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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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man eher unter der Firma der Bettelstudenten gekannt hat, kamen scharenweise herbey, und machten ihr den Hof. Sie correspondierte mit der Frau von la Roche, mit Marianne Ehrmann und mit der Herzoginn von Giovanni, und hielt sich in Leipzig ihren eigenen literarischen Agenten. Statt der ehemaligen Hoffeste, bey denen man so herrlich und in Freuden schlampamte, veranstaltete sie romanhafte Aufzüge, Schäfertänze, Kinderspiele und ärgerliche Mummereyen; und statt der lateinischen Chronodistichen und Akrostichen, die sonst bey solchen Gelegenheiten das Jesuiter-Collegium lieferte, beschrieb man nun teutsche Gedichte von dem lüderlichen Versifex Schubart in Stuttgardt. Der gute Fürst sah zwar wohl, daß das alles alberne Possen und tolles Zeug war, und fand es herzlich abgeschmackt und langweilig. Aber er besaß doch nicht Stärke genug, seine Gemahlinn durch eine determinirte Erklärung vernünftig zu machen; und dann war es auch für seine Eitelkeit nicht wenig kitzelnd, wenn ihn die Schmeichler versicherten: sein Weib sey so weise, als Theophrastus Paracelsus, und so gelehrt, als Rhoswitha.

man eher unter der Firma der Bettelstudenten gekannt hat, kamen scharenweise herbey, und machten ihr den Hof. Sie correspondierte mit der Frau von la Roche, mit Marianne Ehrmann und mit der Herzoginn von Giovanni, und hielt sich in Leipzig ihren eigenen literarischen Agenten. Statt der ehemaligen Hoffeste, bey denen man so herrlich und in Freuden schlampamte, veranstaltete sie romanhafte Aufzüge, Schäfertänze, Kinderspiele und ärgerliche Mummereyen; und statt der lateinischen Chronodistichen und Akrostichen, die sonst bey solchen Gelegenheiten das Jesuiter-Collegium lieferte, beschrieb man nun teutsche Gedichte von dem lüderlichen Versifex Schubart in Stuttgardt. Der gute Fürst sah zwar wohl, daß das alles alberne Possen und tolles Zeug war, und fand es herzlich abgeschmackt und langweilig. Aber er besaß doch nicht Stärke genug, seine Gemahlinn durch eine determinirte Erklärung vernünftig zu machen; und dann war es auch für seine Eitelkeit nicht wenig kitzelnd, wenn ihn die Schmeichler versicherten: sein Weib sey so weise, als Theophrastus Paracelsus, und so gelehrt, als Rhoswitha.

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[16/0016] man eher unter der Firma der Bettelstudenten gekannt hat, kamen scharenweise herbey, und machten ihr den Hof. Sie correspondierte mit der Frau von la Roche, mit Marianne Ehrmann und mit der Herzoginn von Giovanni, und hielt sich in Leipzig ihren eigenen literarischen Agenten. Statt der ehemaligen Hoffeste, bey denen man so herrlich und in Freuden schlampamte, veranstaltete sie romanhafte Aufzüge, Schäfertänze, Kinderspiele und ärgerliche Mummereyen; und statt der lateinischen Chronodistichen und Akrostichen, die sonst bey solchen Gelegenheiten das Jesuiter-Collegium lieferte, beschrieb man nun teutsche Gedichte von dem lüderlichen Versifex Schubart in Stuttgardt. Der gute Fürst sah zwar wohl, daß das alles alberne Possen und tolles Zeug war, und fand es herzlich abgeschmackt und langweilig. Aber er besaß doch nicht Stärke genug, seine Gemahlinn durch eine determinirte Erklärung vernünftig zu machen; und dann war es auch für seine Eitelkeit nicht wenig kitzelnd, wenn ihn die Schmeichler versicherten: sein Weib sey so weise, als Theophrastus Paracelsus, und so gelehrt, als Rhoswitha.

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/16>, abgerufen am 20.04.2024.