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[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

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die Kehle gegriffen, wenn die anwesenden Herren und Damen manche seiner Behauptungen, die freylich nicht zu ihrem Tone klangen, mit einem wilden Lachen erwiederten, das ihn unverkennbar für einen armseligen Pinsel erklärte. Unter diesen Umständen war nichts zu hoffen. Der arme Simpert mußte schweigen und dulden, und besserer Zeiten harren.

Das Unwesen der Aufklärung wurde mittlerweile Hofton, und steckte an, wie der Schnupfen oder die Pest. Nur der Fürst nahm keine Notiz davon. Er blieb für seine Person bey der alten Weise. Die Fürstinn, der geheime Rath, und der Abbe bildeten das Kleeblatt der Weisen. Niemand blähte sich aber, in dem Gefühle seiner Erleuchtung, übermüthiger auf, als der letztere. Er betrachtete sich, als das Orakel des Hofes, und - was das traurigste war - jedermann hielt ihn auch dafür. Alles wollte nun aufgeklärt und erleuchtet seyn. Die Kavaliers und die Dames spazierten mit Almanachen in der Hand auf der Promenade umher. Die Kammerjungfern studierten Romane und Schauspiele, und die Livree-Bedienten sprachen von dem philosophischen Jahrhunderte. Der Hofjude hieng Mendelsohn's

die Kehle gegriffen, wenn die anwesenden Herren und Damen manche seiner Behauptungen, die freylich nicht zu ihrem Tone klangen, mit einem wilden Lachen erwiederten, das ihn unverkennbar für einen armseligen Pinsel erklärte. Unter diesen Umständen war nichts zu hoffen. Der arme Simpert mußte schweigen und dulden, und besserer Zeiten harren.

Das Unwesen der Aufklärung wurde mittlerweile Hofton, und steckte an, wie der Schnupfen oder die Pest. Nur der Fürst nahm keine Notiz davon. Er blieb für seine Person bey der alten Weise. Die Fürstinn, der geheime Rath, und der Abbe bildeten das Kleeblatt der Weisen. Niemand blähte sich aber, in dem Gefühle seiner Erleuchtung, übermüthiger auf, als der letztere. Er betrachtete sich, als das Orakel des Hofes, und – was das traurigste war – jedermann hielt ihn auch dafür. Alles wollte nun aufgeklärt und erleuchtet seyn. Die Kavaliers und die Dames spazierten mit Almanachen in der Hand auf der Promenade umher. Die Kammerjungfern studierten Romane und Schauspiele, und die Livree-Bedienten sprachen von dem philosophischen Jahrhunderte. Der Hofjude hieng Mendelsohn’s

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[31/0031] die Kehle gegriffen, wenn die anwesenden Herren und Damen manche seiner Behauptungen, die freylich nicht zu ihrem Tone klangen, mit einem wilden Lachen erwiederten, das ihn unverkennbar für einen armseligen Pinsel erklärte. Unter diesen Umständen war nichts zu hoffen. Der arme Simpert mußte schweigen und dulden, und besserer Zeiten harren. Das Unwesen der Aufklärung wurde mittlerweile Hofton, und steckte an, wie der Schnupfen oder die Pest. Nur der Fürst nahm keine Notiz davon. Er blieb für seine Person bey der alten Weise. Die Fürstinn, der geheime Rath, und der Abbe bildeten das Kleeblatt der Weisen. Niemand blähte sich aber, in dem Gefühle seiner Erleuchtung, übermüthiger auf, als der letztere. Er betrachtete sich, als das Orakel des Hofes, und – was das traurigste war – jedermann hielt ihn auch dafür. Alles wollte nun aufgeklärt und erleuchtet seyn. Die Kavaliers und die Dames spazierten mit Almanachen in der Hand auf der Promenade umher. Die Kammerjungfern studierten Romane und Schauspiele, und die Livree-Bedienten sprachen von dem philosophischen Jahrhunderte. Der Hofjude hieng Mendelsohn’s

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Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/31>, abgerufen am 29.03.2024.