freiheit in Staat und Kirche, aber die Freiheit in der Ordnung wollen — was werden wir im neuen Staate beginnen? Werden wir noch immer, wie ohnmächtige Weiber händeringend in die ausgebrochenen Fluthen sehen und mit lautem Wehgeschrei die Zerstörungen, welche der wilde Strom angerichtet, beklagen? Oder gar wie die Knaben auf dem Hügel stehend, jeder Woge uns freuen, die das Vernichtungwerk fort- setzt, wenn sie uns nur nicht trifft? Aber wähnet ihr, die Hügel, wo ihr euch sicher glaubet, seyen von festerer Masse, als das Erdreich, welches schon in den Fluthen dahingeschwemmt wird? Wann werden wir einsehen, daß es nicht nur unsere Pflicht, daß es sogar Recht der Nothwehr ist, jenen wilden Wassern Dämme entgegen zu setzen, um die heiligsten Güter der Mensch- heit, das kostbare Erbe unserer Vorfahren, die Ordnung im Staate und den Bestand der Kirche für unser Vaterland zu ret- ten? Wenn werden wir erkennen, daß dies nicht möglich sey ohne Anstrengung, ohne Thatkraft, ohne Aufopferung, um wie viel weniger durch Worte, Worte und wieder Worte? Wann werden wir endlich darüber klar seyn, daß wenn unseren ver- faulten und vermoderten Zuständen neues Leben und fester Be- stand kommen solle, dies weder von den Professoren noch von den Advocaten, weder von den jungdeutschen Literaten, noch von den Beamten ausgehen könne, sondern daß wir selbst uns das Heil zu erringen haben, und hiezu allerdings eine Revolution nöthig ist, die aber die Barricaden im eigenen Herzen gegen die Eigensucht und die Genußsucht, gegen die Herrschsucht und den Dünkel baut. Mainzer Bürgerverein. ⁂ Jn der Versammlung vom 22. December, welche nach längerer Krankheit der ständige Vorsitzende Herr Krämer wie- der präsidirte, theilte derselbe Näheres über die Zukammenkunft constitutioneller Vereine mit, welche kürzlich in Dresden statt ge- funden. Aus allen Gegenden Deutschlands hatten diese Vereine Abgeordnete nach Sachsens Hauptstadt gesendet, um einen engern Anschluß an einander zu bewirken, eine Verbrüderung unter sich herbeizuführen und auf ein Zusammenwirken derselben für ihre gemeinsamen Zwecke hinzuarbeiten. Der Vorsitzende gab den anwesenden Mitgliedern sofort Kenntniß von den Principien, auf welchen jene Vereine fußen, so wie von den Mitteln, wodurch sie das gemeinsame Ziel zu erreichen suchen wollten. Diese Mittheilungen erregten ebenso die freudige Theilnahme der Versammelten wie die Benachrichtigung, daß der Sinn für Ordnung und gesetzliche Frei- heit in unserer Provinz immer mehr Wurzel fasse, sich mehr und mehr befestige und nach allen Richtungen hin ausbreite. Es zeige sich dies namentlich auch darin, daß in jüngster Zeit wieder drei Vereine von gleichen Tendenzen wie der unserige entstanden seyen und zwar gerade in einer Gegend, welche sich die wühlerische Partei seit längerer Zeit zur Beglückung durch ihre edlen Bestreb- ungen ausersehen zum Tummelplatze ihrer Leidenschaften, Rede- und sonstigen Künste erkoren und welchen Boden sie denn auch mehr wie irgendwo in ihrem Sinne gehörig bearbeitet habe. Der- gleichen Bürgervereine hatten sich in Heidesheim, Nieder- ingelheim und Gaualgesheim gebildet, sie zeigten das heute in freundlichen, verständig und schön verfaßten Zuschriften an unsern Verein an und baten um dessen Mitwirkung bei ihrem Streben nach Berichtigung falscher Nachrichten, Entstellungen, schiefer Ansichten und Urtheile, nach größerer Verbreitung wahrer politischer Bildung und nach allmäliger Wiederbefestigung des durch die unermüdlichen Bestrebungen der Wühler so tief er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal174_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal174_1848/1
Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 174. Mainz, 27. Dezember 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal174_1848/1>, abgerufen am 05.10.2024.