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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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ihn zugehüllt auflöset. Er drückte dabei fest die
Augen zu, um über nichts zufälliges etwan zu¬
sammen zu schaudern.


Nro. 38. Marienglas.

Raphaela.

Als Gottwalt erwachte, hatt' er anfangs
alles vergessen, und die Abendberge vor seinem
Bettfenster standen so roth im Morgenschein, daß
sein Wunsch der Reise wieder kam -- darauf der
Einwurf der Armuth -- endlich der Gedanke,
daß er aber ja über 20 Louisd'or gebiete. Da
sah er nach dem Stadtthurm, worauf als ei¬
nem castrum doloris nun der verstorbne Flit¬
te liegen konnte, und wollte traurig auf¬
blicken.

Aber sein Gesicht blieb aufgeheitert, so mit¬
leidig er auch die Augen aufzog; die romantische
Reise in solchen blauen Tagen -- in solchen
Verhältnissen -- so plözlich geschenkt -- das
war ihm ein Durchgang durch die helleste Glücks¬

ihn zugehuͤllt aufloͤſet. Er druͤckte dabei feſt die
Augen zu, um uͤber nichts zufaͤlliges etwan zu¬
ſammen zu ſchaudern.


Nro. 38. Marienglas.

Raphaela.

Als Gottwalt erwachte, hatt' er anfangs
alles vergeſſen, und die Abendberge vor ſeinem
Bettfenſter ſtanden ſo roth im Morgenſchein, daß
ſein Wunſch der Reiſe wieder kam — darauf der
Einwurf der Armuth — endlich der Gedanke,
daß er aber ja uͤber 20 Louisd'or gebiete. Da
ſah er nach dem Stadtthurm, worauf als ei¬
nem caſtrum doloris nun der verſtorbne Flit¬
te liegen konnte, und wollte traurig auf¬
blicken.

Aber ſein Geſicht blieb aufgeheitert, ſo mit¬
leidig er auch die Augen aufzog; die romantiſche
Reiſe in ſolchen blauen Tagen — in ſolchen
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[57/0065] ihn zugehuͤllt aufloͤſet. Er druͤckte dabei feſt die Augen zu, um uͤber nichts zufaͤlliges etwan zu¬ ſammen zu ſchaudern. Nro. 38. Marienglas. Raphaela. Als Gottwalt erwachte, hatt' er anfangs alles vergeſſen, und die Abendberge vor ſeinem Bettfenſter ſtanden ſo roth im Morgenſchein, daß ſein Wunſch der Reiſe wieder kam — darauf der Einwurf der Armuth — endlich der Gedanke, daß er aber ja uͤber 20 Louisd'or gebiete. Da ſah er nach dem Stadtthurm, worauf als ei¬ nem caſtrum doloris nun der verſtorbne Flit¬ te liegen konnte, und wollte traurig auf¬ blicken. Aber ſein Geſicht blieb aufgeheitert, ſo mit¬ leidig er auch die Augen aufzog; die romantiſche Reiſe in ſolchen blauen Tagen — in ſolchen Verhaͤltniſſen — ſo ploͤzlich geſchenkt — das war ihm ein Durchgang durch die helleſte Gluͤcks¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/65>, abgerufen am 25.04.2024.