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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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zu rathen und zu helfen wißt, wie ein Vater für seine
Kinder sorgt, und gebe Euch je nach meinem Belieben
wie ich denke, daß es Euch gut thut, entweder Lob oder
Tadel, Zuckerbrod oder den Stock. -- So klein denken
die von dem Volke, die das Verhältniß vom Vater und
den Kindern noch auf größere Kreise übertragen wollen.
Da sind die Fürsten und Könige -- oft die Besten --
die und ihre Schmeichler -- machen ein großes Rüh-
mens davon, wenn von einem Fürsten gesagt wird:
Der König ist ein echter Vater des Volks und das Volk
liebt ihn dafür als seine Kinder. Nun, so ist's nicht
mehr, so soll es auch nirgends sein! -- Lieben können
wir unsern König schon auch, wenn er gut ist und
unsere Liebe verdient,
aber wie unsern ersten Bürger,
wie einen Menschen, der die große Pflicht, welche er gegen
uns übernommen hat, gern erfüllt und gegen den wir
deshalb wieder unsere Pflichten mit Freuden thun, als
einen Ehrenmann, dem wir deshalb auch den Ehrenplatz
gönnen, den er einnimmt. Das wird ihn mehr ehren,
wenn das Volk ihn in solcher Weise liebt, als wie
wenn es sich ihm als Kinder gegenüber stellt, die blind
vertrauen und gehorchen, weil sie es so gelernt, oder
weil eine dunkle Regung, Gewohnheit, Herkommen und
dergleichen sie dazu treiben. Wir mögen keinen andern
Vater als den, welchen uns die Natur gegeben; andern

zu rathen und zu helfen wißt, wie ein Vater fuͤr ſeine
Kinder ſorgt, und gebe Euch je nach meinem Belieben
wie ich denke, daß es Euch gut thut, entweder Lob oder
Tadel, Zuckerbrod oder den Stock. — So klein denken
die von dem Volke, die das Verhaͤltniß vom Vater und
den Kindern noch auf größere Kreiſe uͤbertragen wollen.
Da ſind die Fuͤrſten und Koͤnige — oft die Beſten —
die und ihre Schmeichler — machen ein großes Ruͤh-
mens davon, wenn von einem Fuͤrſten geſagt wird:
Der Koͤnig iſt ein echter Vater des Volks und das Volk
liebt ihn dafuͤr als ſeine Kinder. Nun, ſo iſt’s nicht
mehr, ſo ſoll es auch nirgends ſein! — Lieben koͤnnen
wir unſern Koͤnig ſchon auch, wenn er gut iſt und
unſere Liebe verdient,
aber wie unſern erſten Buͤrger,
wie einen Menſchen, der die große Pflicht, welche er gegen
uns uͤbernommen hat, gern erfuͤllt und gegen den wir
deshalb wieder unſere Pflichten mit Freuden thun, als
einen Ehrenmann, dem wir deshalb auch den Ehrenplatz
goͤnnen, den er einnimmt. Das wird ihn mehr ehren,
wenn das Volk ihn in ſolcher Weiſe liebt, als wie
wenn es ſich ihm als Kinder gegenuͤber ſtellt, die blind
vertrauen und gehorchen, weil ſie es ſo gelernt, oder
weil eine dunkle Regung, Gewohnheit, Herkommen und
dergleichen ſie dazu treiben. Wir moͤgen keinen andern
Vater als den, welchen uns die Natur gegeben; andern

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[12/0020] zu rathen und zu helfen wißt, wie ein Vater fuͤr ſeine Kinder ſorgt, und gebe Euch je nach meinem Belieben wie ich denke, daß es Euch gut thut, entweder Lob oder Tadel, Zuckerbrod oder den Stock. — So klein denken die von dem Volke, die das Verhaͤltniß vom Vater und den Kindern noch auf größere Kreiſe uͤbertragen wollen. Da ſind die Fuͤrſten und Koͤnige — oft die Beſten — die und ihre Schmeichler — machen ein großes Ruͤh- mens davon, wenn von einem Fuͤrſten geſagt wird: Der Koͤnig iſt ein echter Vater des Volks und das Volk liebt ihn dafuͤr als ſeine Kinder. Nun, ſo iſt’s nicht mehr, ſo ſoll es auch nirgends ſein! — Lieben koͤnnen wir unſern Koͤnig ſchon auch, wenn er gut iſt und unſere Liebe verdient, aber wie unſern erſten Buͤrger, wie einen Menſchen, der die große Pflicht, welche er gegen uns uͤbernommen hat, gern erfuͤllt und gegen den wir deshalb wieder unſere Pflichten mit Freuden thun, als einen Ehrenmann, dem wir deshalb auch den Ehrenplatz goͤnnen, den er einnimmt. Das wird ihn mehr ehren, wenn das Volk ihn in ſolcher Weiſe liebt, als wie wenn es ſich ihm als Kinder gegenuͤber ſtellt, die blind vertrauen und gehorchen, weil ſie es ſo gelernt, oder weil eine dunkle Regung, Gewohnheit, Herkommen und dergleichen ſie dazu treiben. Wir moͤgen keinen andern Vater als den, welchen uns die Natur gegeben; andern

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/20>, abgerufen am 19.04.2024.