kam mit und sagte: "siehst du noch nicht ein, warum "ich so bleiche Wangen habe und so schnell in das "fromme Thal Emanuels ziehe?" -- und Joachime tanzte vorüber und sagte: ich lache Sie aus, mon cher! -- und die Fürstin verhüllte ihr unschuldiges Gesicht und sagte aus Stolz: vertheidige mich nicht! -- --
Der Leser kann sich leicht denken, daß Viktor den Namen Klotilde für zu groß hielt, um ihn nur in einer solchen Nachbarschaft in den Mund zu neh¬ men -- wie die Juden den Namen Jehova nur in der heiligen Stadt, nicht in den Provinzen auf die Zunge nahmen. Seine Seele heftete sich nun an den Nachflor seiner Liebe, an die von Zeuseln be¬ sprützte Agnola. Es war ihm erwünscht, daß gera¬ de jetzt der Kaufmann Tostato aus Kusseviz ankom¬ men muste, um seine katholische Osterbeichte in der Stadt abzuthun: er konnte bei ihm doch auf Ver¬ schwiegenheit über die Maskopei-Rolle in der Bude bringen, damit er der gemißhandelten Fürstin we¬ nigstens den Schmerz über eine gutgemeinte Belei¬ digung, über die in die Uhr inhaftirte Liebeserklä¬ rung ersparte.
kam mit und ſagte: »ſiehſt du noch nicht ein, warum »ich ſo bleiche Wangen habe und ſo ſchnell in das »fromme Thal Emanuels ziehe?» — und Joachime tanzte voruͤber und ſagte: ich lache Sie aus, mon cher! — und die Fuͤrſtin verhuͤllte ihr unſchuldiges Geſicht und ſagte aus Stolz: vertheidige mich nicht! — —
Der Leſer kann ſich leicht denken, daß Viktor den Namen Klotilde fuͤr zu groß hielt, um ihn nur in einer ſolchen Nachbarſchaft in den Mund zu neh¬ men — wie die Juden den Namen Jehova nur in der heiligen Stadt, nicht in den Provinzen auf die Zunge nahmen. Seine Seele heftete ſich nun an den Nachflor ſeiner Liebe, an die von Zeuſeln be¬ ſpruͤtzte Agnola. Es war ihm erwuͤnſcht, daß gera¬ de jetzt der Kaufmann Toſtato aus Kuſſeviz ankom¬ men muſte, um ſeine katholiſche Oſterbeichte in der Stadt abzuthun: er konnte bei ihm doch auf Ver¬ ſchwiegenheit uͤber die Maskopei-Rolle in der Bude bringen, damit er der gemißhandelten Fuͤrſtin we¬ nigſtens den Schmerz uͤber eine gutgemeinte Belei¬ digung, uͤber die in die Uhr inhaftirte Liebeserklaͤ¬ rung erſparte.
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kam mit und ſagte: »ſiehſt du noch nicht ein, warum
»ich ſo bleiche Wangen habe und ſo ſchnell in das
»fromme Thal Emanuels ziehe?» — und Joachime
tanzte voruͤber und ſagte: ich lache Sie aus, mon
cher! — und die Fuͤrſtin verhuͤllte ihr unſchuldiges
Geſicht und ſagte aus Stolz: vertheidige mich
nicht! — —
Der Leſer kann ſich leicht denken, daß Viktor
den Namen Klotilde fuͤr zu groß hielt, um ihn nur
in einer ſolchen Nachbarſchaft in den Mund zu neh¬
men — wie die Juden den Namen Jehova nur in
der heiligen Stadt, nicht in den Provinzen auf die
Zunge nahmen. Seine Seele heftete ſich nun an
den Nachflor ſeiner Liebe, an die von Zeuſeln be¬
ſpruͤtzte Agnola. Es war ihm erwuͤnſcht, daß gera¬
de jetzt der Kaufmann Toſtato aus Kuſſeviz ankom¬
men muſte, um ſeine katholiſche Oſterbeichte in der
Stadt abzuthun: er konnte bei ihm doch auf Ver¬
ſchwiegenheit uͤber die Maskopei-Rolle in der Bude
bringen, damit er der gemißhandelten Fuͤrſtin we¬
nigſtens den Schmerz uͤber eine gutgemeinte Belei¬
digung, uͤber die in die Uhr inhaftirte Liebeserklaͤ¬
rung erſparte.
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Zweites Heftlein. Berlin, 1795, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus02_1795/312>, abgerufen am 18.04.2024.
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