Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

Hier war der Chevalier der Mann, von dem Rath zu erwarten stand. Er kannte die besagte vielvermögende Dame dann nicht nur vom Ansehen. Denn da sich der Bischof ihrer bey dem Froste seines Alters eben so bediente, wie der betagte König David der rüstigen Abisag von Sunem, so machte sie manchmal einen Seitensprung, sog die aus ihr verdünstete Wärme an der Seite saftvollerer junger Herren wieder ein, und so erhielt auch der minder frostige Ritter von Steinbock eine der ersten Stelle in der Reihe ihrer Günstlinge. - Er flog mit Extra-Post nach Heiligenthal; und so wenig vortheilhaft auch der Eindruck seyn mochte, den die nagelneue Peruque auf die Beyschläferinn Sr. Hochfürstlichen Gnaden machte, so konnte doch, da alte Liebe nicht rostet, die Bitte eines ehemaligen Liebhabers, die nicht das Fleischliche, sondern das Geistliche betraf, unmöglich vergeblich seyn. Der Bischof gab nicht nur den Befehl zur Ausfertigung des erbetenen Abmahnungsschreiben, sondern er ließ es auch geschehen, daß Steinbock selbst, als der den verdorbenen Zustand des Strahlenbergischen Schul- und Kirchenwesens am besten kenne, dasselbe entwarf. Ehe er noch nach Strahlenberg zurück kam, war es schon

Hier war der Chevalier der Mann, von dem Rath zu erwarten stand. Er kannte die besagte vielvermögende Dame dann nicht nur vom Ansehen. Denn da sich der Bischof ihrer bey dem Froste seines Alters eben so bediente, wie der betagte König David der rüstigen Abisag von Sunem, so machte sie manchmal einen Seitensprung, sog die aus ihr verdünstete Wärme an der Seite saftvollerer junger Herren wieder ein, und so erhielt auch der minder frostige Ritter von Steinbock eine der ersten Stelle in der Reihe ihrer Günstlinge. – Er flog mit Extra-Post nach Heiligenthal; und so wenig vortheilhaft auch der Eindruck seyn mochte, den die nagelneue Peruque auf die Beyschläferinn Sr. Hochfürstlichen Gnaden machte, so konnte doch, da alte Liebe nicht rostet, die Bitte eines ehemaligen Liebhabers, die nicht das Fleischliche, sondern das Geistliche betraf, unmöglich vergeblich seyn. Der Bischof gab nicht nur den Befehl zur Ausfertigung des erbetenen Abmahnungsschreiben, sondern er ließ es auch geschehen, daß Steinbock selbst, als der den verdorbenen Zustand des Strahlenbergischen Schul- und Kirchenwesens am besten kenne, dasselbe entwarf. Ehe er noch nach Strahlenberg zurück kam, war es schon

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0072" n="72"/>
        <p>Hier war der Chevalier der Mann, von dem Rath zu erwarten stand. Er kannte die besagte vielvermögende Dame dann nicht nur vom Ansehen. Denn da sich der Bischof ihrer bey dem Froste seines Alters eben so bediente, wie der betagte König David der rüstigen <hi rendition="#g">Abisag</hi> von <hi rendition="#g">Sunem</hi>, so machte sie manchmal einen Seitensprung, sog die aus ihr verdünstete Wärme an der Seite saftvollerer junger Herren wieder ein, und so erhielt auch der minder frostige Ritter von <hi rendition="#g">Steinbock</hi> eine der ersten Stelle in der Reihe ihrer Günstlinge. &#x2013; Er flog mit Extra-Post nach <hi rendition="#g">Heiligenthal</hi>; und so wenig vortheilhaft auch der Eindruck seyn mochte, den die nagelneue Peruque auf die Beyschläferinn Sr. Hochfürstlichen Gnaden machte, so konnte doch, da alte Liebe nicht rostet, die Bitte eines ehemaligen Liebhabers, die nicht das Fleischliche, sondern das Geistliche betraf, unmöglich vergeblich seyn. Der Bischof gab nicht nur den Befehl zur Ausfertigung des erbetenen Abmahnungsschreiben, sondern er ließ es auch geschehen, daß <hi rendition="#g">Steinbock</hi> selbst, als der den verdorbenen Zustand des <hi rendition="#g">Strahlen</hi>bergischen Schul- und Kirchenwesens am besten kenne, dasselbe entwarf. Ehe er noch nach <hi rendition="#g">Strahlenberg</hi> zurück kam, war es schon
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0072] Hier war der Chevalier der Mann, von dem Rath zu erwarten stand. Er kannte die besagte vielvermögende Dame dann nicht nur vom Ansehen. Denn da sich der Bischof ihrer bey dem Froste seines Alters eben so bediente, wie der betagte König David der rüstigen Abisag von Sunem, so machte sie manchmal einen Seitensprung, sog die aus ihr verdünstete Wärme an der Seite saftvollerer junger Herren wieder ein, und so erhielt auch der minder frostige Ritter von Steinbock eine der ersten Stelle in der Reihe ihrer Günstlinge. – Er flog mit Extra-Post nach Heiligenthal; und so wenig vortheilhaft auch der Eindruck seyn mochte, den die nagelneue Peruque auf die Beyschläferinn Sr. Hochfürstlichen Gnaden machte, so konnte doch, da alte Liebe nicht rostet, die Bitte eines ehemaligen Liebhabers, die nicht das Fleischliche, sondern das Geistliche betraf, unmöglich vergeblich seyn. Der Bischof gab nicht nur den Befehl zur Ausfertigung des erbetenen Abmahnungsschreiben, sondern er ließ es auch geschehen, daß Steinbock selbst, als der den verdorbenen Zustand des Strahlenbergischen Schul- und Kirchenwesens am besten kenne, dasselbe entwarf. Ehe er noch nach Strahlenberg zurück kam, war es schon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Alle redaktionellen Texte dieses Projektes stehen unter der Lizenz CC-BY-SA 2.0 deutsch



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/72
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_simpertus_1799/72>, abgerufen am 24.04.2024.