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Mainzer Journal. Nr. 247. Mainz, 17. Oktober 1849.

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[Beginn Spaltensatz] Million £ St. Jm Jahre 1824 schon führte der Minister Hus-
kinson im Unterhause an, er müsse den Gesammtwerth der jähr-
lich in Großbritannien verfertigten baumwollenen Waaren auf die
ungeheuere Summe von 34 Millionen £ St. veranschlagen. Wir
wollen, obgleich sich in den letzten fünfundzwanzig Jahre diese
Summe bedeutend vergrößert hat, als bei einer unfehlbar sicheren
Angabe dabei stehen bleiben. Eine jährliche Fabrikation aber,
welche aus einem Rohstoffwerthe von7 1 / 2 Million einen Werth
von 34 Millionen an fertigen Waaren herstellt, bringt einen
Mehrwerth von 26[unleserliches Material] Million hervor.

Es ergibt sich aus einer möglichst genauen Statistik des
Jahres 1841, daß die [unleserliches Material - 22 Zeichen fehlen]Baumwollen=Fabrikation in England eine
Million Menschen, Männer, Weiber und Kinder beschäftigt,
im Durchschnitte ein jährlicher Arbeitslohn von 18 £ St. per
Kopf zu rechnen ist, also 18 Millionen für Arbeitslohn, und daß
man für Zinsen vom Capitale, für Unterhalt und Heitzung der 900
in Baumwoll=Spinnereien und Webereien arbeitenden Dampfma-
schinen, für Versicherungen, Prämien und kleine Zuthaten4 1 / 2 Mil-
lion anzunehmen hat, daß folglich die Baumwollen=Jndustrie, nach-
dem sie eine Million Menschen ernährt hat, noch einen Capital-
gewinn von 4 Millionen £ St. jährlich abwirft. Da ferner
nach den amtlichen Zollregistern im Jahre 1841 an Baumwollen-
fabrikat, Gewebe und Garn, und zwar nach der Schätzung der
Ausführenden behufs der Zollregulirung, für23 1 / 2 Million aus-
geführt wurde, also zwei Drittheile der ganzen Fabrikation, so
ergibt sich weiter, daß fremde Länder und englische Colonien im
Jahre 1841 -- 666,000 Engländer ernährten und daß in der
vom Auslande an England für baumwollene Waaren gezahlten
Summe von 282 Millionen unserer Gulden,[unleserliches Material] Million £ St.,
32 Millionen Gulden an Capitalgewinn für England begriffen
ist. Wenn wir nun die Wollenmanufactur, die Leinenindustrie,
die Eisen= und Stahlfabriken, die Maschinenausfuhr u. s. w.
nach diesen Verhältnissen veranschlagen, so haben wir ein Bild
von Dem, was in einem großen und mächtigen Lande die Jndustrie
zu leisten vermag.

Die Schattenseite dieses Bildes aber dürfen wir nicht über-
sehen. Wenn der fünfte Theil der Bevölkerung eines Landes, wie
es in England der Fall ist, mit seiner ganzen bürgerlichen Existenz
von der Thätigkeit der Fabriken abhängt, wenn zwei Drittheile
dieser Fabriken ihren Rohstoff vom Auslande beziehen ( die in
England verarbeitete Wolle, Flachs, Seide, Farbstoffe, Fette
werden ebenfalls größtentheils oder alle vom Auslande einge-
führt ) und zwei Drittheile von ihrem Fabrikate ins Ausland
verführen mussen, um es zu verkaufen, so sind, wenn die Zufuhr
der Rohstoffe unterbrochen und die Ausfuhr der Fabrikate ge-
hemmt wird, zwei Drittheile dieser Fabrikbevölkerung, in Eng-
land ohngefähr 3 Millionen Menschen, ohngefähr die ganze Be-
völkerung von Württemberg, Baden, Nassau und Hessen zusam-
men genommen, ohne Brod. Der Fabrikarbeiter lebt vom Tag
zum Tage, Mann und Frau und Kind arbeiten um das tägliche
Brod, wird der Fabrikarbeiter durch Alter, Krankheit oder an-
dere Zufalle arbeitsunfähig, so ist er schon schlimm daran; fehlt
aber der ganzen Familie auf längere Zeit die Arbeit, muß sie bei
gesundem Leibe müßig gehen, so muß sie verhungern, wenn nicht
der Staat oder die Gemeinde sie nährt, und dieser Theil der Be-
völkerung, der roheste und sittenloseste, schreiter dann in seiner
Verzweiflung zu jeder Gewaltthätigkeit. Früher waren es ge-
wöhnlich die Seekriege, welche durch die Störung der Handels-
schifffahrt diese Zustände herbeiführten. Wir haben aber im
Jahre 1842 gesehen, daß auch im tiefsten Frieden die Bank= und
Handelskrisis in Nordamerika eine völlige Stockung der Baum-
wollenindustrie in England veranlaßte.

Die englischen, sehr exacten Register über den commerciellen
Theil der Jndustrie weisen nach, daß in gewöhnlichen Zeiten
wöchentlich ohngefähr 26,000 Ballen roher Baumwolle ver-
braucht wurden, und daß dieses Quantum der Stockung in Zeiten
bis auf 6000 Ballen wöchentlich herabsinkt, daß der gewöhnliche
Durchschnittspreis von 6 Pence per roher Baumwolle während
der letzten Seekriege bis auf 26 Pence per gestiegen war. Die Folgen
einer solchen Schwankung sind bei einer so ins Große getriebenen
Jndustrie furchtbar; es gibt aber noch ein anderes, zwar lang-
sam wirkendes, aber um so sicheres Mittel, das Uebermaß
dieser Gewerbthätigkeit, insofern sie vom Auslande bezahlt und
genährt wird, in die gehörigen Grenzen zurückzudrängen: es be-
steht darin, daß jedes Land die Jndustrieproducte, welche im
Lande verbraucht werden, selbst durch eigene inländische Jndustrie
sich verschaffe und daß jedes Land statt fremde Gewerbsleute zu
ernähren, und in der Abhängigkeit von einem fremden Lande zu
bleiben, seine Landeskinder ernähre und sich unabhängig mache.
Wir müssen an das Vorhergehende noch folgende Bemerkungen
anknüpfen.

[Spaltenumbruch]

Für seine Baumwollenindustrie führt England jährlich aus
fremden Welttheilen ein an roher Baumwolle 300 Millionen
und an fertiger Waare aus 200 Millionen ; es wedren also see-
wärts verführt 500 Millionen , oder 250,000 Schiffstonnen,
ohngefähr 1000 Schiffsladungen, im Werthe von7 1 / 2 und23 1 / 2
oder 31 Millionen £ St. Diese Waarenmasse kauft und verkauft der
Handel mehr als einmal. Aus der Hand des Producenten geht
das rohe Material in die Hand des überseeischen Kaufmannes,
dieser consignirt oder verkauft es an den Kaufmann in England,
und dieser an den Fabrikanten, die fertige Waare sendet der eng-
lische Kaufmann, nachdem er sie von dem Fabrikanten gekauft
hat, in alle Länder der Erde, entweder für fremde oder für
eigene Rechnung, dort kauft sie der Großhändler, verkauft sie dem
Kleinhändler und dieser endlich an den Consumenten. Es ist also
der Umsatz des in diesem Geschäfte arbeitenden Capitales wenig-
stens drei Mal anzunehmen, und es übersteigt derselbe demnach
die Summe von 100 Millionen £ St., und ist doch nur das
alljährlich wiederkehrende Product von einem Zweige der Jn-
dustrie eines Landes.

So wichtig aber die Jndustrie sich in ihren Wirkungen auf
den Handel erweist, so ist die Einwirkung derselben mit dem
Handel gemeinschaftlich auf die Geschicke der größten Staaten
doch noch wichtiger, oder mit anderen Worten: wenn Jndustrie
und Handel bis auf eine gewisse Höhe gediehen sind, so ist es die
Aufgabe des Staates, Alles, bis auf die staatliche Existenz, daran
zu setzen, um sie auf dieser Höhe zu erhalten, und so greifen diese
Hebel in die Schicksale der größten Nationen entscheidend ein.
Wir finden hier eine passende Gelegenheit den Beweis für diese
Behauptung zu führen.

( Schluß folgt. )



Deutschland.

Wien 12. October. ( A. Z. ) Die neuesten Nachrichten aus
Pesth bestätigen die Todesurtheile in Arad. Dreizehn mehr oder
minder bekannte ungarische Oberoffiziere sind theils durch den
Strang, theils durch Pulver und Blei hingerichtet worden. Auch
in Pesth wurden die bekannten Regierungscommissäre Csany
und Jessenak durch den Strang vom Leben zum Tode gebracht.
Ersterer ist berüchtigt durch seine Wirksamkeit in Siebenbürgen,
wo er eine unselige Energie im Sinne Kossuths entwickelte. Der
zweite war Regierungscommissäre in der Slowakei, und selbst
Slave übte er einen großen Terrorismus aus gegen seine Lands-
leute. Dem Vernehmen nach wurde der Gräfin Batthyanyi bedeu-
tet, Ungarn in kürzester Frist zu verlassen. -- An der heutigen
Börse wurde das neue Anlehen bereits unter Pari angeboten,
was im größeren Publicum unnöthige Besorgnisse erregt;
denn ist einmal die officielle Darstellung dieser Finanzmaßregel er-
schienen und das Publicum erfährt genau die Summe der Ein-
zeichnungen, so stellt sich wohl das Gleichgewicht rasch her. Der
wahrscheinliche Grund dieses unvermutheten Fallens liegt in dem
Umstande, daß sehr viele Privatleute größere Summen gezeichnet
als ihre Umstände gestatteten, weil sie eine größere Betheiligung
des Auslandes erwarteten und hoffen durften, daß der Finanz-
minister nicht so viel in Anspruch nehmen werde. Wie die Sachen
stehen, wird der Finanzminister vielleicht alle gezeichneten Be-
träge in Anspruch nehmen, wodurch begreiflicherweise viele Spe-
culanten zum Ausbieten ihrer Certificate genöthigt werden. -- Graf
Zichy berichtigt in einem Schreiben an die "Presse" die über ihn
und Görgey verbreiteten Nachrichten und erklärt sich mit diesem
nie schlagen zu wollen. -- Feldmarschall Radetzky dürfte im Laufe
der nächsten Woche Wien verlassen. -- Soeben verbreitet sich das
Gerücht, daß die Militärbehörde die beiden Blätter "Ostdeutsche
Post" und "Wanderer" unterdrückt habe. Wäre es der Fall, so
läge der Grund in den scharfen Artikeln dieser Journale über die
neuen Hinrichtungen in Ungarn, welche letztere über die heitere
Stimmung Wiens ihren Schatten geworfen.

Oesterreich wird demnächst einen Schritt thun, den der ge-
sammte Handelsstand mit größtem Jnteresse begrüßen wird: die
Regierung wird das im Jahre 1847 zu Dresden von den Abge-
ordneten sämmtlicher deutschen Staaten vereinbarte allgemeine
Wechselrecht in kürzester Frist als provisorisches Gesetz verkündi-
gen. Daneben verdient angeführt zu werden, daß auch die Ein-
führung eines veränderten Münzfußes, wahrscheinlich des süd-
deutschen 24 1 / 2 fl.=Fußes, mit gleichzeitiger Beseitigung der sog.
Wiener Währung, in Aussicht genommen ist. Man hofft eines-
theils, durch einen leichteren Münzfuß die Verschleppung des
baaren Geldes wenigstens zu vermindern, anderntheils aber
scheint man durch ein solches Anschließen an Süddeutschland an-
derweitige und inhaltsschwerere Vereinbarungen mit demselben
anbahnen und erleichtern zu wollen.

[Ende Spaltensatz][verlorenes Material - 2 Seiten fehlen]

[Beginn Spaltensatz] Million £ St. Jm Jahre 1824 schon führte der Minister Hus-
kinson im Unterhause an, er müsse den Gesammtwerth der jähr-
lich in Großbritannien verfertigten baumwollenen Waaren auf die
ungeheuere Summe von 34 Millionen £ St. veranschlagen. Wir
wollen, obgleich sich in den letzten fünfundzwanzig Jahre diese
Summe bedeutend vergrößert hat, als bei einer unfehlbar sicheren
Angabe dabei stehen bleiben. Eine jährliche Fabrikation aber,
welche aus einem Rohstoffwerthe von7 1 / 2 Million einen Werth
von 34 Millionen an fertigen Waaren herstellt, bringt einen
Mehrwerth von 26[unleserliches Material] Million hervor.

Es ergibt sich aus einer möglichst genauen Statistik des
Jahres 1841, daß die [unleserliches Material – 22 Zeichen fehlen]Baumwollen=Fabrikation in England eine
Million Menschen, Männer, Weiber und Kinder beschäftigt,
im Durchschnitte ein jährlicher Arbeitslohn von 18 £ St. per
Kopf zu rechnen ist, also 18 Millionen für Arbeitslohn, und daß
man für Zinsen vom Capitale, für Unterhalt und Heitzung der 900
in Baumwoll=Spinnereien und Webereien arbeitenden Dampfma-
schinen, für Versicherungen, Prämien und kleine Zuthaten4 1 / 2 Mil-
lion anzunehmen hat, daß folglich die Baumwollen=Jndustrie, nach-
dem sie eine Million Menschen ernährt hat, noch einen Capital-
gewinn von 4 Millionen £ St. jährlich abwirft. Da ferner
nach den amtlichen Zollregistern im Jahre 1841 an Baumwollen-
fabrikat, Gewebe und Garn, und zwar nach der Schätzung der
Ausführenden behufs der Zollregulirung, für23 1 / 2 Million aus-
geführt wurde, also zwei Drittheile der ganzen Fabrikation, so
ergibt sich weiter, daß fremde Länder und englische Colonien im
Jahre 1841 -- 666,000 Engländer ernährten und daß in der
vom Auslande an England für baumwollene Waaren gezahlten
Summe von 282 Millionen unserer Gulden,[unleserliches Material] Million £ St.,
32 Millionen Gulden an Capitalgewinn für England begriffen
ist. Wenn wir nun die Wollenmanufactur, die Leinenindustrie,
die Eisen= und Stahlfabriken, die Maschinenausfuhr u. s. w.
nach diesen Verhältnissen veranschlagen, so haben wir ein Bild
von Dem, was in einem großen und mächtigen Lande die Jndustrie
zu leisten vermag.

Die Schattenseite dieses Bildes aber dürfen wir nicht über-
sehen. Wenn der fünfte Theil der Bevölkerung eines Landes, wie
es in England der Fall ist, mit seiner ganzen bürgerlichen Existenz
von der Thätigkeit der Fabriken abhängt, wenn zwei Drittheile
dieser Fabriken ihren Rohstoff vom Auslande beziehen ( die in
England verarbeitete Wolle, Flachs, Seide, Farbstoffe, Fette
werden ebenfalls größtentheils oder alle vom Auslande einge-
führt ) und zwei Drittheile von ihrem Fabrikate ins Ausland
verführen mussen, um es zu verkaufen, so sind, wenn die Zufuhr
der Rohstoffe unterbrochen und die Ausfuhr der Fabrikate ge-
hemmt wird, zwei Drittheile dieser Fabrikbevölkerung, in Eng-
land ohngefähr 3 Millionen Menschen, ohngefähr die ganze Be-
völkerung von Württemberg, Baden, Nassau und Hessen zusam-
men genommen, ohne Brod. Der Fabrikarbeiter lebt vom Tag
zum Tage, Mann und Frau und Kind arbeiten um das tägliche
Brod, wird der Fabrikarbeiter durch Alter, Krankheit oder an-
dere Zufalle arbeitsunfähig, so ist er schon schlimm daran; fehlt
aber der ganzen Familie auf längere Zeit die Arbeit, muß sie bei
gesundem Leibe müßig gehen, so muß sie verhungern, wenn nicht
der Staat oder die Gemeinde sie nährt, und dieser Theil der Be-
völkerung, der roheste und sittenloseste, schreiter dann in seiner
Verzweiflung zu jeder Gewaltthätigkeit. Früher waren es ge-
wöhnlich die Seekriege, welche durch die Störung der Handels-
schifffahrt diese Zustände herbeiführten. Wir haben aber im
Jahre 1842 gesehen, daß auch im tiefsten Frieden die Bank= und
Handelskrisis in Nordamerika eine völlige Stockung der Baum-
wollenindustrie in England veranlaßte.

Die englischen, sehr exacten Register über den commerciellen
Theil der Jndustrie weisen nach, daß in gewöhnlichen Zeiten
wöchentlich ohngefähr 26,000 Ballen roher Baumwolle ver-
braucht wurden, und daß dieses Quantum der Stockung in Zeiten
bis auf 6000 Ballen wöchentlich herabsinkt, daß der gewöhnliche
Durchschnittspreis von 6 Pence per roher Baumwolle während
der letzten Seekriege bis auf 26 Pence per gestiegen war. Die Folgen
einer solchen Schwankung sind bei einer so ins Große getriebenen
Jndustrie furchtbar; es gibt aber noch ein anderes, zwar lang-
sam wirkendes, aber um so sicheres Mittel, das Uebermaß
dieser Gewerbthätigkeit, insofern sie vom Auslande bezahlt und
genährt wird, in die gehörigen Grenzen zurückzudrängen: es be-
steht darin, daß jedes Land die Jndustrieproducte, welche im
Lande verbraucht werden, selbst durch eigene inländische Jndustrie
sich verschaffe und daß jedes Land statt fremde Gewerbsleute zu
ernähren, und in der Abhängigkeit von einem fremden Lande zu
bleiben, seine Landeskinder ernähre und sich unabhängig mache.
Wir müssen an das Vorhergehende noch folgende Bemerkungen
anknüpfen.

[Spaltenumbruch]

Für seine Baumwollenindustrie führt England jährlich aus
fremden Welttheilen ein an roher Baumwolle 300 Millionen
und an fertiger Waare aus 200 Millionen ; es wedren also see-
wärts verführt 500 Millionen , oder 250,000 Schiffstonnen,
ohngefähr 1000 Schiffsladungen, im Werthe von7 1 / 2 und23 1 / 2
oder 31 Millionen £ St. Diese Waarenmasse kauft und verkauft der
Handel mehr als einmal. Aus der Hand des Producenten geht
das rohe Material in die Hand des überseeischen Kaufmannes,
dieser consignirt oder verkauft es an den Kaufmann in England,
und dieser an den Fabrikanten, die fertige Waare sendet der eng-
lische Kaufmann, nachdem er sie von dem Fabrikanten gekauft
hat, in alle Länder der Erde, entweder für fremde oder für
eigene Rechnung, dort kauft sie der Großhändler, verkauft sie dem
Kleinhändler und dieser endlich an den Consumenten. Es ist also
der Umsatz des in diesem Geschäfte arbeitenden Capitales wenig-
stens drei Mal anzunehmen, und es übersteigt derselbe demnach
die Summe von 100 Millionen £ St., und ist doch nur das
alljährlich wiederkehrende Product von einem Zweige der Jn-
dustrie eines Landes.

So wichtig aber die Jndustrie sich in ihren Wirkungen auf
den Handel erweist, so ist die Einwirkung derselben mit dem
Handel gemeinschaftlich auf die Geschicke der größten Staaten
doch noch wichtiger, oder mit anderen Worten: wenn Jndustrie
und Handel bis auf eine gewisse Höhe gediehen sind, so ist es die
Aufgabe des Staates, Alles, bis auf die staatliche Existenz, daran
zu setzen, um sie auf dieser Höhe zu erhalten, und so greifen diese
Hebel in die Schicksale der größten Nationen entscheidend ein.
Wir finden hier eine passende Gelegenheit den Beweis für diese
Behauptung zu führen.

( Schluß folgt. )



Deutschland.

Wien 12. October. ( A. Z. ) Die neuesten Nachrichten aus
Pesth bestätigen die Todesurtheile in Arad. Dreizehn mehr oder
minder bekannte ungarische Oberoffiziere sind theils durch den
Strang, theils durch Pulver und Blei hingerichtet worden. Auch
in Pesth wurden die bekannten Regierungscommissäre Csany
und Jessenak durch den Strang vom Leben zum Tode gebracht.
Ersterer ist berüchtigt durch seine Wirksamkeit in Siebenbürgen,
wo er eine unselige Energie im Sinne Kossuths entwickelte. Der
zweite war Regierungscommissäre in der Slowakei, und selbst
Slave übte er einen großen Terrorismus aus gegen seine Lands-
leute. Dem Vernehmen nach wurde der Gräfin Batthyanyi bedeu-
tet, Ungarn in kürzester Frist zu verlassen. -- An der heutigen
Börse wurde das neue Anlehen bereits unter Pari angeboten,
was im größeren Publicum unnöthige Besorgnisse erregt;
denn ist einmal die officielle Darstellung dieser Finanzmaßregel er-
schienen und das Publicum erfährt genau die Summe der Ein-
zeichnungen, so stellt sich wohl das Gleichgewicht rasch her. Der
wahrscheinliche Grund dieses unvermutheten Fallens liegt in dem
Umstande, daß sehr viele Privatleute größere Summen gezeichnet
als ihre Umstände gestatteten, weil sie eine größere Betheiligung
des Auslandes erwarteten und hoffen durften, daß der Finanz-
minister nicht so viel in Anspruch nehmen werde. Wie die Sachen
stehen, wird der Finanzminister vielleicht alle gezeichneten Be-
träge in Anspruch nehmen, wodurch begreiflicherweise viele Spe-
culanten zum Ausbieten ihrer Certificate genöthigt werden. -- Graf
Zichy berichtigt in einem Schreiben an die „Presse“ die über ihn
und Görgey verbreiteten Nachrichten und erklärt sich mit diesem
nie schlagen zu wollen. -- Feldmarschall Radetzky dürfte im Laufe
der nächsten Woche Wien verlassen. -- Soeben verbreitet sich das
Gerücht, daß die Militärbehörde die beiden Blätter „Ostdeutsche
Post“ und „Wanderer“ unterdrückt habe. Wäre es der Fall, so
läge der Grund in den scharfen Artikeln dieser Journale über die
neuen Hinrichtungen in Ungarn, welche letztere über die heitere
Stimmung Wiens ihren Schatten geworfen.

Oesterreich wird demnächst einen Schritt thun, den der ge-
sammte Handelsstand mit größtem Jnteresse begrüßen wird: die
Regierung wird das im Jahre 1847 zu Dresden von den Abge-
ordneten sämmtlicher deutschen Staaten vereinbarte allgemeine
Wechselrecht in kürzester Frist als provisorisches Gesetz verkündi-
gen. Daneben verdient angeführt zu werden, daß auch die Ein-
führung eines veränderten Münzfußes, wahrscheinlich des süd-
deutschen 24 1 / 2 fl.=Fußes, mit gleichzeitiger Beseitigung der sog.
Wiener Währung, in Aussicht genommen ist. Man hofft eines-
theils, durch einen leichteren Münzfuß die Verschleppung des
baaren Geldes wenigstens zu vermindern, anderntheils aber
scheint man durch ein solches Anschließen an Süddeutschland an-
derweitige und inhaltsschwerere Vereinbarungen mit demselben
anbahnen und erleichtern zu wollen.

[Ende Spaltensatz][verlorenes Material – 2 Seiten fehlen]
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[0002] Million £ St. Jm Jahre 1824 schon führte der Minister Hus- kinson im Unterhause an, er müsse den Gesammtwerth der jähr- lich in Großbritannien verfertigten baumwollenen Waaren auf die ungeheuere Summe von 34 Millionen £ St. veranschlagen. Wir wollen, obgleich sich in den letzten fünfundzwanzig Jahre diese Summe bedeutend vergrößert hat, als bei einer unfehlbar sicheren Angabe dabei stehen bleiben. Eine jährliche Fabrikation aber, welche aus einem Rohstoffwerthe von7 1 / 2 Million einen Werth von 34 Millionen an fertigen Waaren herstellt, bringt einen Mehrwerth von 26_ Million hervor. Es ergibt sich aus einer möglichst genauen Statistik des Jahres 1841, daß die ______________________Baumwollen=Fabrikation in England eine Million Menschen, Männer, Weiber und Kinder beschäftigt, im Durchschnitte ein jährlicher Arbeitslohn von 18 £ St. per Kopf zu rechnen ist, also 18 Millionen für Arbeitslohn, und daß man für Zinsen vom Capitale, für Unterhalt und Heitzung der 900 in Baumwoll=Spinnereien und Webereien arbeitenden Dampfma- schinen, für Versicherungen, Prämien und kleine Zuthaten4 1 / 2 Mil- lion anzunehmen hat, daß folglich die Baumwollen=Jndustrie, nach- dem sie eine Million Menschen ernährt hat, noch einen Capital- gewinn von 4 Millionen £ St. jährlich abwirft. Da ferner nach den amtlichen Zollregistern im Jahre 1841 an Baumwollen- fabrikat, Gewebe und Garn, und zwar nach der Schätzung der Ausführenden behufs der Zollregulirung, für23 1 / 2 Million aus- geführt wurde, also zwei Drittheile der ganzen Fabrikation, so ergibt sich weiter, daß fremde Länder und englische Colonien im Jahre 1841 -- 666,000 Engländer ernährten und daß in der vom Auslande an England für baumwollene Waaren gezahlten Summe von 282 Millionen unserer Gulden,_ Million £ St., 32 Millionen Gulden an Capitalgewinn für England begriffen ist. Wenn wir nun die Wollenmanufactur, die Leinenindustrie, die Eisen= und Stahlfabriken, die Maschinenausfuhr u. s. w. nach diesen Verhältnissen veranschlagen, so haben wir ein Bild von Dem, was in einem großen und mächtigen Lande die Jndustrie zu leisten vermag. Die Schattenseite dieses Bildes aber dürfen wir nicht über- sehen. Wenn der fünfte Theil der Bevölkerung eines Landes, wie es in England der Fall ist, mit seiner ganzen bürgerlichen Existenz von der Thätigkeit der Fabriken abhängt, wenn zwei Drittheile dieser Fabriken ihren Rohstoff vom Auslande beziehen ( die in England verarbeitete Wolle, Flachs, Seide, Farbstoffe, Fette werden ebenfalls größtentheils oder alle vom Auslande einge- führt ) und zwei Drittheile von ihrem Fabrikate ins Ausland verführen mussen, um es zu verkaufen, so sind, wenn die Zufuhr der Rohstoffe unterbrochen und die Ausfuhr der Fabrikate ge- hemmt wird, zwei Drittheile dieser Fabrikbevölkerung, in Eng- land ohngefähr 3 Millionen Menschen, ohngefähr die ganze Be- völkerung von Württemberg, Baden, Nassau und Hessen zusam- men genommen, ohne Brod. Der Fabrikarbeiter lebt vom Tag zum Tage, Mann und Frau und Kind arbeiten um das tägliche Brod, wird der Fabrikarbeiter durch Alter, Krankheit oder an- dere Zufalle arbeitsunfähig, so ist er schon schlimm daran; fehlt aber der ganzen Familie auf längere Zeit die Arbeit, muß sie bei gesundem Leibe müßig gehen, so muß sie verhungern, wenn nicht der Staat oder die Gemeinde sie nährt, und dieser Theil der Be- völkerung, der roheste und sittenloseste, schreiter dann in seiner Verzweiflung zu jeder Gewaltthätigkeit. Früher waren es ge- wöhnlich die Seekriege, welche durch die Störung der Handels- schifffahrt diese Zustände herbeiführten. Wir haben aber im Jahre 1842 gesehen, daß auch im tiefsten Frieden die Bank= und Handelskrisis in Nordamerika eine völlige Stockung der Baum- wollenindustrie in England veranlaßte. Die englischen, sehr exacten Register über den commerciellen Theil der Jndustrie weisen nach, daß in gewöhnlichen Zeiten wöchentlich ohngefähr 26,000 Ballen roher Baumwolle ver- braucht wurden, und daß dieses Quantum der Stockung in Zeiten bis auf 6000 Ballen wöchentlich herabsinkt, daß der gewöhnliche Durchschnittspreis von 6 Pence per roher Baumwolle während der letzten Seekriege bis auf 26 Pence per gestiegen war. Die Folgen einer solchen Schwankung sind bei einer so ins Große getriebenen Jndustrie furchtbar; es gibt aber noch ein anderes, zwar lang- sam wirkendes, aber um so sicheres Mittel, das Uebermaß dieser Gewerbthätigkeit, insofern sie vom Auslande bezahlt und genährt wird, in die gehörigen Grenzen zurückzudrängen: es be- steht darin, daß jedes Land die Jndustrieproducte, welche im Lande verbraucht werden, selbst durch eigene inländische Jndustrie sich verschaffe und daß jedes Land statt fremde Gewerbsleute zu ernähren, und in der Abhängigkeit von einem fremden Lande zu bleiben, seine Landeskinder ernähre und sich unabhängig mache. Wir müssen an das Vorhergehende noch folgende Bemerkungen anknüpfen. Für seine Baumwollenindustrie führt England jährlich aus fremden Welttheilen ein an roher Baumwolle 300 Millionen und an fertiger Waare aus 200 Millionen ; es wedren also see- wärts verführt 500 Millionen , oder 250,000 Schiffstonnen, ohngefähr 1000 Schiffsladungen, im Werthe von7 1 / 2 und23 1 / 2 oder 31 Millionen £ St. Diese Waarenmasse kauft und verkauft der Handel mehr als einmal. Aus der Hand des Producenten geht das rohe Material in die Hand des überseeischen Kaufmannes, dieser consignirt oder verkauft es an den Kaufmann in England, und dieser an den Fabrikanten, die fertige Waare sendet der eng- lische Kaufmann, nachdem er sie von dem Fabrikanten gekauft hat, in alle Länder der Erde, entweder für fremde oder für eigene Rechnung, dort kauft sie der Großhändler, verkauft sie dem Kleinhändler und dieser endlich an den Consumenten. Es ist also der Umsatz des in diesem Geschäfte arbeitenden Capitales wenig- stens drei Mal anzunehmen, und es übersteigt derselbe demnach die Summe von 100 Millionen £ St., und ist doch nur das alljährlich wiederkehrende Product von einem Zweige der Jn- dustrie eines Landes. So wichtig aber die Jndustrie sich in ihren Wirkungen auf den Handel erweist, so ist die Einwirkung derselben mit dem Handel gemeinschaftlich auf die Geschicke der größten Staaten doch noch wichtiger, oder mit anderen Worten: wenn Jndustrie und Handel bis auf eine gewisse Höhe gediehen sind, so ist es die Aufgabe des Staates, Alles, bis auf die staatliche Existenz, daran zu setzen, um sie auf dieser Höhe zu erhalten, und so greifen diese Hebel in die Schicksale der größten Nationen entscheidend ein. Wir finden hier eine passende Gelegenheit den Beweis für diese Behauptung zu führen. ( Schluß folgt. ) Deutschland. Wien 12. October. ( A. Z. ) Die neuesten Nachrichten aus Pesth bestätigen die Todesurtheile in Arad. Dreizehn mehr oder minder bekannte ungarische Oberoffiziere sind theils durch den Strang, theils durch Pulver und Blei hingerichtet worden. Auch in Pesth wurden die bekannten Regierungscommissäre Csany und Jessenak durch den Strang vom Leben zum Tode gebracht. Ersterer ist berüchtigt durch seine Wirksamkeit in Siebenbürgen, wo er eine unselige Energie im Sinne Kossuths entwickelte. Der zweite war Regierungscommissäre in der Slowakei, und selbst Slave übte er einen großen Terrorismus aus gegen seine Lands- leute. Dem Vernehmen nach wurde der Gräfin Batthyanyi bedeu- tet, Ungarn in kürzester Frist zu verlassen. -- An der heutigen Börse wurde das neue Anlehen bereits unter Pari angeboten, was im größeren Publicum unnöthige Besorgnisse erregt; denn ist einmal die officielle Darstellung dieser Finanzmaßregel er- schienen und das Publicum erfährt genau die Summe der Ein- zeichnungen, so stellt sich wohl das Gleichgewicht rasch her. Der wahrscheinliche Grund dieses unvermutheten Fallens liegt in dem Umstande, daß sehr viele Privatleute größere Summen gezeichnet als ihre Umstände gestatteten, weil sie eine größere Betheiligung des Auslandes erwarteten und hoffen durften, daß der Finanz- minister nicht so viel in Anspruch nehmen werde. Wie die Sachen stehen, wird der Finanzminister vielleicht alle gezeichneten Be- träge in Anspruch nehmen, wodurch begreiflicherweise viele Spe- culanten zum Ausbieten ihrer Certificate genöthigt werden. -- Graf Zichy berichtigt in einem Schreiben an die „Presse“ die über ihn und Görgey verbreiteten Nachrichten und erklärt sich mit diesem nie schlagen zu wollen. -- Feldmarschall Radetzky dürfte im Laufe der nächsten Woche Wien verlassen. -- Soeben verbreitet sich das Gerücht, daß die Militärbehörde die beiden Blätter „Ostdeutsche Post“ und „Wanderer“ unterdrückt habe. Wäre es der Fall, so läge der Grund in den scharfen Artikeln dieser Journale über die neuen Hinrichtungen in Ungarn, welche letztere über die heitere Stimmung Wiens ihren Schatten geworfen. Oesterreich wird demnächst einen Schritt thun, den der ge- sammte Handelsstand mit größtem Jnteresse begrüßen wird: die Regierung wird das im Jahre 1847 zu Dresden von den Abge- ordneten sämmtlicher deutschen Staaten vereinbarte allgemeine Wechselrecht in kürzester Frist als provisorisches Gesetz verkündi- gen. Daneben verdient angeführt zu werden, daß auch die Ein- führung eines veränderten Münzfußes, wahrscheinlich des süd- deutschen 24 1 / 2 fl.=Fußes, mit gleichzeitiger Beseitigung der sog. Wiener Währung, in Aussicht genommen ist. Man hofft eines- theils, durch einen leichteren Münzfuß die Verschleppung des baaren Geldes wenigstens zu vermindern, anderntheils aber scheint man durch ein solches Anschließen an Süddeutschland an- derweitige und inhaltsschwerere Vereinbarungen mit demselben anbahnen und erleichtern zu wollen. __

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 247. Mainz, 17. Oktober 1849, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal247_1849/2>, abgerufen am 20.05.2024.