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[Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Diese höhere Seelenfähigkeit abgerechnet, fehlt es aber fast ganz an einem wesent-
lichen Kennzeichen den Menschen zu charakterisiren, und der Unterschied ist
nur geringe, der ihn in körperlicher Hinsicht von den Thieren trennt. Das
Verhältniß der Capacität des Schedels gegen die Gesichtsknochen, bietet eins der
unterscheidensten Merkmale, indem, in der größern Entwickelung der zum
Beißen bestimmten Kinnladen, sich der vorwaltende thierische Ausdruck beson-
ders charakterisirt.

Ein 2ter Unterschied beruht in der Abwesenheit des Intermaxillar-Knochens, wel-
cher dem Menschen fehlt. Göthe, welcher mit gleichem Genie alle Theile der Na-
turwissenschaft, wie der Kunst, umfaßt, hat sich früher mit diesem Gegenstande
beschäftigt. - Man hat jedoch gefunden, daß einigen Affen-Arten dieser Knochen
eben so wohl, als dem Menschen abgeht.

Nach Sömmering besteht eine bedeutende Verschiedenheit, nicht sowohl in der
größeren Masse des Gehirns, sondern in dem Verhältniß des Gehirns gegen die
Nerven. Doch finden auch hier Abweichungen statt, und Mekel hat bei dem Ne-
ger die Nerven des 5ten Paares beträchtlich dick gefunden, im Verhältniß gegen
das Gehirn.

Man hat in dem Eigenthum des Kinnes einen Vorzug des Menschen gesucht, man
hat die Anwesenheit des Hirnsandes angeführt, (der sich unter allen Thieren allein
beim Dammhirsch ebenfalls findet) man hat auch das Vortreten der Nase vor
dem Kinn, als charakteristisches Kennzeichen darstellen wollen. Diese zuletzt an-
geführte Bildung ist uns aber mit einigen Affen, zum Beispiel Simia rostratus, gemein, wenn

wir

chen haben.

Diese höhere Seelenfähigkeit abgerechnet, fehlt es aber fast ganz an einem wesent-
lichen Kennzeichen den Menschen zu charakterisiren, und der Unterschied ist
nur geringe, der ihn in körperlicher Hinsicht von den Thieren trennt. Das
Verhältniß der Capacität des Schedels gegen die Gesichtsknochen, bietet eins der
unterscheidensten Merkmale, indem, in der größern Entwickelung der zum
Beißen bestimmten Kinnladen, sich der vorwaltende thierische Ausdruck beson-
ders charakterisirt.

Ein 2ter Unterschied beruht in der Abwesenheit des Intermaxillar-Knochens, wel-
cher dem Menschen fehlt. Göthe, welcher mit gleichem Genie alle Theile der Na-
turwissenschaft, wie der Kunst, umfaßt, hat sich früher mit diesem Gegenstande
beschäftigt. – Man hat jedoch gefunden, daß einigen Affen-Arten dieser Knochen
eben so wohl, als dem Menschen abgeht.

Nach Sömmering besteht eine bedeutende Verschiedenheit, nicht sowohl in der
größeren Masse des Gehirns, sondern in dem Verhältniß des Gehirns gegen die
Nerven. Doch finden auch hier Abweichungen statt, und Mekel hat bei dem Ne-
ger die Nerven des 5ten Paares beträchtlich dick gefunden, im Verhältniß gegen
das Gehirn.

Man hat in dem Eigenthum des Kinnes einen Vorzug des Menschen gesucht, man
hat die Anwesenheit des Hirnsandes angeführt, (der sich unter allen Thieren allein
beim Dammhirsch ebenfalls findet) man hat auch das Vortreten der Nase vor
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Hamel, Jürgen u. Klaus Harro Tiemann (Hg.) (1993): Alexander von Humboldt: Über das Universum. Die Kosmosvorträge 1827/28 in der Berliner Singakademie. Frankfurt a. M.: Insel. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [Kohlrausch, Henriette]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1828]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 50v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/104>, abgerufen am 19.04.2024.