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Reichspost. Nr. 370, Wien, 12.08.1912.

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Wien, Montag Reichspost 11. August 1912 Nr. 370

[Spaltenumbruch] Stefaniespital. Stepanek ist am schlechtesten weggekom-
men. Er hat mehrfache Brüche des linken Unterschenkels,
wahrscheinlich einen Bruch des Schädelgrundes und
mehrere Wunden über dem linken Auge erlitten. Kuß
hat eine schwere Kontusion des Oberschenkels und einen
Nervenschock davongetragen. Wahrscheinlich ist auch eine
Gehirnerschütterung dazugetreten. Jüngling erlitt eine
Blutbeule an der Schläfe und eine Quetschung im Kreuz.
Der Chauffeur Klimberger kam mit einer drei Zenti-
meter langen Rißwunde am Kinn davon. Klimberger
wurde zum Kommissariat gebracht und dort einvernom-
men. Er behauptet, daß ein unglücklicher Zufall das Un-
glück verschuldet hat. Eine strenge Untersuchung ist ein-
geleitet.




Die Todesopfer von Bochum.
Das Begräbnis. -- Spenden aus Deutschland.
Die Zahl der Toten.


Die Stadt rüstet sich für die morgige Leichenfeier
der Opfer der furchtbaren Katastrophe auf der Zeche
"Lothringen". Die beiden Massengräber auf dem Kom-
munalfriedhof von Gehrte sind bereits ausgeschaufelt.
Die kirchlichen Funktionen wird für die
Katholiken der Bischof von Paderborn, für die
Protestanten der Generalsuperintendant Dr. Zöllner
aus Münster vornehmen.

Ueberaus zahlreich sind die Spenden, die aus
ganz Deutschland für die Witwen und Weisen der ums
Leben gekommenen Bergleute einlaufen. Die Höhe der
Spenden hat heute bereits die Summe von 85.000
Mark
erreicht und weitere große Spenden wurden
bereits angemeldet.

Was die Zahl der Opfer der Kata-
strophe anbelangt, so unterscheiden sich die offiziellen
Angaben noch immer von den privaten. Offiziell wird
die Gesamtzahl der Toten mit 110
angegeben.
Der Zustand von drei bis vier der
im Bergmannsheim darniederliegenden Schwerverletzten
ist ernst. Die Oesterreicher, die sich unter den
Toten und den Verletzten befinden, sind meist Polen.




Bluttaten der Sonntagnacht.
Eine todbringende Kartenpartie. -- Ein Husar
in den Kaisermühlen erstochen.

Sonntag nachts haben sich im Stadtgebiete zwei
Totschläge ereignet, einer nach einer Kartenpartie in
Ottakring und einer an einem Husaren im Prater. In
dem ersten Falle ist der Täter in Haft und geständig,
in dem zweiten bisher noch nicht ganz genügend auf-
geklärten Falle hat man den Täter noch nicht. Wir
erfahren über diese beiden Bluttaten folgende Einzel-
heiten:

Totschlag an einem Kiebitz.

Die Bluttat in Ottakring ist aus einem ganz
nichtigen Grunde geschehen. Im Gasthause Mader in
Ottakring, Sandleithengasse Nr. 32, saß seit Samstag
abend um 8 Uhr eine Kartenpartie beim Schnapsen.
Das Spiel ging um Bier. An der Partie nahmen
die Brüder Johann und Anton Weixelberger,
und Johann Winkler, Anstreichergehilfen, teil.
Getrunken wurde mäßig. Als Kiebitz saß an dem
Tische der 21jährige Pflastererhilfsarbeiter Franz
Bur, 16. Bezirk, Hasnerstraße Nr. 145 wohnhaft. Bur
nahm leidenschaftlich an den Vorgängen des Spieles
Anteil. Eben hatte um 11 Uhr nachts Anton Weixel-
berger eine Partie nahezu verloren. Da sagte er einen
falschen Zwanziger (König und Dame der gleichen
Couleur) an. Er hatte die Figuren nicht in der
Hand und tat es nur zum Scheine, was er auch
dadurch ausdrückte, daß er gleich danach die Karten
hinwarf und sich für geschlagen erklärte. Während es
ihm seine Partner nicht übel nahmen, geriet der Kiebitz
Bur in Zorn und sagte ganz im Ernste zu ihm: "Wenn
Du mir das tust, nimm ich das Literglas
und schlag Dir den Schädel ein!"

Es wurde weitergespielt und für den Augenblick
schien das Geplänkel erledigt. Bur hänselte den Anton
Weixelberger jun. weiter und hörte nicht auf mit
Stichelreden. Weixelberger sah auch, daß sich die kom-
menden Kameraden des Bur allmälig um den Tisch
gruppierten und bedrohlich nach ihm sahen. Ihm kam
die Sache etwas ungemütlich vor und nach zehn
Minuten stand er auf, entschlossen hinauszugehen. Sein
Bruder Johann blieb noch im Lokal. Anton rief nun
dem Bur zu: "So tu mir's gleich ...!" Da war
auch schon ein Handgemenge im Werden. Bur
und Weixelberger hoben die Hände gegeneinander
auf und warfen einander in den Sessel zurück.
Johann Weixelberger suchte die Gegner seines
Bruders zurückzuhalten. Anton lief auf die Straße.
Ihm folgten Bur, Winkler und Burs Kameraden.
Draußen zogen alle die Messer und im nächsten Augen-
blicke ging Bur auf Weixelberger los.
Anton versetzte ihm mit dem Messer einen Stich in die
linke Brustseite. Der Stich war furchtbar: 15 Zenti-
meter lang und klaffend. Stromweise floß das Blut
aus der Wunde. Einige Schritte konnte Bur noch
wanken, dann stürzte er tot zusammen. Anton
Weixelberger jun. war nach der Bluttat davongelaufen.
Die Freunde Burs verfolgten und mißhandelten ihn,
so daß er am Kopfe leicht verletzt wurde. Er lief in
die Sicherheitswachstube in der Odoakergasse und stellte
sich selbst. Anton Weixelberger jun. blieb in Haft und
wird dem Landesgerichte eingeliefert werden.

Der zweite Totschlag wurde heute nachts in den
Kaisermühlen an einem Husaren verübt. Ueber
[Spaltenumbruch] diesen Fall erfahren wir: Im Inundationsgebiet wird
zurzeit von Husaren des Husarenregiments Nr. 1 das
Gras für die Pferde des Regiments abgemäht. Zu
dieser Arbeit sind acht Husaren, die sich auf landwirt-
schaftliche Arbeit verstehen, kommandiert. Diese acht
Husaren übernachteten in einer Hütte im Inundations-
gebiet. Unter ihnen befand sich auch der 23jährige
Husar Paul Oposzky, ein Slovake. Er und der
Husar Peter Bobisch hatten gestern abend die Hütte
verlassen und sich durch das finstere Inundationsgebiet
unter die Kaisermühlen begeben, wo sie in zwei Gast-
häusern zechten. Gegen 11 Uhr machten sie sich auf
den Weg zur Hütte. Sie waren auf den Kaisermühlen-
damm gekommen, als sich an sie ein Mann anschloß, der
mit Oposzky zu sprechen hatte. Bobisch, der slovakisch
nicht versteht, hörte, wie sich die beiden slovakisch
unterhielten. Er ging einige Schritte vor und hörte,
wie das Gespräch lauter und schließlich zu einem
Wortwechsel wurde. Plötzlich hörte Bobisch, der gleich
seinem Kameraden ohne Seitenwaffe war, wie Oposzky
um Hilfe rief. Er wandte sich um und sah, wie der
Zivilist davonlief. Oposzky aber wankte weiter. Nun
lief der Husar Bobisch die immerhin beträchtliche
Strecke zu der Hütte, in der die Kameraden über-
nachteten, um Hilfe herbeizuholen. Als die Rettungs-
gesellschaft kam, war Oposzky bereits an Ver-
blutung gestorben. Er hatte zwei fürchterliche Wunden.
Die eine war etwa 1 Zentimeter breit in der Gegend
der rechten Niere, die zweite war eine hakenförmige
und die Muskeln durchtrennende, scharfrandige Wunde
in der Gegend des rechten Schulterblattes. Soweit
an Ort und Stelle bei der spärlichen Beleuchtung zu
erkennen war, sind die Wunden an und für
sich nicht unbedingt tödlich gewesen und nur die be-
sonderen Umstände des Falles haben es bewirkt, daß
der Tod durch Verblutung eingetreten ist; denn von
dem Momente des Ueberfalles bis zum Eintreffen der
ärztlichen Hilfe war infolge der Schwierigkeit der Ver-
ständigung immerhin eine Stunde verstrichen und der
Körper des Husaren war beinahe ganz ausgeblutet.

Aus welchem Grunde er den Totschlag begangen
hat, ist vorläufig noch ein Rätsel, da Bobisch, wie er-
wähnt, nicht hörte, wovon die beiden sprachen.




Die Kandidaten für den Kölner
Erzbischofssitz.


In eingeweihten hiesigen kirchlichen Kreisen werden
als Kandidaten für den durch den Tod Fischers er-
ledigten Kölner Erzbischofsitz folgende Namen genannt:
Weihbischof Müller, Dr. Kreuzwald (Köln), Pro-
fessor Mausbach (Münster), Bischof Dr. Schulte
(Paderborn).

Die durch das Kölner Domkapitel zu bewirkende
Aufstellung der Liste dürfte voraussichtlich Ende
nächster Woche erfolgen. Der König hat alsdann das
Recht, die Liste der Kandidaten bis auf drei Namen zu
streichen. Von diesen wählt das Domkapitel in Gegen-
wart des königlichen, nicht kaiserlichen Kommissärs
Freiherrn von Rheinbaben den Kölner Erzbischof.




Zugszusammenstoß auf der Ritten-
bahn.
Zwei Arbeiter getötet.


Auf der Rittenbahn stieß heute ein Arbeiterwagen
mit einem Wagen zusammen, auf dem sich einige
Arbeiter befanden. Zwei Arbeiter wurden ge-
tötet
und vier schwer verletzt.




Die Erdbebenkatastrophe in der
Türkei.

Den ersten Meldungen über das am Samstag er-
folgte Erdbeben im Gebiete des Marmarameeres, die
von keinerlei Zerstörungen und Schäden zu berichten
wußten, folgt jetzt eine Reihe von Nachrichten, aus der die
Größe und die verheerende Wirkung dieses Bebens mit
schrecklicher Deutlichkeit hervorgeht. Zahlreiche Städte
sind zerstört worden, Hunderte von Menschen fielen der
Katastrophe zum Opfer und der Schaden geht in die
Millionen.

1000 Tote. -- 3000 Verletzte.


Nach privaten Informationen sind durch das Erd-
beben 1000 Menschen ums Leben ge-
kommen und 3000 verletzt
worden. Gegen
5000 Personen sind obdachlos.

Es heißt, daß achtundzwanzig von Griechen be-
wohnte Städtchen und Dörfer vollkommen zerstört
worden seien. Der Konak von Adrianopel ist
stark beschädigt. Die Nebengebäude des Konaks und
das Gefängnis sind eingestürzt. Vier Soldaten wurden
unter den Trümmern begraben.

Brennende Städte.


Der "Lokalanzeiger berichtet zu der furchtbaren
Erdbebenkatastrophe, die in den Dardanellen und längs
der Küste des Marmarameeres große Verheerungen
anrichtete: Der Kapitän des Panzerschiffes "Barba-
rossa" erzählt, daß er und die Passagiere des Schiffes
Zeugen eines furchtbaren Schauspieles
gewesen sind. Die ganze Strecke längs der Darda-
[Spaltenumbruch] nellenküste
schien in Flammen zu stehen.
200 Personen aus Myriofilo beschworen den Lebens-
mitteldampfer "Marka" zu Hilfe zu eilen, doch war
dies unmöglich, denn das Wasser war an der Küste
wie kochend. Der Kapitän des Dampfers "Pelops" er-
zählt, daß alle Häuser in Gallipoli vernichtet wurden,
sie wurden vom Bergrücken herabgestürzt. Die
Bevölkerung befindet sich in großer Aufregung.
Das britische Konsulat wurde beschädigt, die griechische
Kirche zerstört. In einer Stadt an der Dardanellen-
küste sprudelten plötzlich heiße Quellen in
großem Umkreise hervor und verschwanden in
Erdspalten. Viele Häuser stürzten ein. Die Städte
Chora, Kerassia, Myriofilo und
Herklisa sahen wir von weitem brennen, wir
konnten nicht näher kommen, da das Wasser nahe der
Küste kochte.

Der Minister des Innern bestätigt, daß die Stadt
Myriofi und die Ortschaften Gano, Chora,
Phatanos, Kerasia, Milla
und Utch-
tuders
vollständig durch Feuersbrunst und Erd-
beben zerstört wurden. Zahlreiche Opfer an Menschen-
leben sind zu beklagen. In Adrianopel
wurden 20 Moscheen sowie mehrere Häuser
und Türme beschädigt. Doch sind Menschen nicht
ums Leben gekommen. In Luleburgas
wurden zwei Personen getötet. Die Thermalquellen bei
Dedeaghatsch sind versiegt. Der durch den Brand in
Tschorlu angerichtete Schade wird auf eine halbe
Million Franken geschätzt. Die Erdbewegung erstreckt
sich bis Ismidt und Balikessir in Anatolien.

Privatmeldungen beziffern die Zahl der Toten
und Verwundeten mit tausend. Bei Peristasis
hat das Meer zahlreiche tote Fische ans Land geworfen.
In Gallipoli wurde eine Anzahl Soldaten
getötet. Die Insel Marmara hat ebenfalls gelitten.
Kirchen, Wohnhäuser und Schulen wurden zerstört und
einige Personen sind ums Leben gekommen. In
Artaki sind mehrere Häuser eingestürzt. Die
Bevölkerung lagert im Freien.

Der Ministerrat hat beschlossen, dreitausend
türkische Pfund zur Hilfeleistung zu widmen.

Neuerliche Erdstöße.


Heute um 1/212 Uhr vormittag erfolgte ein neuer-
licher Erdstoß von geringerer Häftigkeit.

Die in Myriofilo und in den anderen Ortschaften
an der Küste des Marmarameeres bei dem Erdbeben
verletzten Personen sind hieher gebracht worden. Man
spricht von 300 Toten und Verletzten.

Bei der Erdbebenkatastrophe in den Dardanellen
ist nicht das Haus des österreichisch-unga-
rischen Konsuls
eingestürzt, sondern nur die
beiden Nachbarhäuser.




Schwerer Unfall auf dem Depot-
schiff "Gäa".
Drei Unteroffiziere getötet.


Ein schweres Unglück ereignete sich gestern im
Maschinenraum eines unserer Kriegsschiffe. Infolge eines
bisher noch nicht völlig aufgeklärten Defektes ist auf dem
S. M. Torpedo depotschiff "Gäa", das derzeit im Kriegs-
hafen von Pola verankert liegt, ein Stahlrohr plötz-
lich geborsten. Aus diesem zu dem Kondensator führen-
den Rohre drang der darin enthaltene Dampf mit unheim-
licher Gewalt in den Maschinenraum, in welchem eben
mehrere Marinesoldaten sich aufhielten. Mit ohrenbe-
täubendem Zischen ergoß sich der siedende Dampf in den
Raum. Das Zischen warnte zum Glücke die meisten der
dort Arbeitenden, die auch panikartig aus dem Maschinen-
raume flüchteten. Nur drei Maschinen unteroffi-
ziere
hatten keine Gelegenheit mehr, ihr Leben in
Sicherheit zu bringen. Durch den aus dem defekt geworde-
nen Stahlrohre herausströmenden Dampf erlitten die
drei Unteroffiziere, deren Namen bis zur Stunde nicht
in Erfahrung gebracht werden konnten, Brandwunden
durch Verbrühung dritten Grades und stürzten sofort zu
Boden. Als die von dem Unglücksfalle sofort verständigten
Schiffsoffiziere und der Schiff[s]arzt in den Maschinen-
raum drangen, fanden sie bereits zwei Leichen. Der
Arzt konnte leider auch bei dem verunglückten dritten Ma-
schinenunteroffiziere nur den unbedingt tödlichen Charak-
ter der Verletzungen konstatieren. Der Verletzte wurde in
das Marodenzimmer des Torpedodeposchiffes "Gäa" ge-
bracht und ihm zur Linderung seiner Qualen alle mög-




Fassoneisen-
Fensterfabrik

Wien, Montag Reichspoſt 11. Auguſt 1912 Nr. 370

[Spaltenumbruch] Stefanieſpital. Stepanek iſt am ſchlechteſten weggekom-
men. Er hat mehrfache Brüche des linken Unterſchenkels,
wahrſcheinlich einen Bruch des Schädelgrundes und
mehrere Wunden über dem linken Auge erlitten. Kuß
hat eine ſchwere Kontuſion des Oberſchenkels und einen
Nervenſchock davongetragen. Wahrſcheinlich iſt auch eine
Gehirnerſchütterung dazugetreten. Jüngling erlitt eine
Blutbeule an der Schläfe und eine Quetſchung im Kreuz.
Der Chauffeur Klimberger kam mit einer drei Zenti-
meter langen Rißwunde am Kinn davon. Klimberger
wurde zum Kommiſſariat gebracht und dort einvernom-
men. Er behauptet, daß ein unglücklicher Zufall das Un-
glück verſchuldet hat. Eine ſtrenge Unterſuchung iſt ein-
geleitet.




Die Todesopfer von Bochum.
Das Begräbnis. — Spenden aus Deutſchland.
Die Zahl der Toten.


Die Stadt rüſtet ſich für die morgige Leichenfeier
der Opfer der furchtbaren Kataſtrophe auf der Zeche
„Lothringen“. Die beiden Maſſengräber auf dem Kom-
munalfriedhof von Gehrte ſind bereits ausgeſchaufelt.
Die kirchlichen Funktionen wird für die
Katholiken der Biſchof von Paderborn, für die
Proteſtanten der Generalſuperintendant Dr. Zöllner
aus Münſter vornehmen.

Ueberaus zahlreich ſind die Spenden, die aus
ganz Deutſchland für die Witwen und Weiſen der ums
Leben gekommenen Bergleute einlaufen. Die Höhe der
Spenden hat heute bereits die Summe von 85.000
Mark
erreicht und weitere große Spenden wurden
bereits angemeldet.

Was die Zahl der Opfer der Kata-
ſtrophe anbelangt, ſo unterſcheiden ſich die offiziellen
Angaben noch immer von den privaten. Offiziell wird
die Geſamtzahl der Toten mit 110
angegeben.
Der Zuſtand von drei bis vier der
im Bergmannsheim darniederliegenden Schwerverletzten
iſt ernſt. Die Oeſterreicher, die ſich unter den
Toten und den Verletzten befinden, ſind meiſt Polen.




Bluttaten der Sonntagnacht.
Eine todbringende Kartenpartie. — Ein Huſar
in den Kaiſermühlen erſtochen.

Sonntag nachts haben ſich im Stadtgebiete zwei
Totſchläge ereignet, einer nach einer Kartenpartie in
Ottakring und einer an einem Huſaren im Prater. In
dem erſten Falle iſt der Täter in Haft und geſtändig,
in dem zweiten bisher noch nicht ganz genügend auf-
geklärten Falle hat man den Täter noch nicht. Wir
erfahren über dieſe beiden Bluttaten folgende Einzel-
heiten:

Totſchlag an einem Kiebitz.

Die Bluttat in Ottakring iſt aus einem ganz
nichtigen Grunde geſchehen. Im Gaſthauſe Mader in
Ottakring, Sandleithengaſſe Nr. 32, ſaß ſeit Samstag
abend um 8 Uhr eine Kartenpartie beim Schnapſen.
Das Spiel ging um Bier. An der Partie nahmen
die Brüder Johann und Anton Weixelberger,
und Johann Winkler, Anſtreichergehilfen, teil.
Getrunken wurde mäßig. Als Kiebitz ſaß an dem
Tiſche der 21jährige Pflaſtererhilfsarbeiter Franz
Bur, 16. Bezirk, Haſnerſtraße Nr. 145 wohnhaft. Bur
nahm leidenſchaftlich an den Vorgängen des Spieles
Anteil. Eben hatte um 11 Uhr nachts Anton Weixel-
berger eine Partie nahezu verloren. Da ſagte er einen
falſchen Zwanziger (König und Dame der gleichen
Couleur) an. Er hatte die Figuren nicht in der
Hand und tat es nur zum Scheine, was er auch
dadurch ausdrückte, daß er gleich danach die Karten
hinwarf und ſich für geſchlagen erklärte. Während es
ihm ſeine Partner nicht übel nahmen, geriet der Kiebitz
Bur in Zorn und ſagte ganz im Ernſte zu ihm: „Wenn
Du mir das tuſt, nimm ich das Literglas
und ſchlag Dir den Schädel ein!

Es wurde weitergeſpielt und für den Augenblick
ſchien das Geplänkel erledigt. Bur hänſelte den Anton
Weixelberger jun. weiter und hörte nicht auf mit
Stichelreden. Weixelberger ſah auch, daß ſich die kom-
menden Kameraden des Bur allmälig um den Tiſch
gruppierten und bedrohlich nach ihm ſahen. Ihm kam
die Sache etwas ungemütlich vor und nach zehn
Minuten ſtand er auf, entſchloſſen hinauszugehen. Sein
Bruder Johann blieb noch im Lokal. Anton rief nun
dem Bur zu: „So tu mir’s gleich ...!“ Da war
auch ſchon ein Handgemenge im Werden. Bur
und Weixelberger hoben die Hände gegeneinander
auf und warfen einander in den Seſſel zurück.
Johann Weixelberger ſuchte die Gegner ſeines
Bruders zurückzuhalten. Anton lief auf die Straße.
Ihm folgten Bur, Winkler und Burs Kameraden.
Draußen zogen alle die Meſſer und im nächſten Augen-
blicke ging Bur auf Weixelberger los.
Anton verſetzte ihm mit dem Meſſer einen Stich in die
linke Bruſtſeite. Der Stich war furchtbar: 15 Zenti-
meter lang und klaffend. Stromweiſe floß das Blut
aus der Wunde. Einige Schritte konnte Bur noch
wanken, dann ſtürzte er tot zuſammen. Anton
Weixelberger jun. war nach der Bluttat davongelaufen.
Die Freunde Burs verfolgten und mißhandelten ihn,
ſo daß er am Kopfe leicht verletzt wurde. Er lief in
die Sicherheitswachſtube in der Odoakergaſſe und ſtellte
ſich ſelbſt. Anton Weixelberger jun. blieb in Haft und
wird dem Landesgerichte eingeliefert werden.

Der zweite Totſchlag wurde heute nachts in den
Kaiſermühlen an einem Huſaren verübt. Ueber
[Spaltenumbruch] dieſen Fall erfahren wir: Im Inundationsgebiet wird
zurzeit von Huſaren des Huſarenregiments Nr. 1 das
Gras für die Pferde des Regiments abgemäht. Zu
dieſer Arbeit ſind acht Huſaren, die ſich auf landwirt-
ſchaftliche Arbeit verſtehen, kommandiert. Dieſe acht
Huſaren übernachteten in einer Hütte im Inundations-
gebiet. Unter ihnen befand ſich auch der 23jährige
Huſar Paul Oposzky, ein Slovake. Er und der
Huſar Peter Bobiſch hatten geſtern abend die Hütte
verlaſſen und ſich durch das finſtere Inundationsgebiet
unter die Kaiſermühlen begeben, wo ſie in zwei Gaſt-
häuſern zechten. Gegen 11 Uhr machten ſie ſich auf
den Weg zur Hütte. Sie waren auf den Kaiſermühlen-
damm gekommen, als ſich an ſie ein Mann anſchloß, der
mit Oposzky zu ſprechen hatte. Bobiſch, der ſlovakiſch
nicht verſteht, hörte, wie ſich die beiden ſlovakiſch
unterhielten. Er ging einige Schritte vor und hörte,
wie das Geſpräch lauter und ſchließlich zu einem
Wortwechſel wurde. Plötzlich hörte Bobiſch, der gleich
ſeinem Kameraden ohne Seitenwaffe war, wie Oposzky
um Hilfe rief. Er wandte ſich um und ſah, wie der
Ziviliſt davonlief. Oposzky aber wankte weiter. Nun
lief der Huſar Bobiſch die immerhin beträchtliche
Strecke zu der Hütte, in der die Kameraden über-
nachteten, um Hilfe herbeizuholen. Als die Rettungs-
geſellſchaft kam, war Oposzky bereits an Ver-
blutung geſtorben. Er hatte zwei fürchterliche Wunden.
Die eine war etwa 1 Zentimeter breit in der Gegend
der rechten Niere, die zweite war eine hakenförmige
und die Muskeln durchtrennende, ſcharfrandige Wunde
in der Gegend des rechten Schulterblattes. Soweit
an Ort und Stelle bei der ſpärlichen Beleuchtung zu
erkennen war, ſind die Wunden an und für
ſich nicht unbedingt tödlich geweſen und nur die be-
ſonderen Umſtände des Falles haben es bewirkt, daß
der Tod durch Verblutung eingetreten iſt; denn von
dem Momente des Ueberfalles bis zum Eintreffen der
ärztlichen Hilfe war infolge der Schwierigkeit der Ver-
ſtändigung immerhin eine Stunde verſtrichen und der
Körper des Huſaren war beinahe ganz ausgeblutet.

Aus welchem Grunde er den Totſchlag begangen
hat, iſt vorläufig noch ein Rätſel, da Bobiſch, wie er-
wähnt, nicht hörte, wovon die beiden ſprachen.




Die Kandidaten für den Kölner
Erzbiſchofsſitz.


In eingeweihten hieſigen kirchlichen Kreiſen werden
als Kandidaten für den durch den Tod Fiſchers er-
ledigten Kölner Erzbiſchofſitz folgende Namen genannt:
Weihbiſchof Müller, Dr. Kreuzwald (Köln), Pro-
feſſor Mausbach (Münſter), Biſchof Dr. Schulte
(Paderborn).

Die durch das Kölner Domkapitel zu bewirkende
Aufſtellung der Liſte dürfte vorausſichtlich Ende
nächſter Woche erfolgen. Der König hat alsdann das
Recht, die Liſte der Kandidaten bis auf drei Namen zu
ſtreichen. Von dieſen wählt das Domkapitel in Gegen-
wart des königlichen, nicht kaiſerlichen Kommiſſärs
Freiherrn von Rheinbaben den Kölner Erzbiſchof.




Zugszuſammenſtoß auf der Ritten-
bahn.
Zwei Arbeiter getötet.


Auf der Rittenbahn ſtieß heute ein Arbeiterwagen
mit einem Wagen zuſammen, auf dem ſich einige
Arbeiter befanden. Zwei Arbeiter wurden ge-
tötet
und vier ſchwer verletzt.




Die Erdbebenkataſtrophe in der
Türkei.

Den erſten Meldungen über das am Samstag er-
folgte Erdbeben im Gebiete des Marmarameeres, die
von keinerlei Zerſtörungen und Schäden zu berichten
wußten, folgt jetzt eine Reihe von Nachrichten, aus der die
Größe und die verheerende Wirkung dieſes Bebens mit
ſchrecklicher Deutlichkeit hervorgeht. Zahlreiche Städte
ſind zerſtört worden, Hunderte von Menſchen fielen der
Kataſtrophe zum Opfer und der Schaden geht in die
Millionen.

1000 Tote. — 3000 Verletzte.


Nach privaten Informationen ſind durch das Erd-
beben 1000 Menſchen ums Leben ge-
kommen und 3000 verletzt
worden. Gegen
5000 Perſonen ſind obdachlos.

Es heißt, daß achtundzwanzig von Griechen be-
wohnte Städtchen und Dörfer vollkommen zerſtört
worden ſeien. Der Konak von Adrianopel iſt
ſtark beſchädigt. Die Nebengebäude des Konaks und
das Gefängnis ſind eingeſtürzt. Vier Soldaten wurden
unter den Trümmern begraben.

Brennende Städte.


Der „Lokalanzeiger berichtet zu der furchtbaren
Erdbebenkataſtrophe, die in den Dardanellen und längs
der Küſte des Marmarameeres große Verheerungen
anrichtete: Der Kapitän des Panzerſchiffes „Barba-
roſſa“ erzählt, daß er und die Paſſagiere des Schiffes
Zeugen eines furchtbaren Schauſpieles
geweſen ſind. Die ganze Strecke längs der Darda-
[Spaltenumbruch] nellenküſte
ſchien in Flammen zu ſtehen.
200 Perſonen aus Myriofilo beſchworen den Lebens-
mitteldampfer „Marka“ zu Hilfe zu eilen, doch war
dies unmöglich, denn das Waſſer war an der Küſte
wie kochend. Der Kapitän des Dampfers „Pelops“ er-
zählt, daß alle Häuſer in Gallipoli vernichtet wurden,
ſie wurden vom Bergrücken herabgeſtürzt. Die
Bevölkerung befindet ſich in großer Aufregung.
Das britiſche Konſulat wurde beſchädigt, die griechiſche
Kirche zerſtört. In einer Stadt an der Dardanellen-
küſte ſprudelten plötzlich heiße Quellen in
großem Umkreiſe hervor und verſchwanden in
Erdſpalten. Viele Häuſer ſtürzten ein. Die Städte
Chora, Keraſſia, Myriofilo und
Herkliſa ſahen wir von weitem brennen, wir
konnten nicht näher kommen, da das Waſſer nahe der
Küſte kochte.

Der Miniſter des Innern beſtätigt, daß die Stadt
Myriofi und die Ortſchaften Gano, Chora,
Phatanos, Keraſia, Milla
und Utch-
tuders
vollſtändig durch Feuersbrunſt und Erd-
beben zerſtört wurden. Zahlreiche Opfer an Menſchen-
leben ſind zu beklagen. In Adrianopel
wurden 20 Moſcheen ſowie mehrere Häuſer
und Türme beſchädigt. Doch ſind Menſchen nicht
ums Leben gekommen. In Luleburgas
wurden zwei Perſonen getötet. Die Thermalquellen bei
Dedeaghatſch ſind verſiegt. Der durch den Brand in
Tſchorlu angerichtete Schade wird auf eine halbe
Million Franken geſchätzt. Die Erdbewegung erſtreckt
ſich bis Ismidt und Balikeſſir in Anatolien.

Privatmeldungen beziffern die Zahl der Toten
und Verwundeten mit tauſend. Bei Periſtaſis
hat das Meer zahlreiche tote Fiſche ans Land geworfen.
In Gallipoli wurde eine Anzahl Soldaten
getötet. Die Inſel Marmara hat ebenfalls gelitten.
Kirchen, Wohnhäuſer und Schulen wurden zerſtört und
einige Perſonen ſind ums Leben gekommen. In
Artaki ſind mehrere Häuſer eingeſtürzt. Die
Bevölkerung lagert im Freien.

Der Miniſterrat hat beſchloſſen, dreitauſend
türkiſche Pfund zur Hilfeleiſtung zu widmen.

Neuerliche Erdſtöße.


Heute um ½12 Uhr vormittag erfolgte ein neuer-
licher Erdſtoß von geringerer Häftigkeit.

Die in Myriofilo und in den anderen Ortſchaften
an der Küſte des Marmarameeres bei dem Erdbeben
verletzten Perſonen ſind hieher gebracht worden. Man
ſpricht von 300 Toten und Verletzten.

Bei der Erdbebenkataſtrophe in den Dardanellen
iſt nicht das Haus des öſterreichiſch-unga-
riſchen Konſuls
eingeſtürzt, ſondern nur die
beiden Nachbarhäuſer.




Schwerer Unfall auf dem Depot-
ſchiff „Gäa“.
Drei Unteroffiziere getötet.


Ein ſchweres Unglück ereignete ſich geſtern im
Maſchinenraum eines unſerer Kriegsſchiffe. Infolge eines
bisher noch nicht völlig aufgeklärten Defektes iſt auf dem
S. M. Torpedo depotſchiff „Gäa“, das derzeit im Kriegs-
hafen von Pola verankert liegt, ein Stahlrohr plötz-
lich geborſten. Aus dieſem zu dem Kondenſator führen-
den Rohre drang der darin enthaltene Dampf mit unheim-
licher Gewalt in den Maſchinenraum, in welchem eben
mehrere Marineſoldaten ſich aufhielten. Mit ohrenbe-
täubendem Ziſchen ergoß ſich der ſiedende Dampf in den
Raum. Das Ziſchen warnte zum Glücke die meiſten der
dort Arbeitenden, die auch panikartig aus dem Maſchinen-
raume flüchteten. Nur drei Maſchinen unteroffi-
ziere
hatten keine Gelegenheit mehr, ihr Leben in
Sicherheit zu bringen. Durch den aus dem defekt geworde-
nen Stahlrohre herausſtrömenden Dampf erlitten die
drei Unteroffiziere, deren Namen bis zur Stunde nicht
in Erfahrung gebracht werden konnten, Brandwunden
durch Verbrühung dritten Grades und ſtürzten ſofort zu
Boden. Als die von dem Unglücksfalle ſofort verſtändigten
Schiffsoffiziere und der Schiff[ſ]arzt in den Maſchinen-
raum drangen, fanden ſie bereits zwei Leichen. Der
Arzt konnte leider auch bei dem verunglückten dritten Ma-
ſchinenunteroffiziere nur den unbedingt tödlichen Charak-
ter der Verletzungen konſtatieren. Der Verletzte wurde in
das Marodenzimmer des Torpedodepoſchiffes „Gäa“ ge-
bracht und ihm zur Linderung ſeiner Qualen alle mög-




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Wortwech&#x017F;el wurde. Plötzlich hörte Bobi&#x017F;ch, der gleich<lb/>
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[4/0004] Wien, Montag Reichspoſt 11. Auguſt 1912 Nr. 370 Stefanieſpital. Stepanek iſt am ſchlechteſten weggekom- men. Er hat mehrfache Brüche des linken Unterſchenkels, wahrſcheinlich einen Bruch des Schädelgrundes und mehrere Wunden über dem linken Auge erlitten. Kuß hat eine ſchwere Kontuſion des Oberſchenkels und einen Nervenſchock davongetragen. Wahrſcheinlich iſt auch eine Gehirnerſchütterung dazugetreten. Jüngling erlitt eine Blutbeule an der Schläfe und eine Quetſchung im Kreuz. Der Chauffeur Klimberger kam mit einer drei Zenti- meter langen Rißwunde am Kinn davon. Klimberger wurde zum Kommiſſariat gebracht und dort einvernom- men. Er behauptet, daß ein unglücklicher Zufall das Un- glück verſchuldet hat. Eine ſtrenge Unterſuchung iſt ein- geleitet. Die Todesopfer von Bochum. Das Begräbnis. — Spenden aus Deutſchland. Die Zahl der Toten. Bochum, 11. Auguſt. (Privat.) Die Stadt rüſtet ſich für die morgige Leichenfeier der Opfer der furchtbaren Kataſtrophe auf der Zeche „Lothringen“. Die beiden Maſſengräber auf dem Kom- munalfriedhof von Gehrte ſind bereits ausgeſchaufelt. Die kirchlichen Funktionen wird für die Katholiken der Biſchof von Paderborn, für die Proteſtanten der Generalſuperintendant Dr. Zöllner aus Münſter vornehmen. Ueberaus zahlreich ſind die Spenden, die aus ganz Deutſchland für die Witwen und Weiſen der ums Leben gekommenen Bergleute einlaufen. Die Höhe der Spenden hat heute bereits die Summe von 85.000 Mark erreicht und weitere große Spenden wurden bereits angemeldet. Was die Zahl der Opfer der Kata- ſtrophe anbelangt, ſo unterſcheiden ſich die offiziellen Angaben noch immer von den privaten. Offiziell wird die Geſamtzahl der Toten mit 110 angegeben. Der Zuſtand von drei bis vier der im Bergmannsheim darniederliegenden Schwerverletzten iſt ernſt. Die Oeſterreicher, die ſich unter den Toten und den Verletzten befinden, ſind meiſt Polen. Bluttaten der Sonntagnacht. Eine todbringende Kartenpartie. — Ein Huſar in den Kaiſermühlen erſtochen. Sonntag nachts haben ſich im Stadtgebiete zwei Totſchläge ereignet, einer nach einer Kartenpartie in Ottakring und einer an einem Huſaren im Prater. In dem erſten Falle iſt der Täter in Haft und geſtändig, in dem zweiten bisher noch nicht ganz genügend auf- geklärten Falle hat man den Täter noch nicht. Wir erfahren über dieſe beiden Bluttaten folgende Einzel- heiten: Totſchlag an einem Kiebitz. Die Bluttat in Ottakring iſt aus einem ganz nichtigen Grunde geſchehen. Im Gaſthauſe Mader in Ottakring, Sandleithengaſſe Nr. 32, ſaß ſeit Samstag abend um 8 Uhr eine Kartenpartie beim Schnapſen. Das Spiel ging um Bier. An der Partie nahmen die Brüder Johann und Anton Weixelberger, und Johann Winkler, Anſtreichergehilfen, teil. Getrunken wurde mäßig. Als Kiebitz ſaß an dem Tiſche der 21jährige Pflaſtererhilfsarbeiter Franz Bur, 16. Bezirk, Haſnerſtraße Nr. 145 wohnhaft. Bur nahm leidenſchaftlich an den Vorgängen des Spieles Anteil. Eben hatte um 11 Uhr nachts Anton Weixel- berger eine Partie nahezu verloren. Da ſagte er einen falſchen Zwanziger (König und Dame der gleichen Couleur) an. Er hatte die Figuren nicht in der Hand und tat es nur zum Scheine, was er auch dadurch ausdrückte, daß er gleich danach die Karten hinwarf und ſich für geſchlagen erklärte. Während es ihm ſeine Partner nicht übel nahmen, geriet der Kiebitz Bur in Zorn und ſagte ganz im Ernſte zu ihm: „Wenn Du mir das tuſt, nimm ich das Literglas und ſchlag Dir den Schädel ein!“ Es wurde weitergeſpielt und für den Augenblick ſchien das Geplänkel erledigt. Bur hänſelte den Anton Weixelberger jun. weiter und hörte nicht auf mit Stichelreden. Weixelberger ſah auch, daß ſich die kom- menden Kameraden des Bur allmälig um den Tiſch gruppierten und bedrohlich nach ihm ſahen. Ihm kam die Sache etwas ungemütlich vor und nach zehn Minuten ſtand er auf, entſchloſſen hinauszugehen. Sein Bruder Johann blieb noch im Lokal. Anton rief nun dem Bur zu: „So tu mir’s gleich ...!“ Da war auch ſchon ein Handgemenge im Werden. Bur und Weixelberger hoben die Hände gegeneinander auf und warfen einander in den Seſſel zurück. Johann Weixelberger ſuchte die Gegner ſeines Bruders zurückzuhalten. Anton lief auf die Straße. Ihm folgten Bur, Winkler und Burs Kameraden. Draußen zogen alle die Meſſer und im nächſten Augen- blicke ging Bur auf Weixelberger los. Anton verſetzte ihm mit dem Meſſer einen Stich in die linke Bruſtſeite. Der Stich war furchtbar: 15 Zenti- meter lang und klaffend. Stromweiſe floß das Blut aus der Wunde. Einige Schritte konnte Bur noch wanken, dann ſtürzte er tot zuſammen. Anton Weixelberger jun. war nach der Bluttat davongelaufen. Die Freunde Burs verfolgten und mißhandelten ihn, ſo daß er am Kopfe leicht verletzt wurde. Er lief in die Sicherheitswachſtube in der Odoakergaſſe und ſtellte ſich ſelbſt. Anton Weixelberger jun. blieb in Haft und wird dem Landesgerichte eingeliefert werden. Der zweite Totſchlag wurde heute nachts in den Kaiſermühlen an einem Huſaren verübt. Ueber dieſen Fall erfahren wir: Im Inundationsgebiet wird zurzeit von Huſaren des Huſarenregiments Nr. 1 das Gras für die Pferde des Regiments abgemäht. Zu dieſer Arbeit ſind acht Huſaren, die ſich auf landwirt- ſchaftliche Arbeit verſtehen, kommandiert. Dieſe acht Huſaren übernachteten in einer Hütte im Inundations- gebiet. Unter ihnen befand ſich auch der 23jährige Huſar Paul Oposzky, ein Slovake. Er und der Huſar Peter Bobiſch hatten geſtern abend die Hütte verlaſſen und ſich durch das finſtere Inundationsgebiet unter die Kaiſermühlen begeben, wo ſie in zwei Gaſt- häuſern zechten. Gegen 11 Uhr machten ſie ſich auf den Weg zur Hütte. Sie waren auf den Kaiſermühlen- damm gekommen, als ſich an ſie ein Mann anſchloß, der mit Oposzky zu ſprechen hatte. Bobiſch, der ſlovakiſch nicht verſteht, hörte, wie ſich die beiden ſlovakiſch unterhielten. Er ging einige Schritte vor und hörte, wie das Geſpräch lauter und ſchließlich zu einem Wortwechſel wurde. Plötzlich hörte Bobiſch, der gleich ſeinem Kameraden ohne Seitenwaffe war, wie Oposzky um Hilfe rief. Er wandte ſich um und ſah, wie der Ziviliſt davonlief. Oposzky aber wankte weiter. Nun lief der Huſar Bobiſch die immerhin beträchtliche Strecke zu der Hütte, in der die Kameraden über- nachteten, um Hilfe herbeizuholen. Als die Rettungs- geſellſchaft kam, war Oposzky bereits an Ver- blutung geſtorben. Er hatte zwei fürchterliche Wunden. Die eine war etwa 1 Zentimeter breit in der Gegend der rechten Niere, die zweite war eine hakenförmige und die Muskeln durchtrennende, ſcharfrandige Wunde in der Gegend des rechten Schulterblattes. Soweit an Ort und Stelle bei der ſpärlichen Beleuchtung zu erkennen war, ſind die Wunden an und für ſich nicht unbedingt tödlich geweſen und nur die be- ſonderen Umſtände des Falles haben es bewirkt, daß der Tod durch Verblutung eingetreten iſt; denn von dem Momente des Ueberfalles bis zum Eintreffen der ärztlichen Hilfe war infolge der Schwierigkeit der Ver- ſtändigung immerhin eine Stunde verſtrichen und der Körper des Huſaren war beinahe ganz ausgeblutet. Aus welchem Grunde er den Totſchlag begangen hat, iſt vorläufig noch ein Rätſel, da Bobiſch, wie er- wähnt, nicht hörte, wovon die beiden ſprachen. Die Kandidaten für den Kölner Erzbiſchofsſitz. (Drahtbericht der „Reichspoſt“.) Köln, 12. Auguſt. In eingeweihten hieſigen kirchlichen Kreiſen werden als Kandidaten für den durch den Tod Fiſchers er- ledigten Kölner Erzbiſchofſitz folgende Namen genannt: Weihbiſchof Müller, Dr. Kreuzwald (Köln), Pro- feſſor Mausbach (Münſter), Biſchof Dr. Schulte (Paderborn). Die durch das Kölner Domkapitel zu bewirkende Aufſtellung der Liſte dürfte vorausſichtlich Ende nächſter Woche erfolgen. Der König hat alsdann das Recht, die Liſte der Kandidaten bis auf drei Namen zu ſtreichen. Von dieſen wählt das Domkapitel in Gegen- wart des königlichen, nicht kaiſerlichen Kommiſſärs Freiherrn von Rheinbaben den Kölner Erzbiſchof. Zugszuſammenſtoß auf der Ritten- bahn. Zwei Arbeiter getötet. Bozen, 11. Auguſt. (Privat.) Auf der Rittenbahn ſtieß heute ein Arbeiterwagen mit einem Wagen zuſammen, auf dem ſich einige Arbeiter befanden. Zwei Arbeiter wurden ge- tötet und vier ſchwer verletzt. Die Erdbebenkataſtrophe in der Türkei. Den erſten Meldungen über das am Samstag er- folgte Erdbeben im Gebiete des Marmarameeres, die von keinerlei Zerſtörungen und Schäden zu berichten wußten, folgt jetzt eine Reihe von Nachrichten, aus der die Größe und die verheerende Wirkung dieſes Bebens mit ſchrecklicher Deutlichkeit hervorgeht. Zahlreiche Städte ſind zerſtört worden, Hunderte von Menſchen fielen der Kataſtrophe zum Opfer und der Schaden geht in die Millionen. 1000 Tote. — 3000 Verletzte. Konſtantinopel, 11. Auguſt. Nach privaten Informationen ſind durch das Erd- beben 1000 Menſchen ums Leben ge- kommen und 3000 verletzt worden. Gegen 5000 Perſonen ſind obdachlos. Es heißt, daß achtundzwanzig von Griechen be- wohnte Städtchen und Dörfer vollkommen zerſtört worden ſeien. Der Konak von Adrianopel iſt ſtark beſchädigt. Die Nebengebäude des Konaks und das Gefängnis ſind eingeſtürzt. Vier Soldaten wurden unter den Trümmern begraben. Brennende Städte. Berlin, 11. Auguſt. (Privat.) Der „Lokalanzeiger berichtet zu der furchtbaren Erdbebenkataſtrophe, die in den Dardanellen und längs der Küſte des Marmarameeres große Verheerungen anrichtete: Der Kapitän des Panzerſchiffes „Barba- roſſa“ erzählt, daß er und die Paſſagiere des Schiffes Zeugen eines furchtbaren Schauſpieles geweſen ſind. Die ganze Strecke längs der Darda- nellenküſte ſchien in Flammen zu ſtehen. 200 Perſonen aus Myriofilo beſchworen den Lebens- mitteldampfer „Marka“ zu Hilfe zu eilen, doch war dies unmöglich, denn das Waſſer war an der Küſte wie kochend. Der Kapitän des Dampfers „Pelops“ er- zählt, daß alle Häuſer in Gallipoli vernichtet wurden, ſie wurden vom Bergrücken herabgeſtürzt. Die Bevölkerung befindet ſich in großer Aufregung. Das britiſche Konſulat wurde beſchädigt, die griechiſche Kirche zerſtört. In einer Stadt an der Dardanellen- küſte ſprudelten plötzlich heiße Quellen in großem Umkreiſe hervor und verſchwanden in Erdſpalten. Viele Häuſer ſtürzten ein. Die Städte Chora, Keraſſia, Myriofilo und Herkliſa ſahen wir von weitem brennen, wir konnten nicht näher kommen, da das Waſſer nahe der Küſte kochte. Der Miniſter des Innern beſtätigt, daß die Stadt Myriofi und die Ortſchaften Gano, Chora, Phatanos, Keraſia, Milla und Utch- tuders vollſtändig durch Feuersbrunſt und Erd- beben zerſtört wurden. Zahlreiche Opfer an Menſchen- leben ſind zu beklagen. In Adrianopel wurden 20 Moſcheen ſowie mehrere Häuſer und Türme beſchädigt. Doch ſind Menſchen nicht ums Leben gekommen. In Luleburgas wurden zwei Perſonen getötet. Die Thermalquellen bei Dedeaghatſch ſind verſiegt. Der durch den Brand in Tſchorlu angerichtete Schade wird auf eine halbe Million Franken geſchätzt. Die Erdbewegung erſtreckt ſich bis Ismidt und Balikeſſir in Anatolien. Privatmeldungen beziffern die Zahl der Toten und Verwundeten mit tauſend. Bei Periſtaſis hat das Meer zahlreiche tote Fiſche ans Land geworfen. In Gallipoli wurde eine Anzahl Soldaten getötet. Die Inſel Marmara hat ebenfalls gelitten. Kirchen, Wohnhäuſer und Schulen wurden zerſtört und einige Perſonen ſind ums Leben gekommen. In Artaki ſind mehrere Häuſer eingeſtürzt. Die Bevölkerung lagert im Freien. Der Miniſterrat hat beſchloſſen, dreitauſend türkiſche Pfund zur Hilfeleiſtung zu widmen. Neuerliche Erdſtöße. Konſtantinopel, 10. Auguſt. Heute um ½12 Uhr vormittag erfolgte ein neuer- licher Erdſtoß von geringerer Häftigkeit. Die in Myriofilo und in den anderen Ortſchaften an der Küſte des Marmarameeres bei dem Erdbeben verletzten Perſonen ſind hieher gebracht worden. Man ſpricht von 300 Toten und Verletzten. Bei der Erdbebenkataſtrophe in den Dardanellen iſt nicht das Haus des öſterreichiſch-unga- riſchen Konſuls eingeſtürzt, ſondern nur die beiden Nachbarhäuſer. Schwerer Unfall auf dem Depot- ſchiff „Gäa“. Drei Unteroffiziere getötet. Pola, 11. Auguſt. (Privat.) Ein ſchweres Unglück ereignete ſich geſtern im Maſchinenraum eines unſerer Kriegsſchiffe. Infolge eines bisher noch nicht völlig aufgeklärten Defektes iſt auf dem S. M. Torpedo depotſchiff „Gäa“, das derzeit im Kriegs- hafen von Pola verankert liegt, ein Stahlrohr plötz- lich geborſten. Aus dieſem zu dem Kondenſator führen- den Rohre drang der darin enthaltene Dampf mit unheim- licher Gewalt in den Maſchinenraum, in welchem eben mehrere Marineſoldaten ſich aufhielten. Mit ohrenbe- täubendem Ziſchen ergoß ſich der ſiedende Dampf in den Raum. Das Ziſchen warnte zum Glücke die meiſten der dort Arbeitenden, die auch panikartig aus dem Maſchinen- raume flüchteten. Nur drei Maſchinen unteroffi- ziere hatten keine Gelegenheit mehr, ihr Leben in Sicherheit zu bringen. Durch den aus dem defekt geworde- nen Stahlrohre herausſtrömenden Dampf erlitten die drei Unteroffiziere, deren Namen bis zur Stunde nicht in Erfahrung gebracht werden konnten, Brandwunden durch Verbrühung dritten Grades und ſtürzten ſofort zu Boden. Als die von dem Unglücksfalle ſofort verſtändigten Schiffsoffiziere und der Schiffſarzt in den Maſchinen- raum drangen, fanden ſie bereits zwei Leichen. Der Arzt konnte leider auch bei dem verunglückten dritten Ma- ſchinenunteroffiziere nur den unbedingt tödlichen Charak- ter der Verletzungen konſtatieren. Der Verletzte wurde in das Marodenzimmer des Torpedodepoſchiffes „Gäa“ ge- bracht und ihm zur Linderung ſeiner Qualen alle mög- Fassoneisen- Fensterfabrik

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 370, Wien, 12.08.1912, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost370_1912/4>, abgerufen am 29.04.2024.