Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

abgerißenes Continent an.

Der Mensch.

Am weitesten verbreitet von allen höhern Organisationen ist
der Mensch, nicht wegen seiner verschiedenen Organisation, sondern
seiner Intelligenz wegen. Unter den hellern Racen findet sich
freilich eine größere Flexibilität; nur wenige Negerarten machen
eine Ausnahme. Doch diese Flexibilität die sich bei rohen Völkern
nicht findet, ist gewiß Folge einer höhern Willenskraft nicht
der physischen Anlagen des Menschen selbst. Die physische Natur
des Menschen ist fast nicht unterschieden von den anderen Säugthier-
formen. Seine Blutwärme ist nach John Davy eher kälter als
wärmer denn die andereer Thiere. Wunderbar ist, daß man in
der Blutwärme der Menschen die nur vegetabilische Stoffe ge-
nießen [u.]und der, die nur Fleischspeisen eßssen keinen Unterschied
findet. ([...]Man mißt die Blutwärme, indem man d[.]as Thermometer
unter der Zunge hält.) Vögel, namentlich Hühner [u.]und Tauben haben
das wärmste Blut. Die kaltblütigen Thiere haben immer noch
einige Temperatur gewöhnlich +3 oder 4° über die Temperatur des me-
diums
in dem sie sich aufhalten. Auch die Insekten haben eine
gewiße Wärme. Die kleinen Unterschiede welche man bei den
verschiedenen Menschenracen in Rücksicht auf die Blutwärme
findet, scheinen bloß Folge der Zone zu sein. Auch die Puls-
schläge sind dieselben bei den verschiedenen Racen [u.]und in den ver-
schiedenen Höhen. Die Flexibilität des Menschen zeigt sich recht
bei den Dampfbädern. Schon 1764 hat Tillet ein Mädchen 10 Minuten
in einem Ofen bei +105° R. eingesperrt, wo die Kartoffeln
siedeten, [u.]und es nahm keinen Schaden. Auch Capt: Fips ist aus

abgerißenes Continent an.

Der Mensch.

Am weitesten verbreitet von allen höhern Organisationen ist
der Mensch, nicht wegen seiner verschiedenen Organisation, sondern
seiner Intelligenz wegen. Unter den hellern Racen findet sich
freilich eine größere Flexibilität; nur wenige Negerarten machen
eine Ausnahme. Doch diese Flexibilität die sich bei rohen Völkern
nicht findet, ist gewiß Folge einer höhern Willenskraft nicht
der phÿsischen Anlagen des Menschen selbst. Die phÿsische Natur
des Menschen ist fast nicht unterschieden von den anderen Säugthier-
formen. Seine Blutwärme ist nach John Davÿ eher kälter als
wärmer denn die andereer Thiere. Wunderbar ist, daß man in
der Blutwärme der Menschen die nur vegetabilische Stoffe ge-
nießen [u.]und der, die nur Fleischspeisen eßssen keinen Unterschied
findet. ([…]Man mißt die Blutwärme, indem man d[.]as Thermometer
unter der Zunge hält.) Vögel, namentlich Hühner [u.]und Tauben haben
das wärmste Blut. Die kaltblütigen Thiere haben immer noch
einige Temperatur gewöhnlich +3 oder 4° über die Temperatur des me-
diums
in dem sie sich aufhalten. Auch die Insekten haben eine
gewiße Wärme. Die kleinen Unterschiede welche man bei den
verschiedenen Menschenracen in Rücksicht auf die Blutwärme
findet, scheinen bloß Folge der Zone zu sein. Auch die Puls-
schläge sind dieselben bei den verschiedenen Racen [u.]und in den ver-
schiedenen Höhen. Die Flexibilität des Menschen zeigt sich recht
bei den Dampfbädern. Schon 1764 hat Tillet ein Mädchen 10 Minuten
in einem Ofen bei +105° R. eingesperrt, wo die Kartoffeln
siedeten, [u.]und es nahm keinen Schaden. Auch Capt: Fips ist aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="59">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p><pb facs="#f0311" n="[305]"/>
abgerißenes Continent an.</p>
              </div><lb/>
              <div n="4">
                <head><hi rendition="#u">Der Mensch</hi>.</head><lb/>
                <p>Am weitesten verbreitet von allen höhern Organisationen ist<lb/>
der Mensch, nicht wegen seiner verschiedenen Organisation, sondern<lb/>
seiner Intelligenz wegen. Unter den hellern Racen findet sich<lb/>
freilich eine größere Flexibilität; nur wenige Negerarten machen<lb/>
eine Ausnahme. Doch diese Flexibilität die sich bei rohen Völkern<lb/>
nicht findet, ist gewiß Folge einer höhern Willenskraft nicht<lb/>
der phÿsisch<add place="intralinear">en</add> Anlagen des Menschen selbst. Die phÿsische Natur<lb/>
des Menschen ist fast nicht unterschieden von den anderen Säugthier-<lb/>
formen. Seine Blutwärme ist nach <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117626708 http://d-nb.info/gnd/117626708">John Davÿ</persName></hi> eher kälter als<lb/>
wärmer denn die ander<subst><del rendition="#ow">e</del><add place="across">er</add></subst> Thiere. Wunderbar ist, daß man in<lb/>
der Blutwärme der Menschen die nur vegetabilische Stoffe ge-<lb/>
nießen <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> der, die nur Fleischspeisen e<subst><del rendition="#ow">ß</del><add place="across">ss</add></subst>en keinen Unterschied<lb/>
findet. (<choice><sic>:</sic><corr resp="#BF"/></choice>Man mißt die Blutwärme, indem man d<subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">.</supplied></del><add place="across">as</add></subst> Thermometer<lb/>
unter der Zunge hält.) Vögel, namentlich Hühner <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> Tauben haben<lb/>
das wärmste Blut. Die kaltblütigen Thiere haben immer noch<lb/>
einige Temperatur gewöhnlich +3 oder 4° über die <choice><abbr>Temp:</abbr><expan resp="#BF">Temperatur</expan></choice> des <hi rendition="#aq">me-<lb/>
diums</hi> in dem sie sich aufhalten. Auch die Insekten haben eine<lb/>
gewiße Wärme. Die kleinen Unterschiede welche man bei den<lb/>
verschiedenen Menschenracen in Rücksicht auf die Blutwärme<lb/>
findet, scheinen bloß Folge der Zone zu sein. Auch die Puls-<lb/>
schläge sind dieselben bei den verschiedenen Racen <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> in den ver-<lb/>
schiedenen Höhen. Die Flexibilität des Menschen zeigt sich recht<lb/>
bei den Dampfbädern. Schon 1764 hat <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-14097847X http://d-nb.info/gnd/14097847X">Tillet</persName></hi> ein Mädchen 10 <choice><abbr>Min:</abbr><expan resp="#BF">Minuten</expan></choice><lb/>
in einem Ofen bei +105° <hi rendition="#aq">R</hi>. eingesperrt, wo die Kartoffeln<lb/>
siedeten, <subst><del rendition="#ow"><supplied resp="#BF">u.</supplied></del><add place="across">und</add></subst> es nahm keinen Schaden. Auch <hi rendition="#aq">Capt: <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117610097 http://d-nb.info/gnd/117610097">Fips</persName></hi> ist aus<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[305]/0311] abgerißenes Continent an. Der Mensch. Am weitesten verbreitet von allen höhern Organisationen ist der Mensch, nicht wegen seiner verschiedenen Organisation, sondern seiner Intelligenz wegen. Unter den hellern Racen findet sich freilich eine größere Flexibilität; nur wenige Negerarten machen eine Ausnahme. Doch diese Flexibilität die sich bei rohen Völkern nicht findet, ist gewiß Folge einer höhern Willenskraft nicht der phÿsischen Anlagen des Menschen selbst. Die phÿsische Natur des Menschen ist fast nicht unterschieden von den anderen Säugthier- formen. Seine Blutwärme ist nach John Davÿ eher kälter als wärmer denn die andereer Thiere. Wunderbar ist, daß man in der Blutwärme der Menschen die nur vegetabilische Stoffe ge- nießen u.und der, die nur Fleischspeisen eßssen keinen Unterschied findet. (Man mißt die Blutwärme, indem man d.as Thermometer unter der Zunge hält.) Vögel, namentlich Hühner u.und Tauben haben das wärmste Blut. Die kaltblütigen Thiere haben immer noch einige Temperatur gewöhnlich +3 oder 4° über die Temp: des me- diums in dem sie sich aufhalten. Auch die Insekten haben eine gewiße Wärme. Die kleinen Unterschiede welche man bei den verschiedenen Menschenracen in Rücksicht auf die Blutwärme findet, scheinen bloß Folge der Zone zu sein. Auch die Puls- schläge sind dieselben bei den verschiedenen Racen u.und in den ver- schiedenen Höhen. Die Flexibilität des Menschen zeigt sich recht bei den Dampfbädern. Schon 1764 hat Tillet ein Mädchen 10 Min: in einem Ofen bei +105° R. eingesperrt, wo die Kartoffeln siedeten, u.und es nahm keinen Schaden. Auch Capt: Fips ist aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription in Anonym (Hg.): Alexander von Humboldts Vorlesungen über physikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. Berlin, 1934. anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Kustoden: nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/311
Zitationshilfe: [N. N.]: Alexander von Humboldts Vorlesungen über phÿsikalische Geographie nebst Prolegomenen über die Stellung der Gestirne. Berlin im Winter von 1827 bis 1828. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. [305]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2345_1827/311>, abgerufen am 28.03.2024.