Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Kein deutscher Hof treibt diesen Handel so stark, als der hiesige, denn keiner giebt diese Waare so wolfeil, als eben er. Die Niedrigkeit des Preises vermehrt den Absaz, denn es kommen Leute von allen vier Winden, und holen pappierne Briefe für ihr Geld; - und da macht man einen dann um 100 Thaler zum geheimen Rathe; um 50 Thlr. zum Regierungsrathe, um 25 zum Hofrathe, und um den Spottpreis von 10 Thalern erhält man das Patent als hochfürstlicher Kammerrath. Freilich sieht man in der Gegend dieses Hofes allenthalben die Folgen dieses niedrigen Preises der Titel: Denn überall klingt einem das Wort Rath in die Ohren, - und als Elafu einen Zollbedienten, der uns augenscheinlich zu betrügen suchte, ein wenig rauh anfuhr, so erhub sich dieser mit einem Anstand voll Majestät von seiner Zollbank, schlug sich mit geballter Faust vor die Brust, und fragte den Philosophen mit einem drohenden Blike: "Wissen Sie wol, mein Herr! daß Sie mit einem hochfürstlichen Kammerrathe sprechen?"

Kein deutscher Hof treibt diesen Handel so stark, als der hiesige, denn keiner giebt diese Waare so wolfeil, als eben er. Die Niedrigkeit des Preises vermehrt den Absaz, denn es kommen Leute von allen vier Winden, und holen pappierne Briefe für ihr Geld; – und da macht man einen dann um 100 Thaler zum geheimen Rathe; um 50 Thlr. zum Regierungsrathe, um 25 zum Hofrathe, und um den Spottpreis von 10 Thalern erhält man das Patent als hochfürstlicher Kammerrath. Freilich sieht man in der Gegend dieses Hofes allenthalben die Folgen dieses niedrigen Preises der Titel: Denn überall klingt einem das Wort Rath in die Ohren, – und als Elafu einen Zollbedienten, der uns augenscheinlich zu betrügen suchte, ein wenig rauh anfuhr, so erhub sich dieser mit einem Anstand voll Majestät von seiner Zollbank, schlug sich mit geballter Faust vor die Brust, und fragte den Philosophen mit einem drohenden Blike: „Wissen Sie wol, mein Herr! daß Sie mit einem hochfürstlichen Kammerrathe sprechen?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0200" n="196"/>
        <p>Kein deutscher Hof treibt diesen Handel so stark, als der hiesige, denn keiner giebt diese Waare so wolfeil, als eben er. Die Niedrigkeit des Preises vermehrt den Absaz, denn es kommen Leute von allen vier Winden, und holen pappierne Briefe für ihr Geld; &#x2013; und da macht man einen dann um 100 Thaler zum geheimen Rathe; um 50 Thlr. zum Regierungsrathe, um 25 zum Hofrathe, und um den Spottpreis von 10 Thalern erhält man das Patent als hochfürstlicher Kammerrath. Freilich sieht man in der Gegend dieses Hofes allenthalben die Folgen dieses niedrigen Preises der Titel: Denn überall klingt einem das Wort <hi rendition="#g">Rath</hi> in die Ohren, &#x2013; und als <hi rendition="#g">Elafu</hi> einen Zollbedienten, der uns augenscheinlich zu betrügen suchte, ein wenig rauh anfuhr, so erhub sich dieser mit einem Anstand voll Majestät von seiner Zollbank, schlug sich mit geballter Faust vor die Brust, und fragte den Philosophen mit einem drohenden Blike: &#x201E;Wissen Sie wol, mein Herr! daß Sie mit einem hochfürstlichen Kammerrathe sprechen?&#x201C;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0200] Kein deutscher Hof treibt diesen Handel so stark, als der hiesige, denn keiner giebt diese Waare so wolfeil, als eben er. Die Niedrigkeit des Preises vermehrt den Absaz, denn es kommen Leute von allen vier Winden, und holen pappierne Briefe für ihr Geld; – und da macht man einen dann um 100 Thaler zum geheimen Rathe; um 50 Thlr. zum Regierungsrathe, um 25 zum Hofrathe, und um den Spottpreis von 10 Thalern erhält man das Patent als hochfürstlicher Kammerrath. Freilich sieht man in der Gegend dieses Hofes allenthalben die Folgen dieses niedrigen Preises der Titel: Denn überall klingt einem das Wort Rath in die Ohren, – und als Elafu einen Zollbedienten, der uns augenscheinlich zu betrügen suchte, ein wenig rauh anfuhr, so erhub sich dieser mit einem Anstand voll Majestät von seiner Zollbank, schlug sich mit geballter Faust vor die Brust, und fragte den Philosophen mit einem drohenden Blike: „Wissen Sie wol, mein Herr! daß Sie mit einem hochfürstlichen Kammerrathe sprechen?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/200
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/200>, abgerufen am 18.04.2024.