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Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.

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Beschreibung des Fichtelbergs.
Man hat zum öfftern observirt, daß wann es auf dem Gebürg
geschneyet/ es hingegen auf dem platten Lande geregnet; und
wann es dorten geregnet/ es hier kaum ein wenig getauet/ oder gar
die Sonne geschienen/ ob es auch gleich kaum eine Stunde vom
Hohe Cös-
sein zeiget
die bevor-
stehende
Witterung
an.
Gebürg ist. Wann es im Sommer auf der hohen Cößein des Mor-
gends schön helle ist/ also daß das Gebürg schön blau erscheinet/
so hat man sich mehrentheils denselben gantzen Tag eines bestän-
dig schönen Wetters zu getrösten: Jm Gegentheil aber/ wann sich
besagtes Gebürg in der Lufft verliehret/ mit Wolcken gantz bede-
cket wird/ und vor Nebel/ rauch/ und Dampff gar nicht kan ge-
sehen werden/ ist es ein unfehlbarers Kennzeichen eines bald da-
rauf erfolgenden Ungewitters/ oder doch wenigstens eines Regens/
welches auch von denen andern Bergen des Fichtengebürgs zu
Was sich
einsmahls
der Witte-
rung wegen
mit dem
Autore auf
der Cößein
zugetragen?
verstehen. Jch kan anbey nicht unberichtet lassen/ daß ich mich
nebst noch zweyen einsmahls auf den Gipffel der Cößein begeben/
da es nun ober uns helle und heiter war/ stiege nichts desto weni-
ger unter uns ein dücker Dampff auff/ der die gantze Wildnüß
unter uns bedecket/ und da wir im herabsteigen begriffen waren/
geriethen wir mitten in diese Wetter-Wolcken hinein/ höreten
gar dumper Donnern/ und wurden so Waschnaß/ als ob wir
hefftig wären beregnet worden. Es geschiehet auch gar offt/ das
sich ein Nebel daselbst erhebet/ horizontaliter fortstreichet/ sich end-
lich in würckliche Wolcken formiret/ also daß das eine Ende da-
von ein Nebel/ das andere aber eine würckliche dücke grosse Wol-
cken ist/ und den Cößein-Felßen als einen Crantz umgiebet/ so
daß er über der Wolcken herfür raget und gar fein sich denen Au-
Sprichwort
von der
Cößein.
gen praesentiret. Von diesem sehr hohen Cößein-Gebürg pflegen
die Fichtelberger Schertzweise zu sagen/ es habe der Satan den
Herrn Christum da hinauf geführet/ und ihm die reiche der Welt
gezeiget/ auch im Fall er ihn anbeten würde/ versprochen/ diese
Länder alle ihm zu geben/ ausser N. und R. nicht/ (welche man
allhier mit ausgedruckten Namen zu nennen Bedenken träget/) denn
diese beede Dörffer wären sein des Satans Leibgeding. Die Jnwoh-
ner dieser beyden Dörffer/ (welche eine Meilwegs von Wunsidel lie-
gen/) seynd nehmlich von der allergröbsten Art mit/ die nur umb

den

Beſchreibung des Fichtelbergs.
Man hat zum oͤfftern obſervirt, daß wann es auf dem Gebuͤrg
geſchneyet/ es hingegen auf dem platten Lande geregnet; und
wann es dorten geregnet/ es hier kaum ein wenig getauet/ oder gar
die Sonne geſchienen/ ob es auch gleich kaum eine Stunde vom
Hohe Coͤſ-
ſein zeiget
die bevor-
ſtehende
Witterung
an.
Gebuͤrg iſt. Wann es im Sommer auf der hohen Coͤßein des Mor-
gends ſchoͤn helle iſt/ alſo daß das Gebuͤrg ſchoͤn blau erſcheinet/
ſo hat man ſich mehrentheils denſelben gantzen Tag eines beſtaͤn-
dig ſchoͤnen Wetters zu getroͤſten: Jm Gegentheil aber/ wann ſich
beſagtes Gebuͤrg in der Lufft verliehret/ mit Wolcken gantz bede-
cket wird/ und vor Nebel/ rauch/ und Dampff gar nicht kan ge-
ſehen werden/ iſt es ein unfehlbarers Kennzeichen eines bald da-
rauf erfolgenden Ungewitters/ oder doch wenigſtens eines Regens/
welches auch von denen andern Bergen des Fichtengebuͤrgs zu
Was ſich
einsmahls
der Witte-
rung wegen
mit dem
Autore auf
der Coͤßein
zugetragen?
verſtehen. Jch kan anbey nicht unberichtet laſſen/ daß ich mich
nebſt noch zweyen einsmahls auf den Gipffel der Coͤßein begeben/
da es nun ober uns helle und heiter war/ ſtiege nichts deſto weni-
ger unter uns ein duͤcker Dampff auff/ der die gantze Wildnuͤß
unter uns bedecket/ und da wir im herabſteigen begriffen waren/
geriethen wir mitten in dieſe Wetter-Wolcken hinein/ hoͤreten
gar dumper Donnern/ und wurden ſo Waſchnaß/ als ob wir
hefftig waͤren beregnet worden. Es geſchiehet auch gar offt/ das
ſich ein Nebel daſelbſt erhebet/ horizontaliter fortſtreichet/ ſich end-
lich in wuͤrckliche Wolcken formiret/ alſo daß das eine Ende da-
von ein Nebel/ das andere aber eine wuͤrckliche duͤcke groſſe Wol-
cken iſt/ und den Coͤßein-Felßen als einen Crantz umgiebet/ ſo
daß er uͤber der Wolcken herfuͤr raget und gar fein ſich denen Au-
Sprichwort
von der
Coͤßein.
gen præſentiret. Von dieſem ſehr hohen Coͤßein-Gebuͤrg pflegen
die Fichtelberger Schertzweiſe zu ſagen/ es habe der Satan den
Herrn Chriſtum da hinauf gefuͤhret/ und ihm die reiche der Welt
gezeiget/ auch im Fall er ihn anbeten wuͤrde/ verſprochen/ dieſe
Laͤnder alle ihm zu geben/ auſſer N. und R. nicht/ (welche man
allhier mit ausgedruckten Namen zu nennen Bedenken traͤget/) denn
dieſe beede Doͤrffer waͤren ſein des Satans Leibgeding. Die Jnwoh-
ner dieſer beyden Doͤrffer/ (welche eine Meilwegs von Wunſidel lie-
gen/) ſeynd nehmlich von der allergroͤbſten Art mit/ die nur umb

den
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[128/0163] Beſchreibung des Fichtelbergs. Man hat zum oͤfftern obſervirt, daß wann es auf dem Gebuͤrg geſchneyet/ es hingegen auf dem platten Lande geregnet; und wann es dorten geregnet/ es hier kaum ein wenig getauet/ oder gar die Sonne geſchienen/ ob es auch gleich kaum eine Stunde vom Gebuͤrg iſt. Wann es im Sommer auf der hohen Coͤßein des Mor- gends ſchoͤn helle iſt/ alſo daß das Gebuͤrg ſchoͤn blau erſcheinet/ ſo hat man ſich mehrentheils denſelben gantzen Tag eines beſtaͤn- dig ſchoͤnen Wetters zu getroͤſten: Jm Gegentheil aber/ wann ſich beſagtes Gebuͤrg in der Lufft verliehret/ mit Wolcken gantz bede- cket wird/ und vor Nebel/ rauch/ und Dampff gar nicht kan ge- ſehen werden/ iſt es ein unfehlbarers Kennzeichen eines bald da- rauf erfolgenden Ungewitters/ oder doch wenigſtens eines Regens/ welches auch von denen andern Bergen des Fichtengebuͤrgs zu verſtehen. Jch kan anbey nicht unberichtet laſſen/ daß ich mich nebſt noch zweyen einsmahls auf den Gipffel der Coͤßein begeben/ da es nun ober uns helle und heiter war/ ſtiege nichts deſto weni- ger unter uns ein duͤcker Dampff auff/ der die gantze Wildnuͤß unter uns bedecket/ und da wir im herabſteigen begriffen waren/ geriethen wir mitten in dieſe Wetter-Wolcken hinein/ hoͤreten gar dumper Donnern/ und wurden ſo Waſchnaß/ als ob wir hefftig waͤren beregnet worden. Es geſchiehet auch gar offt/ das ſich ein Nebel daſelbſt erhebet/ horizontaliter fortſtreichet/ ſich end- lich in wuͤrckliche Wolcken formiret/ alſo daß das eine Ende da- von ein Nebel/ das andere aber eine wuͤrckliche duͤcke groſſe Wol- cken iſt/ und den Coͤßein-Felßen als einen Crantz umgiebet/ ſo daß er uͤber der Wolcken herfuͤr raget und gar fein ſich denen Au- gen præſentiret. Von dieſem ſehr hohen Coͤßein-Gebuͤrg pflegen die Fichtelberger Schertzweiſe zu ſagen/ es habe der Satan den Herrn Chriſtum da hinauf gefuͤhret/ und ihm die reiche der Welt gezeiget/ auch im Fall er ihn anbeten wuͤrde/ verſprochen/ dieſe Laͤnder alle ihm zu geben/ auſſer N. und R. nicht/ (welche man allhier mit ausgedruckten Namen zu nennen Bedenken traͤget/) denn dieſe beede Doͤrffer waͤren ſein des Satans Leibgeding. Die Jnwoh- ner dieſer beyden Doͤrffer/ (welche eine Meilwegs von Wunſidel lie- gen/) ſeynd nehmlich von der allergroͤbſten Art mit/ die nur umb den Hohe Coͤſ- ſein zeiget die bevor- ſtehende Witterung an. Was ſich einsmahls der Witte- rung wegen mit dem Autore auf der Coͤßein zugetragen? Sprichwort von der Coͤßein.

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Zitationshilfe: Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pachelbel_fichtelberg_1716/163>, abgerufen am 28.03.2024.