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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Nehmen wir alle thierischen Stoffe zusammen
u. vergleichen sie mit der Pflanzenmasse, so
ist letztern doch überwiegend.

Bei den Thieren kann man eben die Frage
wie bei den Pflanzen aufstellen, ob ein Thier über
die ganze Erde verbreitet ist? Wie dies bei
Pilzen u. Algen der Fall ist, so auch bei den Jn-
fusionsthierchen, die allenthalbe specifisch diesel-
ben sind. Unter höher organisirten Geschöpfen
sind die Jnsecten u. grade die Schmetterlings-
arten am weitesten verbreitet Zb. Sphinx
atropus
in Egypten, Mexico etc. Allenthalb
wächst aber so wenig eine Pflanze, als ein Jn-
sect lebt. Von den Sumpfvögeln hat man
einige Arten in allen Tropen u. temper. Zonen
gefunden. Nach Cuvier soll auch eben so die
Turm-Eule allgemein verbreitet sein. Die
Entdeckung von Buffon daß kein Wirbelthier der
neuen Welt gleich ist denen der Alten ist nur
auf die Tropen anwendbar, nicht aber auf
die temperirte Zone. Man findet hier zwar
besondern Species, die man früher für iden-
tisch hielt mit denen der alten Welt, Zb.
Hirscharten, Bisons etc. aber das Elendthier
der Biber, Wolf etc. möchten wohl in der alten
u. neuen Welt gleich sein, welches erstere nach
Pallas selbst über die Berehringsstraße gehen
soll. Desgl. auch die Sumpfotter. Eine
andere Frage ist die, ob in der nördlichen
u. südlichen Hemisphäre in gleichen Zonen die-
selben Thiere leben? Beispiele sind davon
vorhanden, der Kukuk lebt in Neuholland
die Taube eben so; jedoch unter Thieren
sowohl wie Pflanzen gehen die tropischen
Formen mehr nach Süden als Norden
u. südlicher als Europa nördlich liegt.
Aehnlich wie die temper. Zone Amerikas
von den Tropen aus verschönert wird, so
ist dies mit dem Süden der Fall. Der
kleine Kolibri, so schwacher ist, zieht in
Maerz ist er in Georgien u. im Juni schon in Canada.

Dies

Nehmen wir alle thieriſchen Stoffe zuſam̃en
u. vergleichen ſie mit der Pflanzenmaſſe, ſo
iſt letztern doch überwiegend.

Bei den Thieren kañ man eben die Frage
wie bei den Pflanzen aufſtellen, ob ein Thier über
die ganze Erde verbreitet iſt? Wie dies bei
Pilzen u. Algen der Fall iſt, ſo auch bei den Jn-
fuſionsthierchen, die allenthalbe ſpecifiſch dieſel-
ben ſind. Unter höher organiſirten Geſchöpfen
ſind die Jnſecten u. grade die Schmetterlings-
arten am weiteſten verbreitet Zb. Sphinx
atropus
in Egypten, Mexico etc. Allenthalb
wächſt aber ſo wenig eine Pflanze, als ein Jn-
ſect lebt. Von den Sumpfvögeln hat man
einige Arten in allen Tropen u. temper. Zonen
gefunden. Nach Cuvier ſoll auch eben ſo die
Turm-Eule allgemein verbreitet ſein. Die
Entdeckung von Buffon daß kein Wirbelthier der
neuen Welt gleich iſt denen der Alten iſt nur
auf die Tropen anwendbar, nicht aber auf
die temperirte Zone. Man findet hier zwar
beſondern Species, die man früher für iden-
tiſch hielt mit denen der alten Welt, Zb.
Hirſcharten, Biſons etc. aber das Elendthier
der Biber, Wolf etc. möchten wohl in der alten
u. neuen Welt gleich ſein, welches erſtere nach
Pallas ſelbſt über die Berehringsſtraße gehen
ſoll. Deſgl. auch die Sumpfotter. Eine
andere Frage iſt die, ob in der nördlichen
u. ſüdlichen Hemiſphäre in gleichen Zonen die-
ſelben Thiere leben? Beiſpiele ſind davon
vorhanden, der Kukuk lebt in Neuholland
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ſowohl wie Pflanzen gehen die tropiſchen
Formen mehr nach Süden als Norden
u. ſüdlicher als Europa nördlich liegt.
Aehnlich wie die temper. Zone Amerikas
von den Tropen aus verſchönert wird, ſo
iſt dies mit dem Süden der Fall. Der
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Maerz iſt er in Georgien u. im Juni ſchon in Canada.

Dies
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[372./0389] Nehmen wir alle thieriſchen Stoffe zuſam̃en u. vergleichen ſie mit der Pflanzenmaſſe, ſo iſt letztern doch überwiegend. Bei den Thieren kañ man eben die Frage wie bei den Pflanzen aufſtellen, ob ein Thier über die ganze Erde verbreitet iſt? Wie dies bei Pilzen u. Algen der Fall iſt, ſo auch bei den Jn- fuſionsthierchen, die allenthalbe ſpecifiſch dieſel- ben ſind. Unter höher organiſirten Geſchöpfen ſind die Jnſecten u. grade die Schmetterlings- arten am weiteſten verbreitet Zb. Sphinx atropus in Egypten, Mexico p Allenthalb wächſt aber ſo wenig eine Pflanze, als ein Jn- ſect lebt. Von den Sumpfvögeln hat man einige Arten in allen Tropen u. temper. Zonen gefunden. Nach Cuvier ſoll auch eben ſo die Turm-Eule allgemein verbreitet ſein. Die Entdeckung von Buffon dß kein Wirbelthier der neuen Welt gleich iſt denen der Alten iſt nur auf die Tropen anwendbar, nicht aber auf die temperirte Zone. Man findet hier zwar beſondern Species, die man früher für iden- tiſch hielt mit denen der alten Welt, Zb. Hirſcharten, Biſons p aber das Elendthier der Biber, Wolf p möchten wohl in der alt u. neu Welt gleich ſein, welches erſtere nach Pallas ſelbſt über die Berehringsſtraße gehen ſoll. Deſgl. auch die Sumpfotter. Eine andere Frage iſt die, ob in der nördlichen u. ſüdlichen Hemiſphäre in gleichen Zonen die- ſelben Thiere leben? Beiſpiele ſind davon vorhanden, der Kukuk lebt in Neuholland die Taube eben ſo; jedoch unter Thieren ſowohl wie Pflanzen gehen die tropiſchen Formen mehr nach Süden als Norden u. ſüdlicher als Europa nördlich liegt. Aehnlich wie die temper. Zone Amerikas von den Tropen aus verſchönert wird, ſo iſt dies mit dem Süden der Fall. Der kleine Kolibri, ſo ſchwacher iſt, zieht in Maerz iſt er in Georgien u. im Juni ſchon in Canada. Dies

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 372.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/389>, abgerufen am 28.03.2024.