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Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624.

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runde Weltkreiß/ die feinen hände/ etc. wiewol bey vn-
sern reimenmachern nichts gemeiner ist.

So bringen auch die Frantzosen newe Verba herfür/ wel-
che/ wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden/ nicht vnartig
sind. Als Ronsardt brauthet in einer Elegie an die Caßandra/
das wort Petrarquiser, das ist/ wie Petrartha buhlerische re-
den brauchen:

Apprendre l'art de bien Petrarquiser.

Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan/
da ich die Leyer anrede:

Jetzt solt du billich mehr als wol/
O meine lust/ Pindarisiren.

Jch darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzösischen sa-
gen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubi-
tiren, seruiren; gaudiren,
wie zwar die zne thun pflegen/ die
eher jhre Muttersprache verterben/ als das sie nicht wollen se-
hen laßen/ das sie auch was frembdes gelernet haben.

Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde wörter vnnd
dergleichen mußen vermieden werden; so muß man auch der
deutligkeit halben sich für alle dem hüten/ was vnsere worte tun-
ckel vnd vnverstendtlich macht. Als wann ich sagen wollte:
Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln/
ob das weib vom thiere/ oder das thier vom weibe were ergrief-
fen worden: welches die Griechen eine [fremdsprachliches Material - 10 Zeichen fehlen] nennen.

Der [fremdsprachliches Material - 10 Zeichen fehlen] da etwas vbriges gesaget wird/ verstellet
auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich spreche:
Ein schwartzes Kind das nicht war weiß;
weil es sich wol ohne diß verstehet So wie Pansa sagete: Das
Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen wor-
den: fragete Cicero: ob andere weiber die kin der im rocke trügen.
Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue gesetzet wird auch zu

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runde Weltkreiß/ die feinen haͤnde/ ꝛc. wiewol bey vn-
ſern reimenmachern nichts gemeiner iſt.

So bringen auch die Frantzoſen newe Verba herfuͤr/ wel-
che/ wenn ſie mit beſcheidenheit geſetzet werden/ nicht vnartig
ſind. Als Ronſardt brauthet in einer Elegie an die Caßandra/
das wort Petrarquiser, das iſt/ wie Petrartha buhleriſche re-
den brauchen:

Apprendre l’art de bien Petrarquiser.

Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan/
da ich die Leyer anrede:

Jetzt ſolt du billich mehr als wol/
O meine luſt/ Pindariſiren.

Jch darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzoͤſiſchen ſa-
gen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubi-
tiren, ſeruiren; gaudiren,
wie zwar die zne thun pflegen/ die
eher jhre Mutterſprache verterben/ als das ſie nicht wollen ſe-
hen laßen/ das ſie auch was frembdes gelernet haben.

Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde woͤrter vnnd
dergleichen mußen vermieden werden; ſo muß man auch der
deutligkeit halben ſich fuͤr alle dem huͤten/ was vnſere worte tun-
ckel vnd vnverſtendtlich macht. Als wann ich ſagen wollte:
Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln/
ob das weib vom thiere/ oder das thier vom weibe were ergrief-
fen worden: welches die Griechen eine [fremdsprachliches Material – 10 Zeichen fehlen] nennen.

Der [fremdsprachliches Material – 10 Zeichen fehlen] da etwas vbriges geſaget wird/ verſtellet
auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich ſpreche:
Ein ſchwartzes Kind das nicht war weiß;
weil es ſich wol ohne diß verſtehet So wie Panſa ſagete: Das
Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen wor-
den: fragete Cicero: ob andere weiber die kin der im rocke truͤgẽ.
Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue geſetzet wird auch zu

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[0043] runde Weltkreiß/ die feinen haͤnde/ ꝛc. wiewol bey vn- ſern reimenmachern nichts gemeiner iſt. So bringen auch die Frantzoſen newe Verba herfuͤr/ wel- che/ wenn ſie mit beſcheidenheit geſetzet werden/ nicht vnartig ſind. Als Ronſardt brauthet in einer Elegie an die Caßandra/ das wort Petrarquiser, das iſt/ wie Petrartha buhleriſche re- den brauchen: Apprendre l’art de bien Petrarquiser. Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan/ da ich die Leyer anrede: Jetzt ſolt du billich mehr als wol/ O meine luſt/ Pindariſiren. Jch darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzoͤſiſchen ſa- gen: approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubi- tiren, ſeruiren; gaudiren, wie zwar die zne thun pflegen/ die eher jhre Mutterſprache verterben/ als das ſie nicht wollen ſe- hen laßen/ das ſie auch was frembdes gelernet haben. Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde woͤrter vnnd dergleichen mußen vermieden werden; ſo muß man auch der deutligkeit halben ſich fuͤr alle dem huͤten/ was vnſere worte tun- ckel vnd vnverſtendtlich macht. Als wann ich ſagen wollte: Das weib das thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln/ ob das weib vom thiere/ oder das thier vom weibe were ergrief- fen worden: welches die Griechen eine __________ nennen. Der __________ da etwas vbriges geſaget wird/ verſtellet auch die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich ſpreche: Ein ſchwartzes Kind das nicht war weiß; weil es ſich wol ohne diß verſtehet So wie Panſa ſagete: Das Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen wor- den: fragete Cicero: ob andere weiber die kin der im rocke truͤgẽ. Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue geſetzet wird auch zu auff E iij

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Zitationshilfe: Opitz, Martin: Buch von der Deutschen Poeterey. Breslau u. a., 1624, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_buch_1624/43>, abgerufen am 18.04.2024.