Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

Ausländer oft von dem bloßen Versuch, einen
Namen auszusprechen, zurückscheucht, ist meist
nur für das Auge da; so hat das oft zwischen
zwey Consonanten stehende r zum Exempel, in
der Aussprache den Werth eines Vocals, we-
nigstens eines Halbvocals. Smrt ist daher
nicht härter als smert. Die vielen Zischlaute
andernseits dürfen den Liebhaber der italieni-
schen Sprache nicht erschrecken.

Was die Grundsätze anbelangt, nach
denen ich übersetzt, so habe ich mich vor Allem
der größten geistigen Treue befleißigt, und
wo ich es nur konnte, ohne dem Genius mei-
ner eignen Sprache zu nahe zu treten, die
wörtliche beobachtet. Vergleichende Ken-
ner werden sehen, daß ich meist Vers um Vers
wieder gegeben. Das Metrum ist in den grö-
ßern Gedichten durchaus beybehalten, nur die
regelmäßige Cäsur, nach dem zweyten Fuß,
schien im Deutschen in ihrer traurigen Einför-
migkeit nicht statthaft. Unter den kleinen Lie-
dern sind einige wenige metrisch verändert.
Vier Trochäen mit einem angehängten Dakty-
lus klingen dem deutschen Ohr schleppend und
wunderlich, während sie im Serbischen eins

Ausländer oft von dem bloßen Versuch, einen
Namen auszusprechen, zurückscheucht, ist meist
nur für das Auge da; so hat das oft zwischen
zwey Conſonanten stehende r zum Exempel, in
der Aussprache den Werth eines Vocals, we-
nigstens eines Halbvocals. Smrt iſt daher
nicht härter als smert. Die vielen Zischlaute
andernseits dürfen den Liebhaber der italieni-
schen Sprache nicht erschrecken.

Was die Grundsätze anbelangt, nach
denen ich übersetzt, so habe ich mich vor Allem
der größten geistigen Treue befleißigt, und
wo ich es nur konnte, ohne dem Genius mei-
ner eignen Sprache zu nahe zu treten, die
wörtliche beobachtet. Vergleichende Ken-
ner werden sehen, daß ich meist Vers um Vers
wieder gegeben. Das Metrum ist in den grö-
ßern Gedichten durchaus beybehalten, nur die
regelmäßige Cäsur, nach dem zweyten Fuß,
schien im Deutschen in ihrer traurigen Einför-
migkeit nicht statthaft. Unter den kleinen Lie-
dern sind einige wenige metrisch verändert.
Vier Trochäen mit einem angehängten Dakty-
lus klingen dem deutschen Ohr schleppend und
wunderlich, während sie im Serbischen eins

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0015" n="XI"/>
        <p>Ausländer oft von dem bloßen Versuch, einen<lb/>
Namen auszusprechen, zurückscheucht, ist meist<lb/>
nur für das Auge da; so hat das oft zwischen<lb/>
zwey Con&#x017F;onanten stehende <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">r</hi></hi> zum Exempel, in<lb/>
der Aussprache den Werth eines Vocals, we-<lb/>
nigstens eines Halbvocals. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Smrt</hi></hi> i&#x017F;t daher<lb/>
nicht härter als <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">smert.</hi></hi> Die vielen Zischlaute<lb/>
andernseits dürfen den Liebhaber der italieni-<lb/>
schen Sprache nicht erschrecken.</p><lb/>
        <p>Was die Grundsätze anbelangt, nach<lb/>
denen ich übersetzt, so habe ich mich vor Allem<lb/>
der größten <hi rendition="#g">geistigen</hi> Treue befleißigt, und<lb/>
wo ich es nur konnte, ohne dem Genius mei-<lb/>
ner eignen Sprache zu nahe zu treten, die<lb/><hi rendition="#g">wörtliche</hi> beobachtet. Vergleichende Ken-<lb/>
ner werden sehen, daß ich meist Vers um Vers<lb/>
wieder gegeben. Das Metrum ist in den grö-<lb/>
ßern Gedichten durchaus beybehalten, nur die<lb/>
regelmäßige Cäsur, nach dem zweyten Fuß,<lb/>
schien im Deutschen in ihrer traurigen Einför-<lb/>
migkeit nicht statthaft. Unter den kleinen Lie-<lb/>
dern sind einige wenige metrisch verändert.<lb/>
Vier Trochäen mit einem angehängten Dakty-<lb/>
lus klingen dem deutschen Ohr schleppend und<lb/>
wunderlich, während sie im Serbischen eins</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XI/0015] Ausländer oft von dem bloßen Versuch, einen Namen auszusprechen, zurückscheucht, ist meist nur für das Auge da; so hat das oft zwischen zwey Conſonanten stehende r zum Exempel, in der Aussprache den Werth eines Vocals, we- nigstens eines Halbvocals. Smrt iſt daher nicht härter als smert. Die vielen Zischlaute andernseits dürfen den Liebhaber der italieni- schen Sprache nicht erschrecken. Was die Grundsätze anbelangt, nach denen ich übersetzt, so habe ich mich vor Allem der größten geistigen Treue befleißigt, und wo ich es nur konnte, ohne dem Genius mei- ner eignen Sprache zu nahe zu treten, die wörtliche beobachtet. Vergleichende Ken- ner werden sehen, daß ich meist Vers um Vers wieder gegeben. Das Metrum ist in den grö- ßern Gedichten durchaus beybehalten, nur die regelmäßige Cäsur, nach dem zweyten Fuß, schien im Deutschen in ihrer traurigen Einför- migkeit nicht statthaft. Unter den kleinen Lie- dern sind einige wenige metrisch verändert. Vier Trochäen mit einem angehängten Dakty- lus klingen dem deutschen Ohr schleppend und wunderlich, während sie im Serbischen eins

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/15
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/15>, abgerufen am 29.03.2024.