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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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überhaupt mehr abhängig sind als die Thiere.
Die Pflanze lebt mehr in der Oberfläche u. für sie
ist die Temperatur so wichtig, Thiere können ihren
Aufenthalt leichter verändern. Die Trocken-
heit in der Höhe bildet die niedere Structur der
Pflanzen. Sie erzeugen dabei große Blüthen
gleichsam wie kränkelnde Pflanzen, die vor
ihrem Absterben schöner blühen. Sie zeichnen sich
dabei durch eine Dürre, Harzigkeit u. mit
Haaren bezogen aus. Durch den Mangel an
Barometerdruck kann man diese Erscheinungen
erklären, daß Alpenpflanzen auch nie in
der Ebene fortkommen. Die großmöglichste
Respiration findet da statt wo wenig Luft-
druck ist; ferner ist die Jntensität des
Lichts schwach, weil es durch die Luftschichten
geht; ferner ist wegen Trockenheit der Luft
Wassermangel da. Eine gewöhnl. Erschei-
nung ist, daß wenn im organischen Stoffe eine Ex[unleserliches Material][-]
tation angehäuft ist, Haare hervortreten,
gleichsam Exspirations-Werkzeuge. Diese
bilden sich daher auch häufiger bei den Alpen-
pflanzen; - ferner stehen die Gewitter-
wolken nie über 15000 Fuß hoch u. daher
ist die Electricität in beständiger Verbindung
mit dem Erdkörper in diesen Höhen; unten
hingegen ist u. jedem Tage u. jeder Stunde Elec-
tricität vorhanden, die sich mit [unleserliches Material]jedem Electro-
meter wahrnehmen läßt. Den Alpenpflanzen
fehlt diese Beschaff. d. Atmosphäre. Man
versuchte in Wien Alpenpflanze zu ziehen, si[e]
geriethen aber nicht; denn es fehlt die Jntensi-
tät des obern Lichts, der Druck der obern Luft
u. die elektrische Reitzung welche sie gewöhn[t]
sind. Mit Fleiß habe ich nicht des Bodens
erwähnt, weil die Fruchtbarkeit desselben
hauptsächlich von der Leichtigkeit herrührt, Wass[er]
anzunehmen u. organische Stoffe. Auf die
chemische Beschaffenheit desselben kommt es dabe[i]

nicht

überhaupt mehr abhängig ſind als die Thiere.
Die Pflanze lebt mehr in der Oberfläche u. für ſie
iſt die Temperatur ſo wichtig, Thiere köñen ihren
Aufenthalt leichter verändern. Die Trocken-
heit in der Höhe bildet die niedere Structur der
Pflanzen. Sie erzeugen dabei große Blüthen
gleichsam wie kränkelnde Pflanzen, die vor
ihrem Absterben schöner blühen. Sie zeichnen sich
dabei durch eine Dürre, Harzigkeit u. mit
Haaren bezogen aus. Durch den Mangel an
Barometerdruck kañ man dieſe Erſcheinungen
erklären, daß Alpenpflanzen auch nie in
der Ebene fortkom̃en. Die großmöglichſte
Reſpiration findet da ſtatt wo wenig Luft-
druck iſt; ferner iſt die Jntenſität des
Lichts ſchwach, weil es durch die Luftſchichten
geht; ferner iſt wegen Trockenheit der Luft
Waſſermangel da. Eine gewöhnl. Erſchei-
nung iſt, daß weñ im organiſchen Stoffe eine Ex[unleserliches Material][-]
tation angehäuft iſt, Haare hervortreten,
gleichſam Exſpirations-Werkzeuge. Dieſe
bilden ſich daher auch häufiger bei den Alpen-
pflanzen; – ferner ſtehen die Gewitter-
wolken nie über 15000 Fuß hoch u. daher
iſt die Electricität in beſtändiger Verbindung
mit dem Erdkörper in dieſen Höhen; unten
hingegen iſt u. jedem Tage u. jeder Stunde Elec-
tricität vorhanden, die ſich mit [unleserliches Material]jedem Electro-
meter wahrnehmen läßt. Den Alpenpflanzen
fehlt dieſe Beſchaff. d. Atmoſphäre. Man
verſuchte in Wien Alpenpflanze zu ziehen, ſi[e]
geriethen aber nicht; deñ es fehlt die Jntenſi-
tät des obern Lichts, der Druck der obern Luft
u. die elektriſche Reitzung welche ſie gewöhn[t]
ſind. Mit Fleiß habe ich nicht des Bodens
erwähnt, weil die Fruchtbarkeit deſſelben
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[348./0365] überhaupt mehr abhängig ſind als die Thiere. Die Pflanze lebt mehr in der Oberfläche u. für ſie iſt die Temperatur ſo wichtig, Thiere köñen ihren Aufenthalt leichter verändern. Die Trocken- heit in der Höhe bildet die niedere Structur der Pflanzen. Sie erzeugen dabei große Blüthen gleichsam wie kränkelnde Pflanzen, die vor ihrem Absterb schöner blühen. Sie zeichnen sich dabei durch eine Dürre, Harzigkeit u. mit Haaren bezogen aus. Durch den Mangel an Barometerdruck kañ man dieſe Erſcheinungen erklären, daß Alpenpflanzen auch nie in der Ebene fortkom̃en. Die großmöglichſte Reſpiration findet da ſtatt wo wenig Luft- druck iſt; ferner iſt die Jntenſität des Lichts ſchwach, weil es durch die Luftſchichten geht; ferner iſt weg Trockenheit der Luft Waſſermangel da. Eine gewöhnl. Erſchei- nung iſt, daß weñ im organiſchen Stoffe eine Ex_ - tation angehäuft iſt, Haare hervortreten, gleichſam Exſpirations-Werkzeuge. Dieſe bilden ſich daher auch häufiger bei den Alpen- pflanzen; – ferner ſtehen die Gewitter- wolken nie über 15000 Fuß hoch u. daher iſt die Electricität in beſtändiger Verbindung mit dem Erdkörper in dieſen Höhen; unten hingegen iſt u. jedem Tage u. jeder Stunde Elec- tricität vorhand, die ſich mit _ jedem Electro- meter wahrnehmen läßt. Den Alpenpflanzen fehlt dieſe Beſchaff. d. Atmoſphäre. Man verſuchte in Wien Alpenpflanze zu zieh, ſie gerieth aber nicht; deñ es fehlt die Jntenſi- tät des obern Lichts, der Druck der obern Luft u. die elektriſche Reitzung welche ſie gewöhnt ſind. Mit Fleiß habe ich nicht des Bodens erwähnt, weil die Fruchtbarkeit deſſelben hauptſächlich von der Leichtigkeit herrührt, Waſſer anzunehmen u. organiſche Stoffe. Auf die chemiſche Beſchaffenheit deſſelben kom̃t es dabei nicht

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 348.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/365>, abgerufen am 19.04.2024.