Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

kein Zweifel, dass die Unterwürfigkeit auf
das Ohr berechnet sei.

Die Definition des Vogels heisst so:
Avis = animal unisensuale, meatu au-
ditorio externo aperto
.

Wer sollte glauben, der die weitläuf-
tigen und unbestimmten Beschreibungen
der Systematiker, welche sie für Definitio-
nen der Vögel ausgeben, ansieht, dass ein
solch kurzer und von allen andern Thie-
ren unterscheidender Charakter möglich sei!
In unserm hier gegebenen Charakter ist
alles Zufällige, alles blos Organische weg-
gelassen, und nur das eigentlich Thieri-
sche, dessen Abbild der Vogel ist, der
Sinn ist angegeben. Dieser kurze, präcise
Charakter möge zugleich dienen, als Beleg
für die durch unser ganzes System durch-
geführte Behauptung, dass die Sinne das
Einzige dem Thier Eigenthümliche, und
folglich das Princip aller Eintheilung sind.

Die Vögel sind nach dem Hörsinn zu
ordnen, wozu wohl der Schnabel mit
Recht gebraucht werden kann, da er, mit

den

kein Zweifel, daſs die Unterwürfigkeit auf
das Ohr berechnet sei.

Die Definition des Vogels heiſst so:
Avis = animal unisensuale, meatu au-
ditorio externo aperto
.

Wer sollte glauben, der die weitläuf-
tigen und unbeſtimmten Beſchreibungen
der Syſtematiker, welche sie für Definitio-
nen der Vögel ausgeben, ansieht, daſs ein
solch kurzer und von allen andern Thie-
ren unterſcheidender Charakter möglich sei!
In unſerm hier gegebenen Charakter iſt
alles Zufällige, alles blos Organiſche weg-
gelaſſen, und nur das eigentlich Thieri-
sche, deſſen Abbild der Vogel iſt, der
Sinn iſt angegeben. Dieſer kurze, präciſe
Charakter möge zugleich dienen, als Beleg
für die durch unſer ganzes Syſtem durch-
geführte Behauptung, daſs die Sinne das
Einzige dem Thier Eigenthümliche, und
folglich das Princip aller Eintheilung sind.

Die Vögel sind nach dem Hörsinn zu
ordnen, wozu wohl der Schnabel mit
Recht gebraucht werden kann, da er, mit

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0177" n="159"/>
kein Zweifel, da&#x017F;s die Unterwürfigkeit auf<lb/>
das Ohr berechnet sei.</p><lb/>
          <p>Die Definition des Vogels hei&#x017F;st so:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#i">Avis = animal unisensuale, meatu au-<lb/>
ditorio externo aperto</hi>.</hi></p><lb/>
          <p>Wer sollte glauben, der die weitläuf-<lb/>
tigen und unbe&#x017F;timmten Be&#x017F;chreibungen<lb/>
der Sy&#x017F;tematiker, welche sie für Definitio-<lb/>
nen der Vögel ausgeben, ansieht, da&#x017F;s ein<lb/>
solch kurzer und von allen andern Thie-<lb/>
ren unter&#x017F;cheidender Charakter möglich sei!<lb/>
In un&#x017F;erm hier gegebenen Charakter i&#x017F;t<lb/>
alles Zufällige, alles blos Organi&#x017F;che weg-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en, und nur das eigentlich Thieri-<lb/>
sche, de&#x017F;&#x017F;en Abbild der Vogel i&#x017F;t, der<lb/>
Sinn i&#x017F;t angegeben. Die&#x017F;er kurze, präci&#x017F;e<lb/>
Charakter möge zugleich dienen, als Beleg<lb/>
für die durch un&#x017F;er ganzes Sy&#x017F;tem durch-<lb/>
geführte Behauptung, da&#x017F;s die Sinne das<lb/>
Einzige dem Thier Eigenthümliche, und<lb/>
folglich das Princip aller Eintheilung sind.</p><lb/>
          <p>Die Vögel sind nach dem Hörsinn zu<lb/>
ordnen, wozu wohl der Schnabel mit<lb/>
Recht gebraucht werden kann, da er, mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0177] kein Zweifel, daſs die Unterwürfigkeit auf das Ohr berechnet sei. Die Definition des Vogels heiſst so: Avis = animal unisensuale, meatu au- ditorio externo aperto. Wer sollte glauben, der die weitläuf- tigen und unbeſtimmten Beſchreibungen der Syſtematiker, welche sie für Definitio- nen der Vögel ausgeben, ansieht, daſs ein solch kurzer und von allen andern Thie- ren unterſcheidender Charakter möglich sei! In unſerm hier gegebenen Charakter iſt alles Zufällige, alles blos Organiſche weg- gelaſſen, und nur das eigentlich Thieri- sche, deſſen Abbild der Vogel iſt, der Sinn iſt angegeben. Dieſer kurze, präciſe Charakter möge zugleich dienen, als Beleg für die durch unſer ganzes Syſtem durch- geführte Behauptung, daſs die Sinne das Einzige dem Thier Eigenthümliche, und folglich das Princip aller Eintheilung sind. Die Vögel sind nach dem Hörsinn zu ordnen, wozu wohl der Schnabel mit Recht gebraucht werden kann, da er, mit den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/177
Zitationshilfe: Oken, Lorenz: Abriß des Systems der Biologie. Göttingen, 1805, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oken_biologie_1805/177>, abgerufen am 29.03.2024.