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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 289. Köln, Freitag, den 4. Mai 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W.Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W.Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. - Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. - Nur frankirte Briefe werden angenommen. - Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro.17.

Heute Morgen ist ein Extrablatt ausgegeben und so viel als thunlich versandt worden.

Uebersicht

Deutschland Köln. (Der rheinische Städtetag). Berlin. (Die Thaten "Meines herrlichen Kriegsheeres." - Klatsch. - Preußisches Cirkular an die deutschen Regierungen). Breslau. (Die Demokratie). Neiße. (Truppen nach Oderberg und Myslowitz). Hamburg. (Hochverrath). Wien. (Vermischtes). Schleswig-Holstein. (Der Verrath. - Vom Kriegsschauplatz.). Baireuth (Freisprechungen). Frankf[unleserliches Material] (Nationalversammlung. - Volksversammlungen).

Französische Republik. Paris. (Der Bericht über die Ausgaben der provisorischen Regierung. - Vermischtes. - Nat.-Vers.)

Italin. Turin. (Romarino. - Die lombardische Legion). Rom. (Centralausschuß sämmtlicher Clubs. - Avezzana). Florenz. (Protest gegen das Einrücken der Oestreicher in die Lunigiana). Venedig. (Oestreichische Kriegsschiffe auf der Rhede).

Großbritannien. London. (Parlament. - Fliegende Brücken von Kautschuk).

Dänemark. Kopenhagen. (Aus dem Reichstage).

Deutschland.
* Köln, 3. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
120 Berlin, 1. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Berlin, 1. Mai.

Herr Manteuffel hat seine letzte große Enthüllungsrede sogleich drucken und in 50,000 Exemplaren verbreiten lassen. Er muß dies neueste Erzeugniß seiner Muse demgemäß für ganz vortrefflich und ausgezeichnet halten. Aber wir fürchten, der Zweck des Verfassers, durch diese Enthüllungen einen heilsamen Schrecken gegen die Revolution und alle ihre Anhänger über das ganze Volk zu verbreiten, wird ihm nicht gelingen. Ernstere, ältere Menschen werden sich beim Durchlesen der Rede an die Räuber- und Rittergeschichten ihrer Jugend erinnern und von Herzen bedauern, daß sich Hr. Manteuffel nicht der Schriftstellerei ergeben hat, da er bei seinem Talent wohl die Aussicht hatte, mit Spieß und Cramer der Dritte im Bunde zu sein.

Denselben Stempel der tiefsten Lächerlichkeit trägt auch das Aktenstück, welches noch zuletzt dem schweren Haupt des Ministeriums entsprang, auch gerüstet, wie Pallas Athene, mit Schild und Speer - gegen die arme Paulskirche. Das Schicksal meint es gut mit den erbkaiserlichen Demokraten mit Ludwig Simon etc., es erspart ihnen die schwere Strafe, ihr Werk in Wirklichkeit gesetzt zu erblicken. Die Frankfurter Puppenkomödie hatte nun schon zwei Akte gespielt, der Vorhang war gefallen. Es geht aber diesem schönen und erbaulichen Spiel vom aufgefundenen und wieder verlornen Kaiser der Teutschen, wie dem Peter im Frack, trotz der allgemeinen sehr bemerklichen Mißbilligung - er wird fortgegeben.

In die Berliner Standrechtszeitungen sind offizielle Berichtigungen eingeschickt worden, welche die lithographirten Correspondenzen in ihren Berichten über die Berliner Ereignisse der letzten Tage für Lügen erklären. Außerdem enthalten dieselben noch einige Expektorationen, welche wir übergehen. 1) Es soll Lüge sein, daß Abgeordnete Ausweisungsbefehle erhalten haben. Die Abg. Zimbal und Matthäni haben dieselben erhalten und werden es bezeugen. - 2) In Betreff der zweiten "Lüge" haben wir Folgendes beizutragen: Die von uns genannten Personen werden, wie wir meinen, stets bereit sein, die Wahrheit zu bezeugen. Während die Constabler am Sonnabend-Mittag ohne Ursache auf das wehrlose Volk einhieben, befanden sich unter Andern Grabow, Merckel und Goertz-Wrisberg im Bureau der zweiten Kammer und sahen diesen Scenen vom Fenster aus zu. Grabow war besonders empört, daß man einen einzelnen Mann, der friedlich über den Platz ging, niederhieb. Goertz sah, wie ein Constableroffizier die Bestialität seiner eigenen Leute zu zügeln suchte. Merckel endlich eilte selbst auf den Flur des Kammergebäudes, wo sich ebenfalls Constabler befanden, und machte seinem Unwillen Luft. Kosch befand sich eben daselbst. Beide erhielten aber nach der gewöhnlichen Rohheit dieser Herren nur Grobheiten zur Antwort, obgleich Merckel noch als Quästor im Amte war.

Das sind unsere Zeugen! Auf wessen Seite ist die Lüge?

Es scheint, die unglückliche November-Illusion: "wir müssen sehen, was die Provinzen thun!" während diese rufen: "wir müssen auf Berlin warten!" eine Illusion, die nur der Deckmantel der Feigheit, spuckt wieder hier herum. Wir sind dagegen fest überzeugt, daß Berlin zuerst dem Unwillen und Zorn, der das ganze Land über eine so schmähliche Herrschaft durchzuckt, Luft machen muß, soll nicht die ganze Bewegung, wie im November, in einzelnen Cravallen ihr Ende finden.

Auch in Potsdam ist es sehr unruhig. In dieser als monarchisch-conservativ berüchtigten Stadt, welche ihre Erwerbsquellen besonders im Hof und im Militär hat, ist die demokratische Partei die herrschende geworden. Es besteht dort ein Bürgerwehr-Club von ansehnlicher numerischer Stärke und großem Einfluß, dessen Gesinnung durchaus radikal erscheint. Alle Sonnabend hält er eine große Sitzung, in welcher auch Berliner Demokraten, in der letzten Zeit selbst Abgeordnete gesprochen haben. Nach der Auflösung der Kammern erhielt der Abg. D'Ester eine Petition aus Potsdam und Nowaweß um Aufhebung des Belagerungszustandes von mehreren Tausend Bürgern und Einwohnern unterzeichnet.

Es charakterisirt die Zustände der letzten Tage, daß die Offiziere des "herrlichen Kriegsheeres" ihrer innern Rohheit wieder ohne Rücksicht Luft machen. Alle Augenblicke werden Civilisten von ihnen insultirt und dadurch dem Soldaten wundervolle Beispiele zur strengen Nachahmung gegeben. So wurden auch die ersten Excesse der Herren Militär's auf dem Dönhofsplatz mittelbar durch ein Paar Lieutenants veranlaßt. Zwei dieser unserer liebenswürdigen Tyrannen wollten die Canaille belehren, daß die Kammer ganz mit Recht aufgelöst sei und erhielten demnächst einige reglementsmäßige Prügel als Honorar. Der so gekränkten Ehre mußten Opfer fallen und so kam es zu den bekannten unglücklichen Ereignissen.

Noch immer blicken wir nach den Ufern der Donau, wo, zu unserer Schande müssen wir es gestehen, unsere Sache besser und tapferer, als wir es vielleicht vermöchten, ausgefochten wird. In den Ministerialkreisen sollen die magyarischen Siege große Sorge erregt haben, so daß man ernstlich daran denkt, dem sieg- und ehrenreichen Oestreich ein Corps von 50,000 Mann zu Hülfe zu schicken. Jedenfalls würde man in dieser Angelegenheit einem etwaigen Wunsch der Centralgewalt schleunigst nachkommen.

Der gestrige Tag mit seiner trüben regnerischen Stimmung, war der Partei, welche Ruhe und Ordnung a tout prix will, sehr günstig. Der feine Regen ist für sie vortheilhafter, als der Besitz der Bataillone und Geschütze. Die Constabler sind jetzt angewiesen worden, immer zu Dreien zu patrouilliren, um auf diese Weise jeden Auflauf schon im Entstehen zu unterdrücken. Demungeachtet aber und trotz des unangenehmen Wetters, sammelten sich auf dem Dönhofsplatz wieder mehrere Gruppen, welche sich besonders über die Nachrichten vom Auslande unterhielten. Die eigentliche Aufregung zog sich aber mehr in die Königsstadt und es ist daher auch dieser Tag nicht vergangen, ohne daß der Versuch gemacht wurde, Barrikaden zu bauen, und ohne daß in den Straßen Berlins Gewehrfeuer gehört worden wäre. In der Waßmannsstraße, eine Querstraße zwischen der Frankfurter- und Landsbergerstraße baute man Barrikaden und es ist vom Volk auf die Soldaten geschossen worden, von dieser Seite aber keine Salve gegeben. Zu einem ernstlichen Zusammenstoß ist es jedenfalls nicht gekommen. Uebrigens ist gerade dieser Theil Berlins der vierte größere Wahlbezirk, bekannt durch seine demokratische und revolutionäre Gesinnung und hat in der Märznacht am tapfersten gekämpft. Wir erinnern nur an das Gefecht in der großen Frankfurterstraße und an die große bis zuletzt gehaltene Barrikade am Alexanderplatz. Es ist also erfreulich, daß die Bewegung sich hier zu konzentriren scheint.

Wir müssen übrigens bemerken, daß in dem Benehmen der bewaffneten Macht leider eine sehr kluge Aenderung eingetreten ist. Die Konstabler benehmen sich höflicher, und das Militär soll, wie wir hören, nicht mehr so rasch, sondern nur im äußersten Fall von der Schußwaffe Gebrauch machen. Freilich hatte sich sogar die "Constitutionelle" gegen die Anwendung derselben am Freitag und Sonnabend empört gezeigt.

Einem zweiten Bericht über die Ereignisse von gestern Abend entnehmen wir folgendes, wodurch dieselben doch bedeutender erscheinen, als wir meinten. Abends um 9 Uhr sammelten sich am Landsberger Thor zahlreiche Gruppen, welche mehr und mehr anwuchsen und in vielfachen Zusammenstößen mit Konstablern, welche wie gewöhnlich geprügelt wurden, sich Luft machten. Es wurde eine Barrikade in der Waßmannsstraße gebaut und eine rothe Fahne darauf gesteckt. Der Vorsteher des 4. Wahlbezirks aber, Herr Schildknecht, bewog die Menge, auseinander zu gehen. An 40 Personen aus dem Volke wurden verhaftet. Manche waren sogar bewaffnet. Ein Webermeister wurde, als das Militär das Volk zurückdrängte, mit einem Bajonett durchstochen und ist in Folge dessen in der Nacht gestorben.

Berlin, 1. Mai.

Die unterm 28. April an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt, Wirklichen Geheimrath Camphausen ergangene Eröffnung ist durch die Königlichen Gesandtschaften mittelst des nachfolgenden

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 289. Köln, Freitag, den 4. Mai 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W.Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W.Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro.17.

Heute Morgen ist ein Extrablatt ausgegeben und so viel als thunlich versandt worden.

Uebersicht

Deutschland Köln. (Der rheinische Städtetag). Berlin. (Die Thaten „Meines herrlichen Kriegsheeres.“ ‒ Klatsch. ‒ Preußisches Cirkular an die deutschen Regierungen). Breslau. (Die Demokratie). Neiße. (Truppen nach Oderberg und Myslowitz). Hamburg. (Hochverrath). Wien. (Vermischtes). Schleswig-Holstein. (Der Verrath. ‒ Vom Kriegsschauplatz.). Baireuth (Freisprechungen). Frankf[unleserliches Material] (Nationalversammlung. ‒ Volksversammlungen).

Französische Republik. Paris. (Der Bericht über die Ausgaben der provisorischen Regierung. ‒ Vermischtes. ‒ Nat.-Vers.)

Italin. Turin. (Romarino. ‒ Die lombardische Legion). Rom. (Centralausschuß sämmtlicher Clubs. ‒ Avezzana). Florenz. (Protest gegen das Einrücken der Oestreicher in die Lunigiana). Venedig. (Oestreichische Kriegsschiffe auf der Rhede).

Großbritannien. London. (Parlament. ‒ Fliegende Brücken von Kautschuk).

Dänemark. Kopenhagen. (Aus dem Reichstage).

Deutschland.
* Köln, 3. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
120 Berlin, 1. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Berlin, 1. Mai.

Herr Manteuffel hat seine letzte große Enthüllungsrede sogleich drucken und in 50,000 Exemplaren verbreiten lassen. Er muß dies neueste Erzeugniß seiner Muse demgemäß für ganz vortrefflich und ausgezeichnet halten. Aber wir fürchten, der Zweck des Verfassers, durch diese Enthüllungen einen heilsamen Schrecken gegen die Revolution und alle ihre Anhänger über das ganze Volk zu verbreiten, wird ihm nicht gelingen. Ernstere, ältere Menschen werden sich beim Durchlesen der Rede an die Räuber- und Rittergeschichten ihrer Jugend erinnern und von Herzen bedauern, daß sich Hr. Manteuffel nicht der Schriftstellerei ergeben hat, da er bei seinem Talent wohl die Aussicht hatte, mit Spieß und Cramer der Dritte im Bunde zu sein.

Denselben Stempel der tiefsten Lächerlichkeit trägt auch das Aktenstück, welches noch zuletzt dem schweren Haupt des Ministeriums entsprang, auch gerüstet, wie Pallas Athene, mit Schild und Speer ‒ gegen die arme Paulskirche. Das Schicksal meint es gut mit den erbkaiserlichen Demokraten mit Ludwig Simon etc., es erspart ihnen die schwere Strafe, ihr Werk in Wirklichkeit gesetzt zu erblicken. Die Frankfurter Puppenkomödie hatte nun schon zwei Akte gespielt, der Vorhang war gefallen. Es geht aber diesem schönen und erbaulichen Spiel vom aufgefundenen und wieder verlornen Kaiser der Teutschen, wie dem Peter im Frack, trotz der allgemeinen sehr bemerklichen Mißbilligung ‒ er wird fortgegeben.

In die Berliner Standrechtszeitungen sind offizielle Berichtigungen eingeschickt worden, welche die lithographirten Correspondenzen in ihren Berichten über die Berliner Ereignisse der letzten Tage für Lügen erklären. Außerdem enthalten dieselben noch einige Expektorationen, welche wir übergehen. 1) Es soll Lüge sein, daß Abgeordnete Ausweisungsbefehle erhalten haben. Die Abg. Zimbal und Matthäni haben dieselben erhalten und werden es bezeugen. ‒ 2) In Betreff der zweiten „Lüge“ haben wir Folgendes beizutragen: Die von uns genannten Personen werden, wie wir meinen, stets bereit sein, die Wahrheit zu bezeugen. Während die Constabler am Sonnabend-Mittag ohne Ursache auf das wehrlose Volk einhieben, befanden sich unter Andern Grabow, Merckel und Goertz-Wrisberg im Bureau der zweiten Kammer und sahen diesen Scenen vom Fenster aus zu. Grabow war besonders empört, daß man einen einzelnen Mann, der friedlich über den Platz ging, niederhieb. Goertz sah, wie ein Constableroffizier die Bestialität seiner eigenen Leute zu zügeln suchte. Merckel endlich eilte selbst auf den Flur des Kammergebäudes, wo sich ebenfalls Constabler befanden, und machte seinem Unwillen Luft. Kosch befand sich eben daselbst. Beide erhielten aber nach der gewöhnlichen Rohheit dieser Herren nur Grobheiten zur Antwort, obgleich Merckel noch als Quästor im Amte war.

Das sind unsere Zeugen! Auf wessen Seite ist die Lüge?

Es scheint, die unglückliche November-Illusion: „wir müssen sehen, was die Provinzen thun!“ während diese rufen: „wir müssen auf Berlin warten!“ eine Illusion, die nur der Deckmantel der Feigheit, spuckt wieder hier herum. Wir sind dagegen fest überzeugt, daß Berlin zuerst dem Unwillen und Zorn, der das ganze Land über eine so schmähliche Herrschaft durchzuckt, Luft machen muß, soll nicht die ganze Bewegung, wie im November, in einzelnen Cravallen ihr Ende finden.

Auch in Potsdam ist es sehr unruhig. In dieser als monarchisch-conservativ berüchtigten Stadt, welche ihre Erwerbsquellen besonders im Hof und im Militär hat, ist die demokratische Partei die herrschende geworden. Es besteht dort ein Bürgerwehr-Club von ansehnlicher numerischer Stärke und großem Einfluß, dessen Gesinnung durchaus radikal erscheint. Alle Sonnabend hält er eine große Sitzung, in welcher auch Berliner Demokraten, in der letzten Zeit selbst Abgeordnete gesprochen haben. Nach der Auflösung der Kammern erhielt der Abg. D'Ester eine Petition aus Potsdam und Nowaweß um Aufhebung des Belagerungszustandes von mehreren Tausend Bürgern und Einwohnern unterzeichnet.

Es charakterisirt die Zustände der letzten Tage, daß die Offiziere des „herrlichen Kriegsheeres“ ihrer innern Rohheit wieder ohne Rücksicht Luft machen. Alle Augenblicke werden Civilisten von ihnen insultirt und dadurch dem Soldaten wundervolle Beispiele zur strengen Nachahmung gegeben. So wurden auch die ersten Excesse der Herren Militär's auf dem Dönhofsplatz mittelbar durch ein Paar Lieutenants veranlaßt. Zwei dieser unserer liebenswürdigen Tyrannen wollten die Canaille belehren, daß die Kammer ganz mit Recht aufgelöst sei und erhielten demnächst einige reglementsmäßige Prügel als Honorar. Der so gekränkten Ehre mußten Opfer fallen und so kam es zu den bekannten unglücklichen Ereignissen.

Noch immer blicken wir nach den Ufern der Donau, wo, zu unserer Schande müssen wir es gestehen, unsere Sache besser und tapferer, als wir es vielleicht vermöchten, ausgefochten wird. In den Ministerialkreisen sollen die magyarischen Siege große Sorge erregt haben, so daß man ernstlich daran denkt, dem sieg- und ehrenreichen Oestreich ein Corps von 50,000 Mann zu Hülfe zu schicken. Jedenfalls würde man in dieser Angelegenheit einem etwaigen Wunsch der Centralgewalt schleunigst nachkommen.

Der gestrige Tag mit seiner trüben regnerischen Stimmung, war der Partei, welche Ruhe und Ordnung à tout prix will, sehr günstig. Der feine Regen ist für sie vortheilhafter, als der Besitz der Bataillone und Geschütze. Die Constabler sind jetzt angewiesen worden, immer zu Dreien zu patrouilliren, um auf diese Weise jeden Auflauf schon im Entstehen zu unterdrücken. Demungeachtet aber und trotz des unangenehmen Wetters, sammelten sich auf dem Dönhofsplatz wieder mehrere Gruppen, welche sich besonders über die Nachrichten vom Auslande unterhielten. Die eigentliche Aufregung zog sich aber mehr in die Königsstadt und es ist daher auch dieser Tag nicht vergangen, ohne daß der Versuch gemacht wurde, Barrikaden zu bauen, und ohne daß in den Straßen Berlins Gewehrfeuer gehört worden wäre. In der Waßmannsstraße, eine Querstraße zwischen der Frankfurter- und Landsbergerstraße baute man Barrikaden und es ist vom Volk auf die Soldaten geschossen worden, von dieser Seite aber keine Salve gegeben. Zu einem ernstlichen Zusammenstoß ist es jedenfalls nicht gekommen. Uebrigens ist gerade dieser Theil Berlins der vierte größere Wahlbezirk, bekannt durch seine demokratische und revolutionäre Gesinnung und hat in der Märznacht am tapfersten gekämpft. Wir erinnern nur an das Gefecht in der großen Frankfurterstraße und an die große bis zuletzt gehaltene Barrikade am Alexanderplatz. Es ist also erfreulich, daß die Bewegung sich hier zu konzentriren scheint.

Wir müssen übrigens bemerken, daß in dem Benehmen der bewaffneten Macht leider eine sehr kluge Aenderung eingetreten ist. Die Konstabler benehmen sich höflicher, und das Militär soll, wie wir hören, nicht mehr so rasch, sondern nur im äußersten Fall von der Schußwaffe Gebrauch machen. Freilich hatte sich sogar die „Constitutionelle“ gegen die Anwendung derselben am Freitag und Sonnabend empört gezeigt.

Einem zweiten Bericht über die Ereignisse von gestern Abend entnehmen wir folgendes, wodurch dieselben doch bedeutender erscheinen, als wir meinten. Abends um 9 Uhr sammelten sich am Landsberger Thor zahlreiche Gruppen, welche mehr und mehr anwuchsen und in vielfachen Zusammenstößen mit Konstablern, welche wie gewöhnlich geprügelt wurden, sich Luft machten. Es wurde eine Barrikade in der Waßmannsstraße gebaut und eine rothe Fahne darauf gesteckt. Der Vorsteher des 4. Wahlbezirks aber, Herr Schildknecht, bewog die Menge, auseinander zu gehen. An 40 Personen aus dem Volke wurden verhaftet. Manche waren sogar bewaffnet. Ein Webermeister wurde, als das Militär das Volk zurückdrängte, mit einem Bajonett durchstochen und ist in Folge dessen in der Nacht gestorben.

Berlin, 1. Mai.

Die unterm 28. April an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt, Wirklichen Geheimrath Camphausen ergangene Eröffnung ist durch die Königlichen Gesandtschaften mittelst des nachfolgenden

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          <p>Der gestrige Tag mit seiner trüben regnerischen Stimmung, war der Partei, welche Ruhe und Ordnung à tout prix will, sehr günstig. Der feine Regen ist für sie vortheilhafter, als der Besitz der Bataillone und Geschütze. Die Constabler sind jetzt angewiesen worden, immer zu Dreien zu patrouilliren, um auf diese Weise jeden Auflauf schon im Entstehen zu unterdrücken. Demungeachtet aber und trotz des unangenehmen Wetters, sammelten sich auf dem Dönhofsplatz wieder mehrere Gruppen, welche sich besonders über die Nachrichten vom Auslande unterhielten. Die eigentliche Aufregung zog sich aber mehr in die Königsstadt und es ist daher auch dieser Tag nicht vergangen, ohne daß der Versuch gemacht wurde, Barrikaden zu bauen, und ohne daß in den Straßen Berlins Gewehrfeuer gehört worden wäre. In der Waßmannsstraße, eine Querstraße zwischen der Frankfurter- und Landsbergerstraße baute man Barrikaden und es ist vom Volk auf die Soldaten geschossen worden, von dieser Seite aber keine Salve gegeben. Zu einem ernstlichen Zusammenstoß ist es jedenfalls <hi rendition="#g">nicht</hi> gekommen. Uebrigens ist gerade dieser Theil Berlins der vierte größere Wahlbezirk, bekannt durch seine demokratische und revolutionäre Gesinnung und hat in der Märznacht am tapfersten gekämpft. Wir erinnern nur an das Gefecht in der großen Frankfurterstraße und an die große bis zuletzt gehaltene Barrikade am Alexanderplatz. Es ist also erfreulich, daß die Bewegung sich hier zu konzentriren scheint.</p>
          <p>Wir müssen übrigens bemerken, daß in dem Benehmen der bewaffneten Macht leider eine sehr kluge Aenderung eingetreten ist. Die Konstabler benehmen sich höflicher, und das Militär soll, wie wir hören, nicht mehr so rasch, sondern nur im äußersten Fall von der Schußwaffe Gebrauch machen. Freilich hatte sich sogar die &#x201E;Constitutionelle&#x201C; gegen die Anwendung derselben am Freitag und Sonnabend empört gezeigt.</p>
          <p>Einem zweiten Bericht über die Ereignisse von gestern Abend entnehmen wir folgendes, wodurch dieselben doch bedeutender erscheinen, als wir meinten. Abends um 9 Uhr sammelten sich am Landsberger Thor zahlreiche Gruppen, welche mehr und mehr anwuchsen und in vielfachen Zusammenstößen mit Konstablern, welche wie gewöhnlich geprügelt wurden, sich Luft machten. Es wurde eine Barrikade in der Waßmannsstraße gebaut und eine rothe Fahne darauf gesteckt. Der Vorsteher des 4. Wahlbezirks aber, Herr Schildknecht, bewog die Menge, auseinander zu gehen. An 40 Personen aus dem Volke wurden verhaftet. Manche waren sogar bewaffnet. Ein Webermeister wurde, als das Militär das Volk zurückdrängte, mit einem Bajonett durchstochen und ist in Folge dessen in der Nacht gestorben.</p>
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          <head>Berlin, 1. Mai.</head>
          <p>Die unterm 28. April an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt, Wirklichen Geheimrath Camphausen ergangene Eröffnung ist durch die Königlichen Gesandtschaften mittelst des nachfolgenden
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[1635/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 289. Köln, Freitag, den 4. Mai 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W.Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W.Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Hovas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro.17. Heute Morgen ist ein Extrablatt ausgegeben und so viel als thunlich versandt worden. Uebersicht Deutschland Köln. (Der rheinische Städtetag). Berlin. (Die Thaten „Meines herrlichen Kriegsheeres.“ ‒ Klatsch. ‒ Preußisches Cirkular an die deutschen Regierungen). Breslau. (Die Demokratie). Neiße. (Truppen nach Oderberg und Myslowitz). Hamburg. (Hochverrath). Wien. (Vermischtes). Schleswig-Holstein. (Der Verrath. ‒ Vom Kriegsschauplatz.). Baireuth (Freisprechungen). Frankf_ (Nationalversammlung. ‒ Volksversammlungen). Französische Republik. Paris. (Der Bericht über die Ausgaben der provisorischen Regierung. ‒ Vermischtes. ‒ Nat.-Vers.) Italin. Turin. (Romarino. ‒ Die lombardische Legion). Rom. (Centralausschuß sämmtlicher Clubs. ‒ Avezzana). Florenz. (Protest gegen das Einrücken der Oestreicher in die Lunigiana). Venedig. (Oestreichische Kriegsschiffe auf der Rhede). Großbritannien. London. (Parlament. ‒ Fliegende Brücken von Kautschuk). Dänemark. Kopenhagen. (Aus dem Reichstage). Deutschland. * Köln, 3. Mai. _ 120 Berlin, 1. Mai. _ * Berlin, 1. Mai. Herr Manteuffel hat seine letzte große Enthüllungsrede sogleich drucken und in 50,000 Exemplaren verbreiten lassen. Er muß dies neueste Erzeugniß seiner Muse demgemäß für ganz vortrefflich und ausgezeichnet halten. Aber wir fürchten, der Zweck des Verfassers, durch diese Enthüllungen einen heilsamen Schrecken gegen die Revolution und alle ihre Anhänger über das ganze Volk zu verbreiten, wird ihm nicht gelingen. Ernstere, ältere Menschen werden sich beim Durchlesen der Rede an die Räuber- und Rittergeschichten ihrer Jugend erinnern und von Herzen bedauern, daß sich Hr. Manteuffel nicht der Schriftstellerei ergeben hat, da er bei seinem Talent wohl die Aussicht hatte, mit Spieß und Cramer der Dritte im Bunde zu sein. Denselben Stempel der tiefsten Lächerlichkeit trägt auch das Aktenstück, welches noch zuletzt dem schweren Haupt des Ministeriums entsprang, auch gerüstet, wie Pallas Athene, mit Schild und Speer ‒ gegen die arme Paulskirche. Das Schicksal meint es gut mit den erbkaiserlichen Demokraten mit Ludwig Simon etc., es erspart ihnen die schwere Strafe, ihr Werk in Wirklichkeit gesetzt zu erblicken. Die Frankfurter Puppenkomödie hatte nun schon zwei Akte gespielt, der Vorhang war gefallen. Es geht aber diesem schönen und erbaulichen Spiel vom aufgefundenen und wieder verlornen Kaiser der Teutschen, wie dem Peter im Frack, trotz der allgemeinen sehr bemerklichen Mißbilligung ‒ er wird fortgegeben. In die Berliner Standrechtszeitungen sind offizielle Berichtigungen eingeschickt worden, welche die lithographirten Correspondenzen in ihren Berichten über die Berliner Ereignisse der letzten Tage für Lügen erklären. Außerdem enthalten dieselben noch einige Expektorationen, welche wir übergehen. 1) Es soll Lüge sein, daß Abgeordnete Ausweisungsbefehle erhalten haben. Die Abg. Zimbal und Matthäni haben dieselben erhalten und werden es bezeugen. ‒ 2) In Betreff der zweiten „Lüge“ haben wir Folgendes beizutragen: Die von uns genannten Personen werden, wie wir meinen, stets bereit sein, die Wahrheit zu bezeugen. Während die Constabler am Sonnabend-Mittag ohne Ursache auf das wehrlose Volk einhieben, befanden sich unter Andern Grabow, Merckel und Goertz-Wrisberg im Bureau der zweiten Kammer und sahen diesen Scenen vom Fenster aus zu. Grabow war besonders empört, daß man einen einzelnen Mann, der friedlich über den Platz ging, niederhieb. Goertz sah, wie ein Constableroffizier die Bestialität seiner eigenen Leute zu zügeln suchte. Merckel endlich eilte selbst auf den Flur des Kammergebäudes, wo sich ebenfalls Constabler befanden, und machte seinem Unwillen Luft. Kosch befand sich eben daselbst. Beide erhielten aber nach der gewöhnlichen Rohheit dieser Herren nur Grobheiten zur Antwort, obgleich Merckel noch als Quästor im Amte war. Das sind unsere Zeugen! Auf wessen Seite ist die Lüge? Es scheint, die unglückliche November-Illusion: „wir müssen sehen, was die Provinzen thun!“ während diese rufen: „wir müssen auf Berlin warten!“ eine Illusion, die nur der Deckmantel der Feigheit, spuckt wieder hier herum. Wir sind dagegen fest überzeugt, daß Berlin zuerst dem Unwillen und Zorn, der das ganze Land über eine so schmähliche Herrschaft durchzuckt, Luft machen muß, soll nicht die ganze Bewegung, wie im November, in einzelnen Cravallen ihr Ende finden. Auch in Potsdam ist es sehr unruhig. In dieser als monarchisch-conservativ berüchtigten Stadt, welche ihre Erwerbsquellen besonders im Hof und im Militär hat, ist die demokratische Partei die herrschende geworden. Es besteht dort ein Bürgerwehr-Club von ansehnlicher numerischer Stärke und großem Einfluß, dessen Gesinnung durchaus radikal erscheint. Alle Sonnabend hält er eine große Sitzung, in welcher auch Berliner Demokraten, in der letzten Zeit selbst Abgeordnete gesprochen haben. Nach der Auflösung der Kammern erhielt der Abg. D'Ester eine Petition aus Potsdam und Nowaweß um Aufhebung des Belagerungszustandes von mehreren Tausend Bürgern und Einwohnern unterzeichnet. Es charakterisirt die Zustände der letzten Tage, daß die Offiziere des „herrlichen Kriegsheeres“ ihrer innern Rohheit wieder ohne Rücksicht Luft machen. Alle Augenblicke werden Civilisten von ihnen insultirt und dadurch dem Soldaten wundervolle Beispiele zur strengen Nachahmung gegeben. So wurden auch die ersten Excesse der Herren Militär's auf dem Dönhofsplatz mittelbar durch ein Paar Lieutenants veranlaßt. Zwei dieser unserer liebenswürdigen Tyrannen wollten die Canaille belehren, daß die Kammer ganz mit Recht aufgelöst sei und erhielten demnächst einige reglementsmäßige Prügel als Honorar. Der so gekränkten Ehre mußten Opfer fallen und so kam es zu den bekannten unglücklichen Ereignissen. Noch immer blicken wir nach den Ufern der Donau, wo, zu unserer Schande müssen wir es gestehen, unsere Sache besser und tapferer, als wir es vielleicht vermöchten, ausgefochten wird. In den Ministerialkreisen sollen die magyarischen Siege große Sorge erregt haben, so daß man ernstlich daran denkt, dem sieg- und ehrenreichen Oestreich ein Corps von 50,000 Mann zu Hülfe zu schicken. Jedenfalls würde man in dieser Angelegenheit einem etwaigen Wunsch der Centralgewalt schleunigst nachkommen. Der gestrige Tag mit seiner trüben regnerischen Stimmung, war der Partei, welche Ruhe und Ordnung à tout prix will, sehr günstig. Der feine Regen ist für sie vortheilhafter, als der Besitz der Bataillone und Geschütze. Die Constabler sind jetzt angewiesen worden, immer zu Dreien zu patrouilliren, um auf diese Weise jeden Auflauf schon im Entstehen zu unterdrücken. Demungeachtet aber und trotz des unangenehmen Wetters, sammelten sich auf dem Dönhofsplatz wieder mehrere Gruppen, welche sich besonders über die Nachrichten vom Auslande unterhielten. Die eigentliche Aufregung zog sich aber mehr in die Königsstadt und es ist daher auch dieser Tag nicht vergangen, ohne daß der Versuch gemacht wurde, Barrikaden zu bauen, und ohne daß in den Straßen Berlins Gewehrfeuer gehört worden wäre. In der Waßmannsstraße, eine Querstraße zwischen der Frankfurter- und Landsbergerstraße baute man Barrikaden und es ist vom Volk auf die Soldaten geschossen worden, von dieser Seite aber keine Salve gegeben. Zu einem ernstlichen Zusammenstoß ist es jedenfalls nicht gekommen. Uebrigens ist gerade dieser Theil Berlins der vierte größere Wahlbezirk, bekannt durch seine demokratische und revolutionäre Gesinnung und hat in der Märznacht am tapfersten gekämpft. Wir erinnern nur an das Gefecht in der großen Frankfurterstraße und an die große bis zuletzt gehaltene Barrikade am Alexanderplatz. Es ist also erfreulich, daß die Bewegung sich hier zu konzentriren scheint. Wir müssen übrigens bemerken, daß in dem Benehmen der bewaffneten Macht leider eine sehr kluge Aenderung eingetreten ist. Die Konstabler benehmen sich höflicher, und das Militär soll, wie wir hören, nicht mehr so rasch, sondern nur im äußersten Fall von der Schußwaffe Gebrauch machen. Freilich hatte sich sogar die „Constitutionelle“ gegen die Anwendung derselben am Freitag und Sonnabend empört gezeigt. Einem zweiten Bericht über die Ereignisse von gestern Abend entnehmen wir folgendes, wodurch dieselben doch bedeutender erscheinen, als wir meinten. Abends um 9 Uhr sammelten sich am Landsberger Thor zahlreiche Gruppen, welche mehr und mehr anwuchsen und in vielfachen Zusammenstößen mit Konstablern, welche wie gewöhnlich geprügelt wurden, sich Luft machten. Es wurde eine Barrikade in der Waßmannsstraße gebaut und eine rothe Fahne darauf gesteckt. Der Vorsteher des 4. Wahlbezirks aber, Herr Schildknecht, bewog die Menge, auseinander zu gehen. An 40 Personen aus dem Volke wurden verhaftet. Manche waren sogar bewaffnet. Ein Webermeister wurde, als das Militär das Volk zurückdrängte, mit einem Bajonett durchstochen und ist in Folge dessen in der Nacht gestorben. Berlin, 1. Mai. Die unterm 28. April an den Königlichen Bevollmächtigten bei der provisorischen Centralgewalt, Wirklichen Geheimrath Camphausen ergangene Eröffnung ist durch die Königlichen Gesandtschaften mittelst des nachfolgenden

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849, S. 1635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz289_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.