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Marburger Zeitung. Nr. 153, Marburg, 20.12.1904.

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Nr. 153, 20. Dezember 1904. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch]
Die Marburger Bauernversammlung.


Das hiesige deutsch geschriebene, pervakische
Blatt des windischen Bischofs Napotnik erklärte,
daß alle Teilnehmer der bevorstehenden Bauernver-
sammlung in Marburg Schnapsbutiker seien. Und
es kamen über tausend Versammlungsbesucher heute
im Götz'schen Brauhaussaale zusammen. Von nah
und fern waren die Bauern zusammengeströmt,
unter dem Drucke der wirtschaftlichen Not, jener
Not, die durch die Obstruktion der windischen Ab-
geordneten gewaltig gesteigert wurde. Alle diese
Bauern, die Gemeindevorsteher, die anwesenden
deutschen Abgeordneten und Bürger unserer Stadt,
die zur Versammlung kamen, sind nach der Er-
klärung des bischöflichen Blattes -- Schnapsbrüder!
Und warum? Weil der Bauer verzweifelt nach einer
Besserung seiner Lage ringt, weil er die volkspreis-
geberische Obstruktion der pervakischen Landtagsab-
geordneten, welche ihn gewissenlos um Haus und Hof
bringt, nicht freudig begrüßt, sondern mit der durch
die Not gebotenen Entrüstung verurteilt! Deswegen,
weil sich der Bauer nicht wie ein geduldiges
Schlachttier abschlachten läßt, nennt das bischöfliche
Organ die Bauern -- Schnapsbrüder! Hat
man schon je eine niederträchtigere Belei-
digung
unseres Bauernstandes gelesen; der im
Schweiße seines Angesichtes voller Mühsal und
Beschwerden sich sein täglich Brot verdienen muß?!
Nur ein Klerikaler kann solchen Schimpf auf den
Bauernstand wälzen, so wie es auch ein Klerikaler
war, der Dr. Lueger, welcher die Arbeiter Lumpen
nannte! Das Blatt des Bischofes Napotnik nennt
die verzweifelt um ihr Dasein kämpfenden unter-
steirischen Bauern Schnapsbrüder! Mögen die sich
das merken und die "hochwürdigen" Agitatoren
und die pervakisch-klerikalen Blätter, welche den vor
dem Ruine stehenden Bauer höhnend mit dem
Schimpfworte "Schnapsbutiker" belegen, aus den
Gemarkungen ihrer Ortschaften jagen!

Die Versammlung,
die von Herrn Franz Girstmayr einberufen war,
war außerordentlich zahlreich besucht. Was bei den
Tischen nicht Platz fand, hörte stehend, dichtgedrängt
den Ausführungen der Reder zu. Herr Girstmayr
eröffnete die Versammlung. Herr Muchitsch
(Sozialdemokrat) erbat sich vor dem Eingehen in
die Tagesordnung das Wort und erklärte namens
einer Anzahl anwesender Marburger Sozialdemo-
kraten, daß sie die Obstruktion der slovenischen Ab-
geordneten zwar ebenfalls verurteilen, daß sie sich
aber an der Wahl des Vorsitzenden nicht beteiligen
werden, weil sie -- "Andersnationale" nicht "ver-
letzen" wollen. (Hier handelte es sich wohl nicht
um ein "andersnationales" Volk, sondern um
einige pervakisch-klerikale Abgeordnete; die anwesenden
"andersnationalen" Bauern verurteilten ja ebenso
wie die Sozialdemokraten die Obstruktion; wo bleibt
da die Logik?)

Zum Vorsitzenden wurde Herr Abg. und
Bürgermeister Stiger gewählt. Herr Girstmayr
ergriff nun das Wort und brandmarkte die per-
vakischen Landtagsabgeordneten, die vom Elend der
Bauern keine Ahnung haben und sich darum auch
nicht kümmern -- sie sind ja gut versorgt, die
Herren Ploj und Robitsch haben es zu einem
festen Einkommen gebracht -- denen tut das Elend
der Bauern nicht weh! Der Landtag war bereit,
zur Herstellung der durch die Reblaus vernichteten
Weinanlagen rund 2,000.000 K. zu gewähren,
zwei Millionen, die fast ausschließlich dem
Unterlande zugute kommen, wo die Slovenen
wohnen. Durch die Obstruktion der slovenischen
Abgeordneten wird die Zuwendung dieser Millionen
an die Bauern vereitelt. Das Gesetz über die
Pößnitzregulierung ist fertig, die deutschen Landtags-
abgeordneten wollen das Geld bewilligen -- die
slovenischen Abgeordneten lassen aber auch das
nicht zu! Zweimal jährlich überschwemmt die Pöß-
nitz das ganze Tal; die Ernte und das Futter
gehen zugrunde, Tierkrankheiten entstehen, der
Grund und Boden wird ungeheuer entwertet, die
Bevölkerung verarmt -- aber die slovenischen Ab-
geordneten haben kein Erbarmen mit dem Volke!
In der Kolos sind die Neuanlagen abgerutscht
und vernichtet, weinend stehen die Bauern vor
ihrem Ruine -- aber die slovenischen Abgeordneten
werden dadurch nicht gerührt, ihnen geht es ja
gut! Die Versorgung der landwirtschaftlichen Ar-
beiter, die Regulierung der Beamtengehalte --
alles steht still! Slovenische Hetzgeistliche aber, die
[Spaltenumbruch] unter der Leitung des Bischofes Napotnik stehen
(stürmische Pfuirufe), verhetzen obendrein das ver-
armende Volk. In ihrem Munde nimmt sich das
Wort Gottes so aus wie ein Stück Weißbrot im
Rüssel einer Sau! (Stürmischer Beifall. Der
Redner wiederholt dies slovenisch. Neuer Beifall.)
Redner fordert zum Schlusse die Bauern auf, ihre
Abgeordneten gewaltsam zur Vernunft zu bringen.
Stürmischer Beifall ertönte, als der Redner
geschlossen hatte.

Abg. Karl Pfrimer schilderte die Tätigkeit
des Landtages und jene der slovenischen Obstruktion.
Die Steuerhauptsumme beträgt in ganz Steiermark
ohne die Einkommensteuer 14,663 000 K. Hievon
entfallen auf das Oberland 2,854.000 K. und auf
das Mittelland 3,522.000 K., das Unterland mit
Ausnahme der Städte Marburg (609.000 K.),
Cilli (354.000 K.) und Pettau (332.000 K.) zahlt
1,435.000 K., Graz 5.557.000 K. Genau genommen
zahlt das Unterland 19 Prozent von der Steuer
und die genannten Städte ausgenommen 10 Pro-
zent. Nichtsdestoweniger hat das Land nicht
500.000 K., sondern 900.000 K. für das Unter-
land bewilligt, was nunmehr aber nicht ausbezahlt
werden kann. Für die steirischen Weinbauer wurden
200.000 K. augesetzt, eine Summe von welcher das
Oberland gar nichts hat. Da nun durch die slo-
venische Obstruktion auch diese Summe unseren
Weinbauern nicht ausbezahlt werden kann, so
fehlt natürlich auch der gleiche Betrag, den die
Regierung widmen wollte. Der ländlichen Bevöl-
kerung wurden also durch die slovenische Obstruktion
allein in diesem Falle 400.000 K. entzogen! (Ent-
rüstung bei den Anwesenden.) Abg. Pfrimer wies
sodann auf die Pößnitz- und die Drauregulierung.
auf die Unterstützung für Zellnitz u. s. w. hin. In
allen diesen Fällen konnte für die Bevölkerung
nichts getan werden, weil die slovenischen Abge-
ordneten durch die Obstruktion alles vereitelten.
Hiefür kann sich die Bevölkerung bedanken bei den
Herren Ploj und Robitsch, die freilich auf keine
Fechsung anstehen, sowie bei dem Abg. Pfarrer
Zizkar und den drei windischen Aovokaten im
Landtage, die auch nicht verhungern, wenn der
Bauer zugrunde geht! (Stürmischer Beifall und
Entrüstungsrufe.) Gibt es etwas empörenderes, als
wenn wir Abgeordnete in einer Sitzung wegen der
slovenischen Obstruktion 50mal Ja oder Nein sagen
müssen bei den frivolsten Abstimmungen? Gibt es
etwas frivoleres, als den Umstand, daß die sloveni-
schen Abgeordneten Abstimmungen provozieren über
die Frage, ob die Landeskanzleiauslagen um --
4 Kronen erhöht werden sollen oder nicht? (Pfui-
rufe.) Redner charakterisiert sodann das Verlangen
nach einer windischen -- Bürgerschule in Lichten-
wald und schließt mit den Worten: Wie notwendig
die Slovenen die deutsche Sprache brauchen, das
beweisen gerade die Agitatoren gegen das Deutsch-
tum selber, denn sie schicken ihre Kinder zur
Ausbildung nach Deutschland, während sie dem
Bauer die Kenntnis der deutschen Sprache ver-
wehren wollen! -- Allseitiger Beifall dankte dem
Redner für seine interessanten Ausführungen.

Es sprachen hierauf noch die Herren Vidmar
und Muchitsch (Sozialdemokraten), die Abg.
Ornig und Stiger, Gemeindevorsteher Herr
Skoff aus St. Jakob W.-B., Besitzer Herr
Kreßnig aus Kerschbach bei Windisch-Feistritz
und Herr Girstmayr. (Wir tragen diese Reden
in der nächsten Nummer nach.) Zum Schlusse der
Versammlung wurde folgende Entschließung
(deutsch und slovenisch) verlesen:

"Die heute bei Götz tagende Wählerversamm-
lung, die uns dem ganzen Unterlande beschickt ist,
spricht den obstruierenden slovenischen Abge-
ordneten
hiemit ihre schärfste Mißbilli-
gung
und Entrüstung aus und erwartet, daß
bei dem neuerlichen Zusammentritte des hohen
Landtages die Arbeiten desselben umsoweniger ge-
stört werden, als die meisten Vorlagen desselben,
wie z. B. die Pößnitzregulierung, die Unter-
stützung der durch Elementarschäden be-
troffenen Grundbesitzer und die Bewilligung der
unverzinslichen Darlehen im Betrage von
400.000 K., gerade im erhöhten Maße im Interesse
des slovenischen Volkes gelegen sind. Aber
auch andere Vorlagen, wie z. B. die Regelung der
Beamtengehalte, sowie die Entschädigung der land-
schaftlichen Arbeiter und deren Alters- und
Invaliditätsversorgung, sind dringend,
die keinen Aufschub mehr vertragen."

Diese Entschließung wurde einstimmig
angenommen. Bei der Gegenprobe erhob sich nicht
[Spaltenumbruch] eine Hand. (Die Sozialdemokraten hatten sich der
Abstimmung enthalten. Ihr Sprecher Herr Muchitsch
hatte erklärt, daß seine Partei wohl gegen die
slovenische Obstruktion sei, daß sie dies aber durch
eine Zustimmung zur Resolution nicht aus-
sprechen
wolle.)




Aus dem Gerichtssaale.
(Ein Unglücksfall in Frauheim.)

Am 23. Oktober 1904 ging die Besitzerin Josefa
Cernej in Frauheim zur Abendandacht und
übergab ihre Kinder der bei ihr wohnenden 61jähr.
Witwe Theresia Setor zur Beaufsichtigung. Diese
hatte auf den 2 Jahre alten Max Napast und
auf die etwas älteren Kinder Josef und Franz
Wabic aufzupassen. Die Setor war anfangs
draußen, und da ihr kalt wurde, ging sie ins Haus.
Josef Wabic ging mit ihr ins Haus, während Franz
Wabic und Max Napast draußen blieben. Bald
darauf hörte sie, daß Franz Wabic draußen weint
und als sie hinausging, sagte der Knabe, daß Max
Napast ins Wasser gefallen ist. Als darauf
Theresia Setor den Max Napast suchte, fand sie
ihn tot bei der Mühle des Franz Kranjc.
Napast kam damals, als ihn die Setor nicht be-
aufsichtigte, zum Bache, fiel hinein und ertrank.
Die Setor ist deshalb vor dem Erkenntnisgerichte
angeklagt. Sie fühlt sich unschuldig, doch verweist
die Staatsanwaltschaft darauf, daß das Kind des-
halb ertrank, weil die Theresia Setor bei dessen
Beaufsichtigung die nötige Vorsicht fehlen ließ. Der
Bach ist vom Hause nur 35 Schritte entfernt und
hätte die Beschuldigte deshalb besonders achtgeben
müssen, daß das Kind dem Bache nicht zu nahe
komme. -- Das Urteil kautete auf 14 Tage stren-
gen, mit 2 Fasten verschärften Arrest.

(Ein Weiberkampf im Marburger
Versorgunghause.)

Unter der Anklage des
Verbrechens der schweren körperlichen Beschädigung
stand am 17. d. M. die 71 Jahre (!) alte, in St.
Leonhard geborene, verwitwete Marburger Stadt-
arme Elisabet Hans vor dem Erkenntnisgerichte.
Am 5. November d. J. gerieten Elisabet Hans
und Josefa Ferk, welche im städt. Versorgungs-
hause in Marburg untergebracht sind, in einen
Streit, der zu Tätlichkeiten führte. Zuerst stieß
die Josefa Ferk die Hans zu einem Bette,
worauf diese die Josefa Ferk derart wuchtig an
den Türpfosten der Küche schleuderte, daß sie zu
Boden fiel. Hiebei brach sich Josefa Ferk den
rechten Oberarmknochen. Die Hans ist gestän-
dig, gibt jedoch an, sie habe nicht die Absicht ge-
habt, die Ferk zu verletzen. Auf ihre alten Tage
muß die alte Dame nun "ins Loch"; sie erhielt
nämlich für die gymnastischen Uebungen im Ver-
sorgungshause sechs Wochen schweren Kerker
mit einer Faste alle 14 Tage.




Schaubühne.

Sonntag abends ging das bekannte Volksstück
von Karl Costa: "Bruder Martin" über die
Bretter. Es ist einfache, kräftige literarische Haus-
mannskost mit der nötigen Dosis Ernst und einer
etwas größeren von Humor, so daß also jedem
etwas geboten ist. Die gestrige Aufführung betonte
das Humoristische auf Kosten des Ernsten entschieden
zu stark und verzog das Volkstümliche zum Possen-
haften. Weniger wäre da entschieden mehr
und besser gewesen. Von den Darstellern gebührt
das erste Lob Herrn Josef Richter, der den gut-
mütigen Schelm in der Mönchskutte in sehr köst-
licher und natürlicher Weise wiedergab. Herr
Frank und Frl. Jensen stellten uns auch zu-
frieden, wenngleich es etwas stören mußte, daß sie
Dialekt und Schriftsprache so oft durcheinander
mengten. Eine ansprechende Leistung war die
schlagfertige Schneiderin des Frl. Lina Demel,
während ihr Partner, Herr Jautz das Komische
zu stark auftrug. Daß er über ein hübsches Können
verfügt, haben wir nun schon ein paarmal und
gerne anerkannt; aber er kann nicht haushalten
und gibt mehr, als die Rolle von ihm verlangt,
nicht zugunsten derselben. Sein Schneider-Lipperl
wurde zum Schlusse unglaubhaft. Die episodischen
Rollen waren so ziemlich gut verteilt und wurden
auch im Großen und Ganzen passabel gespielt.




[irrelevantes Material - 3 Zeilen fehlen]
Nr. 153, 20. Dezember 1904. Marburger Zeitung

[Spaltenumbruch]
Die Marburger Bauernverſammlung.


Das hieſige deutſch geſchriebene, pervakiſche
Blatt des windiſchen Biſchofs Napotnik erklärte,
daß alle Teilnehmer der bevorſtehenden Bauernver-
ſammlung in Marburg Schnapsbutiker ſeien. Und
es kamen über tauſend Verſammlungsbeſucher heute
im Götz’ſchen Brauhausſaale zuſammen. Von nah
und fern waren die Bauern zuſammengeſtrömt,
unter dem Drucke der wirtſchaftlichen Not, jener
Not, die durch die Obſtruktion der windiſchen Ab-
geordneten gewaltig geſteigert wurde. Alle dieſe
Bauern, die Gemeindevorſteher, die anweſenden
deutſchen Abgeordneten und Bürger unſerer Stadt,
die zur Verſammlung kamen, ſind nach der Er-
klärung des biſchöflichen Blattes — Schnapsbrüder!
Und warum? Weil der Bauer verzweifelt nach einer
Beſſerung ſeiner Lage ringt, weil er die volkspreis-
geberiſche Obſtruktion der pervakiſchen Landtagsab-
geordneten, welche ihn gewiſſenlos um Haus und Hof
bringt, nicht freudig begrüßt, ſondern mit der durch
die Not gebotenen Entrüſtung verurteilt! Deswegen,
weil ſich der Bauer nicht wie ein geduldiges
Schlachttier abſchlachten läßt, nennt das biſchöfliche
Organ die Bauern — Schnapsbrüder! Hat
man ſchon je eine niederträchtigere Belei-
digung
unſeres Bauernſtandes geleſen; der im
Schweiße ſeines Angeſichtes voller Mühſal und
Beſchwerden ſich ſein täglich Brot verdienen muß?!
Nur ein Klerikaler kann ſolchen Schimpf auf den
Bauernſtand wälzen, ſo wie es auch ein Klerikaler
war, der Dr. Lueger, welcher die Arbeiter Lumpen
nannte! Das Blatt des Biſchofes Napotnik nennt
die verzweifelt um ihr Daſein kämpfenden unter-
ſteiriſchen Bauern Schnapsbrüder! Mögen die ſich
das merken und die „hochwürdigen“ Agitatoren
und die pervakiſch-klerikalen Blätter, welche den vor
dem Ruine ſtehenden Bauer höhnend mit dem
Schimpfworte „Schnapsbutiker“ belegen, aus den
Gemarkungen ihrer Ortſchaften jagen!

Die Verſammlung,
die von Herrn Franz Girſtmayr einberufen war,
war außerordentlich zahlreich beſucht. Was bei den
Tiſchen nicht Platz fand, hörte ſtehend, dichtgedrängt
den Ausführungen der Reder zu. Herr Girſtmayr
eröffnete die Verſammlung. Herr Muchitſch
(Sozialdemokrat) erbat ſich vor dem Eingehen in
die Tagesordnung das Wort und erklärte namens
einer Anzahl anweſender Marburger Sozialdemo-
kraten, daß ſie die Obſtruktion der ſloveniſchen Ab-
geordneten zwar ebenfalls verurteilen, daß ſie ſich
aber an der Wahl des Vorſitzenden nicht beteiligen
werden, weil ſie — „Andersnationale“ nicht „ver-
letzen“ wollen. (Hier handelte es ſich wohl nicht
um ein „andersnationales“ Volk, ſondern um
einige pervakiſch-klerikale Abgeordnete; die anweſenden
„andersnationalen“ Bauern verurteilten ja ebenſo
wie die Sozialdemokraten die Obſtruktion; wo bleibt
da die Logik?)

Zum Vorſitzenden wurde Herr Abg. und
Bürgermeiſter Stiger gewählt. Herr Girſtmayr
ergriff nun das Wort und brandmarkte die per-
vakiſchen Landtagsabgeordneten, die vom Elend der
Bauern keine Ahnung haben und ſich darum auch
nicht kümmern — ſie ſind ja gut verſorgt, die
Herren Ploj und Robitſch haben es zu einem
feſten Einkommen gebracht — denen tut das Elend
der Bauern nicht weh! Der Landtag war bereit,
zur Herſtellung der durch die Reblaus vernichteten
Weinanlagen rund 2,000.000 K. zu gewähren,
zwei Millionen, die faſt ausſchließlich dem
Unterlande zugute kommen, wo die Slovenen
wohnen. Durch die Obſtruktion der ſloveniſchen
Abgeordneten wird die Zuwendung dieſer Millionen
an die Bauern vereitelt. Das Geſetz über die
Pößnitzregulierung iſt fertig, die deutſchen Landtags-
abgeordneten wollen das Geld bewilligen — die
ſloveniſchen Abgeordneten laſſen aber auch das
nicht zu! Zweimal jährlich überſchwemmt die Pöß-
nitz das ganze Tal; die Ernte und das Futter
gehen zugrunde, Tierkrankheiten entſtehen, der
Grund und Boden wird ungeheuer entwertet, die
Bevölkerung verarmt — aber die ſloveniſchen Ab-
geordneten haben kein Erbarmen mit dem Volke!
In der Kolos ſind die Neuanlagen abgerutſcht
und vernichtet, weinend ſtehen die Bauern vor
ihrem Ruine — aber die ſloveniſchen Abgeordneten
werden dadurch nicht gerührt, ihnen geht es ja
gut! Die Verſorgung der landwirtſchaftlichen Ar-
beiter, die Regulierung der Beamtengehalte —
alles ſteht ſtill! Sloveniſche Hetzgeiſtliche aber, die
[Spaltenumbruch] unter der Leitung des Biſchofes Napotnik ſtehen
(ſtürmiſche Pfuirufe), verhetzen obendrein das ver-
armende Volk. In ihrem Munde nimmt ſich das
Wort Gottes ſo aus wie ein Stück Weißbrot im
Rüſſel einer Sau! (Stürmiſcher Beifall. Der
Redner wiederholt dies ſloveniſch. Neuer Beifall.)
Redner fordert zum Schluſſe die Bauern auf, ihre
Abgeordneten gewaltſam zur Vernunft zu bringen.
Stürmiſcher Beifall ertönte, als der Redner
geſchloſſen hatte.

Abg. Karl Pfrimer ſchilderte die Tätigkeit
des Landtages und jene der ſloveniſchen Obſtruktion.
Die Steuerhauptſumme beträgt in ganz Steiermark
ohne die Einkommenſteuer 14,663 000 K. Hievon
entfallen auf das Oberland 2,854.000 K. und auf
das Mittelland 3,522.000 K., das Unterland mit
Ausnahme der Städte Marburg (609.000 K.),
Cilli (354.000 K.) und Pettau (332.000 K.) zahlt
1,435.000 K., Graz 5.557.000 K. Genau genommen
zahlt das Unterland 19 Prozent von der Steuer
und die genannten Städte ausgenommen 10 Pro-
zent. Nichtsdeſtoweniger hat das Land nicht
500.000 K., ſondern 900.000 K. für das Unter-
land bewilligt, was nunmehr aber nicht ausbezahlt
werden kann. Für die ſteiriſchen Weinbauer wurden
200.000 K. augeſetzt, eine Summe von welcher das
Oberland gar nichts hat. Da nun durch die ſlo-
veniſche Obſtruktion auch dieſe Summe unſeren
Weinbauern nicht ausbezahlt werden kann, ſo
fehlt natürlich auch der gleiche Betrag, den die
Regierung widmen wollte. Der ländlichen Bevöl-
kerung wurden alſo durch die ſloveniſche Obſtruktion
allein in dieſem Falle 400.000 K. entzogen! (Ent-
rüſtung bei den Anweſenden.) Abg. Pfrimer wies
ſodann auf die Pößnitz- und die Drauregulierung.
auf die Unterſtützung für Zellnitz u. ſ. w. hin. In
allen dieſen Fällen konnte für die Bevölkerung
nichts getan werden, weil die ſloveniſchen Abge-
ordneten durch die Obſtruktion alles vereitelten.
Hiefür kann ſich die Bevölkerung bedanken bei den
Herren Ploj und Robitſch, die freilich auf keine
Fechſung anſtehen, ſowie bei dem Abg. Pfarrer
Zizkar und den drei windiſchen Aovokaten im
Landtage, die auch nicht verhungern, wenn der
Bauer zugrunde geht! (Stürmiſcher Beifall und
Entrüſtungsrufe.) Gibt es etwas empörenderes, als
wenn wir Abgeordnete in einer Sitzung wegen der
ſloveniſchen Obſtruktion 50mal Ja oder Nein ſagen
müſſen bei den frivolſten Abſtimmungen? Gibt es
etwas frivoleres, als den Umſtand, daß die ſloveni-
ſchen Abgeordneten Abſtimmungen provozieren über
die Frage, ob die Landeskanzleiauslagen um —
4 Kronen erhöht werden ſollen oder nicht? (Pfui-
rufe.) Redner charakteriſiert ſodann das Verlangen
nach einer windiſchen — Bürgerſchule in Lichten-
wald und ſchließt mit den Worten: Wie notwendig
die Slovenen die deutſche Sprache brauchen, das
beweiſen gerade die Agitatoren gegen das Deutſch-
tum ſelber, denn ſie ſchicken ihre Kinder zur
Ausbildung nach Deutſchland, während ſie dem
Bauer die Kenntnis der deutſchen Sprache ver-
wehren wollen! — Allſeitiger Beifall dankte dem
Redner für ſeine intereſſanten Ausführungen.

Es ſprachen hierauf noch die Herren Vidmar
und Muchitſch (Sozialdemokraten), die Abg.
Ornig und Stiger, Gemeindevorſteher Herr
Skoff aus St. Jakob W.-B., Beſitzer Herr
Kreßnig aus Kerſchbach bei Windiſch-Feiſtritz
und Herr Girſtmayr. (Wir tragen dieſe Reden
in der nächſten Nummer nach.) Zum Schluſſe der
Verſammlung wurde folgende Entſchließung
(deutſch und ſloveniſch) verleſen:

„Die heute bei Götz tagende Wählerverſamm-
lung, die uns dem ganzen Unterlande beſchickt iſt,
ſpricht den obſtruierenden ſloveniſchen Abge-
ordneten
hiemit ihre ſchärfſte Mißbilli-
gung
und Entrüſtung aus und erwartet, daß
bei dem neuerlichen Zuſammentritte des hohen
Landtages die Arbeiten desſelben umſoweniger ge-
ſtört werden, als die meiſten Vorlagen desſelben,
wie z. B. die Pößnitzregulierung, die Unter-
ſtützung der durch Elementarſchäden be-
troffenen Grundbeſitzer und die Bewilligung der
unverzinslichen Darlehen im Betrage von
400.000 K., gerade im erhöhten Maße im Intereſſe
des ſloveniſchen Volkes gelegen ſind. Aber
auch andere Vorlagen, wie z. B. die Regelung der
Beamtengehalte, ſowie die Entſchädigung der land-
ſchaftlichen Arbeiter und deren Alters- und
Invaliditätsverſorgung, ſind dringend,
die keinen Aufſchub mehr vertragen.“

Dieſe Entſchließung wurde einſtimmig
angenommen. Bei der Gegenprobe erhob ſich nicht
[Spaltenumbruch] eine Hand. (Die Sozialdemokraten hatten ſich der
Abſtimmung enthalten. Ihr Sprecher Herr Muchitſch
hatte erklärt, daß ſeine Partei wohl gegen die
ſloveniſche Obſtruktion ſei, daß ſie dies aber durch
eine Zuſtimmung zur Reſolution nicht aus-
ſprechen
wolle.)




Aus dem Gerichtsſaale.
(Ein Unglücksfall in Frauheim.)

Am 23. Oktober 1904 ging die Beſitzerin Joſefa
Černej in Frauheim zur Abendandacht und
übergab ihre Kinder der bei ihr wohnenden 61jähr.
Witwe Thereſia Šetor zur Beaufſichtigung. Dieſe
hatte auf den 2 Jahre alten Max Napaſt und
auf die etwas älteren Kinder Joſef und Franz
Wabič aufzupaſſen. Die Šetor war anfangs
draußen, und da ihr kalt wurde, ging ſie ins Haus.
Joſef Wabič ging mit ihr ins Haus, während Franz
Wabič und Max Napaſt draußen blieben. Bald
darauf hörte ſie, daß Franz Wabič draußen weint
und als ſie hinausging, ſagte der Knabe, daß Max
Napaſt ins Waſſer gefallen iſt. Als darauf
Thereſia Šetor den Max Napaſt ſuchte, fand ſie
ihn tot bei der Mühle des Franz Kranjc.
Napaſt kam damals, als ihn die Šetor nicht be-
aufſichtigte, zum Bache, fiel hinein und ertrank.
Die Šetor iſt deshalb vor dem Erkenntnisgerichte
angeklagt. Sie fühlt ſich unſchuldig, doch verweiſt
die Staatsanwaltſchaft darauf, daß das Kind des-
halb ertrank, weil die Thereſia Šetor bei deſſen
Beaufſichtigung die nötige Vorſicht fehlen ließ. Der
Bach iſt vom Hauſe nur 35 Schritte entfernt und
hätte die Beſchuldigte deshalb beſonders achtgeben
müſſen, daß das Kind dem Bache nicht zu nahe
komme. — Das Urteil kautete auf 14 Tage ſtren-
gen, mit 2 Faſten verſchärften Arreſt.

(Ein Weiberkampf im Marburger
Verſorgunghauſe.)

Unter der Anklage des
Verbrechens der ſchweren körperlichen Beſchädigung
ſtand am 17. d. M. die 71 Jahre (!) alte, in St.
Leonhard geborene, verwitwete Marburger Stadt-
arme Eliſabet Hans vor dem Erkenntnisgerichte.
Am 5. November d. J. gerieten Eliſabet Hans
und Joſefa Ferk, welche im ſtädt. Verſorgungs-
hauſe in Marburg untergebracht ſind, in einen
Streit, der zu Tätlichkeiten führte. Zuerſt ſtieß
die Joſefa Ferk die Hans zu einem Bette,
worauf dieſe die Joſefa Ferk derart wuchtig an
den Türpfoſten der Küche ſchleuderte, daß ſie zu
Boden fiel. Hiebei brach ſich Joſefa Ferk den
rechten Oberarmknochen. Die Hans iſt geſtän-
dig, gibt jedoch an, ſie habe nicht die Abſicht ge-
habt, die Ferk zu verletzen. Auf ihre alten Tage
muß die alte Dame nun „ins Loch“; ſie erhielt
nämlich für die gymnaſtiſchen Uebungen im Ver-
ſorgungshauſe ſechs Wochen ſchweren Kerker
mit einer Faſte alle 14 Tage.




Schaubühne.

Sonntag abends ging das bekannte Volksſtück
von Karl Coſta: „Bruder Martin“ über die
Bretter. Es iſt einfache, kräftige literariſche Haus-
mannskoſt mit der nötigen Doſis Ernſt und einer
etwas größeren von Humor, ſo daß alſo jedem
etwas geboten iſt. Die geſtrige Aufführung betonte
das Humoriſtiſche auf Koſten des Ernſten entſchieden
zu ſtark und verzog das Volkstümliche zum Poſſen-
haften. Weniger wäre da entſchieden mehr
und beſſer geweſen. Von den Darſtellern gebührt
das erſte Lob Herrn Joſef Richter, der den gut-
mütigen Schelm in der Mönchskutte in ſehr köſt-
licher und natürlicher Weiſe wiedergab. Herr
Frank und Frl. Jenſen ſtellten uns auch zu-
frieden, wenngleich es etwas ſtören mußte, daß ſie
Dialekt und Schriftſprache ſo oft durcheinander
mengten. Eine anſprechende Leiſtung war die
ſchlagfertige Schneiderin des Frl. Lina Demel,
während ihr Partner, Herr Jautz das Komiſche
zu ſtark auftrug. Daß er über ein hübſches Können
verfügt, haben wir nun ſchon ein paarmal und
gerne anerkannt; aber er kann nicht haushalten
und gibt mehr, als die Rolle von ihm verlangt,
nicht zugunſten derſelben. Sein Schneider-Lipperl
wurde zum Schluſſe unglaubhaft. Die epiſodiſchen
Rollen waren ſo ziemlich gut verteilt und wurden
auch im Großen und Ganzen paſſabel geſpielt.




[irrelevantes Material – 3 Zeilen fehlen]
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[5/0005] Nr. 153, 20. Dezember 1904. Marburger Zeitung Die Marburger Bauernverſammlung. Marburg, 18. Dezember. Das hieſige deutſch geſchriebene, pervakiſche Blatt des windiſchen Biſchofs Napotnik erklärte, daß alle Teilnehmer der bevorſtehenden Bauernver- ſammlung in Marburg Schnapsbutiker ſeien. Und es kamen über tauſend Verſammlungsbeſucher heute im Götz’ſchen Brauhausſaale zuſammen. Von nah und fern waren die Bauern zuſammengeſtrömt, unter dem Drucke der wirtſchaftlichen Not, jener Not, die durch die Obſtruktion der windiſchen Ab- geordneten gewaltig geſteigert wurde. Alle dieſe Bauern, die Gemeindevorſteher, die anweſenden deutſchen Abgeordneten und Bürger unſerer Stadt, die zur Verſammlung kamen, ſind nach der Er- klärung des biſchöflichen Blattes — Schnapsbrüder! Und warum? Weil der Bauer verzweifelt nach einer Beſſerung ſeiner Lage ringt, weil er die volkspreis- geberiſche Obſtruktion der pervakiſchen Landtagsab- geordneten, welche ihn gewiſſenlos um Haus und Hof bringt, nicht freudig begrüßt, ſondern mit der durch die Not gebotenen Entrüſtung verurteilt! Deswegen, weil ſich der Bauer nicht wie ein geduldiges Schlachttier abſchlachten läßt, nennt das biſchöfliche Organ die Bauern — Schnapsbrüder! Hat man ſchon je eine niederträchtigere Belei- digung unſeres Bauernſtandes geleſen; der im Schweiße ſeines Angeſichtes voller Mühſal und Beſchwerden ſich ſein täglich Brot verdienen muß?! Nur ein Klerikaler kann ſolchen Schimpf auf den Bauernſtand wälzen, ſo wie es auch ein Klerikaler war, der Dr. Lueger, welcher die Arbeiter Lumpen nannte! Das Blatt des Biſchofes Napotnik nennt die verzweifelt um ihr Daſein kämpfenden unter- ſteiriſchen Bauern Schnapsbrüder! Mögen die ſich das merken und die „hochwürdigen“ Agitatoren und die pervakiſch-klerikalen Blätter, welche den vor dem Ruine ſtehenden Bauer höhnend mit dem Schimpfworte „Schnapsbutiker“ belegen, aus den Gemarkungen ihrer Ortſchaften jagen! Die Verſammlung, die von Herrn Franz Girſtmayr einberufen war, war außerordentlich zahlreich beſucht. Was bei den Tiſchen nicht Platz fand, hörte ſtehend, dichtgedrängt den Ausführungen der Reder zu. Herr Girſtmayr eröffnete die Verſammlung. Herr Muchitſch (Sozialdemokrat) erbat ſich vor dem Eingehen in die Tagesordnung das Wort und erklärte namens einer Anzahl anweſender Marburger Sozialdemo- kraten, daß ſie die Obſtruktion der ſloveniſchen Ab- geordneten zwar ebenfalls verurteilen, daß ſie ſich aber an der Wahl des Vorſitzenden nicht beteiligen werden, weil ſie — „Andersnationale“ nicht „ver- letzen“ wollen. (Hier handelte es ſich wohl nicht um ein „andersnationales“ Volk, ſondern um einige pervakiſch-klerikale Abgeordnete; die anweſenden „andersnationalen“ Bauern verurteilten ja ebenſo wie die Sozialdemokraten die Obſtruktion; wo bleibt da die Logik?) Zum Vorſitzenden wurde Herr Abg. und Bürgermeiſter Stiger gewählt. Herr Girſtmayr ergriff nun das Wort und brandmarkte die per- vakiſchen Landtagsabgeordneten, die vom Elend der Bauern keine Ahnung haben und ſich darum auch nicht kümmern — ſie ſind ja gut verſorgt, die Herren Ploj und Robitſch haben es zu einem feſten Einkommen gebracht — denen tut das Elend der Bauern nicht weh! Der Landtag war bereit, zur Herſtellung der durch die Reblaus vernichteten Weinanlagen rund 2,000.000 K. zu gewähren, zwei Millionen, die faſt ausſchließlich dem Unterlande zugute kommen, wo die Slovenen wohnen. Durch die Obſtruktion der ſloveniſchen Abgeordneten wird die Zuwendung dieſer Millionen an die Bauern vereitelt. Das Geſetz über die Pößnitzregulierung iſt fertig, die deutſchen Landtags- abgeordneten wollen das Geld bewilligen — die ſloveniſchen Abgeordneten laſſen aber auch das nicht zu! Zweimal jährlich überſchwemmt die Pöß- nitz das ganze Tal; die Ernte und das Futter gehen zugrunde, Tierkrankheiten entſtehen, der Grund und Boden wird ungeheuer entwertet, die Bevölkerung verarmt — aber die ſloveniſchen Ab- geordneten haben kein Erbarmen mit dem Volke! In der Kolos ſind die Neuanlagen abgerutſcht und vernichtet, weinend ſtehen die Bauern vor ihrem Ruine — aber die ſloveniſchen Abgeordneten werden dadurch nicht gerührt, ihnen geht es ja gut! Die Verſorgung der landwirtſchaftlichen Ar- beiter, die Regulierung der Beamtengehalte — alles ſteht ſtill! Sloveniſche Hetzgeiſtliche aber, die unter der Leitung des Biſchofes Napotnik ſtehen (ſtürmiſche Pfuirufe), verhetzen obendrein das ver- armende Volk. In ihrem Munde nimmt ſich das Wort Gottes ſo aus wie ein Stück Weißbrot im Rüſſel einer Sau! (Stürmiſcher Beifall. Der Redner wiederholt dies ſloveniſch. Neuer Beifall.) Redner fordert zum Schluſſe die Bauern auf, ihre Abgeordneten gewaltſam zur Vernunft zu bringen. Stürmiſcher Beifall ertönte, als der Redner geſchloſſen hatte. Abg. Karl Pfrimer ſchilderte die Tätigkeit des Landtages und jene der ſloveniſchen Obſtruktion. Die Steuerhauptſumme beträgt in ganz Steiermark ohne die Einkommenſteuer 14,663 000 K. Hievon entfallen auf das Oberland 2,854.000 K. und auf das Mittelland 3,522.000 K., das Unterland mit Ausnahme der Städte Marburg (609.000 K.), Cilli (354.000 K.) und Pettau (332.000 K.) zahlt 1,435.000 K., Graz 5.557.000 K. Genau genommen zahlt das Unterland 19 Prozent von der Steuer und die genannten Städte ausgenommen 10 Pro- zent. Nichtsdeſtoweniger hat das Land nicht 500.000 K., ſondern 900.000 K. für das Unter- land bewilligt, was nunmehr aber nicht ausbezahlt werden kann. Für die ſteiriſchen Weinbauer wurden 200.000 K. augeſetzt, eine Summe von welcher das Oberland gar nichts hat. Da nun durch die ſlo- veniſche Obſtruktion auch dieſe Summe unſeren Weinbauern nicht ausbezahlt werden kann, ſo fehlt natürlich auch der gleiche Betrag, den die Regierung widmen wollte. Der ländlichen Bevöl- kerung wurden alſo durch die ſloveniſche Obſtruktion allein in dieſem Falle 400.000 K. entzogen! (Ent- rüſtung bei den Anweſenden.) Abg. Pfrimer wies ſodann auf die Pößnitz- und die Drauregulierung. auf die Unterſtützung für Zellnitz u. ſ. w. hin. In allen dieſen Fällen konnte für die Bevölkerung nichts getan werden, weil die ſloveniſchen Abge- ordneten durch die Obſtruktion alles vereitelten. Hiefür kann ſich die Bevölkerung bedanken bei den Herren Ploj und Robitſch, die freilich auf keine Fechſung anſtehen, ſowie bei dem Abg. Pfarrer Zizkar und den drei windiſchen Aovokaten im Landtage, die auch nicht verhungern, wenn der Bauer zugrunde geht! (Stürmiſcher Beifall und Entrüſtungsrufe.) Gibt es etwas empörenderes, als wenn wir Abgeordnete in einer Sitzung wegen der ſloveniſchen Obſtruktion 50mal Ja oder Nein ſagen müſſen bei den frivolſten Abſtimmungen? Gibt es etwas frivoleres, als den Umſtand, daß die ſloveni- ſchen Abgeordneten Abſtimmungen provozieren über die Frage, ob die Landeskanzleiauslagen um — 4 Kronen erhöht werden ſollen oder nicht? (Pfui- rufe.) Redner charakteriſiert ſodann das Verlangen nach einer windiſchen — Bürgerſchule in Lichten- wald und ſchließt mit den Worten: Wie notwendig die Slovenen die deutſche Sprache brauchen, das beweiſen gerade die Agitatoren gegen das Deutſch- tum ſelber, denn ſie ſchicken ihre Kinder zur Ausbildung nach Deutſchland, während ſie dem Bauer die Kenntnis der deutſchen Sprache ver- wehren wollen! — Allſeitiger Beifall dankte dem Redner für ſeine intereſſanten Ausführungen. Es ſprachen hierauf noch die Herren Vidmar und Muchitſch (Sozialdemokraten), die Abg. Ornig und Stiger, Gemeindevorſteher Herr Skoff aus St. Jakob W.-B., Beſitzer Herr Kreßnig aus Kerſchbach bei Windiſch-Feiſtritz und Herr Girſtmayr. (Wir tragen dieſe Reden in der nächſten Nummer nach.) Zum Schluſſe der Verſammlung wurde folgende Entſchließung (deutſch und ſloveniſch) verleſen: „Die heute bei Götz tagende Wählerverſamm- lung, die uns dem ganzen Unterlande beſchickt iſt, ſpricht den obſtruierenden ſloveniſchen Abge- ordneten hiemit ihre ſchärfſte Mißbilli- gung und Entrüſtung aus und erwartet, daß bei dem neuerlichen Zuſammentritte des hohen Landtages die Arbeiten desſelben umſoweniger ge- ſtört werden, als die meiſten Vorlagen desſelben, wie z. B. die Pößnitzregulierung, die Unter- ſtützung der durch Elementarſchäden be- troffenen Grundbeſitzer und die Bewilligung der unverzinslichen Darlehen im Betrage von 400.000 K., gerade im erhöhten Maße im Intereſſe des ſloveniſchen Volkes gelegen ſind. Aber auch andere Vorlagen, wie z. B. die Regelung der Beamtengehalte, ſowie die Entſchädigung der land- ſchaftlichen Arbeiter und deren Alters- und Invaliditätsverſorgung, ſind dringend, die keinen Aufſchub mehr vertragen.“ Dieſe Entſchließung wurde einſtimmig angenommen. Bei der Gegenprobe erhob ſich nicht eine Hand. (Die Sozialdemokraten hatten ſich der Abſtimmung enthalten. Ihr Sprecher Herr Muchitſch hatte erklärt, daß ſeine Partei wohl gegen die ſloveniſche Obſtruktion ſei, daß ſie dies aber durch eine Zuſtimmung zur Reſolution nicht aus- ſprechen wolle.) Aus dem Gerichtsſaale. (Ein Unglücksfall in Frauheim.) Am 23. Oktober 1904 ging die Beſitzerin Joſefa Černej in Frauheim zur Abendandacht und übergab ihre Kinder der bei ihr wohnenden 61jähr. Witwe Thereſia Šetor zur Beaufſichtigung. Dieſe hatte auf den 2 Jahre alten Max Napaſt und auf die etwas älteren Kinder Joſef und Franz Wabič aufzupaſſen. Die Šetor war anfangs draußen, und da ihr kalt wurde, ging ſie ins Haus. Joſef Wabič ging mit ihr ins Haus, während Franz Wabič und Max Napaſt draußen blieben. Bald darauf hörte ſie, daß Franz Wabič draußen weint und als ſie hinausging, ſagte der Knabe, daß Max Napaſt ins Waſſer gefallen iſt. Als darauf Thereſia Šetor den Max Napaſt ſuchte, fand ſie ihn tot bei der Mühle des Franz Kranjc. Napaſt kam damals, als ihn die Šetor nicht be- aufſichtigte, zum Bache, fiel hinein und ertrank. Die Šetor iſt deshalb vor dem Erkenntnisgerichte angeklagt. Sie fühlt ſich unſchuldig, doch verweiſt die Staatsanwaltſchaft darauf, daß das Kind des- halb ertrank, weil die Thereſia Šetor bei deſſen Beaufſichtigung die nötige Vorſicht fehlen ließ. Der Bach iſt vom Hauſe nur 35 Schritte entfernt und hätte die Beſchuldigte deshalb beſonders achtgeben müſſen, daß das Kind dem Bache nicht zu nahe komme. — Das Urteil kautete auf 14 Tage ſtren- gen, mit 2 Faſten verſchärften Arreſt. (Ein Weiberkampf im Marburger Verſorgunghauſe.) Unter der Anklage des Verbrechens der ſchweren körperlichen Beſchädigung ſtand am 17. d. M. die 71 Jahre (!) alte, in St. Leonhard geborene, verwitwete Marburger Stadt- arme Eliſabet Hans vor dem Erkenntnisgerichte. Am 5. November d. J. gerieten Eliſabet Hans und Joſefa Ferk, welche im ſtädt. Verſorgungs- hauſe in Marburg untergebracht ſind, in einen Streit, der zu Tätlichkeiten führte. Zuerſt ſtieß die Joſefa Ferk die Hans zu einem Bette, worauf dieſe die Joſefa Ferk derart wuchtig an den Türpfoſten der Küche ſchleuderte, daß ſie zu Boden fiel. Hiebei brach ſich Joſefa Ferk den rechten Oberarmknochen. Die Hans iſt geſtän- dig, gibt jedoch an, ſie habe nicht die Abſicht ge- habt, die Ferk zu verletzen. Auf ihre alten Tage muß die alte Dame nun „ins Loch“; ſie erhielt nämlich für die gymnaſtiſchen Uebungen im Ver- ſorgungshauſe ſechs Wochen ſchweren Kerker mit einer Faſte alle 14 Tage. Schaubühne. Sonntag abends ging das bekannte Volksſtück von Karl Coſta: „Bruder Martin“ über die Bretter. Es iſt einfache, kräftige literariſche Haus- mannskoſt mit der nötigen Doſis Ernſt und einer etwas größeren von Humor, ſo daß alſo jedem etwas geboten iſt. Die geſtrige Aufführung betonte das Humoriſtiſche auf Koſten des Ernſten entſchieden zu ſtark und verzog das Volkstümliche zum Poſſen- haften. Weniger wäre da entſchieden mehr und beſſer geweſen. Von den Darſtellern gebührt das erſte Lob Herrn Joſef Richter, der den gut- mütigen Schelm in der Mönchskutte in ſehr köſt- licher und natürlicher Weiſe wiedergab. Herr Frank und Frl. Jenſen ſtellten uns auch zu- frieden, wenngleich es etwas ſtören mußte, daß ſie Dialekt und Schriftſprache ſo oft durcheinander mengten. Eine anſprechende Leiſtung war die ſchlagfertige Schneiderin des Frl. Lina Demel, während ihr Partner, Herr Jautz das Komiſche zu ſtark auftrug. Daß er über ein hübſches Können verfügt, haben wir nun ſchon ein paarmal und gerne anerkannt; aber er kann nicht haushalten und gibt mehr, als die Rolle von ihm verlangt, nicht zugunſten derſelben. Sein Schneider-Lipperl wurde zum Schluſſe unglaubhaft. Die epiſodiſchen Rollen waren ſo ziemlich gut verteilt und wurden auch im Großen und Ganzen paſſabel geſpielt. l. n. ___

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Zitationshilfe: Marburger Zeitung. Nr. 153, Marburg, 20.12.1904, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_marburger153_1904/5>, abgerufen am 24.04.2024.