Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Manne; warum sollte sie nicht die Hand bieten, daß
wieder ein glückliches Paar würde, zumal sie Suschen
so lieb hatte und der schmucke Schulmeister ihr selbst
gar wohlgefiel? Merken aber ließ Käthe, das junge
Weib, gar nichts von dem Plänchen, das sie sich in
ihrem eigenen Kopf ganz still zurecht gelegt. Mit dem
Merken lassen wußte sie, hätte sie Alles von vorn her-
ein verdorben. Denn Suschen war gar schämig und
sittig und hätte eher alles Andere mit sich thun lassen,
als daß sie selbst nur einen kleinen Finger dazu ge-
geben hätte, um ein Kränzlein in's Haar und dann ein
Häuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Köpfchen
in allen Stücken ganz für sich, in dem aber zumeist.
Das bedachte Käthe wohl. Deshalb sagte sie auch ih-
rem Manne kein Wort davon; denn sie wußte wie
dann die Männer sind, die können nachher so ein Späs-
chen nicht lassen, zumal wenn sie nur erst ein Wenig
tief in's Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe
gewöhnlich nicht unterbleibt. --

Wie nun der Kindtaufvater zu unserm Schulmeister
kam, um ihn in aller Form in eigener Person einzu-
laden, erschrack dieser nicht wenig und hatte Mühe,
Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen
Worten freudiger Ueberraschung zu verbergen. Warum
er erschrack? als wenn's nicht Jedermann wüßte und

Manne; warum ſollte ſie nicht die Hand bieten, daß
wieder ein gluͤckliches Paar wuͤrde, zumal ſie Suschen
ſo lieb hatte und der ſchmucke Schulmeiſter ihr ſelbſt
gar wohlgefiel? Merken aber ließ Kaͤthe, das junge
Weib, gar nichts von dem Plaͤnchen, das ſie ſich in
ihrem eigenen Kopf ganz ſtill zurecht gelegt. Mit dem
Merken laſſen wußte ſie, haͤtte ſie Alles von vorn her-
ein verdorben. Denn Suschen war gar ſchaͤmig und
ſittig und haͤtte eher alles Andere mit ſich thun laſſen,
als daß ſie ſelbſt nur einen kleinen Finger dazu ge-
geben haͤtte, um ein Kraͤnzlein in’s Haar und dann ein
Haͤuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Koͤpfchen
in allen Stuͤcken ganz fuͤr ſich, in dem aber zumeiſt.
Das bedachte Kaͤthe wohl. Deshalb ſagte ſie auch ih-
rem Manne kein Wort davon; denn ſie wußte wie
dann die Maͤnner ſind, die koͤnnen nachher ſo ein Spaͤs-
chen nicht laſſen, zumal wenn ſie nur erſt ein Wenig
tief in’s Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe
gewoͤhnlich nicht unterbleibt. —

Wie nun der Kindtaufvater zu unſerm Schulmeiſter
kam, um ihn in aller Form in eigener Perſon einzu-
laden, erſchrack dieſer nicht wenig und hatte Muͤhe,
Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen
Worten freudiger Ueberraſchung zu verbergen. Warum
er erſchrack? als wenn’s nicht Jedermann wuͤßte und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="32"/>
Manne; warum &#x017F;ollte &#x017F;ie nicht die Hand bieten, daß<lb/>
wieder ein glu&#x0364;ckliches Paar wu&#x0364;rde, zumal &#x017F;ie Suschen<lb/>
&#x017F;o lieb hatte und der &#x017F;chmucke Schulmei&#x017F;ter ihr &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gar wohlgefiel? Merken aber ließ Ka&#x0364;the, das junge<lb/>
Weib, gar nichts von dem Pla&#x0364;nchen, das &#x017F;ie &#x017F;ich in<lb/>
ihrem eigenen Kopf ganz &#x017F;till zurecht gelegt. Mit dem<lb/>
Merken la&#x017F;&#x017F;en wußte &#x017F;ie, ha&#x0364;tte &#x017F;ie Alles von vorn her-<lb/>
ein verdorben. Denn Suschen war gar &#x017F;cha&#x0364;mig und<lb/>
&#x017F;ittig und ha&#x0364;tte eher alles Andere mit &#x017F;ich thun la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als daß &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t nur einen kleinen Finger dazu ge-<lb/>
geben ha&#x0364;tte, um ein Kra&#x0364;nzlein in&#x2019;s Haar und dann ein<lb/>
Ha&#x0364;uschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Ko&#x0364;pfchen<lb/>
in allen Stu&#x0364;cken ganz fu&#x0364;r &#x017F;ich, in dem aber zumei&#x017F;t.<lb/>
Das bedachte Ka&#x0364;the wohl. Deshalb &#x017F;agte &#x017F;ie auch ih-<lb/>
rem Manne kein Wort davon; denn &#x017F;ie wußte wie<lb/>
dann die Ma&#x0364;nner &#x017F;ind, die ko&#x0364;nnen nachher &#x017F;o ein Spa&#x0364;s-<lb/>
chen nicht la&#x017F;&#x017F;en, zumal wenn &#x017F;ie nur er&#x017F;t ein Wenig<lb/>
tief in&#x2019;s Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe<lb/>
gewo&#x0364;hnlich nicht unterbleibt. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Wie nun der Kindtaufvater zu un&#x017F;erm Schulmei&#x017F;ter<lb/>
kam, um ihn in aller Form in eigener Per&#x017F;on einzu-<lb/>
laden, er&#x017F;chrack die&#x017F;er nicht wenig und hatte Mu&#x0364;he,<lb/>
Schreck und Verlegenheit hinter <hi rendition="#g">einer</hi> Miene und vielen<lb/>
Worten freudiger Ueberra&#x017F;chung zu verbergen. Warum<lb/>
er er&#x017F;chrack? als wenn&#x2019;s nicht Jedermann wu&#x0364;ßte und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0040] Manne; warum ſollte ſie nicht die Hand bieten, daß wieder ein gluͤckliches Paar wuͤrde, zumal ſie Suschen ſo lieb hatte und der ſchmucke Schulmeiſter ihr ſelbſt gar wohlgefiel? Merken aber ließ Kaͤthe, das junge Weib, gar nichts von dem Plaͤnchen, das ſie ſich in ihrem eigenen Kopf ganz ſtill zurecht gelegt. Mit dem Merken laſſen wußte ſie, haͤtte ſie Alles von vorn her- ein verdorben. Denn Suschen war gar ſchaͤmig und ſittig und haͤtte eher alles Andere mit ſich thun laſſen, als daß ſie ſelbſt nur einen kleinen Finger dazu ge- geben haͤtte, um ein Kraͤnzlein in’s Haar und dann ein Haͤuschen zu bekommen. Suschen hatte ihr Koͤpfchen in allen Stuͤcken ganz fuͤr ſich, in dem aber zumeiſt. Das bedachte Kaͤthe wohl. Deshalb ſagte ſie auch ih- rem Manne kein Wort davon; denn ſie wußte wie dann die Maͤnner ſind, die koͤnnen nachher ſo ein Spaͤs- chen nicht laſſen, zumal wenn ſie nur erſt ein Wenig tief in’s Glas geguckt haben, was bei einer Kindtaufe gewoͤhnlich nicht unterbleibt. — Wie nun der Kindtaufvater zu unſerm Schulmeiſter kam, um ihn in aller Form in eigener Perſon einzu- laden, erſchrack dieſer nicht wenig und hatte Muͤhe, Schreck und Verlegenheit hinter einer Miene und vielen Worten freudiger Ueberraſchung zu verbergen. Warum er erſchrack? als wenn’s nicht Jedermann wuͤßte und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/40
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/40>, abgerufen am 28.03.2024.