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Der bey Dreßden auf dem Dorffe Prießnitz grausam-verübte Nacht-Mord. [s. l.], 1693.

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in die Mistpfütze/ und fühlet sich mit schreyen und ruffen
darinnen so lange herumb/ biß es endlich Lärmen wird,
worauff sich denn die Mörder mit ihrer gestohlen Beu-
te/ welches sich ohne andere Sachen auff ein ziemlichs
baar Geld belaufft/ mit der Flucht falviret.

Wer aber die Mörder gewesen sind/ weiß man
noch zur Zeit nicht/ vermuhtlich aber mögen sie ge-
naue Kundschafft von des Mannes Zustand und Ver-
mögen gehabt haben/ und wie die Frau aussaget/
hätten sie graue Röcke getragen/ dieses mag wohl seyn/
alleine bey der Nacht sind alle Katzen grau oder schwartz.
Die Frau lässet sich an ihren empfangenen Wunden
wieder curiren/ und hoffet man/ daß es eben keine son-
derliche Lebens-Gefahr mit ihr habe. Die entsprunge-
nen Mörder aber werden schon zu rechter Zeit ihren
verdienten Lohn empfangen/ ob sie gleich jetzo noch
nicht offenbahr sind/ so bleibet gewißlich nach dem
alten Sprichwort nichts so klein gesponnen/ es kömmt
an die helle Sonn; Dergleichen Exempel könte man so
wohl aus denen alten als neuen Geschichten zur Gnüge
anführen/ wie nehmlich der nagende Gewissens-Wurm
solche boßhafftige und Sinnlose Mörder so lange und
dermassen gequälet/ daß sie ihre That selbsten offen-
bahret. Jch erinnere mich hierbey einer sonderlichen
Geschicht eines Mörders/ die sich vor weniger Zeit in ei-
nem gewissen Ampte des Thüringischen Kreyses mit
demselben zugetragen: Als es ward auff eine Zeit von
denen Fischern ein entleibter Cörper in der Unstrut ge-
funden/ da anfänglich diesen wegen einiger Verwesung
niemand erkennen können/ so lange biß es kundbar wor-
den/ daß sich ein Schüler verlohren/ welcher selbiger
Gegend auff einer Schule frequentiret/ und aber nie-
mand anders gewust/ daß er in sein Patriam gereiset/ da

man

in die Miſtpfütze/ und fühlet ſich mit ſchreyen und ruffen
darinnen ſo lange herumb/ biß es endlich Lärmen wird,
worauff ſich denn die Mörder mit ihrer geſtohlen Beu-
te/ welches ſich ohne andere Sachen auff ein ziemlichs
baar Geld belaufft/ mit der Flucht falviret.

Wer aber die Mörder geweſen ſind/ weiß man
noch zur Zeit nicht/ vermuhtlich aber mögen ſie ge-
naue Kundſchafft von des Mannes Zuſtand und Ver-
mögen gehabt haben/ und wie die Frau ausſaget/
hätten ſie graue Röcke getragen/ dieſes mag wohl ſeyn/
alleine bey der Nacht ſind alle Katzen grau oder ſchwartz.
Die Frau läſſet ſich an ihren empfangenen Wunden
wieder curiren/ und hoffet man/ daß es eben keine ſon-
derliche Lebens-Gefahr mit ihr habe. Die entſprunge-
nen Mörder aber werden ſchon zu rechter Zeit ihren
verdienten Lohn empfangen/ ob ſie gleich jetzo noch
nicht offenbahr ſind/ ſo bleibet gewißlich nach dem
alten Sprichwort nichts ſo klein geſponnen/ es kömmt
an die helle Sonn; Dergleichen Exempel könte man ſo
wohl aus denen alten als neuen Geſchichten zur Gnüge
anführen/ wie nehmlich der nagende Gewiſſens-Wurm
ſolche boßhafftige und Sinnloſe Mörder ſo lange und
dermaſſen gequälet/ daß ſie ihre That ſelbſten offen-
bahret. Jch erinnere mich hierbey einer ſonderlichen
Geſchicht eines Mörders/ die ſich vor weniger Zeit in ei-
nem gewiſſen Ampte des Thüringiſchen Kreyſes mit
demſelben zugetragen: Als es ward auff eine Zeit von
denen Fiſchern ein entleibter Cörper in der Unſtrut ge-
funden/ da anfänglich dieſen wegen einiger Verweſung
niemand erkennen können/ ſo lange biß es kundbar wor-
den/ daß ſich ein Schüler verlohren/ welcher ſelbiger
Gegend auff einer Schule frequentiret/ und aber nie-
mand anders gewuſt/ daß er in ſein Patriam gereiſet/ da

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Zitationshilfe: Der bey Dreßden auf dem Dorffe Prießnitz grausam-verübte Nacht-Mord. [s. l.], 1693, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nachtmord_1693/3>, abgerufen am 25.04.2024.