Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ein altes, schadhaftes Gebäude nicht gerade zu abzubrechen wagt, sondern es allmälich, Teil für Teil, ausbessert und verschönert; die alten Riegel und Steine herausnimmt, und neue einschiebt, und mit seiner Arbeit so lange fortfährt, bis nur das Gute und Dauerhafte des alten Gebäudes noch übrig ist, und das andre erneuert und verschönert von seiner Hand dasteht."

"Sehr wichtig, sagte Atabu, indeß sind wir keine Liebhaber von Gleichnißen, und auch gar nicht an sie gewöhnt: denn in unserm Planeten erscheint die Wahrheit immer nakt und blos, und ohne Hülle, und uns ist, gottlob! noch kein Gesez gegeben, das uns hinderte, sie laut zu predigen; sollten wir auch durch sie alle Tempel erschüttern, und alle Kronen wanken machen. Bei uns gilt der Grundsaz: was die Stimme der Wahrheit nicht ertragen kann, gehe zu Trümmern! Bei euch aber scheint man den Grundsaz umzukehren: was unserm Intereße gefährlich wird, werde unterdrückt, wenn auch gleich die heiligsten Rechte der

ein altes, schadhaftes Gebäude nicht gerade zu abzubrechen wagt, sondern es allmälich, Teil für Teil, ausbessert und verschönert; die alten Riegel und Steine herausnimmt, und neue einschiebt, und mit seiner Arbeit so lange fortfährt, bis nur das Gute und Dauerhafte des alten Gebäudes noch übrig ist, und das andre erneuert und verschönert von seiner Hand dasteht.“

„Sehr wichtig, sagte Atabu, indeß sind wir keine Liebhaber von Gleichnißen, und auch gar nicht an sie gewöhnt: denn in unserm Planeten erscheint die Wahrheit immer nakt und blos, und ohne Hülle, und uns ist, gottlob! noch kein Gesez gegeben, das uns hinderte, sie laut zu predigen; sollten wir auch durch sie alle Tempel erschüttern, und alle Kronen wanken machen. Bei uns gilt der Grundsaz: was die Stimme der Wahrheit nicht ertragen kann, gehe zu Trümmern! Bei euch aber scheint man den Grundsaz umzukehren: was unserm Intereße gefährlich wird, werde unterdrückt, wenn auch gleich die heiligsten Rechte der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="63"/>
ein altes, schadhaftes Gebäude nicht gerade zu abzubrechen wagt, sondern es allmälich, Teil für Teil, ausbessert und verschönert; die alten Riegel und Steine herausnimmt, und neue einschiebt, und mit seiner Arbeit so lange fortfährt, bis nur das Gute und Dauerhafte des alten Gebäudes noch übrig ist, und das andre erneuert und verschönert von seiner Hand dasteht.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Sehr wichtig, sagte <hi rendition="#g">Atabu</hi>, indeß sind wir keine Liebhaber von Gleichnißen, und auch gar nicht an sie gewöhnt: denn in unserm Planeten erscheint die Wahrheit immer nakt und blos, und ohne Hülle, und uns ist, gottlob! noch kein Gesez gegeben, das uns hinderte, sie laut zu predigen; sollten wir auch durch sie alle Tempel erschüttern, und alle Kronen wanken machen. Bei uns gilt der Grundsaz: was die Stimme der Wahrheit nicht ertragen kann, gehe zu Trümmern! Bei euch aber scheint man den Grundsaz umzukehren: was unserm Intereße gefährlich wird, werde unterdrückt, wenn auch gleich die heiligsten Rechte der
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0067] ein altes, schadhaftes Gebäude nicht gerade zu abzubrechen wagt, sondern es allmälich, Teil für Teil, ausbessert und verschönert; die alten Riegel und Steine herausnimmt, und neue einschiebt, und mit seiner Arbeit so lange fortfährt, bis nur das Gute und Dauerhafte des alten Gebäudes noch übrig ist, und das andre erneuert und verschönert von seiner Hand dasteht.“ „Sehr wichtig, sagte Atabu, indeß sind wir keine Liebhaber von Gleichnißen, und auch gar nicht an sie gewöhnt: denn in unserm Planeten erscheint die Wahrheit immer nakt und blos, und ohne Hülle, und uns ist, gottlob! noch kein Gesez gegeben, das uns hinderte, sie laut zu predigen; sollten wir auch durch sie alle Tempel erschüttern, und alle Kronen wanken machen. Bei uns gilt der Grundsaz: was die Stimme der Wahrheit nicht ertragen kann, gehe zu Trümmern! Bei euch aber scheint man den Grundsaz umzukehren: was unserm Intereße gefährlich wird, werde unterdrückt, wenn auch gleich die heiligsten Rechte der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/67
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/67>, abgerufen am 26.04.2024.