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Wiener Zeitung. Nr. 255. [Wien], 25. Oktober 1850.

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[Beginn Spaltensatz] ner und Demokraten und der Bingener Revolutionäre
vertheidigt. Die Fahne flaggte kühn durch Sturm und
Wetter, die an ihr ihre zerstörende Macht übten. Sr.
Majestät dem König wurde dieser Zug mitgetheilt und
der Monarch befahl sofort die Anfertigung nnd Ueber-
sendung einer neuen prächtigen Fahne als Anerkennung für
die bewiesene patriotische Gesinnung. Das königl. Ge-
schenk ging kurz vor dem Allerhöchsten Geburtstag dem
Landrath des Kreises Kreuznach, Herrn v. Jagow, mit
nachstehender königl. Cabinetsordre zu:

" Es hat Meinem landesväterlichen Herzen wohl gethan,
von der Treue und Anhänglichkeit zu vernehmen, welche die
Gemeinen Langenlonsheim, Münster, Laubenheim, Hed-
desheim und Bretzenheim wie in guten Tagen, besonders
auch in der bösen Zeit des Aufruhrs und Verraths, der sie
umgab, Mir, Meinem königlichen Hause und dem engeren
Vaterlande Preußen bewahrt und so beharrlich als unerschro-
cken bethätigt haben. Da Mir nun bekannt geworden, daß
das Banner, welches sie seit dem 6. August 1848 in ihrer Mitte
zu Langenlonsheim aufgerichtet haben, um die Farbe ihrer
patriotischen Gesinnung und deren unverholenes Bekenntniß
aller Welt frei und offen zu bekunden, der Erneuerung be-
darf, so ist es Mir eine Genugthuung und eine Freude ge-
wesen, eine neue Flagge für sie anfertigen zu lassen, welche
Jch den Gemeinen als ein Zeichen Meiner Anerkennung und
Huld verehren will. Jch lasse Jhnen diese anbei zugehen, um
sie den genannten Gemeinen zu Meinem bevorstehenden Ge-
burtsfeste unter Mittheilung dieses Erlasses zu übergeben.
Bellevue, den 7. October 1850. ( gez. ) Friedrich Wil-
helm.
An den Landrath des Kreises Kreuznach v. Jagow."

Die Ueberreichung der Fahne fand unter großen
Feierlichkeiten Statt.

-- Ueber den Angriff und Fortgang der großen Eisen-
bahn=Brückenbauten über die Weichsel und die Nogat
bei Dirschau und Marienburg gibt der "St. A." einige
Nachrichten.

Der in Verbindung mit der Anlage der Ostbahn un-
ternommene Bau der Weichsel= und Nogatbrücken ist im
Jahre 1845 eingeleitet, im Sommer 1847 aber einge-
stellt worden, nachdem zunächst nur die Bearbeitung der
Projecte bewirkt und die Vorbereitungen zur eigentlichen
Bauausführung getroffen worden waren.

-- Seit April d. J. ist dieser Bau wieder aufgenom-
men und hat nun, gestützt auf jene früheren Vorberei-
tungen und Beschaffungen von Geräthen und Materia-
lien, so wie auf die inzwischen ununterbrochen fortgeführ-
ten Deich= und Strom=Regulirungsbauten an der Weich-
sel und Nogat, namentlich in Betreff der Weichselbrücke
bei Dirschau kräftig in Angriff genommen werden kön-
nen. Diese Brücke soll fünf Oeffnungen, jede von nahe-
zu 470 Fuß Weite erhalten, und es wird daher der Bau
von zwei Land= und vier Mittelpfeilern erforderlich. Der
Landpfeiler des linken Ufers, auf welchem letzteren vor-
nehmlich die Werkplätze und die zugehörigen Einrichtun-
gen anzulegen waren, ist zunächst Gegenstand der dies-
jährigen Arbeit gewesen. Eine doppelte Reihe von Pfahl-
wänden in Verbindung mit ausgedehnten Steinschüttun-
gen, welche zum Schutz der Baugrube und der Pfeiler-
fundamente erforderlich werden, ist unter Anwendung zahl-
reicher Ramm=Maschinen vollendet, wobei die von Eng-
land beschaffte Dampframme so vorzügliche Dienste lei-
stete, daß es gerathen erschien, den Bau noch zweier
solcher Maschinen in der gegenwärtig mit der Bau-
Commission verbundenen Maschinenbau=Anstalt bei
Dirschau in Aussicht zu nehmen. Die Austiefung der
Baugrube wurde mittelst zweier Dampfbagger=Ma-
schinen bewirkt, und nachdem man von der vollkommenen
Zuverlässigkeit des Baugrundes vollständige Ueberzeugung
gewonnen hatte, mit der Einbringung der Betonfun-
dirung vorgegangen. Der Beton, aus in der Umgegend
aufgefundenen Materialien bereitet, erlangt unter Was-
ser innerhalb einer Woche die Härte guten Sandsteines
und erfordert verhältnißmäßig nur geringe Kosten. Der
Anschluß dieses Pfeilers an das linkseitige Ufer ist durch
Steinschüttungen bereits hergestellt. Zugleich hat auch
mit der Eröffnung der Baugrube für den Landpfeiler auf
dem rechten Weichselufer begonnen werden können und
sind dort bereits über 1800 Schachtruthen Boden geför-
dert worden.

Jm Uebrigen sind für die kräftige Förderung des
Bauestheils die nöthigen Einrichtungen in ausgedehntem
Maße vervollständigt, -- Schienenbahnen gelegt, ge-
neigte Ebenen zur Verbindung der Werkplätze mit dem
Strome hergestellt, Cementöfen erbaut, Maschinen zur
Mörtel= und Beton=Bereitung vorgerichtet, -- theils die
Material=Beschaffungen weiter eingeleitet. Ziegelsteine
werden in vortrefflicher Qualität auf der bereits früher
bei Kniebau eingerichteten Ziegelei gefertigt wo in diesem
Sommer3 1 / 4 Millionen Ziegel gebrannt und eben so
viel schon nach der Baustelle bei Dirschau angeliefert
wurden. Granitblöcke werden in der Umgegend in be-
trächtliche: Menge gegraben, gesprengt und angefahren.
Ueber 800 Menschen und zahlreiche Gespanne sind für
den Bau bei Dirschau in Thätigkeit.

Weniger hat bisher für die Nogatbrücke bei Marien-
[Spaltenumbruch] burg geschehen können, doch sind auch hier Material-
Beschaffungen in Gang gesetzt, und werden alle Einlei-
tungen getroffen, um auch den Bau dieser kleineren Brücke,
welche nur 3 Oeffnungen von etwa 200 Fuß Weite er-
halten soll, demnächst angemessen in Angriff zu nehmen.

Breslau, 21. October. Als heute gegen Mittag
bekannt wurde, daß Se. Eminenz der Cardinal=Fürst-
bischof von Breslau heute wieder hier eintreffen werde,
war sofort von mehreren Bewohnern der Stadt der Beschluß
gefaßt worden, dem Kirchenfürsten entgegenzufahren und
ihn in seine Residenz zu begleiten. Jn 12 Wagen fuhren
demgemäß Deputationen des Dom=Capitels, der katho-
lisch=theologischen Facultät, des katholischen Gymnasiums
und Schullehrer=Seminars, so wie der katholischen Bür-
gerschaft bis Lamsfeld entgegen, wo Se. Eminenz ehr-
furchtsvoll begrüßt wurde. -- Um 5 Uhr ist der Herr
Cardinal im besten Wohlsein hier eingetroffen. Jn sei-
ner Begleitung befand sich der päpstliche Nobelgardist,
Graf Leoncilli.     ( Schles. Z. )

-- Die Handelskammer hatte bei dem Ministerium
ein Gesuch mehrerer hiesiger Ungar=Weinhändler be-
fürwortet, in welchem dieselben den Antrag stellten,
daß der den Großweinhändlern von den zum Absatze
innerhalb des Zollvereines aus den Ursprungsländern
in gewisser Quantität eingeführten fremden Wei-
nen bewilligte Zollerlaß von 20 Percent für Ungar-
weine auf 30 pCt. erhöht werde, weil für selbige jene
20 pCt. nicht ausreichen, um die durch Abgang, Aus-
laufen, Einzehrung und Satz entstehenden Verluste zu
decken. Auf dieses Gesuch war inzwischen ein abschlägiger
Bescheid eingegangen. Derselbe wurde in der Sitzung der
Handelskammer am 19. mitgetheilt. Es heißt in demselben,
daß durch die den Großweinhändlern nach dem Regulativ
vom 21. August 1847 gewährten Erleichterungen, der
beabsichtigte Zweck, den Betrieb des Großhandels mit
Wein im Jnlande zu befördern genügend gesichert werde
und deshalb keine Veranlassung zu einer Erweiterung je-
ner Erleichterungen vorliege, im Uebrigen die Gewährung
von ausnahmsweisen Bestimmungen für einzelne Arten
von Weinen nicht statthaft erscheine.

Stettin, 19. October. Die Preußische Regierung
hat in England zwei Kriegsdampf=Fregatten, jede mit
sechs 25pfündigen Bomben=Kanonen, angekauft. Sobald
der "Preußische Adler" hierher zurückgekehrt ist, wer-
den auf ihm 4 Officiere, 4 Unterofficiere und 30 Mann
nach England abgehen, um die beiden Fahrzeuge dort
in Empfang zu nehmen und hierher zu geleiten, wo sie
alsdann armirt und zu einer großen Uebungsreise mit
der Mannschaft ausgerüstet werden sollen. Das Com-
mando wird wahrscheinlich der Lieutenant Jachmann oder
Herman übernehmen.     ( Osts. Ztg. )

Köln, 17. October. Das Südportal des Kölner
Domes hat noch eine weitere Ausschmückung empfangen.
Es wurden nämlich die aus dem Atelier des Bildhauers
Mohr hervorgegangenen fünf Standbilder: der segnende
Heiland und die Evangelisten, in dem durchbrochenen
Giebel aufgestellt. Von demselben Meister sind auch
die Statuetten, welche das Grabmal Conrad's von
Hochstetten im Dom zieren.     ( Rh. Bl. )

Swinemünde, 19. October. Durch ein Bornhol-
mer Fahrzeug ist hier durch das kaiserl. Russische Vice-
Consulat der Rapport eingegangen, daß die kaiserl. Rus-
sische Kriegs=Dampffregatte "Archimedes" gestern Mor-
gens unweit Rönne gestrandet ist. Das Schiff soll be-
reits Wrack und von der Manschaft 8 Mann ertrunken
sein.     ( Voßsche Ztg. )

München, 21. October. Der bisherige Professor
der Philosophie am Lyceum zu Bamberg Dr. J. Sepp ist
zum außerordentlichen Professor bei der philosophischen
Facultät der hiesigen Hochschule ernannt. Jhre königl.
Hoheit die Großherzogin Mathilde von Hessen ist gestern
von hier nach Darmstadt zurückgekehrt.

-- Vorgestern hatte eine Deputation des Magistrates
und der Gemeinde=Bevollmächtigten mit den beiden Her-
ren Bürgermeistern an der Spitze die Ehre, von Sr. Ma-
jestät dem Könige Ludwig empfangen zu werden und Aller-
höchstdemselben den Dank für das neue großartige Ge-
schenk des Siegesthores darzubringen.

Dresden, 23. October. Das Ministerium der Ju-
stiz erläßt folgende Bekanntmachung: Die Zahl derjeni-
gen wegen Theilnahme an dem vorjährigen Maiaufstande
zur Untersuchung gezogenen Personen, welche in Gemäß-
heit der von Seiten der Regierung bei dem Landtage von
1849 abgegebenen Erklärung theils auf die wegen ge-
wisser Kategorien der Maiangeklagten von den Appella-
tionsgerichten zu erstatten gewesenen Vorträge, theils auf
besonderes Ansuchen, noch vor dem Verspruche der Acten
völlig begnadigt worden sind, beläuft sich gegenwärtig
auf 4297. Auch sind bereits bei 182 wegen ihrer Theil-
[Spaltenumbruch] nahme an jenem Aufstande Verurtheilten die erkannten
Strafen im Gnadenwege mehr oder minder, und zum
Theil sehr bedeutend ermäßigt worden.

Wenn diese Ermäßigungen nicht immer in demselben
Verhältnisse zu einander stehen, wie die erkannten Stra-
fen, so ist daran zu erinnern, daß die Gesichtspuncte bei
der Begnadigung andere sind, als bei der richterlichen
Beurtheilung, welche sich streng an das Gesetz zu halten
hat, und daher manche Umstände, die bei der Begnadi-
gung in Betracht kommen können, nicht berücksichtigen
darf. Auch hat man für angemessen erachtet, selbst bei
bereits verurtheilten Jnculpaten, wenn nach dem Erkennt-
nisse noch Umstände hervortraten, wonach sie unzweifel-
haft zu den obgedachten Kategorien zu rechnen gewesen
wären, einen gänzlichen Erlaß der Strafe Allerhöchsten
Ortes zu bevorworten. Und da nun zu jenen Kategorien
auch solche Angeklagte gehören können, die nach dem Ge-
setze Todes= oder lebenslängliche Zuchthausstrafe verwirkt
haben, so darf es nicht befremden, wenn in einzelnen
Fällen, wie bereits geschehen, selbst diese schwersten
Strafen im Gnadenwege gänzlich erlassen werden.

-- Zu dem am 18ten begonnenen Paßkarten=Con-
gresse allhier, welcher die Aufnahme des Königreichs
Baiern in den bereits bestehenden Paßkartenverein und
die Verabredung weiterer Bestimmungen über die Ein-
richtung und Anwendung der Paßkarten, als einer we-
sentlichen Erleichterung für den Verkehr, zum Zwecke
hat, haben sich als Commissarien der betheiligten Deut-
schen Staaten angemeldet: 1 ) aus Preußen der geheime
Oberregierungsrath Frantz und der geheime Legations-
rath Hellwig; 2 ) aus Baiern der Legationsrath Baron
v. Tautphorus; 3 ) aus Sachsen der geheime Regie-
rungsrath Koerner; 4 ) aus Hannover der Polizei=Direc-
tor Dr. Wermuth ( zugleich mit für Schaumburg=Lippe ) ;
5 ) aus Braunschweig der Kreis=Director v. Hohenhorst;
6 ) aus Mecklenburg=Schwerin der Regierungsrath v.
Bassewitz; 7 ) aus Koburg=Gotha der Ministerialrath
Brückner; 8 ) aus Altenburg der Regierungs=Director
v. Schuderoff; 9 ) aus Hamburg Dr. Asher; 10 ) aus
Bremen der Senator Dr. Olbers; 11 ) aus Sachsen-
Weimar der geh. Regierungsrath Schambach ( zugleich
mit für die Fürstenthümer Reuß älterer und jüngerer
Linie ) . Die Verhandlungen sind am 21sten beendet
worden. Dem Vernehmen nach, sagt das "Dr. J."
haben sie u. A. auch zn dem erfreulichen Ergebniß der
Erweiterung des Vereins durch den nun zu gewärtigen-
den Beitritt von Baiern und von Coburg geführt.

Hannover, 20. October. Die Officiere der hiesi-
gen Garnison hatten sich vor einiger Zeit in Corpore
gegen die Bezahlung der Communalabgaben aufgelehnt;
in Folge dessen ist vom Ministerio des Jnnern jetzt der
Bescheid gekommen, daß die Officiere der Garnison, wenn
sie nicht Hausbesitzer sind, von allen Communalabgaben
befreit sind und bleiben.     ( H. B. H.

Mainz, 19. October. Die k. k. Oesterr. Mann-
schaften, welche in den äußeren Forts der Festung den
Sommer durch einquartiert waren und gewöhnlich den
1. October für die Wintermonate ausquartiert wurden,
werden diesmal auch den Winter in ihren Forts bleiben,
da in den Casernen kein Raum übrig ist, und andererseits
die Unkosten, welche deren Einquartierung bei den Bür-
gern verursacht hätte, zu bedeutend geworden wären. Es
sind zu diesem Zwecke die Quartiere in den Forts mit
Oefen versehen worden.     ( Nach der O. P. Z. )

Frankfurt, 18. October. Die hiesige gesetz-
gebende Versammlung beschließt in ihrer heutigen Si-
tzung hinsichtlich einer Senatsvorlage, betreffend einen
Gesetzentwurf über die Bürgerwehr, die Erklärung ab-
zugeben, daß sie bei der kurzen Zeit vor dem Eintritt
einer neuen gesetzgebenden Versammlung diesen Entwurf
weder selbst in Berathung nehmen, noch auch einer Com-
mission zur Vorberathung übergeben könne. Das der be-
treffenden Commission zu nochmaliger Erwägung zurück-
gewiesene Gesetz über Gleichstellung sämmtlicher Ehefrauen
im Concurse ihrer Männer, wird von dem Berichterstat-
ter Dr. Binding zur endlichen Berathung vorgelegt. Nach
einer kurzen Bemerkung von Küstner wird dasselbe in
seinen 7 Artikeln berathen und mit einer Redactionsände-
rung angenommen. Sein Hauptinhalt ist, daß künftig
zwischen den Frauen der Handels= und Gewerbsleute kein
Unterschied in Beziehung der Güterabsonderung besteht.

    ( O. P. A. Z. )

Frankreich.

Paris, 18. October. Gestern fand unter Vorsitz
des Handels=Ministers Dumas die Preisvertheilung für
die Ausstellung von Ackerbau=Producten zu Versailles
Statt.

-- Der Finanz=Minister ist gestern Abend nach Fon-
tainebleau abgegangen, um die vielbesprochene Angele-
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] ner und Demokraten und der Bingener Revolutionäre
vertheidigt. Die Fahne flaggte kühn durch Sturm und
Wetter, die an ihr ihre zerstörende Macht übten. Sr.
Majestät dem König wurde dieser Zug mitgetheilt und
der Monarch befahl sofort die Anfertigung nnd Ueber-
sendung einer neuen prächtigen Fahne als Anerkennung für
die bewiesene patriotische Gesinnung. Das königl. Ge-
schenk ging kurz vor dem Allerhöchsten Geburtstag dem
Landrath des Kreises Kreuznach, Herrn v. Jagow, mit
nachstehender königl. Cabinetsordre zu:

„ Es hat Meinem landesväterlichen Herzen wohl gethan,
von der Treue und Anhänglichkeit zu vernehmen, welche die
Gemeinen Langenlonsheim, Münster, Laubenheim, Hed-
desheim und Bretzenheim wie in guten Tagen, besonders
auch in der bösen Zeit des Aufruhrs und Verraths, der sie
umgab, Mir, Meinem königlichen Hause und dem engeren
Vaterlande Preußen bewahrt und so beharrlich als unerschro-
cken bethätigt haben. Da Mir nun bekannt geworden, daß
das Banner, welches sie seit dem 6. August 1848 in ihrer Mitte
zu Langenlonsheim aufgerichtet haben, um die Farbe ihrer
patriotischen Gesinnung und deren unverholenes Bekenntniß
aller Welt frei und offen zu bekunden, der Erneuerung be-
darf, so ist es Mir eine Genugthuung und eine Freude ge-
wesen, eine neue Flagge für sie anfertigen zu lassen, welche
Jch den Gemeinen als ein Zeichen Meiner Anerkennung und
Huld verehren will. Jch lasse Jhnen diese anbei zugehen, um
sie den genannten Gemeinen zu Meinem bevorstehenden Ge-
burtsfeste unter Mittheilung dieses Erlasses zu übergeben.
Bellevue, den 7. October 1850. ( gez. ) Friedrich Wil-
helm.
An den Landrath des Kreises Kreuznach v. Jagow.“

Die Ueberreichung der Fahne fand unter großen
Feierlichkeiten Statt.

— Ueber den Angriff und Fortgang der großen Eisen-
bahn=Brückenbauten über die Weichsel und die Nogat
bei Dirschau und Marienburg gibt der „St. A.“ einige
Nachrichten.

Der in Verbindung mit der Anlage der Ostbahn un-
ternommene Bau der Weichsel= und Nogatbrücken ist im
Jahre 1845 eingeleitet, im Sommer 1847 aber einge-
stellt worden, nachdem zunächst nur die Bearbeitung der
Projecte bewirkt und die Vorbereitungen zur eigentlichen
Bauausführung getroffen worden waren.

— Seit April d. J. ist dieser Bau wieder aufgenom-
men und hat nun, gestützt auf jene früheren Vorberei-
tungen und Beschaffungen von Geräthen und Materia-
lien, so wie auf die inzwischen ununterbrochen fortgeführ-
ten Deich= und Strom=Regulirungsbauten an der Weich-
sel und Nogat, namentlich in Betreff der Weichselbrücke
bei Dirschau kräftig in Angriff genommen werden kön-
nen. Diese Brücke soll fünf Oeffnungen, jede von nahe-
zu 470 Fuß Weite erhalten, und es wird daher der Bau
von zwei Land= und vier Mittelpfeilern erforderlich. Der
Landpfeiler des linken Ufers, auf welchem letzteren vor-
nehmlich die Werkplätze und die zugehörigen Einrichtun-
gen anzulegen waren, ist zunächst Gegenstand der dies-
jährigen Arbeit gewesen. Eine doppelte Reihe von Pfahl-
wänden in Verbindung mit ausgedehnten Steinschüttun-
gen, welche zum Schutz der Baugrube und der Pfeiler-
fundamente erforderlich werden, ist unter Anwendung zahl-
reicher Ramm=Maschinen vollendet, wobei die von Eng-
land beschaffte Dampframme so vorzügliche Dienste lei-
stete, daß es gerathen erschien, den Bau noch zweier
solcher Maschinen in der gegenwärtig mit der Bau-
Commission verbundenen Maschinenbau=Anstalt bei
Dirschau in Aussicht zu nehmen. Die Austiefung der
Baugrube wurde mittelst zweier Dampfbagger=Ma-
schinen bewirkt, und nachdem man von der vollkommenen
Zuverlässigkeit des Baugrundes vollständige Ueberzeugung
gewonnen hatte, mit der Einbringung der Betonfun-
dirung vorgegangen. Der Beton, aus in der Umgegend
aufgefundenen Materialien bereitet, erlangt unter Was-
ser innerhalb einer Woche die Härte guten Sandsteines
und erfordert verhältnißmäßig nur geringe Kosten. Der
Anschluß dieses Pfeilers an das linkseitige Ufer ist durch
Steinschüttungen bereits hergestellt. Zugleich hat auch
mit der Eröffnung der Baugrube für den Landpfeiler auf
dem rechten Weichselufer begonnen werden können und
sind dort bereits über 1800 Schachtruthen Boden geför-
dert worden.

Jm Uebrigen sind für die kräftige Förderung des
Bauestheils die nöthigen Einrichtungen in ausgedehntem
Maße vervollständigt, — Schienenbahnen gelegt, ge-
neigte Ebenen zur Verbindung der Werkplätze mit dem
Strome hergestellt, Cementöfen erbaut, Maschinen zur
Mörtel= und Beton=Bereitung vorgerichtet, — theils die
Material=Beschaffungen weiter eingeleitet. Ziegelsteine
werden in vortrefflicher Qualität auf der bereits früher
bei Kniebau eingerichteten Ziegelei gefertigt wo in diesem
Sommer3 1 / 4 Millionen Ziegel gebrannt und eben so
viel schon nach der Baustelle bei Dirschau angeliefert
wurden. Granitblöcke werden in der Umgegend in be-
trächtliche: Menge gegraben, gesprengt und angefahren.
Ueber 800 Menschen und zahlreiche Gespanne sind für
den Bau bei Dirschau in Thätigkeit.

Weniger hat bisher für die Nogatbrücke bei Marien-
[Spaltenumbruch] burg geschehen können, doch sind auch hier Material-
Beschaffungen in Gang gesetzt, und werden alle Einlei-
tungen getroffen, um auch den Bau dieser kleineren Brücke,
welche nur 3 Oeffnungen von etwa 200 Fuß Weite er-
halten soll, demnächst angemessen in Angriff zu nehmen.

Breslau, 21. October. Als heute gegen Mittag
bekannt wurde, daß Se. Eminenz der Cardinal=Fürst-
bischof von Breslau heute wieder hier eintreffen werde,
war sofort von mehreren Bewohnern der Stadt der Beschluß
gefaßt worden, dem Kirchenfürsten entgegenzufahren und
ihn in seine Residenz zu begleiten. Jn 12 Wagen fuhren
demgemäß Deputationen des Dom=Capitels, der katho-
lisch=theologischen Facultät, des katholischen Gymnasiums
und Schullehrer=Seminars, so wie der katholischen Bür-
gerschaft bis Lamsfeld entgegen, wo Se. Eminenz ehr-
furchtsvoll begrüßt wurde. — Um 5 Uhr ist der Herr
Cardinal im besten Wohlsein hier eingetroffen. Jn sei-
ner Begleitung befand sich der päpstliche Nobelgardist,
Graf Leoncilli.     ( Schles. Z. )

— Die Handelskammer hatte bei dem Ministerium
ein Gesuch mehrerer hiesiger Ungar=Weinhändler be-
fürwortet, in welchem dieselben den Antrag stellten,
daß der den Großweinhändlern von den zum Absatze
innerhalb des Zollvereines aus den Ursprungsländern
in gewisser Quantität eingeführten fremden Wei-
nen bewilligte Zollerlaß von 20 Percent für Ungar-
weine auf 30 pCt. erhöht werde, weil für selbige jene
20 pCt. nicht ausreichen, um die durch Abgang, Aus-
laufen, Einzehrung und Satz entstehenden Verluste zu
decken. Auf dieses Gesuch war inzwischen ein abschlägiger
Bescheid eingegangen. Derselbe wurde in der Sitzung der
Handelskammer am 19. mitgetheilt. Es heißt in demselben,
daß durch die den Großweinhändlern nach dem Regulativ
vom 21. August 1847 gewährten Erleichterungen, der
beabsichtigte Zweck, den Betrieb des Großhandels mit
Wein im Jnlande zu befördern genügend gesichert werde
und deshalb keine Veranlassung zu einer Erweiterung je-
ner Erleichterungen vorliege, im Uebrigen die Gewährung
von ausnahmsweisen Bestimmungen für einzelne Arten
von Weinen nicht statthaft erscheine.

Stettin, 19. October. Die Preußische Regierung
hat in England zwei Kriegsdampf=Fregatten, jede mit
sechs 25pfündigen Bomben=Kanonen, angekauft. Sobald
der „Preußische Adler“ hierher zurückgekehrt ist, wer-
den auf ihm 4 Officiere, 4 Unterofficiere und 30 Mann
nach England abgehen, um die beiden Fahrzeuge dort
in Empfang zu nehmen und hierher zu geleiten, wo sie
alsdann armirt und zu einer großen Uebungsreise mit
der Mannschaft ausgerüstet werden sollen. Das Com-
mando wird wahrscheinlich der Lieutenant Jachmann oder
Herman übernehmen.     ( Osts. Ztg. )

Köln, 17. October. Das Südportal des Kölner
Domes hat noch eine weitere Ausschmückung empfangen.
Es wurden nämlich die aus dem Atelier des Bildhauers
Mohr hervorgegangenen fünf Standbilder: der segnende
Heiland und die Evangelisten, in dem durchbrochenen
Giebel aufgestellt. Von demselben Meister sind auch
die Statuetten, welche das Grabmal Conrad's von
Hochstetten im Dom zieren.     ( Rh. Bl. )

Swinemünde, 19. October. Durch ein Bornhol-
mer Fahrzeug ist hier durch das kaiserl. Russische Vice-
Consulat der Rapport eingegangen, daß die kaiserl. Rus-
sische Kriegs=Dampffregatte „Archimedes“ gestern Mor-
gens unweit Rönne gestrandet ist. Das Schiff soll be-
reits Wrack und von der Manschaft 8 Mann ertrunken
sein.     ( Voßsche Ztg. )

München, 21. October. Der bisherige Professor
der Philosophie am Lyceum zu Bamberg Dr. J. Sepp ist
zum außerordentlichen Professor bei der philosophischen
Facultät der hiesigen Hochschule ernannt. Jhre königl.
Hoheit die Großherzogin Mathilde von Hessen ist gestern
von hier nach Darmstadt zurückgekehrt.

— Vorgestern hatte eine Deputation des Magistrates
und der Gemeinde=Bevollmächtigten mit den beiden Her-
ren Bürgermeistern an der Spitze die Ehre, von Sr. Ma-
jestät dem Könige Ludwig empfangen zu werden und Aller-
höchstdemselben den Dank für das neue großartige Ge-
schenk des Siegesthores darzubringen.

Dresden, 23. October. Das Ministerium der Ju-
stiz erläßt folgende Bekanntmachung: Die Zahl derjeni-
gen wegen Theilnahme an dem vorjährigen Maiaufstande
zur Untersuchung gezogenen Personen, welche in Gemäß-
heit der von Seiten der Regierung bei dem Landtage von
1849 abgegebenen Erklärung theils auf die wegen ge-
wisser Kategorien der Maiangeklagten von den Appella-
tionsgerichten zu erstatten gewesenen Vorträge, theils auf
besonderes Ansuchen, noch vor dem Verspruche der Acten
völlig begnadigt worden sind, beläuft sich gegenwärtig
auf 4297. Auch sind bereits bei 182 wegen ihrer Theil-
[Spaltenumbruch] nahme an jenem Aufstande Verurtheilten die erkannten
Strafen im Gnadenwege mehr oder minder, und zum
Theil sehr bedeutend ermäßigt worden.

Wenn diese Ermäßigungen nicht immer in demselben
Verhältnisse zu einander stehen, wie die erkannten Stra-
fen, so ist daran zu erinnern, daß die Gesichtspuncte bei
der Begnadigung andere sind, als bei der richterlichen
Beurtheilung, welche sich streng an das Gesetz zu halten
hat, und daher manche Umstände, die bei der Begnadi-
gung in Betracht kommen können, nicht berücksichtigen
darf. Auch hat man für angemessen erachtet, selbst bei
bereits verurtheilten Jnculpaten, wenn nach dem Erkennt-
nisse noch Umstände hervortraten, wonach sie unzweifel-
haft zu den obgedachten Kategorien zu rechnen gewesen
wären, einen gänzlichen Erlaß der Strafe Allerhöchsten
Ortes zu bevorworten. Und da nun zu jenen Kategorien
auch solche Angeklagte gehören können, die nach dem Ge-
setze Todes= oder lebenslängliche Zuchthausstrafe verwirkt
haben, so darf es nicht befremden, wenn in einzelnen
Fällen, wie bereits geschehen, selbst diese schwersten
Strafen im Gnadenwege gänzlich erlassen werden.

— Zu dem am 18ten begonnenen Paßkarten=Con-
gresse allhier, welcher die Aufnahme des Königreichs
Baiern in den bereits bestehenden Paßkartenverein und
die Verabredung weiterer Bestimmungen über die Ein-
richtung und Anwendung der Paßkarten, als einer we-
sentlichen Erleichterung für den Verkehr, zum Zwecke
hat, haben sich als Commissarien der betheiligten Deut-
schen Staaten angemeldet: 1 ) aus Preußen der geheime
Oberregierungsrath Frantz und der geheime Legations-
rath Hellwig; 2 ) aus Baiern der Legationsrath Baron
v. Tautphorus; 3 ) aus Sachsen der geheime Regie-
rungsrath Koerner; 4 ) aus Hannover der Polizei=Direc-
tor Dr. Wermuth ( zugleich mit für Schaumburg=Lippe ) ;
5 ) aus Braunschweig der Kreis=Director v. Hohenhorst;
6 ) aus Mecklenburg=Schwerin der Regierungsrath v.
Bassewitz; 7 ) aus Koburg=Gotha der Ministerialrath
Brückner; 8 ) aus Altenburg der Regierungs=Director
v. Schuderoff; 9 ) aus Hamburg Dr. Asher; 10 ) aus
Bremen der Senator Dr. Olbers; 11 ) aus Sachsen-
Weimar der geh. Regierungsrath Schambach ( zugleich
mit für die Fürstenthümer Reuß älterer und jüngerer
Linie ) . Die Verhandlungen sind am 21sten beendet
worden. Dem Vernehmen nach, sagt das „Dr. J.“
haben sie u. A. auch zn dem erfreulichen Ergebniß der
Erweiterung des Vereins durch den nun zu gewärtigen-
den Beitritt von Baiern und von Coburg geführt.

Hannover, 20. October. Die Officiere der hiesi-
gen Garnison hatten sich vor einiger Zeit in Corpore
gegen die Bezahlung der Communalabgaben aufgelehnt;
in Folge dessen ist vom Ministerio des Jnnern jetzt der
Bescheid gekommen, daß die Officiere der Garnison, wenn
sie nicht Hausbesitzer sind, von allen Communalabgaben
befreit sind und bleiben.     ( H. B. H.

Mainz, 19. October. Die k. k. Oesterr. Mann-
schaften, welche in den äußeren Forts der Festung den
Sommer durch einquartiert waren und gewöhnlich den
1. October für die Wintermonate ausquartiert wurden,
werden diesmal auch den Winter in ihren Forts bleiben,
da in den Casernen kein Raum übrig ist, und andererseits
die Unkosten, welche deren Einquartierung bei den Bür-
gern verursacht hätte, zu bedeutend geworden wären. Es
sind zu diesem Zwecke die Quartiere in den Forts mit
Oefen versehen worden.     ( Nach der O. P. Z. )

Frankfurt, 18. October. Die hiesige gesetz-
gebende Versammlung beschließt in ihrer heutigen Si-
tzung hinsichtlich einer Senatsvorlage, betreffend einen
Gesetzentwurf über die Bürgerwehr, die Erklärung ab-
zugeben, daß sie bei der kurzen Zeit vor dem Eintritt
einer neuen gesetzgebenden Versammlung diesen Entwurf
weder selbst in Berathung nehmen, noch auch einer Com-
mission zur Vorberathung übergeben könne. Das der be-
treffenden Commission zu nochmaliger Erwägung zurück-
gewiesene Gesetz über Gleichstellung sämmtlicher Ehefrauen
im Concurse ihrer Männer, wird von dem Berichterstat-
ter Dr. Binding zur endlichen Berathung vorgelegt. Nach
einer kurzen Bemerkung von Küstner wird dasselbe in
seinen 7 Artikeln berathen und mit einer Redactionsände-
rung angenommen. Sein Hauptinhalt ist, daß künftig
zwischen den Frauen der Handels= und Gewerbsleute kein
Unterschied in Beziehung der Güterabsonderung besteht.

    ( O. P. A. Z. )

Frankreich.

Paris, 18. October. Gestern fand unter Vorsitz
des Handels=Ministers Dumas die Preisvertheilung für
die Ausstellung von Ackerbau=Producten zu Versailles
Statt.

— Der Finanz=Minister ist gestern Abend nach Fon-
tainebleau abgegangen, um die vielbesprochene Angele-
[Ende Spaltensatz]

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[3225/0005] 3225 ner und Demokraten und der Bingener Revolutionäre vertheidigt. Die Fahne flaggte kühn durch Sturm und Wetter, die an ihr ihre zerstörende Macht übten. Sr. Majestät dem König wurde dieser Zug mitgetheilt und der Monarch befahl sofort die Anfertigung nnd Ueber- sendung einer neuen prächtigen Fahne als Anerkennung für die bewiesene patriotische Gesinnung. Das königl. Ge- schenk ging kurz vor dem Allerhöchsten Geburtstag dem Landrath des Kreises Kreuznach, Herrn v. Jagow, mit nachstehender königl. Cabinetsordre zu: „ Es hat Meinem landesväterlichen Herzen wohl gethan, von der Treue und Anhänglichkeit zu vernehmen, welche die Gemeinen Langenlonsheim, Münster, Laubenheim, Hed- desheim und Bretzenheim wie in guten Tagen, besonders auch in der bösen Zeit des Aufruhrs und Verraths, der sie umgab, Mir, Meinem königlichen Hause und dem engeren Vaterlande Preußen bewahrt und so beharrlich als unerschro- cken bethätigt haben. Da Mir nun bekannt geworden, daß das Banner, welches sie seit dem 6. August 1848 in ihrer Mitte zu Langenlonsheim aufgerichtet haben, um die Farbe ihrer patriotischen Gesinnung und deren unverholenes Bekenntniß aller Welt frei und offen zu bekunden, der Erneuerung be- darf, so ist es Mir eine Genugthuung und eine Freude ge- wesen, eine neue Flagge für sie anfertigen zu lassen, welche Jch den Gemeinen als ein Zeichen Meiner Anerkennung und Huld verehren will. Jch lasse Jhnen diese anbei zugehen, um sie den genannten Gemeinen zu Meinem bevorstehenden Ge- burtsfeste unter Mittheilung dieses Erlasses zu übergeben. Bellevue, den 7. October 1850. ( gez. ) Friedrich Wil- helm. An den Landrath des Kreises Kreuznach v. Jagow.“ Die Ueberreichung der Fahne fand unter großen Feierlichkeiten Statt. — Ueber den Angriff und Fortgang der großen Eisen- bahn=Brückenbauten über die Weichsel und die Nogat bei Dirschau und Marienburg gibt der „St. A.“ einige Nachrichten. Der in Verbindung mit der Anlage der Ostbahn un- ternommene Bau der Weichsel= und Nogatbrücken ist im Jahre 1845 eingeleitet, im Sommer 1847 aber einge- stellt worden, nachdem zunächst nur die Bearbeitung der Projecte bewirkt und die Vorbereitungen zur eigentlichen Bauausführung getroffen worden waren. — Seit April d. J. ist dieser Bau wieder aufgenom- men und hat nun, gestützt auf jene früheren Vorberei- tungen und Beschaffungen von Geräthen und Materia- lien, so wie auf die inzwischen ununterbrochen fortgeführ- ten Deich= und Strom=Regulirungsbauten an der Weich- sel und Nogat, namentlich in Betreff der Weichselbrücke bei Dirschau kräftig in Angriff genommen werden kön- nen. Diese Brücke soll fünf Oeffnungen, jede von nahe- zu 470 Fuß Weite erhalten, und es wird daher der Bau von zwei Land= und vier Mittelpfeilern erforderlich. Der Landpfeiler des linken Ufers, auf welchem letzteren vor- nehmlich die Werkplätze und die zugehörigen Einrichtun- gen anzulegen waren, ist zunächst Gegenstand der dies- jährigen Arbeit gewesen. Eine doppelte Reihe von Pfahl- wänden in Verbindung mit ausgedehnten Steinschüttun- gen, welche zum Schutz der Baugrube und der Pfeiler- fundamente erforderlich werden, ist unter Anwendung zahl- reicher Ramm=Maschinen vollendet, wobei die von Eng- land beschaffte Dampframme so vorzügliche Dienste lei- stete, daß es gerathen erschien, den Bau noch zweier solcher Maschinen in der gegenwärtig mit der Bau- Commission verbundenen Maschinenbau=Anstalt bei Dirschau in Aussicht zu nehmen. Die Austiefung der Baugrube wurde mittelst zweier Dampfbagger=Ma- schinen bewirkt, und nachdem man von der vollkommenen Zuverlässigkeit des Baugrundes vollständige Ueberzeugung gewonnen hatte, mit der Einbringung der Betonfun- dirung vorgegangen. Der Beton, aus in der Umgegend aufgefundenen Materialien bereitet, erlangt unter Was- ser innerhalb einer Woche die Härte guten Sandsteines und erfordert verhältnißmäßig nur geringe Kosten. Der Anschluß dieses Pfeilers an das linkseitige Ufer ist durch Steinschüttungen bereits hergestellt. Zugleich hat auch mit der Eröffnung der Baugrube für den Landpfeiler auf dem rechten Weichselufer begonnen werden können und sind dort bereits über 1800 Schachtruthen Boden geför- dert worden. Jm Uebrigen sind für die kräftige Förderung des Bauestheils die nöthigen Einrichtungen in ausgedehntem Maße vervollständigt, — Schienenbahnen gelegt, ge- neigte Ebenen zur Verbindung der Werkplätze mit dem Strome hergestellt, Cementöfen erbaut, Maschinen zur Mörtel= und Beton=Bereitung vorgerichtet, — theils die Material=Beschaffungen weiter eingeleitet. Ziegelsteine werden in vortrefflicher Qualität auf der bereits früher bei Kniebau eingerichteten Ziegelei gefertigt wo in diesem Sommer3 1 / 4 Millionen Ziegel gebrannt und eben so viel schon nach der Baustelle bei Dirschau angeliefert wurden. Granitblöcke werden in der Umgegend in be- trächtliche: Menge gegraben, gesprengt und angefahren. Ueber 800 Menschen und zahlreiche Gespanne sind für den Bau bei Dirschau in Thätigkeit. Weniger hat bisher für die Nogatbrücke bei Marien- burg geschehen können, doch sind auch hier Material- Beschaffungen in Gang gesetzt, und werden alle Einlei- tungen getroffen, um auch den Bau dieser kleineren Brücke, welche nur 3 Oeffnungen von etwa 200 Fuß Weite er- halten soll, demnächst angemessen in Angriff zu nehmen. Breslau, 21. October. Als heute gegen Mittag bekannt wurde, daß Se. Eminenz der Cardinal=Fürst- bischof von Breslau heute wieder hier eintreffen werde, war sofort von mehreren Bewohnern der Stadt der Beschluß gefaßt worden, dem Kirchenfürsten entgegenzufahren und ihn in seine Residenz zu begleiten. Jn 12 Wagen fuhren demgemäß Deputationen des Dom=Capitels, der katho- lisch=theologischen Facultät, des katholischen Gymnasiums und Schullehrer=Seminars, so wie der katholischen Bür- gerschaft bis Lamsfeld entgegen, wo Se. Eminenz ehr- furchtsvoll begrüßt wurde. — Um 5 Uhr ist der Herr Cardinal im besten Wohlsein hier eingetroffen. Jn sei- ner Begleitung befand sich der päpstliche Nobelgardist, Graf Leoncilli. ( Schles. Z. ) — Die Handelskammer hatte bei dem Ministerium ein Gesuch mehrerer hiesiger Ungar=Weinhändler be- fürwortet, in welchem dieselben den Antrag stellten, daß der den Großweinhändlern von den zum Absatze innerhalb des Zollvereines aus den Ursprungsländern in gewisser Quantität eingeführten fremden Wei- nen bewilligte Zollerlaß von 20 Percent für Ungar- weine auf 30 pCt. erhöht werde, weil für selbige jene 20 pCt. nicht ausreichen, um die durch Abgang, Aus- laufen, Einzehrung und Satz entstehenden Verluste zu decken. Auf dieses Gesuch war inzwischen ein abschlägiger Bescheid eingegangen. Derselbe wurde in der Sitzung der Handelskammer am 19. mitgetheilt. Es heißt in demselben, daß durch die den Großweinhändlern nach dem Regulativ vom 21. August 1847 gewährten Erleichterungen, der beabsichtigte Zweck, den Betrieb des Großhandels mit Wein im Jnlande zu befördern genügend gesichert werde und deshalb keine Veranlassung zu einer Erweiterung je- ner Erleichterungen vorliege, im Uebrigen die Gewährung von ausnahmsweisen Bestimmungen für einzelne Arten von Weinen nicht statthaft erscheine. Stettin, 19. October. Die Preußische Regierung hat in England zwei Kriegsdampf=Fregatten, jede mit sechs 25pfündigen Bomben=Kanonen, angekauft. Sobald der „Preußische Adler“ hierher zurückgekehrt ist, wer- den auf ihm 4 Officiere, 4 Unterofficiere und 30 Mann nach England abgehen, um die beiden Fahrzeuge dort in Empfang zu nehmen und hierher zu geleiten, wo sie alsdann armirt und zu einer großen Uebungsreise mit der Mannschaft ausgerüstet werden sollen. Das Com- mando wird wahrscheinlich der Lieutenant Jachmann oder Herman übernehmen. ( Osts. Ztg. ) Köln, 17. October. Das Südportal des Kölner Domes hat noch eine weitere Ausschmückung empfangen. Es wurden nämlich die aus dem Atelier des Bildhauers Mohr hervorgegangenen fünf Standbilder: der segnende Heiland und die Evangelisten, in dem durchbrochenen Giebel aufgestellt. Von demselben Meister sind auch die Statuetten, welche das Grabmal Conrad's von Hochstetten im Dom zieren. ( Rh. Bl. ) Swinemünde, 19. October. Durch ein Bornhol- mer Fahrzeug ist hier durch das kaiserl. Russische Vice- Consulat der Rapport eingegangen, daß die kaiserl. Rus- sische Kriegs=Dampffregatte „Archimedes“ gestern Mor- gens unweit Rönne gestrandet ist. Das Schiff soll be- reits Wrack und von der Manschaft 8 Mann ertrunken sein. ( Voßsche Ztg. ) München, 21. October. Der bisherige Professor der Philosophie am Lyceum zu Bamberg Dr. J. Sepp ist zum außerordentlichen Professor bei der philosophischen Facultät der hiesigen Hochschule ernannt. Jhre königl. Hoheit die Großherzogin Mathilde von Hessen ist gestern von hier nach Darmstadt zurückgekehrt. — Vorgestern hatte eine Deputation des Magistrates und der Gemeinde=Bevollmächtigten mit den beiden Her- ren Bürgermeistern an der Spitze die Ehre, von Sr. Ma- jestät dem Könige Ludwig empfangen zu werden und Aller- höchstdemselben den Dank für das neue großartige Ge- schenk des Siegesthores darzubringen. Dresden, 23. October. Das Ministerium der Ju- stiz erläßt folgende Bekanntmachung: Die Zahl derjeni- gen wegen Theilnahme an dem vorjährigen Maiaufstande zur Untersuchung gezogenen Personen, welche in Gemäß- heit der von Seiten der Regierung bei dem Landtage von 1849 abgegebenen Erklärung theils auf die wegen ge- wisser Kategorien der Maiangeklagten von den Appella- tionsgerichten zu erstatten gewesenen Vorträge, theils auf besonderes Ansuchen, noch vor dem Verspruche der Acten völlig begnadigt worden sind, beläuft sich gegenwärtig auf 4297. Auch sind bereits bei 182 wegen ihrer Theil- nahme an jenem Aufstande Verurtheilten die erkannten Strafen im Gnadenwege mehr oder minder, und zum Theil sehr bedeutend ermäßigt worden. Wenn diese Ermäßigungen nicht immer in demselben Verhältnisse zu einander stehen, wie die erkannten Stra- fen, so ist daran zu erinnern, daß die Gesichtspuncte bei der Begnadigung andere sind, als bei der richterlichen Beurtheilung, welche sich streng an das Gesetz zu halten hat, und daher manche Umstände, die bei der Begnadi- gung in Betracht kommen können, nicht berücksichtigen darf. Auch hat man für angemessen erachtet, selbst bei bereits verurtheilten Jnculpaten, wenn nach dem Erkennt- nisse noch Umstände hervortraten, wonach sie unzweifel- haft zu den obgedachten Kategorien zu rechnen gewesen wären, einen gänzlichen Erlaß der Strafe Allerhöchsten Ortes zu bevorworten. Und da nun zu jenen Kategorien auch solche Angeklagte gehören können, die nach dem Ge- setze Todes= oder lebenslängliche Zuchthausstrafe verwirkt haben, so darf es nicht befremden, wenn in einzelnen Fällen, wie bereits geschehen, selbst diese schwersten Strafen im Gnadenwege gänzlich erlassen werden. — Zu dem am 18ten begonnenen Paßkarten=Con- gresse allhier, welcher die Aufnahme des Königreichs Baiern in den bereits bestehenden Paßkartenverein und die Verabredung weiterer Bestimmungen über die Ein- richtung und Anwendung der Paßkarten, als einer we- sentlichen Erleichterung für den Verkehr, zum Zwecke hat, haben sich als Commissarien der betheiligten Deut- schen Staaten angemeldet: 1 ) aus Preußen der geheime Oberregierungsrath Frantz und der geheime Legations- rath Hellwig; 2 ) aus Baiern der Legationsrath Baron v. Tautphorus; 3 ) aus Sachsen der geheime Regie- rungsrath Koerner; 4 ) aus Hannover der Polizei=Direc- tor Dr. Wermuth ( zugleich mit für Schaumburg=Lippe ) ; 5 ) aus Braunschweig der Kreis=Director v. Hohenhorst; 6 ) aus Mecklenburg=Schwerin der Regierungsrath v. Bassewitz; 7 ) aus Koburg=Gotha der Ministerialrath Brückner; 8 ) aus Altenburg der Regierungs=Director v. Schuderoff; 9 ) aus Hamburg Dr. Asher; 10 ) aus Bremen der Senator Dr. Olbers; 11 ) aus Sachsen- Weimar der geh. Regierungsrath Schambach ( zugleich mit für die Fürstenthümer Reuß älterer und jüngerer Linie ) . Die Verhandlungen sind am 21sten beendet worden. Dem Vernehmen nach, sagt das „Dr. J.“ haben sie u. A. auch zn dem erfreulichen Ergebniß der Erweiterung des Vereins durch den nun zu gewärtigen- den Beitritt von Baiern und von Coburg geführt. Hannover, 20. October. Die Officiere der hiesi- gen Garnison hatten sich vor einiger Zeit in Corpore gegen die Bezahlung der Communalabgaben aufgelehnt; in Folge dessen ist vom Ministerio des Jnnern jetzt der Bescheid gekommen, daß die Officiere der Garnison, wenn sie nicht Hausbesitzer sind, von allen Communalabgaben befreit sind und bleiben. ( H. B. H. Mainz, 19. October. Die k. k. Oesterr. Mann- schaften, welche in den äußeren Forts der Festung den Sommer durch einquartiert waren und gewöhnlich den 1. October für die Wintermonate ausquartiert wurden, werden diesmal auch den Winter in ihren Forts bleiben, da in den Casernen kein Raum übrig ist, und andererseits die Unkosten, welche deren Einquartierung bei den Bür- gern verursacht hätte, zu bedeutend geworden wären. Es sind zu diesem Zwecke die Quartiere in den Forts mit Oefen versehen worden. ( Nach der O. P. Z. ) Frankfurt, 18. October. Die hiesige gesetz- gebende Versammlung beschließt in ihrer heutigen Si- tzung hinsichtlich einer Senatsvorlage, betreffend einen Gesetzentwurf über die Bürgerwehr, die Erklärung ab- zugeben, daß sie bei der kurzen Zeit vor dem Eintritt einer neuen gesetzgebenden Versammlung diesen Entwurf weder selbst in Berathung nehmen, noch auch einer Com- mission zur Vorberathung übergeben könne. Das der be- treffenden Commission zu nochmaliger Erwägung zurück- gewiesene Gesetz über Gleichstellung sämmtlicher Ehefrauen im Concurse ihrer Männer, wird von dem Berichterstat- ter Dr. Binding zur endlichen Berathung vorgelegt. Nach einer kurzen Bemerkung von Küstner wird dasselbe in seinen 7 Artikeln berathen und mit einer Redactionsände- rung angenommen. Sein Hauptinhalt ist, daß künftig zwischen den Frauen der Handels= und Gewerbsleute kein Unterschied in Beziehung der Güterabsonderung besteht. ( O. P. A. Z. ) Frankreich. Paris, 18. October. Gestern fand unter Vorsitz des Handels=Ministers Dumas die Preisvertheilung für die Ausstellung von Ackerbau=Producten zu Versailles Statt. — Der Finanz=Minister ist gestern Abend nach Fon- tainebleau abgegangen, um die vielbesprochene Angele-

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Wiener Zeitung. Nr. 255. [Wien], 25. Oktober 1850, S. 3225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_wiener255_1850/5>, abgerufen am 06.11.2024.