Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Mit alle dem war aber die Kirche doch noch nicht gesäubert. Um jeden Schein von Ungerechtigkeit und Hörte zu meiden, hatte man sich bey manchem mit einer blosen Züchtigung begnügt, bey dem doch keine herzliche Buse zu erwarten stand. Es war auch nicht genug, daß die Leute nur äußerliche Rechtglaubigkeit affektirten. Man mußte es so weit, als möglich treiben, um ihrer innern Ueberzeugung gewiß zu seyn. Deshalb ließ die Deputation bey allen Geistlichen des Landes eine Eydesformel herum gehen, welche sie mit ihrer Unterschrift bestätigen sollten. Darinn mußten sie, bey Gott und allen Heiligen, versprechen, kein von einem Ketzer geschriebenes Buch mehr zu lesen, nichts zu denken und zu glauben, als was mit den canonibus concilii tridentini übereinstimme, aller neuen Philosophie und Aufklärung zu entsagen, und jede in ihrem Beobachtungskreise spuckende Ketzerey sogleich anzuzeigen. Die Wirkung dieser Verfügung überstieg selbst unsere höchsten Wünsche. Beynahe alle noch übrigen Illuminaten schickten die Formel zurück, und erklärten, sie wollten lieber Amt und Brod aufopfern, als durch die Unterschrift derselben ihr Gewissen beschweren. Man nahm sie

Mit alle dem war aber die Kirche doch noch nicht gesäubert. Um jeden Schein von Ungerechtigkeit und Hörte zu meiden, hatte man sich bey manchem mit einer blosen Züchtigung begnügt, bey dem doch keine herzliche Buse zu erwarten stand. Es war auch nicht genug, daß die Leute nur äußerliche Rechtglaubigkeit affektirten. Man mußte es so weit, als möglich treiben, um ihrer innern Ueberzeugung gewiß zu seyn. Deshalb ließ die Deputation bey allen Geistlichen des Landes eine Eydesformel herum gehen, welche sie mit ihrer Unterschrift bestätigen sollten. Darinn mußten sie, bey Gott und allen Heiligen, versprechen, kein von einem Ketzer geschriebenes Buch mehr zu lesen, nichts zu denken und zu glauben, als was mit den canonibus concilii tridentini übereinstimme, aller neuen Philosophie und Aufklärung zu entsagen, und jede in ihrem Beobachtungskreise spuckende Ketzerey sogleich anzuzeigen. Die Wirkung dieser Verfügung überstieg selbst unsere höchsten Wünsche. Beynahe alle noch übrigen Illuminaten schickten die Formel zurück, und erklärten, sie wollten lieber Amt und Brod aufopfern, als durch die Unterschrift derselben ihr Gewissen beschweren. Man nahm sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0232" n="232"/>
        <p>Mit alle dem war aber die Kirche doch noch nicht gesäubert. Um jeden Schein von Ungerechtigkeit und Hörte zu meiden, hatte man sich bey manchem mit einer blosen Züchtigung begnügt, bey dem doch keine herzliche Buse zu erwarten stand. Es war auch nicht genug, daß die Leute nur äußerliche Rechtglaubigkeit affektirten. Man mußte es so weit, als möglich treiben, um ihrer innern Ueberzeugung gewiß zu seyn. Deshalb ließ die Deputation bey allen Geistlichen des Landes eine Eydesformel herum gehen, welche sie mit ihrer Unterschrift bestätigen sollten. Darinn mußten sie, bey Gott und allen Heiligen, versprechen, kein von einem Ketzer geschriebenes Buch mehr zu lesen, nichts zu denken und zu glauben, als was mit den <hi rendition="#aq">canonibus concilii tridentini</hi> übereinstimme, aller neuen Philosophie und Aufklärung zu entsagen, und jede in ihrem Beobachtungskreise spuckende Ketzerey sogleich anzuzeigen. Die Wirkung dieser Verfügung überstieg selbst unsere höchsten Wünsche. Beynahe alle noch übrigen Illuminaten schickten die Formel zurück, und erklärten, sie wollten lieber Amt und Brod aufopfern, als durch die Unterschrift derselben ihr Gewissen beschweren. Man nahm sie
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0232] Mit alle dem war aber die Kirche doch noch nicht gesäubert. Um jeden Schein von Ungerechtigkeit und Hörte zu meiden, hatte man sich bey manchem mit einer blosen Züchtigung begnügt, bey dem doch keine herzliche Buse zu erwarten stand. Es war auch nicht genug, daß die Leute nur äußerliche Rechtglaubigkeit affektirten. Man mußte es so weit, als möglich treiben, um ihrer innern Ueberzeugung gewiß zu seyn. Deshalb ließ die Deputation bey allen Geistlichen des Landes eine Eydesformel herum gehen, welche sie mit ihrer Unterschrift bestätigen sollten. Darinn mußten sie, bey Gott und allen Heiligen, versprechen, kein von einem Ketzer geschriebenes Buch mehr zu lesen, nichts zu denken und zu glauben, als was mit den canonibus concilii tridentini übereinstimme, aller neuen Philosophie und Aufklärung zu entsagen, und jede in ihrem Beobachtungskreise spuckende Ketzerey sogleich anzuzeigen. Die Wirkung dieser Verfügung überstieg selbst unsere höchsten Wünsche. Beynahe alle noch übrigen Illuminaten schickten die Formel zurück, und erklärten, sie wollten lieber Amt und Brod aufopfern, als durch die Unterschrift derselben ihr Gewissen beschweren. Man nahm sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 deutsch



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/232
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/232>, abgerufen am 25.04.2024.