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[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Theile der Welt, wo dieses Thier- und Pflanzen-Leben fehlt, so
namentlich in Scandinavien, in Nordwestamerika und in der
Gegend vom Ausfluß des Orinoco bis zum Ausfluß des Amazo-
nenstroms. Hier fehlen aber überhaupt die Kalkgebirge und Ter-
tiärformation. Von Menschenknochen ist bisher nichts gefunden;
was man dafür ausgegeben hat ist als falsch befunden. So meinte
Scheuzer einen Urmenschen entdeckt zu haben über den er schrieb:
?
homo deluviaei testis, aber Cuvier zeigte, daß es ein gigantischer
Salamander gewesen. Bei Guadeloupe hat man eine Menge Sk[unleserliches Material]e-
lette gefunden, welche alle mit dem Kopf nach Westen gerichtet wa-
191.
ren: diese sind aber aus historischer Zeit (es ist ein großer Caraibenkaribischer Kirchhoff.)
denn sie finden sich in der Süßwasserschicht[unleserliches Material]e. Vor 3 Jahren meinte
man bei Paris einen Menschen gefunden zu haben mit Pferd, Helm
und Lanze, allein es ist eine Spur von Knochengewebe bei diesem
Foßilen Manne; man zeigte ihn in Frankreich, England u. Nord-
amerika, da die Besitz[e]er ihn theuer erkauft haben. Ich selbst gerieth
hierüber leider in einen Zeitungskrieg. Auch bei Costritz sind
Menschenknochen gefunden, nebst Hühner- [u.]und Hundeknochen, aber
auch sie sind aus neuerer Zeit. Wie die Knochen so gewaltiger
Thiere in enge Höhlen zusammengekommen sind, in die sie
lebend nicht einmal einzugehen vermochten hat Buckland in
Oxford nachgewiesen; eEr fand nemlich, daß sie benagt warnen
wie die Hiänen noch jetzt Knochen benagen; ja er fand sogar Hyänen-
eExcremente Foßil dabei. Die Hyänen schleppen gewöhnlich so
Knochen in Höhlen zusammen, weshalb man in Darfur die
Gräber mit großen Steinen zu bedecken pflegt. Es giebt auch
ein leichtes Mittel die ältern Knochen aus der Urzeit zu unter-

Theile der Welt, wo dieses Thier- und Pflanzen-Leben fehlt, so
namentlich in Scandinavien, in Nordwestamerika und in der
Gegend vom Ausfluß des Orinoco bis zum Ausfluß des Amazo-
nenstroms. Hier fehlen aber überhaupt die Kalkgebirge und Ter-
tiärformation. Von Menschenknochen ist bisher nichts gefunden;
was man dafür ausgegeben hat ist als falsch befunden. So meinte
Scheuzer einen Urmenschen entdeckt zu haben über den er schrieb:
?
homo deluviaei testis, aber Cuvier zeigte, daß es ein gigantischer
Salamander gewesen. Bei Guadeloupe hat man eine Menge Sk[unleserliches Material]e-
lette gefunden, welche alle mit dem Kopf nach Westen gerichtet wa-
191.
ren: diese sind aber aus historischer Zeit (es ist ein großer Caraïbenkaribischer Kirchhoff.)
denn sie finden sich in der Süßwasserschicht[unleserliches Material]e. Vor 3 Jahren meinte
man bei Paris einen Menschen gefunden zu haben mit Pferd, Helm
und Lanze, allein es ist eine Spur von Knochengewebe bei diesem
Foßilen Manne; man zeigte ihn in Frankreich, England u. Nord-
amerika, da die Besitz[e]er ihn theuer erkauft haben. Ich selbst gerieth
hierüber leider in einen Zeitungskrieg. Auch bei Costritz sind
Menschenknochen gefunden, nebst Hühner- [u.]und Hundeknochen, aber
auch sie sind aus neuerer Zeit. Wie die Knochen so gewaltiger
Thiere in enge Höhlen zusammengekommen sind, in die sie
lebend nicht einmal einzugehen vermochten hat Buckland in
Oxford nachgewiesen; eEr fand nemlich, daß sie benagt warnen
wie die Hiänen noch jetzt Knochen benagen; ja er fand sogar Hÿänen-
eExcremente Foßil dabei. Die Hÿänen schleppen gewöhnlich so
Knochen in Höhlen zusammen, weshalb man in Darfur die
Gräber mit großen Steinen zu bedecken pflegt. Es giebt auch
ein leichtes Mittel die ältern Knochen aus der Urzeit zu unter-

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[[188]/0194] Theile der Welt, wo dieses Thier- und Pflanzen-Leben fehlt, so namentlich in Scandinavien, in Nordwestamerika und in der Gegend vom Ausfluß des Orinoco bis zum Ausfluß des Amazo- nenstroms. Hier fehlen aber überhaupt die Kalkgebirge und Ter- tiärformation. Von Menschenknochen ist bisher nichts gefunden; was man dafür ausgegeben hat ist als falsch befunden. So meinte Scheuzer einen Urmenschen entdeckt zu haben über den er schrieb: homo deluviaei testis, aber Cuvier zeigte, daß es ein gigantischer Salamander gewesen. Bei Guadeloupe hat man eine Menge Sk_ e- lette gefunden, welche alle mit dem Kopf nach Westen gerichtet wa- ren: diese sind aber aus historischer Zeit (es ist ein großer Caraïbenkaribischer Kirchhoff.) denn sie finden sich in der Süßwasserschicht_ e. Vor 3 Jahren meinte man bei Paris einen Menschen gefunden zu haben mit Pferd, Helm und Lanze, allein es ist eine Spur von Knochengewebe bei diesem Foßilen Manne; man zeigte ihn in Frankreich, England u. Nord- amerika, da die Besitzeer ihn theuer erkauft haben. Ich selbst gerieth hierüber leider in einen Zeitungskrieg. Auch bei Costritz sind Menschenknochen gefunden, nebst Hühner- u.und Hundeknochen, aber auch sie sind aus neuerer Zeit. Wie die Knochen so gewaltiger Thiere in enge Höhlen zusammengekommen sind, in die sie lebend nicht einmal einzugehen vermochten hat Buckland in Oxford nachgewiesen; eEr fand nemlich, daß sie benagt warnen wie die Hiänen noch jetzt Knochen benagen; ja er fand sogar Hÿänen- eExcremente Foßil dabei. Die Hÿänen schleppen gewöhnlich so Knochen in Höhlen zusammen, weshalb man in Darfur die Gräber mit großen Steinen zu bedecken pflegt. Es giebt auch ein leichtes Mittel die ältern Knochen aus der Urzeit zu unter- ? 191.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [188]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/194>, abgerufen am 29.03.2024.