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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 83. Leipzig (Sachsen), 27. Juli 1854.

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[Beginn Spaltensatz] sie für sich und ihren Sohn den nöthigen Lebensun-
terhalt zu schaffen vermöchte. Es wurde ihr recht
schwer, weil sie einen schwächlichen Körper hatte, zu-
gleich aber auch an ihr Kind gebunden war, welches
sie ohne Besorgniß nicht verlassen konnte. Ein Glück
war es für sie, daß sie in ihrer Jugend das Nähen
gelernt hatte, denn nun konnte sie doch wenigstens für
die Knechte und Mägde des Dorfes Hemden fertigen
und für die Bauern die defect gewordene Wäsche aus-
bessern, was ihr soviel einbrachte, daß sie dürftig le-
ben und die Miethe für ihr elendes Wohnstübchen be-
zahlen konnte. Bei ihrem zufriedenen Sinne dankte
sie Gott auch für das Wenige, was sie erwarb und
freute sich nur, daß ihr Karl immer kräftiger empor-
wuchs. "Jch will mich schon sputen!" sprach sie oft
zu sich selbst und dachte dabei: "Gott hat geholfen,
Gott hilft; Gott wird auch weiter helfen!"

Durch die Näherei war Frau Wirker mit allen
Bewohnern des Dorfs in nähere Verbindung getreten.
Man hatte die sorgende, arme Mutter schätzen und lie-
ben gelernt, daher sie, wenn sie Arbeit brachte, nicht
nur sofort Bezahlung, sondern meist auch irgend eine
kleine Zugabe an Brot, Eiern, Hülsenfrüchten u. dgl.
erhielt. Dies machte der thätigen Frau außerordent-
liche Lust zur Arbeit. Sie saß nicht selten die halben
Nächte hindurch an ihrem Tische und regierte die Na-
del mit täglich zunehmender Gewandtheit.

Bald hatte Frau Wirker einige Groschen erübrigt
und ihrer Sparbüchse anvertraut, ohne dabei ihren
Sohn und ihre Wirthschaft zu vergessen. Schon
lagen für sie und ihren Karl verschiedene Wäsche und
Kleidungsstücke da und fanden in einem Wandschranke
ihren Platz, den Frau Wirker sich in einer Auction
für wenige Groschen erstanden hatte.

Karl war so weit aufgewachsen, daß seine Mut-
ter ihn entweder in bekannte Häuser thun oder mit zu
den Bauern nehmen konnte, zu welchen sie nähen ging.
Sie hatte ihren Sohn übrigens gleich von jüngster
Kindheit an mit wahrer, verständiger Mutterliebe er-
zogen. Unarten ließ sie ihm wo möglich nicht zu und
von Reinlichkeit, Ordnung und Höflichkeit mußte er
auch zeitig einen Begriff bekommen. Das Wort:
"Spute dich, Karl!" hatte er oft schon hören müssen,
ohne als Knabe eigentlich recht einsehen zu können,
was damit gemeint war; aber soviel hatte er doch ge-
merkt, daß für ihn in den Worten ein gewisser An-
trieb zur rührigen Thätigkeit liegen sollte. Die Sprache
hatte sich bei Karl sehr bald gefunden, das Laufen
hatte ihm keine Noth gemacht; er war von Natur sehr
gutmüthig und freundlich, sah hübsch aus und wurde
darum bald der Liebling des ganzen Dorfs, dem so
mancherlei Gaben von freigebigen Bauern und ihren
Frauen zuflossen, da er ein so artiger kleiner Bube
war.

Karl hatte das vierte Jahr zurückgelegt. Die Ver-
hältnisse seiner Mutter besserten sich zusehends. Sie
wollte schon eine bessere Wohnung miethen, da klopfte
das Unglück, das seit dem Tode ihres Mannes nicht
wieder erschienen war, von neuem an die Thüre. Die
arme Frau Wirker bekam kranke Augen. Diese ent-
zündeten sich dermaßen, daß an eine Fortsetzung der
Näherei gar nicht zu denken war. Auch der wohl-
meinende Arzt widerrieth der Frau Wirker alle fernern
Beschäftigungen mit der Nadel. Das Augenleiden
wurde zwar nach und nach wieder beseitigt, aber es
fand sich sogleich wieder ein, sobald Frau Wirker die-
selben durch Nähereien nur einmal sehr anhaltend an-
strengte. Sie sah sich nun also wol genöthigt, dem
[Spaltenumbruch] Rathe des Arztes zu folgen und nur mit öftern Un-
terbrechungen sich mit der Nadel zu beschäftigen.

Recht schwer lag es der armen Frau auf dem
Herzen, daß sie sich nun wieder ihre Erwerbsmittel
entzogen sah. "Ach Gott", rief sie oft aus, "wie
gern möchte ich arbeiten, wie gern Brot verdienen,
wenn ich nur meine gesunden Augen ungehemmt ge-
brauchen könnte! O wie schön war es, als ich mir
die Bedürfnisse des Lebens auf eigene Hand verdienen
durfte!"

Durch die Unterbrechung der Arbeit ward Frau
Wirker von Jahr zu Jahr dem Mangel mehr und
mehr zugeführt. Jhr Karl war sechs Jahre, als sie
sich fast in dieselbe dürftige Lage versetzt sah, aus wel-
cher sie sich durch unablässige Thätigkeit seit dem Tode
ihres Mannes herausgearbeitet hatte. Gut war es
noch für sie, daß sie bei den Bauern in Folge ihrer
bewiesenen Gefälligkeit und Unermüdlichkeit in einer
gewissen Achtung stand, welche ihr auch in den dürf-
tigsten Verhältnissen nicht entzogen wurde. Dies war
die Veranlassung, daß die Dorfbewohner die arme
Frau in ihrem unverschuldeten Unglück öfter mit klei-
nen Gaben unterstützten, wenn sie auch nicht ver-
mochte, ihnen immer thätig beizustehen, da ihr Kör-
per einmal nicht zu den kräftigsten Naturen gehörte.

Am meisten nahm sich der Frau Wirker der Ge-
richtsschöppe Zillmer an, ein Mann, dem das Herz
auf dem rechten Flecke saß. Nicht genug, daß er sie
unterstützte und mit passenden Arbeiten versorgte und
daß er auf die rechte Erziehung des kleinen Karl ein
wachsames Auge hatte, nein, er fuhr die Frau auch
nach der Stadt zu berühmten Augenärzten, um ihr
Linderung zu verschaffen und zog seine Nachbarn auf
die Seite, indem er ihnen heimlich ins Ohr rief: " Ver-
geßt mir auch die gute, ehrliche Frau Wirker nicht!
Jhr habt geschlachtet, ihr habt gebacken, euch hat
Gott das Eure gesegnet; gedenkt ihrer mit mildthäti-
gem Herzen, denn sie leidet unschuldig!"

Sprach Zillmer mit Frau Wirker selbst, so suchte
er sie zu erheitern und zu ermuthigen und tröstete:
"Nur Geduld, liebe Frau, Gott verläßt seine Getreuen
nicht!" Dann horchte er die Frau aus, ob auch der
nöthigste Lebensunterhalt da war und merkte er einen
Mangel, so suchte er sofort Rath zu schaffen. Karl
schickte er mit seinen Kindern für sein Geld in die
Schule und in den Privatunterricht, wobei sich der
muntere Knabe in kurzer Zeit als ein begabter, fleißi-
ger Schüler erwies und die volle Zufriedenheit seines
Lehrers gewann.

Das Frühjahr war angebrochen. Karl hatte das
siebente Jahr vollendet; immer mehr entwickelte sich
sein Trieb zur Thätigkeit. Er war den Schülern sei-
nes Alters in den Schulkenntnissen schon ein gut Stück
voraus, daher manche Bauern fast mit einem gewissen
Ärger auf den gutmüthigen Jungen niederblickten, denn
sie meinten, es wäre besser, wenn ihre Söhne weiter
wären als der arme Karl, dem das Wissen und Kön-
nen in seiner Armuth doch zuletzt nichts nützen werde,
da er von seinen Kenntnissen und Geschicklichkeiten als
künftiger Holzhauer und Scheunendrescher doch keinen
Gebrauch machen könne. Ganz anders dachten Zill-
mer und einige seiner Nachbarn, die sich bisher der
guten Frau Wirker mit reger Theilnahme angenom-
men hatten. Sie ließen Karl mit dem Eintritte des
Frühjahrs, nachdem sie mit seiner Mutter gesprochen,
abwechselnd zu sich kommen und beschäftigten ihn in
ihren Wirthschaften mit allerhand kleinen Arbeiten,
wenn er aus der Schule heimgekehrt war. Er er-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] sie für sich und ihren Sohn den nöthigen Lebensun-
terhalt zu schaffen vermöchte. Es wurde ihr recht
schwer, weil sie einen schwächlichen Körper hatte, zu-
gleich aber auch an ihr Kind gebunden war, welches
sie ohne Besorgniß nicht verlassen konnte. Ein Glück
war es für sie, daß sie in ihrer Jugend das Nähen
gelernt hatte, denn nun konnte sie doch wenigstens für
die Knechte und Mägde des Dorfes Hemden fertigen
und für die Bauern die defect gewordene Wäsche aus-
bessern, was ihr soviel einbrachte, daß sie dürftig le-
ben und die Miethe für ihr elendes Wohnstübchen be-
zahlen konnte. Bei ihrem zufriedenen Sinne dankte
sie Gott auch für das Wenige, was sie erwarb und
freute sich nur, daß ihr Karl immer kräftiger empor-
wuchs. „Jch will mich schon sputen!“ sprach sie oft
zu sich selbst und dachte dabei: „Gott hat geholfen,
Gott hilft; Gott wird auch weiter helfen!“

Durch die Näherei war Frau Wirker mit allen
Bewohnern des Dorfs in nähere Verbindung getreten.
Man hatte die sorgende, arme Mutter schätzen und lie-
ben gelernt, daher sie, wenn sie Arbeit brachte, nicht
nur sofort Bezahlung, sondern meist auch irgend eine
kleine Zugabe an Brot, Eiern, Hülsenfrüchten u. dgl.
erhielt. Dies machte der thätigen Frau außerordent-
liche Lust zur Arbeit. Sie saß nicht selten die halben
Nächte hindurch an ihrem Tische und regierte die Na-
del mit täglich zunehmender Gewandtheit.

Bald hatte Frau Wirker einige Groschen erübrigt
und ihrer Sparbüchse anvertraut, ohne dabei ihren
Sohn und ihre Wirthschaft zu vergessen. Schon
lagen für sie und ihren Karl verschiedene Wäsche und
Kleidungsstücke da und fanden in einem Wandschranke
ihren Platz, den Frau Wirker sich in einer Auction
für wenige Groschen erstanden hatte.

Karl war so weit aufgewachsen, daß seine Mut-
ter ihn entweder in bekannte Häuser thun oder mit zu
den Bauern nehmen konnte, zu welchen sie nähen ging.
Sie hatte ihren Sohn übrigens gleich von jüngster
Kindheit an mit wahrer, verständiger Mutterliebe er-
zogen. Unarten ließ sie ihm wo möglich nicht zu und
von Reinlichkeit, Ordnung und Höflichkeit mußte er
auch zeitig einen Begriff bekommen. Das Wort:
„Spute dich, Karl!“ hatte er oft schon hören müssen,
ohne als Knabe eigentlich recht einsehen zu können,
was damit gemeint war; aber soviel hatte er doch ge-
merkt, daß für ihn in den Worten ein gewisser An-
trieb zur rührigen Thätigkeit liegen sollte. Die Sprache
hatte sich bei Karl sehr bald gefunden, das Laufen
hatte ihm keine Noth gemacht; er war von Natur sehr
gutmüthig und freundlich, sah hübsch aus und wurde
darum bald der Liebling des ganzen Dorfs, dem so
mancherlei Gaben von freigebigen Bauern und ihren
Frauen zuflossen, da er ein so artiger kleiner Bube
war.

Karl hatte das vierte Jahr zurückgelegt. Die Ver-
hältnisse seiner Mutter besserten sich zusehends. Sie
wollte schon eine bessere Wohnung miethen, da klopfte
das Unglück, das seit dem Tode ihres Mannes nicht
wieder erschienen war, von neuem an die Thüre. Die
arme Frau Wirker bekam kranke Augen. Diese ent-
zündeten sich dermaßen, daß an eine Fortsetzung der
Näherei gar nicht zu denken war. Auch der wohl-
meinende Arzt widerrieth der Frau Wirker alle fernern
Beschäftigungen mit der Nadel. Das Augenleiden
wurde zwar nach und nach wieder beseitigt, aber es
fand sich sogleich wieder ein, sobald Frau Wirker die-
selben durch Nähereien nur einmal sehr anhaltend an-
strengte. Sie sah sich nun also wol genöthigt, dem
[Spaltenumbruch] Rathe des Arztes zu folgen und nur mit öftern Un-
terbrechungen sich mit der Nadel zu beschäftigen.

Recht schwer lag es der armen Frau auf dem
Herzen, daß sie sich nun wieder ihre Erwerbsmittel
entzogen sah. „Ach Gott“, rief sie oft aus, „wie
gern möchte ich arbeiten, wie gern Brot verdienen,
wenn ich nur meine gesunden Augen ungehemmt ge-
brauchen könnte! O wie schön war es, als ich mir
die Bedürfnisse des Lebens auf eigene Hand verdienen
durfte!“

Durch die Unterbrechung der Arbeit ward Frau
Wirker von Jahr zu Jahr dem Mangel mehr und
mehr zugeführt. Jhr Karl war sechs Jahre, als sie
sich fast in dieselbe dürftige Lage versetzt sah, aus wel-
cher sie sich durch unablässige Thätigkeit seit dem Tode
ihres Mannes herausgearbeitet hatte. Gut war es
noch für sie, daß sie bei den Bauern in Folge ihrer
bewiesenen Gefälligkeit und Unermüdlichkeit in einer
gewissen Achtung stand, welche ihr auch in den dürf-
tigsten Verhältnissen nicht entzogen wurde. Dies war
die Veranlassung, daß die Dorfbewohner die arme
Frau in ihrem unverschuldeten Unglück öfter mit klei-
nen Gaben unterstützten, wenn sie auch nicht ver-
mochte, ihnen immer thätig beizustehen, da ihr Kör-
per einmal nicht zu den kräftigsten Naturen gehörte.

Am meisten nahm sich der Frau Wirker der Ge-
richtsschöppe Zillmer an, ein Mann, dem das Herz
auf dem rechten Flecke saß. Nicht genug, daß er sie
unterstützte und mit passenden Arbeiten versorgte und
daß er auf die rechte Erziehung des kleinen Karl ein
wachsames Auge hatte, nein, er fuhr die Frau auch
nach der Stadt zu berühmten Augenärzten, um ihr
Linderung zu verschaffen und zog seine Nachbarn auf
die Seite, indem er ihnen heimlich ins Ohr rief: „ Ver-
geßt mir auch die gute, ehrliche Frau Wirker nicht!
Jhr habt geschlachtet, ihr habt gebacken, euch hat
Gott das Eure gesegnet; gedenkt ihrer mit mildthäti-
gem Herzen, denn sie leidet unschuldig!“

Sprach Zillmer mit Frau Wirker selbst, so suchte
er sie zu erheitern und zu ermuthigen und tröstete:
„Nur Geduld, liebe Frau, Gott verläßt seine Getreuen
nicht!“ Dann horchte er die Frau aus, ob auch der
nöthigste Lebensunterhalt da war und merkte er einen
Mangel, so suchte er sofort Rath zu schaffen. Karl
schickte er mit seinen Kindern für sein Geld in die
Schule und in den Privatunterricht, wobei sich der
muntere Knabe in kurzer Zeit als ein begabter, fleißi-
ger Schüler erwies und die volle Zufriedenheit seines
Lehrers gewann.

Das Frühjahr war angebrochen. Karl hatte das
siebente Jahr vollendet; immer mehr entwickelte sich
sein Trieb zur Thätigkeit. Er war den Schülern sei-
nes Alters in den Schulkenntnissen schon ein gut Stück
voraus, daher manche Bauern fast mit einem gewissen
Ärger auf den gutmüthigen Jungen niederblickten, denn
sie meinten, es wäre besser, wenn ihre Söhne weiter
wären als der arme Karl, dem das Wissen und Kön-
nen in seiner Armuth doch zuletzt nichts nützen werde,
da er von seinen Kenntnissen und Geschicklichkeiten als
künftiger Holzhauer und Scheunendrescher doch keinen
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mer und einige seiner Nachbarn, die sich bisher der
guten Frau Wirker mit reger Theilnahme angenom-
men hatten. Sie ließen Karl mit dem Eintritte des
Frühjahrs, nachdem sie mit seiner Mutter gesprochen,
abwechselnd zu sich kommen und beschäftigten ihn in
ihren Wirthschaften mit allerhand kleinen Arbeiten,
wenn er aus der Schule heimgekehrt war. Er er-
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Sie hatte ihren Sohn übrigens gleich von jüngster Kindheit an mit wahrer, verständiger Mutterliebe er- zogen. Unarten ließ sie ihm wo möglich nicht zu und von Reinlichkeit, Ordnung und Höflichkeit mußte er auch zeitig einen Begriff bekommen. Das Wort: „Spute dich, Karl!“ hatte er oft schon hören müssen, ohne als Knabe eigentlich recht einsehen zu können, was damit gemeint war; aber soviel hatte er doch ge- merkt, daß für ihn in den Worten ein gewisser An- trieb zur rührigen Thätigkeit liegen sollte. Die Sprache hatte sich bei Karl sehr bald gefunden, das Laufen hatte ihm keine Noth gemacht; er war von Natur sehr gutmüthig und freundlich, sah hübsch aus und wurde darum bald der Liebling des ganzen Dorfs, dem so mancherlei Gaben von freigebigen Bauern und ihren Frauen zuflossen, da er ein so artiger kleiner Bube war. Karl hatte das vierte Jahr zurückgelegt. Die Ver- hältnisse seiner Mutter besserten sich zusehends. 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Nicht genug, daß er sie unterstützte und mit passenden Arbeiten versorgte und daß er auf die rechte Erziehung des kleinen Karl ein wachsames Auge hatte, nein, er fuhr die Frau auch nach der Stadt zu berühmten Augenärzten, um ihr Linderung zu verschaffen und zog seine Nachbarn auf die Seite, indem er ihnen heimlich ins Ohr rief: „ Ver- geßt mir auch die gute, ehrliche Frau Wirker nicht! Jhr habt geschlachtet, ihr habt gebacken, euch hat Gott das Eure gesegnet; gedenkt ihrer mit mildthäti- gem Herzen, denn sie leidet unschuldig!“ Sprach Zillmer mit Frau Wirker selbst, so suchte er sie zu erheitern und zu ermuthigen und tröstete: „Nur Geduld, liebe Frau, Gott verläßt seine Getreuen nicht!“ Dann horchte er die Frau aus, ob auch der nöthigste Lebensunterhalt da war und merkte er einen Mangel, so suchte er sofort Rath zu schaffen. Karl schickte er mit seinen Kindern für sein Geld in die Schule und in den Privatunterricht, wobei sich der muntere Knabe in kurzer Zeit als ein begabter, fleißi- ger Schüler erwies und die volle Zufriedenheit seines Lehrers gewann. Das Frühjahr war angebrochen. Karl hatte das siebente Jahr vollendet; immer mehr entwickelte sich sein Trieb zur Thätigkeit. Er war den Schülern sei- nes Alters in den Schulkenntnissen schon ein gut Stück voraus, daher manche Bauern fast mit einem gewissen Ärger auf den gutmüthigen Jungen niederblickten, denn sie meinten, es wäre besser, wenn ihre Söhne weiter wären als der arme Karl, dem das Wissen und Kön- nen in seiner Armuth doch zuletzt nichts nützen werde, da er von seinen Kenntnissen und Geschicklichkeiten als künftiger Holzhauer und Scheunendrescher doch keinen Gebrauch machen könne. Ganz anders dachten Zill- mer und einige seiner Nachbarn, die sich bisher der guten Frau Wirker mit reger Theilnahme angenom- men hatten. Sie ließen Karl mit dem Eintritte des Frühjahrs, nachdem sie mit seiner Mutter gesprochen, abwechselnd zu sich kommen und beschäftigten ihn in ihren Wirthschaften mit allerhand kleinen Arbeiten, wenn er aus der Schule heimgekehrt war. Er er-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




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URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig083_1854
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 83. Leipzig (Sachsen), 27. Juli 1854, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig083_1854/2>, abgerufen am 10.10.2024.