Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er andern kleine Schonungen bloß darum nicht
erwies, weil er auch keine begehrte; und eben dieser
vom Humor unzertrennliche Krieg mit allen kleinen
Schwächen und Erwartungen der Menschen hatte
dem menschenliebenden Viktor diese exzentrische Bahn
verleidet. Das Unglück macht daher leichter Son¬
derlinge als das Glück.

Ihm gab die Freude über die Schilderungen, die
ihm Kato von Flamins ähnlichen Himmelfarthen und
Freudenfeuern machte, den Gedanken ein, seine Qua¬
terne schöner Tage durch etwas anders zu verdienen
als durch seine vorigen trüben -- nämlich dadurch,
daß er auch fremde seinen ähnlich machte. Kurz er
redete es mit dem ältern Kato ab -- dem's recht
lieb war, -- die Prager zu etwas zu verwenden,
nämlich Abends in der Kühle, damit den Maientha¬
lischen Kindern einen Wiesen-Ball zu geben. Was
hatten beide dazu nöthig als -- was sie sogleich tha¬
ten -- in die Tasche und in die Börse zu greifen
und dem Nachtwächter loci mehr zu geben als das
Heu seiner großen Wiese zu Johannis werth seyn
konnte, die heute zu einem Tanzsallon ausgemähet
werden mußte? Der Mann gab sie ohnehin mit tau¬
send Freuden her, weil sein Sohn heute -- Hochtzeit
hatte. Die zwanzig Maienbäume, die Kato in den
Redoutensaal pflanzen wollte, standen schon als Ar¬
tochthonen inkorporirt darin. Und als sie noch bei

daß er andern kleine Schonungen bloß darum nicht
erwies, weil er auch keine begehrte; und eben dieſer
vom Humor unzertrennliche Krieg mit allen kleinen
Schwaͤchen und Erwartungen der Menſchen hatte
dem menſchenliebenden Viktor dieſe exzentriſche Bahn
verleidet. Das Ungluͤck macht daher leichter Son¬
derlinge als das Gluͤck.

Ihm gab die Freude uͤber die Schilderungen, die
ihm Kato von Flamins aͤhnlichen Himmelfarthen und
Freudenfeuern machte, den Gedanken ein, ſeine Qua¬
terne ſchoͤner Tage durch etwas anders zu verdienen
als durch ſeine vorigen truͤben — naͤmlich dadurch,
daß er auch fremde ſeinen aͤhnlich machte. Kurz er
redete es mit dem aͤltern Kato ab — dem's recht
lieb war, — die Prager zu etwas zu verwenden,
naͤmlich Abends in der Kuͤhle, damit den Maientha¬
liſchen Kindern einen Wieſen-Ball zu geben. Was
hatten beide dazu noͤthig als — was ſie ſogleich tha¬
ten — in die Taſche und in die Boͤrſe zu greifen
und dem Nachtwaͤchter loci mehr zu geben als das
Heu ſeiner großen Wieſe zu Johannis werth ſeyn
konnte, die heute zu einem Tanzſallon ausgemaͤhet
werden mußte? Der Mann gab ſie ohnehin mit tau¬
ſend Freuden her, weil ſein Sohn heute — Hochtzeit
hatte. Die zwanzig Maienbaͤume, die Kato in den
Redoutenſaal pflanzen wollte, ſtanden ſchon als Ar¬
tochthonen inkorporirt darin. Und als ſie noch bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0183" n="173"/>
daß er andern kleine Schonungen bloß darum nicht<lb/>
erwies, weil er auch keine begehrte; und eben die&#x017F;er<lb/>
vom Humor unzertrennliche Krieg mit allen kleinen<lb/>
Schwa&#x0364;chen und Erwartungen der Men&#x017F;chen hatte<lb/>
dem men&#x017F;chenliebenden Viktor die&#x017F;e exzentri&#x017F;che Bahn<lb/>
verleidet. Das Unglu&#x0364;ck macht daher leichter Son¬<lb/>
derlinge als das Glu&#x0364;ck.</p><lb/>
          <p>Ihm gab die Freude u&#x0364;ber die Schilderungen, die<lb/>
ihm Kato von Flamins a&#x0364;hnlichen Himmelfarthen und<lb/>
Freudenfeuern machte, den Gedanken ein, &#x017F;eine Qua¬<lb/>
terne &#x017F;cho&#x0364;ner Tage durch etwas anders zu verdienen<lb/>
als durch &#x017F;eine vorigen tru&#x0364;ben &#x2014; na&#x0364;mlich dadurch,<lb/>
daß er auch fremde &#x017F;einen a&#x0364;hnlich machte. Kurz er<lb/>
redete es mit dem a&#x0364;ltern Kato ab &#x2014; dem's recht<lb/>
lieb war, &#x2014; die Prager zu etwas zu verwenden,<lb/>
na&#x0364;mlich Abends in der Ku&#x0364;hle, damit den Maientha¬<lb/>
li&#x017F;chen Kindern einen Wie&#x017F;en-Ball zu geben. Was<lb/>
hatten beide dazu no&#x0364;thig als &#x2014; was &#x017F;ie &#x017F;ogleich tha¬<lb/>
ten &#x2014; in die Ta&#x017F;che und in die Bo&#x0364;r&#x017F;e zu greifen<lb/>
und dem Nachtwa&#x0364;chter <hi rendition="#aq">loci</hi> mehr zu geben als das<lb/>
Heu &#x017F;einer großen Wie&#x017F;e zu Johannis werth &#x017F;eyn<lb/>
konnte, die heute zu einem Tanz&#x017F;allon ausgema&#x0364;het<lb/>
werden mußte? Der Mann gab &#x017F;ie ohnehin mit tau¬<lb/>
&#x017F;end Freuden her, weil &#x017F;ein Sohn heute &#x2014; Hochtzeit<lb/>
hatte. Die zwanzig Maienba&#x0364;ume, die Kato in den<lb/>
Redouten&#x017F;aal pflanzen wollte, &#x017F;tanden &#x017F;chon als Ar¬<lb/>
tochthonen inkorporirt darin. Und als &#x017F;ie noch bei<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0183] daß er andern kleine Schonungen bloß darum nicht erwies, weil er auch keine begehrte; und eben dieſer vom Humor unzertrennliche Krieg mit allen kleinen Schwaͤchen und Erwartungen der Menſchen hatte dem menſchenliebenden Viktor dieſe exzentriſche Bahn verleidet. Das Ungluͤck macht daher leichter Son¬ derlinge als das Gluͤck. Ihm gab die Freude uͤber die Schilderungen, die ihm Kato von Flamins aͤhnlichen Himmelfarthen und Freudenfeuern machte, den Gedanken ein, ſeine Qua¬ terne ſchoͤner Tage durch etwas anders zu verdienen als durch ſeine vorigen truͤben — naͤmlich dadurch, daß er auch fremde ſeinen aͤhnlich machte. Kurz er redete es mit dem aͤltern Kato ab — dem's recht lieb war, — die Prager zu etwas zu verwenden, naͤmlich Abends in der Kuͤhle, damit den Maientha¬ liſchen Kindern einen Wieſen-Ball zu geben. Was hatten beide dazu noͤthig als — was ſie ſogleich tha¬ ten — in die Taſche und in die Boͤrſe zu greifen und dem Nachtwaͤchter loci mehr zu geben als das Heu ſeiner großen Wieſe zu Johannis werth ſeyn konnte, die heute zu einem Tanzſallon ausgemaͤhet werden mußte? Der Mann gab ſie ohnehin mit tau¬ ſend Freuden her, weil ſein Sohn heute — Hochtzeit hatte. Die zwanzig Maienbaͤume, die Kato in den Redoutenſaal pflanzen wollte, ſtanden ſchon als Ar¬ tochthonen inkorporirt darin. Und als ſie noch bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/183
Zitationshilfe: Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/183>, abgerufen am 16.04.2024.