Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber das war noch nicht die größte Demüthigung. Der fromme Priester sollte durch jede Anfechtungsprobe gehen, damit am Ende sein Sieg desto herrlicher glänze. Mit heiterer Stirne, als ob nichts geschehen wäre, erschien er am folgenden Tage bey der Tafel. Die Illuminaten hatten bereits Nächte durch über seiner Schrift gebrütet, und eine allgemeine Bestürzung verbreitete sich über ihre ganze Rotte, als sie sich hier in einem Gewebe von Gründen verstrickt sahen, aus dem überall kein Ausweg offen stand. Der Abbe hatte sich zwar anerboten, eine Art von Widerlegung in die Welt ausfliegen zu lassen, um wenigstens zu beweisen, daß man sich nicht auf discretion ergeben habe. Die Fürstinn hielt es aber für unschicklich, daß die Hofpriester in Federkriegen mit einander liegen sollten, und untersagte ihm seinen unzeitigen apperitus scribendi mit Ernst und Nachdruck. Ja unterrichtete Leute behaupteten sogar, die belobte Schrift habe eine Art von Spaltung unter den Aufklärern erregt, die Schwachen erschüttert, und die Starken in Faktionen zertheilt. Das war Simperten alles durch seine Kundschafter treulich berichtet. Um so zuversichtlicher konnte

Aber das war noch nicht die größte Demüthigung. Der fromme Priester sollte durch jede Anfechtungsprobe gehen, damit am Ende sein Sieg desto herrlicher glänze. Mit heiterer Stirne, als ob nichts geschehen wäre, erschien er am folgenden Tage bey der Tafel. Die Illuminaten hatten bereits Nächte durch über seiner Schrift gebrütet, und eine allgemeine Bestürzung verbreitete sich über ihre ganze Rotte, als sie sich hier in einem Gewebe von Gründen verstrickt sahen, aus dem überall kein Ausweg offen stand. Der Abbe hatte sich zwar anerboten, eine Art von Widerlegung in die Welt ausfliegen zu lassen, um wenigstens zu beweisen, daß man sich nicht auf discretion ergeben habe. Die Fürstinn hielt es aber für unschicklich, daß die Hofpriester in Federkriegen mit einander liegen sollten, und untersagte ihm seinen unzeitigen apperitus scribendi mit Ernst und Nachdruck. Ja unterrichtete Leute behaupteten sogar, die belobte Schrift habe eine Art von Spaltung unter den Aufklärern erregt, die Schwachen erschüttert, und die Starken in Faktionen zertheilt. Das war Simperten alles durch seine Kundschafter treulich berichtet. Um so zuversichtlicher konnte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0038" n="38"/>
        <p>Aber das war noch nicht die größte Demüthigung. Der fromme Priester sollte durch jede Anfechtungsprobe gehen, damit am Ende sein Sieg desto herrlicher glänze. Mit heiterer Stirne, als ob nichts geschehen wäre, erschien er am folgenden Tage bey der Tafel. Die Illuminaten hatten bereits Nächte durch über seiner Schrift gebrütet, und eine allgemeine Bestürzung verbreitete sich über ihre ganze Rotte, als sie sich hier in einem Gewebe von Gründen verstrickt sahen, aus dem überall kein Ausweg offen stand. Der Abbe hatte sich zwar anerboten, eine Art von Widerlegung in die Welt ausfliegen zu lassen, um wenigstens zu beweisen, daß man sich nicht auf discretion ergeben habe. Die Fürstinn hielt es aber für unschicklich, daß die Hofpriester in Federkriegen mit einander liegen sollten, und untersagte ihm seinen unzeitigen <hi rendition="#aq">apperitus scribendi</hi> mit Ernst und Nachdruck. Ja unterrichtete Leute behaupteten sogar, die belobte Schrift habe eine Art von Spaltung unter den Aufklärern erregt, die Schwachen erschüttert, und die Starken in Faktionen zertheilt. Das war Simperten alles durch seine Kundschafter treulich berichtet. Um so zuversichtlicher konnte
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0038] Aber das war noch nicht die größte Demüthigung. Der fromme Priester sollte durch jede Anfechtungsprobe gehen, damit am Ende sein Sieg desto herrlicher glänze. Mit heiterer Stirne, als ob nichts geschehen wäre, erschien er am folgenden Tage bey der Tafel. Die Illuminaten hatten bereits Nächte durch über seiner Schrift gebrütet, und eine allgemeine Bestürzung verbreitete sich über ihre ganze Rotte, als sie sich hier in einem Gewebe von Gründen verstrickt sahen, aus dem überall kein Ausweg offen stand. Der Abbe hatte sich zwar anerboten, eine Art von Widerlegung in die Welt ausfliegen zu lassen, um wenigstens zu beweisen, daß man sich nicht auf discretion ergeben habe. Die Fürstinn hielt es aber für unschicklich, daß die Hofpriester in Federkriegen mit einander liegen sollten, und untersagte ihm seinen unzeitigen apperitus scribendi mit Ernst und Nachdruck. Ja unterrichtete Leute behaupteten sogar, die belobte Schrift habe eine Art von Spaltung unter den Aufklärern erregt, die Schwachen erschüttert, und die Starken in Faktionen zertheilt. Das war Simperten alles durch seine Kundschafter treulich berichtet. Um so zuversichtlicher konnte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 deutsch



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/38
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/38>, abgerufen am 18.04.2024.