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Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647.

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Reise Beschreibung.

Noch ist eine denckwürdige Vorstadt auff der Westen seiten/ so
Kebrabath vnd die Einwohner Kebber genant werden/ seynd auchKebrabath.
reiche Kauffleute. Diese haben lange Bärte/ tragen gar einen andern
Habit/ als die gemeine Perser/ gehen in langen vngebundenen Rö-
cken/ welche nirgend/ als am Halse vnd auff den Schultern offen/ vnd
mit Bändern geschlossen werden. Jhre Weiber gehen ohne Schew
mit offenem Gesichte/ man helt sie für züchtige fromme vnd guthertzige
Leute. Sie seynd aber einer alten Heydnischen art/ welche sich weder
beschneiden noch täuffen lassen/ haben auch weder Pfaffe noch Kirche.
Was eigentlich jhre Religion sey/ habe ich nicht erfahren können. Jst
jemand vnter jhnen gestorben/ lassen sie auß dem Sterbehause einen
Hanen auffs Feld lauffen/ wenn derselbe von einem Fuchse erhaschet/
vnd weggeführet wird/ halten sie darvor daß des verstorbenen Seele

[Abbildung]
ins ander Leben auffgenommen sey. Wenn aber diese Probe etwa miß-
gelingen oder wegen ander Zufälle verdächtig werden möchte/ nehmen
sie eine andere für die Hand der Sie mehr trauen. Sie tragen nemlich
jhre Leichen mit besten Kleidern behangen/ vnd mit güldenen KettenDer Kebber
Leichbegäng-
nis.

vnd allerhand Geschmeide gezieret auff den Todten Acker/ vnd staffeln
sie mit höltzern Gabeln an die Maur/ wenn nun die Vogel des Him-
mels das rechte Auge außhacken/ wird Er vnfehlbar des Himmels

wür-
H h h iij
Reiſe Beſchreibung.

Noch iſt eine denckwuͤrdige Vorſtadt auff der Weſten ſeiten/ ſo
Kebrabath vnd die Einwohner Kebber genant werden/ ſeynd auchKebrabath.
reiche Kauffleute. Dieſe haben lange Baͤrte/ tragen gar einen andern
Habit/ als die gemeine Perſer/ gehen in langen vngebundenen Roͤ-
cken/ welche nirgend/ als am Halſe vnd auff den Schultern offen/ vnd
mit Baͤndern geſchloſſen werden. Jhre Weiber gehen ohne Schew
mit offenem Geſichte/ man helt ſie fuͤr zuͤchtige fromme vnd guthertzige
Leute. Sie ſeynd aber einer alten Heydniſchen art/ welche ſich weder
beſchneiden noch taͤuffen laſſen/ haben auch weder Pfaffe noch Kirche.
Was eigentlich jhre Religion ſey/ habe ich nicht erfahren koͤnnen. Jſt
jemand vnter jhnen geſtorben/ laſſen ſie auß dem Sterbehauſe einen
Hanen auffs Feld lauffen/ wenn derſelbe von einem Fuchſe erhaſchet/
vnd weggefuͤhret wird/ halten ſie darvor daß des verſtorbenen Seele

[Abbildung]
ins ander Leben auffgenommen ſey. Wenn aber dieſe Probe etwa miß-
gelingen oder wegen ander Zufaͤlle verdaͤchtig werden moͤchte/ nehmen
ſie eine andere fuͤr die Hand der Sie mehr trauen. Sie tragen nemlich
jhre Leichen mit beſten Kleidern behangen/ vnd mit guͤldenen KettenDer Kebber
Leichbegaͤng-
nis.

vnd allerhand Geſchmeide gezieret auff den Todten Acker/ vnd ſtaffeln
ſie mit hoͤltzern Gabeln an die Maur/ wenn nun die Vogel des Him-
mels das rechte Auge außhacken/ wird Er vnfehlbar des Himmels

wuͤr-
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[429/0477] Reiſe Beſchreibung. Noch iſt eine denckwuͤrdige Vorſtadt auff der Weſten ſeiten/ ſo Kebrabath vnd die Einwohner Kebber genant werden/ ſeynd auch reiche Kauffleute. Dieſe haben lange Baͤrte/ tragen gar einen andern Habit/ als die gemeine Perſer/ gehen in langen vngebundenen Roͤ- cken/ welche nirgend/ als am Halſe vnd auff den Schultern offen/ vnd mit Baͤndern geſchloſſen werden. Jhre Weiber gehen ohne Schew mit offenem Geſichte/ man helt ſie fuͤr zuͤchtige fromme vnd guthertzige Leute. Sie ſeynd aber einer alten Heydniſchen art/ welche ſich weder beſchneiden noch taͤuffen laſſen/ haben auch weder Pfaffe noch Kirche. Was eigentlich jhre Religion ſey/ habe ich nicht erfahren koͤnnen. Jſt jemand vnter jhnen geſtorben/ laſſen ſie auß dem Sterbehauſe einen Hanen auffs Feld lauffen/ wenn derſelbe von einem Fuchſe erhaſchet/ vnd weggefuͤhret wird/ halten ſie darvor daß des verſtorbenen Seele [Abbildung] ins ander Leben auffgenommen ſey. Wenn aber dieſe Probe etwa miß- gelingen oder wegen ander Zufaͤlle verdaͤchtig werden moͤchte/ nehmen ſie eine andere fuͤr die Hand der Sie mehr trauen. Sie tragen nemlich jhre Leichen mit beſten Kleidern behangen/ vnd mit guͤldenen Ketten vnd allerhand Geſchmeide gezieret auff den Todten Acker/ vnd ſtaffeln ſie mit hoͤltzern Gabeln an die Maur/ wenn nun die Vogel des Him- mels das rechte Auge außhacken/ wird Er vnfehlbar des Himmels wuͤr- Kebrabath. Der Kebber Leichbegaͤng- nis. H h h iij

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Zitationshilfe: Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647. , S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/olearius_reise_1647/477>, abgerufen am 24.04.2024.