Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Kammer. "Einen Gruß, sprach er, vom Ritter Kraft an Fräulein Bertha; und Glük zum Zug ins Kloster!" "Was hat, fragte ich ihn ängstlich, Kraft hier zu schaffen gehabt?" "Er kam, erwiederte der Knecht, aus eitler Neugier, um Kunde einzuziehen von Götzen, der zu Aalen im Verhaft sitzt." - "War nicht auch von mir die Rede?" - fuhr ich fort. "Ja, sprach der Knecht, euer Vater erzählte es ihm, wie hart es euch werde, ins Kloster zu gehen, und wie er seinen Nachbarn Kunz um eurethalben in nicht geringem Verdacht habe; auf das schien Kraft mißmuthig zu werden, beurlaubte sich plötzlich und saß auf." - Nun war ich erst begierig, alles zu wissen, und that noch viele andere Fragen an den Knappen, womit ich ihm aber wohl mein Inneres verrathen haben mag; denn der Knapp ist nicht wenig schlau, und wenn er einmal eine Spuhr gefunden hat, verliehrt er sie selten wieder. Doch war ich meiner Angst los, weil ich nun wußte, daß er seine Werbung nicht angebracht hat. Um deßwillen kam er sonder Zweifel; aber als er meines

Kammer. „Einen Gruß, sprach er, vom Ritter Kraft an Fräulein Bertha; und Glük zum Zug ins Kloster!“ „Was hat, fragte ich ihn ängstlich, Kraft hier zu schaffen gehabt?“ „Er kam, erwiederte der Knecht, aus eitler Neugier, um Kunde einzuziehen von Götzen, der zu Aalen im Verhaft sitzt.“ – „War nicht auch von mir die Rede?“ – fuhr ich fort. „Ja, sprach der Knecht, euer Vater erzählte es ihm, wie hart es euch werde, ins Kloster zu gehen, und wie er seinen Nachbarn Kunz um eurethalben in nicht geringem Verdacht habe; auf das schien Kraft mißmuthig zu werden, beurlaubte sich plötzlich und saß auf.“ – Nun war ich erst begierig, alles zu wissen, und that noch viele andere Fragen an den Knappen, womit ich ihm aber wohl mein Inneres verrathen haben mag; denn der Knapp ist nicht wenig schlau, und wenn er einmal eine Spuhr gefunden hat, verliehrt er sie selten wieder. Doch war ich meiner Angst los, weil ich nun wußte, daß er seine Werbung nicht angebracht hat. Um deßwillen kam er sonder Zweifel; aber als er meines

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0062" n="58"/>
Kammer. &#x201E;Einen Gruß, sprach er, vom Ritter <hi rendition="#g">Kraft</hi> an Fräulein <hi rendition="#g">Bertha</hi>; und Glük zum Zug ins Kloster!&#x201C; &#x201E;Was hat, fragte ich ihn ängstlich, <hi rendition="#g">Kraft</hi> hier zu schaffen gehabt?&#x201C; &#x201E;Er kam, erwiederte der Knecht, aus eitler Neugier, um Kunde einzuziehen von <hi rendition="#g">Götzen</hi>, der zu <hi rendition="#g">Aalen</hi> im Verhaft sitzt.&#x201C; &#x2013; &#x201E;War nicht auch von mir die Rede?&#x201C; &#x2013; fuhr ich fort. &#x201E;Ja, sprach der Knecht, euer Vater erzählte es ihm, wie hart es euch werde, ins Kloster zu gehen, und wie er seinen Nachbarn <hi rendition="#g">Kunz</hi> um eurethalben in nicht geringem Verdacht habe; auf das schien <hi rendition="#g">Kraft</hi> mißmuthig zu werden, beurlaubte sich plötzlich und saß auf.&#x201C; &#x2013; Nun war ich erst begierig, alles zu wissen, und that noch viele andere Fragen an den Knappen, womit ich ihm aber wohl mein Inneres verrathen haben mag; denn der Knapp ist nicht wenig schlau, und wenn er einmal eine Spuhr gefunden hat, verliehrt er sie selten wieder. Doch war ich meiner Angst los, weil ich nun wußte, daß er seine Werbung nicht angebracht hat. Um deßwillen kam er sonder Zweifel; aber als er meines
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0062] Kammer. „Einen Gruß, sprach er, vom Ritter Kraft an Fräulein Bertha; und Glük zum Zug ins Kloster!“ „Was hat, fragte ich ihn ängstlich, Kraft hier zu schaffen gehabt?“ „Er kam, erwiederte der Knecht, aus eitler Neugier, um Kunde einzuziehen von Götzen, der zu Aalen im Verhaft sitzt.“ – „War nicht auch von mir die Rede?“ – fuhr ich fort. „Ja, sprach der Knecht, euer Vater erzählte es ihm, wie hart es euch werde, ins Kloster zu gehen, und wie er seinen Nachbarn Kunz um eurethalben in nicht geringem Verdacht habe; auf das schien Kraft mißmuthig zu werden, beurlaubte sich plötzlich und saß auf.“ – Nun war ich erst begierig, alles zu wissen, und that noch viele andere Fragen an den Knappen, womit ich ihm aber wohl mein Inneres verrathen haben mag; denn der Knapp ist nicht wenig schlau, und wenn er einmal eine Spuhr gefunden hat, verliehrt er sie selten wieder. Doch war ich meiner Angst los, weil ich nun wußte, daß er seine Werbung nicht angebracht hat. Um deßwillen kam er sonder Zweifel; aber als er meines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/62
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/62>, abgerufen am 29.03.2024.