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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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aber artig über ein gewisses Feuer, was ich mir
auch morgen abgewöhne; Gefühle, sagt' er, sind
Sterne, die blos bei hellem Himmel leiten, aber
die Vernunft ist eine Magnetnadel, die das Schif
noch ferner führt, wenn jene auch verborgen sind
und nicht mehr leuchten. So mag gewiß der
lezte Saz geheißen haben; denn ich hörte nur den
ersten, weil es mich erschrekte, daß er an den
Wagen gieng und scheiden wollte.

Da sah er mich sehr freundlich an, gleich¬
sam zum Troste, daß mir war als klängen aus
den Abendröthen Flötentöne. --

"Ich blies in die Röthen hinein", sagte
Vult, war aber etwas bewegt.

"Ja endlich glaubt mirs, Eltern, drükt'
er mich an seine Brust und an den lieblichen
Mund, und der Wagen rollte mit dem Himmli¬
schen dahin." -- --

"Und -- fragte der alte Lukas, der bisher,
zumal wegen Plato's vornehmen Amtsnamen,
jede Minute gewärtig gewesen, daß der Sohn ei¬
nen beträchtlichen Beutel vorzöge, den ihm der
grose Mann in die Hand gedrükt -- er ist wegge¬

aber artig uͤber ein gewiſſes Feuer, was ich mir
auch morgen abgewoͤhne; Gefuͤhle, ſagt' er, ſind
Sterne, die blos bei hellem Himmel leiten, aber
die Vernunft iſt eine Magnetnadel, die das Schif
noch ferner fuͤhrt, wenn jene auch verborgen ſind
und nicht mehr leuchten. So mag gewiß der
lezte Saz geheißen haben; denn ich hoͤrte nur den
erſten, weil es mich erſchrekte, daß er an den
Wagen gieng und ſcheiden wollte.

Da ſah er mich ſehr freundlich an, gleich¬
ſam zum Troſte, daß mir war als klaͤngen aus
den Abendroͤthen Floͤtentoͤne. —

„Ich blies in die Roͤthen hinein“, ſagte
Vult, war aber etwas bewegt.

„Ja endlich glaubt mirs, Eltern, druͤkt'
er mich an ſeine Bruſt und an den lieblichen
Mund, und der Wagen rollte mit dem Himmli¬
ſchen dahin.“ — —

„Und — fragte der alte Lukas, der bisher,
zumal wegen Plato's vornehmen Amtsnamen,
jede Minute gewaͤrtig geweſen, daß der Sohn ei¬
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groſe Mann in die Hand gedruͤkt — er iſt wegge¬

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[89/0099] aber artig uͤber ein gewiſſes Feuer, was ich mir auch morgen abgewoͤhne; Gefuͤhle, ſagt' er, ſind Sterne, die blos bei hellem Himmel leiten, aber die Vernunft iſt eine Magnetnadel, die das Schif noch ferner fuͤhrt, wenn jene auch verborgen ſind und nicht mehr leuchten. So mag gewiß der lezte Saz geheißen haben; denn ich hoͤrte nur den erſten, weil es mich erſchrekte, daß er an den Wagen gieng und ſcheiden wollte. Da ſah er mich ſehr freundlich an, gleich¬ ſam zum Troſte, daß mir war als klaͤngen aus den Abendroͤthen Floͤtentoͤne. — „Ich blies in die Roͤthen hinein“, ſagte Vult, war aber etwas bewegt. „Ja endlich glaubt mirs, Eltern, druͤkt' er mich an ſeine Bruſt und an den lieblichen Mund, und der Wagen rollte mit dem Himmli¬ ſchen dahin.“ — — „Und — fragte der alte Lukas, der bisher, zumal wegen Plato's vornehmen Amtsnamen, jede Minute gewaͤrtig geweſen, daß der Sohn ei¬ nen betraͤchtlichen Beutel vorzoͤge, den ihm der groſe Mann in die Hand gedruͤkt — er iſt wegge¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/99>, abgerufen am 29.03.2024.