Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

er, dürfte er in majorem Dei gloriam den Mantel schon ein wenig nach dem Winde hängen. Aber leider! klagte er mir nur allzubald: die Festung, o Thomas, scheint unüberwindlich!

Es fehlte dem frommen Simpert das Instrument, daß zu dem Tone stimmte, den die Fürstinn angab. Da sprach man nur von neuer Litteratur und Philosophie, von schönen Wissenschaften und Journalen, von Wieland und Göthe, von Lessing und Klopstock, von Garve und Kant, - und das waren alles Dinge, die der Pater entweder von ganzem Herzen haßte, oder nicht kannte, oder unter einer Todtsünde nicht kennen lernen wollte. Da saß er dann, indem sich der extrakluge Lucius mit seiner neumodischen Lektüre neben ihm professormäßig brüstete, in dem Zirkel der Fürstinn, ohne ein Wort in die Gespräche desselben mischen zu können, und vermochte es nicht, das in ihm entstehende Gefühl zu unterdrucken, daß er aus der Mode gekommen sey, wie ein alter Huth. Es war doch eine Art von Demüthigung, wenn er auf die Frage der Fürstinn, ob er dieses oder jenes Buch gelesen habe? mit einem trockenen nein, antworten mußte, und es hieß seinem gerechten geistlichen Stolze an

er, dürfte er in majorem Dei gloriam den Mantel schon ein wenig nach dem Winde hängen. Aber leider! klagte er mir nur allzubald: die Festung, o Thomas, scheint unüberwindlich!

Es fehlte dem frommen Simpert das Instrument, daß zu dem Tone stimmte, den die Fürstinn angab. Da sprach man nur von neuer Litteratur und Philosophie, von schönen Wissenschaften und Journalen, von Wieland und Göthe, von Lessing und Klopstock, von Garve und Kant, – und das waren alles Dinge, die der Pater entweder von ganzem Herzen haßte, oder nicht kannte, oder unter einer Todtsünde nicht kennen lernen wollte. Da saß er dann, indem sich der extrakluge Lucius mit seiner neumodischen Lektüre neben ihm professormäßig brüstete, in dem Zirkel der Fürstinn, ohne ein Wort in die Gespräche desselben mischen zu können, und vermochte es nicht, das in ihm entstehende Gefühl zu unterdrucken, daß er aus der Mode gekommen sey, wie ein alter Huth. Es war doch eine Art von Demüthigung, wenn er auf die Frage der Fürstinn, ob er dieses oder jenes Buch gelesen habe? mit einem trockenen nein, antworten mußte, und es hieß seinem gerechten geistlichen Stolze an

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0030" n="30"/>
er, dürfte er <hi rendition="#aq">in majorem Dei gloriam</hi> den Mantel schon ein wenig nach dem Winde hängen. Aber leider! klagte er mir nur allzubald: die Festung, o Thomas, scheint unüberwindlich!</p>
        <p>Es fehlte dem frommen <hi rendition="#g">Simpert</hi> das Instrument, daß zu dem Tone stimmte, den die Fürstinn angab. Da sprach man nur von neuer Litteratur und Philosophie, von schönen Wissenschaften und Journalen, von <hi rendition="#g">Wieland</hi> und <hi rendition="#g">Göthe</hi>, von <hi rendition="#g">Lessing</hi> und <hi rendition="#g">Klopstock</hi>, von <hi rendition="#g">Garve</hi> und <hi rendition="#g">Kant</hi>, &#x2013; und das waren alles Dinge, die der Pater entweder von ganzem Herzen haßte, oder nicht kannte, oder unter einer Todtsünde nicht kennen lernen wollte. Da saß er dann, indem sich der extrakluge <hi rendition="#g">Lucius</hi> mit seiner neumodischen Lektüre neben ihm professormäßig brüstete, in dem Zirkel der Fürstinn, ohne ein Wort in die Gespräche desselben mischen zu können, und vermochte es nicht, das in ihm entstehende Gefühl zu unterdrucken, daß er aus der Mode gekommen sey, wie ein alter Huth. Es war doch eine Art von Demüthigung, wenn er auf die Frage der Fürstinn, ob er dieses oder jenes Buch gelesen habe? mit einem trockenen <hi rendition="#g">nein</hi>, antworten mußte, und es hieß seinem gerechten geistlichen Stolze an
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0030] er, dürfte er in majorem Dei gloriam den Mantel schon ein wenig nach dem Winde hängen. Aber leider! klagte er mir nur allzubald: die Festung, o Thomas, scheint unüberwindlich! Es fehlte dem frommen Simpert das Instrument, daß zu dem Tone stimmte, den die Fürstinn angab. Da sprach man nur von neuer Litteratur und Philosophie, von schönen Wissenschaften und Journalen, von Wieland und Göthe, von Lessing und Klopstock, von Garve und Kant, – und das waren alles Dinge, die der Pater entweder von ganzem Herzen haßte, oder nicht kannte, oder unter einer Todtsünde nicht kennen lernen wollte. Da saß er dann, indem sich der extrakluge Lucius mit seiner neumodischen Lektüre neben ihm professormäßig brüstete, in dem Zirkel der Fürstinn, ohne ein Wort in die Gespräche desselben mischen zu können, und vermochte es nicht, das in ihm entstehende Gefühl zu unterdrucken, daß er aus der Mode gekommen sey, wie ein alter Huth. Es war doch eine Art von Demüthigung, wenn er auf die Frage der Fürstinn, ob er dieses oder jenes Buch gelesen habe? mit einem trockenen nein, antworten mußte, und es hieß seinem gerechten geistlichen Stolze an

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 deutsch



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/30
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/30>, abgerufen am 28.03.2024.